Full text: (18/21.1873)

114 Eines Dichters Bazar. 
war riskant, im Dunkeln hier zu fahren, wir mußten 
daher in Cività Castellang übernachten. 
Wir kamen am monte Soracte vorbei, dessen Schnee 
Horaz besungen hat, und wo die Nachtherberge sich 
mit alten, von Schlingpflanzen fast bedeckten Mauern 
zeigte. Das Wasser braust weiß schäumend über die 
Felsblöcke. Cività Castellana ist eine der Städte, 
die auf den ersten Anblick schön erscheinen, aber als 
Aufenthalt ungemüthlich sind. 
Wir bezogen das Albergo della croce di Malta, 
ein altes Franciscanerkloster, welches in ein Wirthshaus 
umgewandelt ist. Von der Straße traten wir sogleich 
in den gewölbten Stall, er sah aus, als wäre er früher 
ein Betsaal gewesen; eine hohe steile Treppe führte 
zu den Gastzimmern; Katzen und Hühner sprangen 
umher. Die Thüren hingen nur an einer Angel oder 
fehlten völlig. Die Frauenzimmer im Hause saßen, 
ihr langes Haar flechtend, da und wußten kaum, ob 
sie uns empfangen sollten. 
Ich ging ein Wenig umher und besah die Gelegen⸗ 
heit; Alles war in der größten Unordnung. In einigen 
Zimmern standen Bettstellen ohne Bettzeug, nasse Wäsche 
war an Stangen aufgehängt; in andern lagen zerschla⸗ 
gene Meubles oder es waren Töpfe aufgestellt, die 
Gott weiß was enthielten. Ich stieg hinunter in einen 
engen Hof, der von vier düstern Bogengängen um— 
schlossen ward; mitten im Hofe war ein tiefer Brunnen; 
Fledermäuse flogen zu Dutzenden um meinen Kopf; 
eine kleine hölzerne Thüre stand angelehnt, sie konnte
	        
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