Full text: Newspaper volume (1934, Bd. 4)

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ìşM Luftballon durch ein Flammenmeer. 
e - h ! ct öet tapfersten Ballonfahrer, des- 
. Gefährten sich insgesamt 1200 Personen 
Eŗtŗaut haben, galt Kapitän Spelterini, 
wenigen Jahren verstorbene „König 
£ ?r'S’Är- 3>» Soafe >w„ 45 
mtpfprt s . şstrege ausgeführt und dabei be- 
Auaenbti^ģ er stud) in öen gefährlichsten 
ieöer’li r! en Kaltblütigkeit bewahrte und 
beliieti ,»îe Herrschaft über seine Nerven 
lonşài K. er eine besonders schwierige Bal- 
arnķ-p'ņ £> , er im Sommer 1924 in einem 
ltiYfim â ton mit 2500 cbm Inhalt unter- 
boi ß , an t>er vier Personen teilnahmen, 
sa..-^ņlterini selbst berichtet. In Mtthl- 
S Erließ der Ballon den Erdboden. Nach 
fuà, -6er Fahrt geriet er in einen 
der Gewittersturm und die Insassen 
dev lTNutzten sich mit allen Kräften an 
schlendev?ņ festhalten, um nicht heransge- 
Dovvo^t äu werden. „Und dann bricht mit 
und Krachen ein Gewitter los", er- 
b Spelterini, „Blitze zucken um den Bal- 
e.em infolge der elektrischen Ladung 
, e von kleinen Flämmchen zucken und 
n,«i C * tluser Leben ist keinen Heller mehr 
"-enn: die Ventile öffnen, um herun- 
a tgehen und sich vor dem Sturm zu retten, 
"ņuwglich, bedeutet Explosion durch Ent- 
^ Ķen des Gases an den Flammen, ist siche- 
f- ^-oö. Ich steuere meinen Ballon bewußt 
?/men kalten Luftstrom, mit dem Erfolg, 
s! u vas Gas sich durch die Abkühlung konden- 
J baß der Ballon langsam, aber stetig 
Eriken beginnt. Aber noch sind wir nicht 
J rettet; denn ohne die Ventile zu öffnen, 
nn icy nicht landen, und noch immer zün 
geln ja die Flammen um den Ballon. Und 
kommen jene 10 Minuten, von denen es 
sangt, ob ich und die, deren Leben in mei- 
er Hand liegen, gerettet werden. 10 Minn 
en streichen wir über einen Wald hin, ich 
R!e Seile auf die Erde herunter und warte, 
die in dem Ballon angesammelte elektri- 
lche Spannung sich entlädt, ob die Flammen 
ertoichen werden. Und siehe! Langsam erlischt 
Flämmchen nach dem andern, zögernd 
Nnu mh r ,e s Ņentile zu öffnen, der Ballon 
vart, wir sind gerettet." 
Sonntagsjäger Napoleon. 
Besitzes ôie dieser Tage ihren 
werte . 5 Zeigt kaum nennens- 
Korie m!,. 1 n r ! a Benutzung, denn der große 
gei' apni^ ?îĢ im geringsten von dem Ehr 
tet? dn/a? Nimrod Lorbeeren zu ern- 
rechte bàm Artillerieoffizier hatte er niemals 
befreundp^Eņ^eit, sich mit einem Gewehr zu 
einzige sn? rtr Un ^ schütze auszubilden. Das 
Gerückt ' er, nach einem verbürgten 
hatte er'da" m^em Jagdvergnügen teilnahm, 
bringen Ņech, nichts weiter zur Strecke zu 
^ " als einen wertvollen Hund. Dieses 
Die Eröe mft 
_ ^^Zahlung von Oswald R i ch t e r. 
der^Ma ^Hunderten ^ en ^îe Klausner in 
sandiap?ì Generationen rangen mit dem 
Herzbliit gaben ihm ihre Kraft, ihr 
stübiakpii unbeugsamer Wille, ihre 
frr"s\ffiA wurden belohnt,' die Erde wurde 
A Tii .( , \7 seit Jahren schon sind die Wiesen 
gl UN und-saftig, die Ernten gut. 
kam der Krieg. Für Deutschlands 
iļv- o 7 C:n Heldenkampf gaben drei Klausner 
schont ^ »'s! 1 S ’ reô ' her Jüngste, blieb ver- 
aber niâì^ Jahren kehrte er zurück — 
nicht m sem Heimatdorf. Er blieb in 
à Großstadt hängen, sie hielt ihn fest, gab 
Frendp" .Arbeit in Fabriken, karge 
mit ^,^/ìņt leichten Mädchen, Kneipenhockerei 
Erdnp^euîheu Personen und ließ ihn seine 
gen" obundenhert vergessen. Die Jahre gin- 
Aì ,»nd am Ende griff der Würger 
ner n1?"?gkeit auch nach dem letzten Klaus- 
C huckte ihn in die dunkle Masse lebens- 
itzm î Proleten hinab. Noch brachte die Not 
«ach ^wachen zu seiner Urbestimmung, 
doch e die Großstadt ihn umgarnt, die ihm 
Zeigte £? Verachtung oder Gleichgültigkeit 
er aröm« der Zeit der Scheinkonjunktur hatte 
gar nilla ?îg nach Haus? geschrieben, daß er 
Heimat", ran dächte, in das „Kaff" der 
seine K-^uckzukehren, hatte prahlsüchtig 
war obnp"chUrmensverhäItnisse übertrieben, 
Bitten dpi- Verständnis über die mahnenden 
schließlüa i gutter hinweggegangen und hatte 
verloren £ öe Verbindung mit den Seinen 
aber sà I« der Zeit der Arbeitslosigkeit 
knüvfp,? ņle er sich, den Faden wieder anzu- 
auf d,,"' sollte Mutter und Schwester, die sich 
kräste, ererbten Boden mit fremden Arbeits- 
unter 1,1 "»?^en, "icht als ein Habenichts 
überhebiim i tu - ncn treten ' meinte auch wohl 
liàu '.hâll er gar nicht mehr in die länd- 
Ņ Verhältnisse hineinpasse. 
Mißgeschick verleidete ihm die Jagd vollends. 
Er hätte sich mit seinem großen britischen 
Gegenspieler trösten können, der in der Hand 
habung eines Jagdgewehres nicht weniger 
ungeschickt war als Napoleon. Lady Shelley 
berichtet über eine Jagdpartie, an der auch 
der Herzog von Wellington teilnahm, mit den 
launigen Worten: „Der Held von Waterloo 
erwies sich dabei als ein recht gefährlicher 
Schütze. Nachdem er einen Treiber verwun 
det und im weiteren Verlaus die Knie eines 
Waldhüters mit Schrotkugeln durchlöchert 
hatte, übersäte er schließlich die nackten Arme 
einer alten Frau mit Schrot, die am Fenster 
ihres Häuschens Wüsche wusch." 
Die spanische Inquisition und die 
ultraroten Strahlen. 
Als strenge Zensoren haben im 16. Jahr 
hundert die spanischen Inquisitoren in Bü 
chern, deren Inhalt ihnen nicht genehm war, 
große Stellen durch darübergemalte Farbe 
unleserlich machen lassen. Durch die ultra 
roten Strahlen wurden aber die gestrichenen 
Stücke wieder vollkommen leserlich, wie 
Dr. L. Bendikson an Hand von Photobeispie 
len in der „Umschau für Wissenschaft und 
Technik", Frankfurt a. M., zeigt. Die Farbe, 
mit der die beanstandeten Sätze überstrichen 
wurde, besteht aus organischen Bestandteilen, 
durch welche die ultraroten Strahlen hin 
durchdringen. Die Druckerschwärze jedoch ent 
hält Ruß, welcher dem ultraroten Licht den 
Durchgang verwehrt. 
9m Sonderzug nach Oberbayern. 
Von Dr. W ö l f e r. 
Zwei volle Tage blieben in Oberammergau 
verfügbar für Wanderungen und Fahrten in 
die Bergwelt. Das sind keine Unterhaltun 
gen, „Erlebnis" ist ein Ausdruck, der die Wir 
kung nur andeutungsweise wiedergibt. Vom 
Kloster Ettal, wo Mönche gutes Bier und 
einen nicht minder guten Benediktiner Bit 
tern brauen, nach Oberau in Serpentinen an 
steilen Felsen und über tiefen Tälern ist ein 
Weg, den keiner vergißt. Oberau sieht man 
wie Spielzeughäuser tief im Tal hingelagert. 
Man denkt zuweilen an die Bremsen der 
Kraftwagen und fragt sich, ob sie nicht heiß 
laufen bei solchen Gefällen von vielen hun 
dert Aketer — aber die Öldruckbremsen der 
neuen Wagen nehmen alle Wärme in sich auf. 
— Garmisch-Partenkirchen wird langsam 
durchfahren. Ragende Bergriesen rechts und 
links, in den Straßen Gewühl — viel Bazare, 
viel Berlin, vieles, was nicht so recht in die 
Bergwelt hineinpaßt. — Untergrainau ist 
ländlicher, von hier ist man bald am Bader- 
see, einem kleinen, smaragdgrünen Gebirgs 
see, von Tannen umsäumt und überragt vom 
Wettersteingebirge. Wir fahren höher'hinauf 
zum Eibsee, dessen Spiegel 1000 Mir. über dem 
Aleere liegt. Zwei große Gaststätten bieten 
Ausblick auf die ihn beherrschende Zugspitze, 
die bei ihrer fast 3000 Meter hohen Lage als 
unser höchster deutscher Berg ihr Haupt in 
ewigen Schnee hüllt, der auch ohne Fernrohr 
erkennbar in Spalten und 5klüften weiß über 
dem tannenumrahmten dunklen Eibsee leuch 
tete. Man hatte das Gefühl, daß Motorboot 
und Wellenreiter für die Berliner ans dem 
Eibsee die schweigende Weite und Größe der 
Natur angesichts dieser gewaltigen stummen 
Predigt der Berge ebenso fehlen könnten, wie 
die allzu vielen Boote auf dem kleinen Bader 
see. ^ Solches und anderes Erleben wurde zu 
Hause in der Pension besprochen, in deren 
Doch auch diese Zeit wurde überwunden: 
nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit hatte das 
gewaltige Arbeitsbeschaffungsprogramm auch 
ihn wieder eingereiht in den ' Strom der 
Schaffenden. ^Ein Arbeitskommando brachte 
ihn zum Straßenbau an eine Arbeitsstätte, die 
nur mehrere Wanderstunden von seinem 
Heimatsdorf entfernt lag. Nach kurzer Zeit 
war es, als ob etwas Verschüttetes in ihm 
sich durchrang. Seine Nasenflügel weiteten 
sich, wenn er den Acker witterte. Es konnte 
geschehen, daß er im Kreise der Arbeits 
kollegen abends die Karten auf den Tisch warf 
und wortlos hinausrannte in den nebligen 
Frühherbstabend. Und dann, eines Abends 
hielt ihn nichts mehr, kein Kartenspiel, keine 
Kneiperei, kein sportliches Kräftemessen mit 
den Kameraden — wie er ging und stand, in 
Arbeitshose und losem Hemd trabte er davon, 
ein wenig benommen, wie ein Schlafwandler 
fast, ohne Ueberlegung und fand doch den 
rechten Weg, der ihn nach Stunden zum 
Heimatdorf führte. Er trabte dahin, achtete 
nicht der, hereinbrechenden Nacht, spürte nicht 
den Nebel, der bald in feinen, dichten Sprüh 
regen überging, trabte dahin wie ein Tier, 
das in schwärzester Nacht den Weg zum Stall 
zum Lager, zum Nest findet. Und immer 
wacher wurde er, seine Blicke schweiften rechts 
und links. „Heimat" dachte er und fühlte, 
wie ein Druck von ihm wich. „Heimat — du!" 
Es sah alles noch so aus, wie vor sechzehn, 
achtzehn Jahren, da er als blutjunger Bursche 
fortgezogen. Als blutjunger Bursch — ja! 
War er nicht inzwischen ein alter Kerl gewor 
den? Jawohl, ein alter Kerl — gewesen! 
Gewesen!! Jetzt fühlte er das Land, den 
Boden unter seinen Beinen und war wieder 
jung. Er blieb kurz stehen und blickte um 
sich: Ja, die Bäume, die Landstraße, die Weg 
gabelung dort — alles war wie ehedem. 
Drüben mußte das Kalkwerk liegen und der 
tiefe Kalkfee, Natürlich^ ja — dort leuchten 
freundlicher Holzveranda aus rohem Kiefern 
holz sich eine kleine Gesellschaft von 6 Perso 
nen zusammenfand. Außer uns beiden zwei 
berufstätige Hamburgerinnen und zwei ältere 
Kölnerinnen. Frauchen war Ntutter, ich war 
der Vater und war bei 1:5 doch in Gefahr, 
überstimmt zu werden,' aber es kam nicht zum 
Abstimmen, es herrschte Monarchie, weise und 
mit Milde gehandhabt. Wir rechneten: in die 
sem Jahre bisher 267 000 Passionsspielgäste 
im Torfe, davon 47 000 Devisen bringende 
Ausländer: glückliches Dorf! Es kann seine 
Schulden für seine Blitzsauberkeit davon ab 
tragen, denn die Karte kostet 6—12 NM. Die 
Kölnschen waren schweigsamer als ich sonst die 
Rheinländer kenne, aber die Hamburgerinnen 
führten uns erzählend in ihren Betrieb, in 
dessen Kontor sie werkten und wirkten, und 
man erkannte: hier wird scharf gearbeitet, es 
kommt nichts von selbst. — Anregend ist es, 
sich vom anderen einmal im Geiste an die 
Hand nehmen zu lassen und zu sehen, was 
man bisher nicht sah und nicht wußte — so 
wie die Berge hier und die Almen, auf denen 
der Enzer wächst und das Vieh mit abgestimm 
ten Glocken um den Hals weidet. Allabendlich 
läutet es durch die Alpendörfer, über die der 
blaue Holzrauch senkrecht aufsteigt und in 
denen der eine den andern mit „Grüß Gott" 
begrüßt. 
Behagliche Runde in der kleinen Holz- 
veranda, in deren breitem Fenster die weißen 
Blüten des rankenden Knöterichs hängen, 
schwirrende Gedanken, pulsendes Leben durch 
Freude hochgestimmter Bcenschen und — Ein 
trächtigkeit unter 5 Frauen. Zwei Tage ging 
es gut, da war das Unglück geschehen. Die 
Hamburgerinnen kochten — nicht vor Aerger, 
nein, wieder im Kochbuch — das liebe Essen, 
die Magenfrage! Wie wichtig muß sie sein, 
daß sie friedliche Menschen in Fechterstellung 
bringt. Die beiden Kölnerinnen waren mit 
Recht beleidigt, als ihnen ihr Gegenüber von 
der Alster bescheinigte, die rheinische Küche sei 
ebenso schlecht wie die bayerische. Hamburg sei 
das einzig Wahre! Ein hilfesuchender Blick 
meiner Frau, die ernsthaft für unsere bishe 
rige Eintracht fürchtete, veranlaßte mich zu 
dem Urteil: „Hamburger Küche ist über allen 
Zweifel, aber rheinischer Salat, rheinischer 
Wein und rheinischer Humor sind Tinge, die 
man nicht missen möchte." — Damit waren 
alle einverstanden. Der Kochlöffel wurde be 
graben und Friede und Eintracht herrschten 
fortab in der kleinen Familie, bis — wir, wie 
alle, die im Torf zu Gast waren, heraus muß 
ten. — Jawohl, heraus! unbarmherzig! Denn 
neue 6000 Gäste sind gemeldet und der bis 
herige Schwarm mag sich in der Nachbarschaft 
umtun nach Unterkunft, solange Urlaub und 
Geld noch reichten. Nach einer Erleuchtung 
durch des Verkehrsbüros freundlichen Rat 
sagten wir: Auf nach Mittenwald! 
Wir schwammen im Zuge der Abwanderer 
zur Bahn. Auf der anderen Seite wälzte sich 
die Woge, die einer der neuen Sonderzüge 
herangebracht hatte. Rechts auf der Straße 
rollten die Wagen mit Gepäck zur Bahn, ge 
zogen von den langhaarigen Dorfbewohnern 
mit roter Dienstmannsmütze,' links der ^Straße 
begegneten ihnen die Kollegen in Richtung 
auf das Dorf. Kraftwagen aller Größen und 
Länder hupten sich eine freie Gasse. 
Der Zug nach Mittenwald mit österreichi 
schen Wagen, von deren Einrichtung unsere 
Reichsbahn noch allerlei Gutes, Besseres für 
sich absehen und verwerten kann, war voll von 
zwangsweisen Ammergau-Flüchtigen. „Ach, 
Sie wollen auch nach Mittenwald?", und un 
ter der teilnehmenden Frage der Platznach 
barin stand die Angst: „Das ist die Konkur 
renz in der Wohnungsuche!" „Es soll dort 
sehr voll sein! Wir steigen in Garmisch aus." 
„Viel Freude und gutes Quartier, wir fahren 
weiter." Freilich weiter als Mittenwald 
gehts für Deutsche nicht,' Innsbruck ist Tirol 
und Tirol ist Oesterreich,' wer aber dahin will, 
muß 1000 RM. bezahlen. Da bleibt man lie 
ber im Lande und nährt sich hier, denn Mit 
tenwald ist schön! Unsere deutsche Heimat ist 
so schön, die wenigsten kennen sie in ihrem 
Reiz, ob See, Heide. Mittel- oder Hochgebirge. 
Hier sind wir mitten darin in der erhabenen 
Bergwelt und in ihrem Bann ist auch bald 
vergessen, daß die Reisegesellschaft von Ober 
ammergau bis hierher das übliche Bild bot. 
Drei Festungen in einem Abteil. Zwei Ber 
linerinnen in der Ecke ließen gegen zwei west 
fälische Damen zwei Pfeile los: „Mittenwald? 
nischt zu machen, da ist schon alles von uns in 
Berlin belegt, vastehn Sie, et sind lauter Son 
derzüge hinjefahren!" Die von der roten Erde 
Westfalens aber ließen sich nicht bange machen, 
sie fuhren wie wir nach Mittenwald, und bis 
dahin kochten sie ein bißchen im Zuge, sie dreh 
ten uns ihre schönen Rücken zu und fühl 
ten sich sehr glücklich, unbelästigt durch Mei 
nungsaustausch mit anderen Leuten. 
(Fortsetzung folgt.) 
schon die vier hellen Hochöfen aus der Dunkel 
heit. Er beugt sich lauschend vor: wo ist das 
Gehämmer der Arbeiter — wo das Bersten 
schwerer Felsblöcke? 
Genau wie vor Jahren, vor sechzehn, acht 
zehn? Nein vor tausend Jahren, geht er jetzt 
vorsichtig bis zur Böschung, genau wie damals 
läßt er sich auf den riesigen Findling nieder — 
wie damals. Er sieht sich wieder als fünfzehn 
jährigen Bengel. Abend für Abend schlich er 
vom väterlichen Hof heimlich fort, hockte dann 
stundenlang hier und starrte zu dem Berg 
werk hinüber, zu dem schaurig schönen Schau 
spiel. Die Hochöfen sprühten Feuer, das wie 
mit brennenden Garben taghell die Gegend 
erleuchtete. In dem tiefen, dunklen See spie 
gelte sich vielfach der Widerschein. Und wenn 
bei einer Sprengung Steine ins Wasser ge 
schleudert wurden, wirkten die hochaufspritzen- 
öen Tropfen wie funkelnde Goldstücke. Wie 
kleine Zwerge hämmerten die Menschen in 
diesem Feuerschein getaucht. Kurzen Schlaf 
nur brauchte er als junger Bengel, denn früh 
morgens schon ging er mit Vater und 
Brüdern auf den Acker hinaus und tat seine 
Pflicht als junger Bauernsohn. Hart zupacken 
mußten sie schon beim Vater, der selber ein 
gewaltiger Kerl war und die Pflugschar mit 
einer Kraft in den Boden stieß, daß „seine 
Jungens ihn immer heimlich bewunderten. 
„Jungens," sagte der Alte, „das ist unser 
Boden, da steckt Jahrhunderte Schweiß und 
Blut der Klausner drin! Aber er will auch 
sein Recht haben, das was ihm zukommt, sonst 
gibt er den Klausnern kein Brot." 
Fred hatte die Worte des Vaters wohl 
kaum verstanden, aber sie waren wie Saat, die 
der Vater in ihn gelegt und diese Saat war 
verschüttet, verhärtet gewesen durch viele, 
viele Jahre, vier Jahre Krieg, vierzehn Jahre 
Großstadt — die ließen nur Unkraut und Ge 
strüpp wuchern in seiner Seele. Jetzt aber 
war er auf dem Land, meinte schon den 
heimatlichen Acker zu wittern, da ging die 
Saat auf. Der Vater, die Brüder, der Btann 
der Schwester — alle hatte der Krieg gefressen, 
da rief der Acker nach dem Jüngsten. Taub 
war er gewesen all die Jahre, nun aber hörte 
er den Ruf und wollte ihm folgen. Aber im 
mer noch war Großstadt in ihm, denn miiöe 
und langsam, wie das eines alten Mannes, 
wurde nach und nach sein Wandern nach der 
Heimat. Er schritt durch das Dorf, sein Dorf. 
Alles lag in tiefster Ruhe, nirgends brannte 
Licht. Er ging am väterlichen Hof vorbei, ein 
Hund dort bellte den „Fremden" an — Fred 
lachte bitter: natürlich ein Fremder war er — 
das Haus lag stockdunkel. Ter einsame Mann 
ging weiter und in ihm war eine große Ver 
zagtheit und Müdigkeit. Mit schweren Schrit 
ten ging er an der großen Rinderkoppel vor 
bei, an den riesigen Kartoffelmieten. Bis 
weit hinaus ging sein Weg. Die Nacht be 
gleitete ihn, sie war sein Freund. An ihr 
wärmte er sich. Er spürte die Dunkelheit wie 
einen großen gestaltlosen Leib, der ihn um 
schloß — mütterlich, wie die Erde selbst, rätsel 
haft, freundlich, wie alles, was nicht die Nten- 
schen senden. Vor einem Felde blieb er stehen. 
Leere Stoppeln sahen ihn wie klagend an: es 
war Oktober, das Kornfeld wollte umbrochen 
werden. Schaffte Mutter und Schwester das 
nicht mit den fremden Knechten? Fred sank in 
die Knie. Btit den Händen schaufelte er die 
sandige Erde, bis er auf Schwärze stieß. Er 
streckte sich über die Stoppeln lang hin, legte 
den Kopf auf die nackte feuchte Erde und sank 
rasch in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Bitt 
den ersten schrägen Strahlen, die die Herbst 
sonne über die Felder schickte, erwachte er und 
fühlte sich frisch und froh und leicht, sprang 
auf die Füße, schüttelte sich tüchtig — „wie ein 
Hund" dachte er — und schritt mit den großen 
Schritten eines Landmannes dem Haus der 
Mutter zu. 
Der letzte Klausner hatte heimgefunden. 
Unterhaltung 
Rr. 230 
Beilage der Schleswig-Holsteinischen LandrSzeituug (Rendsburger Tageblatt» 
Dienstag, den 2 Oktober 1934
	        
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