Full text: (3/5.1870)

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Der Improvisator. 
Zuschauers versenkte Leiche. Aber das Herz eines Dich— 
ters ist wie Madonna's Grab: Alles wird Duft und 
Blumen; die Todte steigt verherrlicht daraus empor und 
sein mächtiger Gesang tönt ihr: „Unsterblichkeit!“ 
Mein Auge ruhte auf Annunziata; Gedanke und 
Lippen hatten sich ausgesprochen; ich verneigte mich tief, 
und Alle umringten mich mit Dank und Schmeichel— 
worten. 
„Sie haben mich herzlich erfreut!“ sagte Annun— 
ziata und sah mir zutraulich in's Auge; ich wagte, 
ihre Hand zu küssen. 
Durch meine Dichtung war eine höhere Theilnahme 
an mir in ihr erregt; sie empfand schon damals, was 
ich selbst erst später erkannte, daß meine Liebe zu ihr 
mich verleitet hatte, ihre Kunst und Die, welche sie 
ausüben, auf eine Stufe der Unsterblichkeit zu stellen, 
die sie nicht erreichen konnte. Die dramatische Kunst 
ist, wie der Regenbogen, eine himmlische Pracht, eine 
Brücke zwischen Himmel und Erde; sie wird bewundert 
und verschwindet mit allen ihren Farben. 
Täglich besuchte ich sie. Die wenigen noch übrigen 
Carnevalstage verflogen wie ein Traum; allein ich ge— 
noß ihre ganze Fülle, denn bei Annunziata trank ich in 
langen Zügen eine Lebensfreude, die ich früher nicht 
gekannt hatte. 
„Du fängst ja an, ein Mensch zu werden!“ sagte 
Bernardo, „ein Mensch, wie wir Andern, und hast 
doch nur erst aus dem Becher genippt. Ich darf darauf 
schwören, daß Du noch nie ein Mädchen geküßt, noch
	        
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