Full text: Newspaper volume (1934, Bd. 4)

Î27. Jahrgang. 
127. Jahrgangs 
Schleswig-HolsternisiHe 
LanŞsszeitun 
Renàsburser TàgeblotL 
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Außenpolitische Sonntagsüberficht 
rttt t aSam •? r\ fl© CV YY. .. 1 c X. . • c *» ^ , . . 
. ^ Wie an jedem Montag, so liegen uns 
M heute wieder zahlreiche außenpolitische 
Meldungen vor, die wir den Lesern der „Lan- 
s^szeitung" nur in einer Uebersicht in ge 
langter Form zur Kenntnis geben können. 
^ Budapest sind die Besprechungen zwischen 
em österreichischen Bundeskanzler S ch u s ch - 
Ugg und dem ungarischen Ministerpräsiden- 
m Gömbös über das Verhältnis Oester- 
-blchs zu Ungarn abgeschlossen worden. Es 
Wurden die enge Freundschaft und die innigen 
ezrehungen zwischen Oesterreich und Ungarn 
«ont. Ein gemeinsames Telegramm an Mus- 
^,"ni als den „Hauptförderer der römischen 
Protokolle" unterstreicht deutlich, wie sehr diese 
°Mrschen Protokolle »nd die dadurch festgelegte 
şientsame Politik der drei Mächte Italien, 
.Österreich und Ungarn das Verhältnis der 
iw Länder untereinander bestimmt. In der 
ältlichen Erklärung wird bekanntgegeben, daß 
ņ nicht nur wirtschaftliche, sondern auch alle 
^Utlschen Fragen im Geiste des römischen 
otvkolls behandelt habe. Angeschnitten wurde 
die Lage für den Fall künftiger Berhand- 
.Mgen mit der Kleinen Entente. Diese Frage 
deswegen so akut, weil Italien und Frank 
st bei ihren Verhandlungen um ein politi- 
&«e§ und wirtschaftliches Zusammengehen der 
nöen Länder Hauptschwierigkeiten haben in 
k* Politik beider Länder im Douauraum. 
Frankreich soll von Italien eine Erklärung 
'.anschen, daß Mussolini die Einheit des süd- 
şslwischen Staates anerkennt, um die Beun- 
îgung in Südslawien zu beschwichtigen. An- 
ich soll Mussolini zu einer bestimmt for- 
ulierten Erklärung nicht bereit sein, so daß 
‘«U m Frankreich befürchtet, daß die zwischen 
faschistischen Regierung und der Kleinen 
W e ? te bestehenden Meinungsverschiedenhci- 
t n über die Gewährleistung der österreichi- 
şşn Unabhängigkeit und dem Aufbau der 
im Donauraum entweder Verein- 
^rungen zwischen Frankreich und Italien 
Uunhern oder aber die südslawische Regie 
rt mehr in das deutsche Fahrwasser treiben, 
^ aal man in Belgrad mit dem Spruch des 
tzz"fer Völkerbundsrats sehr unzufrieden ist. 
^ wird von einer Kabinettsumbildung in 
fn* ûô aus diesen Gründen heraus ge 
scheit. 
di? Frankreich befürchtet man weiter, daß 
-Regierung sich zu zuweitgehenden Zu- 
in den amerikanischen Fragen 
^/a^gen lassen könnte. Man befürchtet die 
von Gebietsteilen, in denen für 
Aufrichtung der französischen Fahne fran- 
I * Blut geflossen sei, und durch die 
^ankreichs Einfluß in Nordafrika vcrmin- 
tzj b. der italienische aber verstärkt würde, 
^azig jņ der Nationalitätenfrage in Tunis, 
sj^ich eine große italienische Minderheit be- 
tzg°"'.unö hinsichtlich der Grenzziehung im 
’ttoA i=Sönö könnte man Zugeständnisse 
r Kolouialfrage wird in Frank- 
^"t lvwieso schon sehr aufmerksam betrachtet, 
Behandlung der Rasseufrage zu 
|.; e . n beginnt. Man erkennt, daß die Völker 
- şŗikas im Erwachen begriffen sind und 
itz , tn militärischen Kreisen heute Zweifel, ob 
>di??üem künftigen Krieg die Noröafrikaner 
Ix: lw Weltkrieg 1914 Frankreich Gefolgschaft 
îtw n würden. Zum Teil sind diese Be- 
^ zbngen Folgen der Wirtschaftskrise, die in 
h^^frika wie im übrigen Kolonialreich 
pichen. 
auch Italien hat Sorgen in Nord- 
Iktzş ' und der Konflikt mit Abessinien, der 
ky„ "or den Völkerbund gebracht worden ist, 
Ichj' ü'enn er nicht friedlich beigelegt wird, 
ì-.^rhste Folgen haben. Italien weist die 
finnischen Angriffe zurück und stellt Sühne- 
^rungen an Abessinien. 
London stehen die Flottenbesprechungen 
noch im Vordergrund des Interesses. 
baß die Besprechungen im nächsten 
fortgesetzt werden können. Die Japaner 
wollen mit den Engländern weiter 
kîisp ^beln, selbst wenn die Amerikaner ab- 
ņ sollten. Für England wird in diesem 
Falle die Entscheidung sehr schwer sein. Aber 
vielleicht hat Lloyd George auch für diesen 
Fall ein sicheres Mittel. Er hat nämlich an 
gekündigt, daß er innerhalb der nächsten 
Woche „Vorschläge zur Herbeiführung nati 
onaler Erholung in der augenblicklichen Welt 
lage" veröffentlichen wird. Einzelheiten seines 
Planes sind noch nicht bekannt. Immerhin 
darf man sie mit einigem Interesse erwarten. 
Daß England sehr energisch daran arbeitet, 
seine politische Machtstellung zu festigen, geht 
aus mancherlei kleinen Nachrichten hervor. So 
hört man, daß der Stützpunkt der englischen 
Luftstreitkräfte in Hongkong ausgebaut wer 
den soll, und daß die großen englischen Ma 
növer bei Singapore gezeigt haben, daß dieser 
wichtige britische Flottenstützpunkte unangreif 
bar ist. 
Ein Bild von der intensiven Arbeit des 
Weltkommunismns zeigt uns die an anderer 
Stelle abgedruckte Meldung aus Bulgarien. 
Der Regierung ist es gelungen, einen ziemlich 
weit entwickelten Aufruhrplan im letzten Au 
genblick zu durchkreuzen. Anders sieht es in 
China aus. Hier ist es in der Provinz Hunan 
zu neuen schweren Kämpfen zwischen Kommu 
nisten und chinesischen Regierungstruppen ge 
kommen. Chinesischerseits wird zu den japani 
schen Nachrichten, wonach die Kommunisten 
große Erfolge haben sollen, erklärt, daß aus 
reichende militärische Maßnahmen getroffen 
worden sind, um auch diese kommunistische Be 
wegung zu unterdrücken. 
V q- q- 
Drusches kntzeWîsmes 
für die MWe Minderheit in Flensburg. 
KNS. In der letzten Pressebesprechung der 
Stadtverwaltung in Flensburg teilte Ober 
bürgermeister Dr. Sievers mit, daß er den 
Wunsch der dänischen Minderheit erfüllen 
wolle, indem er bei der Stadtverwaltung eine 
Kraft einstelle aus den Reihen der dänischen 
Minderheit. Damit macht Oberbürgermeister 
Dr. Sievers sein Versprechen wahr, den lange 
gehegten Wunsch der dänischen Minderheit zu 
verwirklichen. 
Auch tu der Lehrerfrage an der dänischen 
Gemeindeschule in Flensburg ist eine grund 
sätzlich wichtige Entscheidung getroffen. Die 
dänische Minderheit hat seit langem den 
Wunsch gehabt, eine größere Anzahl Lehrer an 
der dänischen Gemeindeschule wirken zu lassen, 
die aus dem dänischen Volkstum kommen. 
Nachdem nunmehr die Zentralstellen gegen 
über diesen Wünschen ihre Bedenken zurück 
gestellt haben, werden anstelle von vier deut 
schen Lehrern, die an der dänischen Gemeinde 
schule wirkten, vier dänische Lehrer angestellt 
werden. Damit ist gleichfalls ein lange geheg 
ter Wunsch der dänischen Minderheit erfüllt. 
Paris. Bei den Zusammenstößen zwischen 
Schwerkriegsbeschädigten und Polizei sind 
zwei Teilnehmer und vier Polizisten verletzt 
worden. 
Dee Memn, dee dm Weltkrieg finanzierte. 
Morgan auf der Anklagebank. — Der Fürst der Wallstreet. — Eine Aktion des Rüstungs-Unterfuchungsausschusies. 
DD. Berlin, 15. Dez. Die Morgan-Skanöale 
häufen sich. Es ist noch nicht lange her, da war 
der Beherrscher des kapitalkräftigsten Bank 
hauses der Welt eine Persönlichkeit, dessen 
Name von Geheimnissen mnlvittert war, die 
im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten zu 
einem politisch und finanzpolitisch herrschen 
de» Mann geworden war. Die amerikanische 
Politik, ja die Weltpolitik war zeitweilig mit 
dem Namen Morgan identisch. Und der Trä 
ger dieses Namens, der es liebte, im Hinter 
grund zu bleiben, beeinflußte und lenkte auf 
allen möglichen Umwegen die weltpolitischen 
Entscheidungen. 
Auch in den ersten Jähren oer großen Not 
in den Vereinigten Staaten erhielt sich John 
Pierpont Morgan jr., der Fürst der Wallstreet, 
zunächst seinen Einfluß. Der Finanzriese kon 
trollierte durch ein raffiniertes Organisations 
system das politische Finanzwesen der ersten 
Gelömacht der Welt, er machte auch durch po 
litische Anleihen großen und größten Stils im 
wahrsten Sinne des Wortes Weltgeschichte. 
Dann aber wandelte sich langsam die Psyche 
des Durchschnittsamerikaners. Die Not wurde 
so groß, die Arbeitslosigkeit so verheerend und 
das Elend des Farmers so furchtbar, daß man 
sich in den Untersuchungen über die Ursachen 
des katastrophalen wirtschaftlichen Niedergan 
ges auch bis auf den Kern durcharbeitete. Wie 
weit die überkommenden Begriffe sich geän 
dert haben, kann man daraus ersehen, daß es 
einen Sturm der Empörung auslöste, als der 
Untersrrchungsausschuß über die Steuerhinter 
ziehungen, begangen durch die größten Unter 
nehmungen im Laufe der letzten Jahre, eines 
Tages im Mai 1934 feststellen mußte: „Mot- 
gau hat in de» letzten zwei Jahren keine Ein 
kommensteuer gezahlt!" — der gleiche Mor 
gan, der auch heute noch ein festes Jahresein 
kommen von verschiedenen Dollarmillionen 
hat, dessen Vermögen mit 425 Millionen zu 
Buche steht, dessen Banköepositen noch Ende 
1932 die Kleinigkeit von 340 Millionen Dol 
lar betrugen, der also mitten in der allgemei 
nen Verarmung ein steinreicher Mann geblie 
ben war. — Das ist auch verständlich! Wall 
street 23 steht ein kleines zweistöckiges Häus 
chen. In einer Gegend, in der jeder Qua 
dratmeter des Bodens mit Gold ausgewogen 
wird, auf diesem teuersten Boden der Welt 
kann es sich nur ein Morgan leisten, kein 
Turmhaus zu errichten. 
Bis zu diesem Punkt war das Vorgehen 
gegen Morgan zwar interessant und sowohl 
für den Wandel der amerikanischen Volks 
psyche als auch für die rücksichtslosen Metho 
den des Präsidenten Roosewelt bezeichnend, es 
blieb aber eine inneramerikanische Angelegen 
heit. Erst der weitere Verlauf der Untersu 
chung beanspruchte auch außenpolitisches In 
teresse. Denn cs erwies sich, daß alle Größen 
der letzten Jahre in die Geschäfte Morgans so 
oder anders verwickelt waren, daß Staats 
sekretäre und Minister, ja der ehemalige Prä 
sident Coolidge zu den „bevorzugten Privat 
kunden" Morgans gehörten, d. h., die Geschäf 
te des Milliardärs besorgten. De Zahl derer, 
die rettungslos kompromittiert waren, wurde 
immer größer, die Presse Amerikas schrie nach 
einer gründlichen Ausräucherung dieses Kor 
ruptionsnestes und der hungernde Farmer im 
Westen ballte die Faust und segnete den neuen 
Präsidenten, der es gewagt hat, einen Morgan 
auf die Anklagebank zu setzen. 
Jetzt wird aus Newyork berichtet, daß der 
Ausschuß zur Untersuchung der Rüstungs 
industrie auch die andere, die wichtigere Seite 
Morgans einer eingehenden Prüfung unter 
ziehen wird. Dem Ausschuß liegt ein Tele 
gramm des ehemaligen amerikanischen Bot 
schafters in London an den damaligen Präsi 
denten Wilson vor, daß den Beweis erbringt, 
daß die Handels- und finanzpolitischen Inter 
essen Morgans salso auch Amerikas) in einem 
engen Zusammenhang mit dex Kriegserklä 
rung an Deutschland, also auch mit dem Welt 
krieg stehen. Es wird in diesem Telegramm 
als wahrscheinlich bezeichnet, daß die Kriegs 
erklärung an Deutschland der einzige Ausweg 
ist, um die führende Handelsftellung Ameri 
kas in der Welt beizubehalten. 
Sollte es in der Tat zu dieser Untersuchung 
kommen, die dann eine eingehende Prüfung 
der gesamten politischen Kriegs- und Nach 
kriegsgeschäfte Morgans bringen müßte, so 
wird sie zweifellos in der ganzen Welt dem 
größten Interesse begegnen. Wir aber in 
Deutschland haben besonderen Anlaß, dieser 
Aktion mit aller Aufmerksamkeit entgegenzu 
sehen. — In jenem kleinen Häuschen Wall 
street 23 wurde der Weltkrieg beschlossen. Dort 
hat Morgan gegen die damals in Amerika 
herrschende Stimmung Frankreich die Anleihe 
von 500 Millionen gegeben, die die französische 
Negierung in den Stand setzte, ihre Nüstnngen 
gegen uns zu vervollständigen, dort wurde be 
schlossen, daß auch Amerika in den Kampf ein 
treten muß, und von dort aus wurde jede 
Friedensinitiative während des großen Völ 
kerringens im Keim erstickt. Die Erklärung 
ist einfach: Der gesamte Morgan-Konzern mit 
seinen Jnöustriewerken, den Eisenbahn- und 
Schiffahrtsunternehmungen usw. war in den 
Praktisches Christentum der Tat 
statt dogmatischer Streitigkeiten. 
Der wiirlt-mbergisch« Rinifterpröfident und Kultusminister 
Mergenthal» ,nr Befriedung der Kirche. 
DNB. Stuttgart, 15. Dez. In diesen Tagen 
sprach Ministerpräsident und Kultusminister 
Prof. Mergenthal er auf großen Kund 
gebungen in Rottweil und Heiöenheim über 
das Verhältnis von Nationalsozialismus und 
Kirche. Er betonte dabei, wie der „NS.-Kurier" 
berichtet, besonders: Ich persönlich bin der 
Ueberzeugung, daß viele Gegensätzlichkeiten 
verschwinden und das Verstehen auf religiösem 
Gebiete besser würde, wenn man sich mehr wie 
seither bewußt würde, daß 
nicht dogmatische Verschiedenheiten 
entscheidend sind, sondern der Glaube, 
daß über den Sternen ein Wesen 
waltet, das allem Geschehen erst den 
letzten und tiefsten Sinn gibt. Wir 
wollen praktisches Christentum der Tat 
statt dogmatischer Streitigkeiten. 
Ich sehe mich veranlaßt, als Kultusminister, 
dem die Wahrnehmung der Beziehungen zwi 
schen Staat und Kirche obliegt, in aller Form 
zn erklären, daß, wenn der Friede in der engn» 
gelischen Kirche in Württemberg nicht in Bälde 
einkehrt, die Folgen sehr schwerwiegend sein 
werden, Folgen, die wir im Interesse frucht 
barer Beziehungen zwischen Staat und Kirche, 
wie sie in Württemberg und in ganz Deutsch 
land historisch geworden sind, sehr bedauern 
würden. 
Zur Frage der religiösen Betreuung der 
Hitlerjugend bemerkte der Ministerpräsident 
u. a.: Als Kultusminister bin ich gewillt, im 
Einvernehmen mit der Gebietsführung der 
Hitlerjugend auch bei den Unterführern durch 
zusetzen, daß niemand in der Hitlerjugend wie 
überhaupt in der Bewegung wegen seiner 
kirchlichen Stellung irgendwie angefeindet 
wird. Die Jungen und Mädchen sollen die 
Möglichkeit habe«, ihren religiösen Verpflich 
tungen nachzukommen. Wenn aber trotzdem 
gewisse hohe kirchliche Stellen glauben, gegen 
uns Sturm laufen zu können, so erklären wir, 
daß wir das auf die Dauer einfach nicht dulden 
und die Folgerungen daraus ziehen werden.
	        
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