Die zur Feier des 25jährigen Bestehens des Gartenbau-Vereins für
Schleswig-Holstein im Herbst 1881 in Kiel gehaltene Ausstellung war ihrer
Anlage nach wesentlich auch dazu bestimmt, eine Übersicht der in der Provinz
Schleswig-⸗Holstein angebauten Obstsorten zu verschaffen. Auf verschiedenen Wegen
war darauf hinzuwirken gesucht, eine recht lebhafte Beteiligung aus möglichst allen
einzelnen Gegenden des Landes zu erzielen.
Im ganzen ist denn auch diese Absicht in Erfüllung gegangen, ja in gewisser
Beziehung sind sogar die Erwartungen übertroffen, indem gerade die abgelegeneren
Landesteile, z. B. Nordschleswig, die Marschen u. s. w., sich erfreulicher Weise in
hervorragendem Maße bei diesem Unternehmen beteiligten. Und gerade aus jenen
Gegenden war es nicht blos die große Zahl von Früchten, durch welche eine freu—
dige Überraschung bereitet wurde, sondern insbesondere auch die ungewöhnliche
Größe und Schönheit, welche vor allem die in den Marschen erwachsenen Früchte
zeigten. Herr Dr. Lucas, der in seiner langjährigen und umfangreichen pomologi—
schen Thätigkeit doch Gelegenheit gehabt, das Obst wol aller europäischen Länder
aus eigener Anschauung kennen zu lernen, sprach eben hierüber seine Verwunderung
aus, daß gerade das nördlichste Gebiet des deutschen Reiches Früchte von so großer
Schönheit hervorbringe.
Die Reichhaltigkeit der Ausstellung mag daraus ersichtlich sein, daß sich
gegen 100 Einsender mit Obst an derselben beteiligt und daß über 50 größere
Sammlungen vorhanden waren, von welchen einzelne an 200 verschiedene Sorten
umfaßten.
Der eben genannte, leider seitdem seiner segensreichen Wirksamkeit zu früh
entrissene Pomolog, Herr Dr. Lucas aus Reutlingen, hatte auf Einladung des
Vorstandes es gütigst übernommen, diese reichen Schätze zu durchmustern und
pomologisch zu bearbeiten. Zunächst handelte es sich um die Richtigstellung der
Namen der eingesandten Früchte. Diese unter allen Umständen schwierige und zeit—
raubende Aufgabe war es hier doppelt, weil der bei weitem größte Teil der
Sammlung bei der Mehrzahl ihrer Früchte gar keine oder unrichtige Namen auf—
wies. Außerdem aber zeigen sehr viele der bei uns erwachsenen Früchte infolge
der Eigentümlichkeit unsers Klimas recht erhebliche Abweichungen von der Form,
Farbe und Gestaltung, in welcher sie sonst erscheinen. Teilweise bewirken die küh—
leren und feuchteren Sommer, daß die Früchte, besonders die späteren Birnen,
kleiner und unansehnlicher bleiben, als in südlicheren ihnen günstigeren Gegenden,
anderseits aber erreichen wieder andere Sorten, namentlich von Apfeln, bei uns
eine ungewöhnliche Größe und ein besonders lebhaftes Kolorit, wie man dies ja
auch von den skandinavischen Früchten kennt. So müssen fremde Pomologen immer
sich gleichsaam erst in den allgemeinen Charakter des hier erwachsenen Obstes
hinein sehen.