Full text: Newspaper volume (1935, Bd. 2)

Ï28. Jahrgang / Nr. 138 / Zweites Blatt. 
LandssHung 
N«àdurv«:D»oeblLL 
Montag, den 17. Juni 1935. 
Verbundenheit der alten und neuen Wehrmacht 
4Ser Artilleristen treffen sich in Rendsburg 
Der 8. Regimentstag des ehem. Lauenburgi 
schen Felö-Artillerie-Regiments Nr. 45 fand 
am Sonnabend und Sonntag in der alten 
Garnisonstadt Rendsburg statt. Rendsburg 
und Altona-Bahrenfelö waren die Heimat des 
alten Regiments der Vorkriegszeit. Von nah 
und fern waren die alten Kameraden der Ar 
tillerie, die einst die Nr. 45 auf den Achselklap 
pen trugen, zahlreich nach Rendsburg zum 
Regimentstag gekommen, um ein Wiedersehen 
mit ihren Regimentskameraden und ihrer al 
ten Kaserne zu feiern, die Kameradschaft zu 
erneuern und die neu entstandene Wehrmacht 
in der Traöitionstruppe, der 2. Abt. des Art.- 
Regts. Rendsburg, die jetzt in der Kaserne der 
45er untergebracht ist, kennenzulernen. 
Ab Sonnabenönachmittag wurden die aus 
wärtigen Kameraden am Bahnhof mit Musik 
der Militärmusik-Vorschule unter Leitung von 
Musikdirektor Kruse empfangen und nach 
dem Germania-Hotel gebracht, wo Sie Quar 
tierausgabe war. Bon 17 bis 18 Uhr fand im 
Kindergarten ein Wandelkonzert des Musik 
korps des hies. Infanterie-Bataillons unter 
Leitung von Musikleiter Feldwebel P r o h l 
statt. Abends um 8.30 Uhr begann im „Con 
ventgarten" der 
Festkommers, 
der einen überaus zahlreichen Besuch aufwies. 
Zu Beginn spielte das Trompeterkorps des 
Art.-Regts. Rendsburg unter Leitung von 
Obermusikmeister Rath den Oberst-Ulex- 
Marsch von Rath. Nach dem Einmarsch der 
Fahnen der Kameradschaften des Reichskrie- 
gerbundes „Kpffhäuser" begrüßte der Führer 
des Bundes ehem 46er, Sitz Rendsburg, Kam. 
Untiedt, Rendsburg, alle Erschienenen, ins 
besondere die Ehrengäste, die Offiziere der 
Wehrmacht, darunter Oberstleutnant M ü l - 
l e r, Kommandeur des Art.-Regts. Rends 
burg, und Major Richter, Kommandeur 
der 2. Abt., der Traöitionstruppe der 45er, 
ferner Lanörat und Kreisleiter H a m k e n s, 
Bürgermeister und Ortsgruppenleiter Krab- 
b e s, Kreisverbanösstihrer des Reichskrieger 
bundes „Kyffhäuser", Rechtsanwalt N a e v e, 
die Vertreter der Reiter-SA., Gruppenreiter- 
sührer M i l b e r g und Standartenführer 
T ö d t, Itzehoe, weiter Standartenführer 
C h r i st, die Vertreter der SS., des Arbeits 
dienstes und des NS.-Frontkämpferbundes 
(Stahlhelms, außerdem den Vorsitzenden der 
Offiziersvereinigung des Lauenb. Feldart.- 
Regts. Nr. 45, Hauptmann a. D. v. Ercke- 
lens, Hamburg. 
Dann hielt Major Richter eine Ansprache 
und begrüßte die Kameraden. Er sprach bei 
dieser Gelegenheit im Namen der Turnierlei 
tung den Dank aus für die vielen Stiftungen 
und die Hilfe bei der Unterbringung der Rei 
ter. In seinen weiteren Ausführungen hob er 
zwei Symbole hervor, die Tradition und den 
guten Reitergeist. Männliche Ideale sind es, 
die die Herzen der Männer und der Jugend 
höher schlagen lassen. Und als Drittes kommt 
die Kameradschaft hinzu. Major Richter wies 
zum Schluß auf den Wandel und Umschwung 
in der heutigen Zeit hin. Er brachte auf den 
Oberbefehlshaber der Wehrmacht, den Führer 
und Reichskanzler Adolf Hitler, ein dreifaches 
militärisches Hurra aus. Anschließend wurden 
das Deutschland- und Horst-Wessel-Lieö ge 
sungen. Die Festrede hielt der Vorsitzende der 
Offiziersvereinigung des Regiments, Haupt 
mann a. D. v. Erckelens. Er ging aus von 
einem Wort des Führers aus der neuen Aus 
bildungsvorschrift der PO. der NSDAP. 
„Nicht die Lauen und Neutralen machen die 
Geschichte, sondern die Menschen, die den 
Kampf auf sich nehmen". Und noch ein anderes 
Wort des Führers aus derselben Ausbil 
dungsvorschrift nannte er: „Soldaten sind 
diszipliniert, Soldaten sind hart, Soldaten 
sind unzertrennliche Kameraden." Wir sind 
Kameraden und wollen es bleiben, so fuhr der 
Redner fort. Als wir in den größten Krieg 
der Weltgeschichte hinauszogen, erhielt unsere 
Kameradschaft die Weihe. Wir blieben im 
Grunde unseres Herzens 46er, wohin wir auch 
immer verschlagen wurden. Rendsburg und 
Bahrenfeld blieben unsere soldatische Heimat. 
Hoffnungsvoll glaubten wir, nach Beendi 
gung des Krieges wieder in unsere alte Gar 
nison einziehen zu können. Aber alles ist durch 
den November 1018 anders gekommen. Alles, 
was uns hoch und heilig war, wurde in den 
Schmutz gezogen. Das Einzige, was wir da 
mals tun konnten, war, treu zu bleiben un 
seren Kameraden, unserem Regiment. So war 
die Gründung der Regimentsvereine für alle, 
die mit Herz Soldat gewesen waren, etwas 
Selbstverständliches. Wenn wir rückwärts 
schauen und unser Gedächtnis mit dem auf 
frischen, was noch vor wenigen Jahren war, 
so sind wir in der Lage, die heutige Zeit rich 
tig zu würdigen. Eins ragt besonders in der 
heutigen Zeit heraus: Das deutsche Volk hat 
seine Ehre wiedererhalten. Schon dies eine 
genMt, daß unsere Herzen dem Führer für 
immer entgegenschlagen. Dankbar müssen wir 
dem Führer sein, daß er dem deutschen Volke 
die Ehre wiedergegeben und die allgemeine 
Wehrpflicht wieder eingeführt hat. Was einst 
unser Traum war, ist nun Erfüllung gewor 
den. In unserer alten Kaserne liegt wieder 
Artillerie. Dankbar wollen wir sein nicht mit 
Worten, sondern mit der Tat. Unser Dank an 
Vaterland und Führer heißt Pflichterfüllung, 
nicht nur im Beruf, sondern darüber hinaus 
opfern und kämpfen für Deutschland, jeder an 
seiner Stelle. Wir bleiben wie die alten Sol 
daten treu in der Pflichterfüllung. Dies sei 
unser Gruß an das neue Regiment und das 
Vaterland. Die eindrucksvolle Festrede wurde 
mit großem Beifall aufgenommen. 
Nachdem das Schleswig-Holstein-Lied ge 
sungen war, folgte der Ausmarsch der Fahnen. 
Das Trompeterkorps erfreute durch weitere 
ausgezeichnete Musikdarbietungen. Eine Tur 
nerriege der 2. Art.-Abt. zeigte hohe Leistun 
gen im Barrenturnen. Im Namen aller Gäste 
dankte Landrat H a m k e n s für die Einla 
dung und rief für Stadt und Land Rendsburg 
allen ein herzliches Willkommen zu. Bunöes- 
führer Untiedt verlas eine Reihe von Grüßen 
ehemaliger Offiziere des Regiments, die diese 
telegraphisch oder brieflich zum Regimentstag 
übersandt hatten. U. a. hatte General der 'Ar 
tillerie von G a l l w i tz ein Begrüßungs 
telegramm gesandt. 
Am Sonntagmorgen wurden zunächst 
weitere auswärtige Kameraden am Bahnhof 
mit Musik empfangen. Um 9.30 Uhr wurde auf 
dem Artillerie-Kasernenhof zum 
Regimentsappell 
angetreten. Hieran nahmen neben den 45er 
Artilleristen auch eine Abordnung des Art.- 
Regts. Rendsburg unter Führung des Haupt 
manns von Schräder und das Trompeter 
korps, ferner die Kameradschaften des Deut 
schen Reichskriegerbundes „Kyffhäuser", ein 
SA.-Sturm, der NS.-Frontkämpferbund 
(Stahlhelm) und die Sanitätskvlonne Rends 
burg mit ihren Fahnen teil. Nach dem Ab 
schreiten der Front unter den Klängen des 
Präsentiermarsches hielt der Kommandeur 
des Art.-Regts. Rendsburg, Oberstleutnant 
Müller, eine markige Ansprache, in der er 
u a. ausführte: Wir Soldaten verstehen alle, 
daß die ehem. 45er von einem ganz besonderen 
Gefühl bewegt sind, wenn sie in ihrer alten 
Garnisonstadt und Kaserne, die wieder Leben 
bekommen hat, verweilen und die alten Stu 
ben wieder betreten und die Kameraden Er 
lebnisse aus Friedens- und Kriegszeit mitein 
ander austauschen. Zwei mächtige Säulen sind 
in Erscheinung getreten, die den heutigen 
Staat tragen, die nationalsozialistische Partei 
mit ihren Organisationen und die junge Wehr 
macht. Kameradschaft, Treue, Opferbereit 
schaft, Hingabe von Gut und Blut, diese 
Kräfte und Werte hat der Führer dem Auf 
bau unseres Hauses zu Grunde gelegt. Aus 
dem Frontgeist und Fronterleben heraus ist 
unser Haus im Werden und wir sind über 
zeugt, daß es ein gutes sein wird. Die jetzt 
geschaffene Einheit muß bestehen bleiben und 
darf nicht zerschlagen werden. Auch dafür ist 
uns der Führer die beste Gewähr. Möge jeder 
an seinem Platz mithelfen, daß das Ziel des 
Führers, ein großes und freies Deutschland, 
Wirklichkeit werde. Die Ansprache klang aus 
in ein dreifaches Hurra auf den Oberbefehls 
haber der Wehrmacht, den Führer und Reichs 
kanzler Adolf Hitler. Nach dem Verklin 
gen der Nationalhymnen fand ein Vorbei 
marsch vor Oberstleutnant Müller statt. 
Es folgten ein 
Fcftgottesdienst und eine Gefallenenehrung 
in der Christ- und Garnisonkirche. Unter den 
Klängen eines vom Trompeterkorps gespiel 
ten feierlichen Marsches fand der Einmarsch 
der Fahnen statt. Die Fahnenabordnungen 
nahmen vor dem Altar Platz. Die Festpredigt 
hielt Pastor B i e l f e l d t, Rendsburg. Er 
sprach davon, daß diese Stunde der Besinnung 
auch der Bedeutung unserer Kriegserlebnisse 
dienen müsse. Das Kriegserlebnis hat Gorch 
Fock in die Worte gefaßt: „Gott, ewig Gott, 
das hat der Weltkrieg uns für immer in die 
Seele gebrannt." Nach dem Verklingen des 
Niederländischen Dankgebetes nahmen die 
Fahnenabordnungen zu beiden Seiten der Ge 
denktafel der 45er Artilleristen in der Kirche 
Aufstellung. Als Ehrenwache stand zu beiden 
Seiten ein Doppelposten der Artillerie mit 
umgehängtem Karabiner. Ausgehend von 
einem Wort der Edda: „Besitz stirbt, Sippen 
sterben, Du selber stirbst wie sie. Eins weiß ich, 
das ewig lebt, der Toten Tatenruhm" gedachte 
Hauptmann a. D. v. Erckelens der toten Ka 
meraden. Die Kapelle spielte leise das Lied 
vom guten Kameraden und die Fahnen senk 
ten sich. Dann legte Bundesführer Untiedt 
einen Lorbeerkranz an der Gedenktafel nieder. 
Nach dem Kirchgang wurde in der Kirchen 
straße Aufstellung zum 
Festzug 
durch die Stadt genommen. Den Festzug er 
öffnete das berittene Trompeterkorps des 
Art.-Regts. Rendsburg unter Leitung von 
Obermusikmeister Rath. Als weitere Kapel 
le war die Kapelle der Militärmusikvorschule 
des Musikdirektors Kruse im Zuge vertreten. 
Mittags gab es ein Felöküchenessen in der 
Eiöerkaserne. Auch war Gelegenheit gegeben, 
die Kaserne zu besichtigen. Mit größtem In 
teresse wurde alles in Augenschein genommen. 
Eine Freude war es auch, durch die blitzsaube 
ren langen Ställe zu gehen, wo die Pferde zu 
beiden Seiten aufgestellt standen. Tafeln zeig 
ten über jeder Boxe den Namen und, wenn 
bekannt, die Abstammung an. Ebenso war das 
Zuchtgebiet genannt. Alle bekannten Zuchtge 
biete konnte man lesen, wie Holstein, Hanno 
ver, Ostpreußen, Mecklenburg. Ueber den 
Stalleingüngen wiesen kurze Verse auf die 
Bedeutung und die Behandlung des Pferdes 
hin, die sich der Soldat leicht einprägen kann. 
Wenn er sie beherzigt, wird er mit den Pfer 
den richtig umgehen. Auch einige lustige Verse 
bleiben in Erinnerung, z. B. „Bei Pferden 
und bei Frauen muß man auf Rasse schauen". 
Aber das Wertvollste ist dem Soldaten doch 
sein Pferd' denn in der großen gedeckten Reit 
bahn heißt es in einem anderen Spruch: „Ein 
treuer Hund, ein edles Pferd sind mehr als 
tausend Weiber wert." Auch „Vater Philipp" 
wohnt auch heute noch nicht weit von der Ka 
serne. Im Stall lautet die Mahnung: „Schlafe 
nicht als Stallwachposten, es könnte dir drei 
Tage kosten!" 
Man sah es den alten Soldaten an, mit wel 
cher Freude und Begeisterung sie die alten 
Erinnerungsstätten besichtigten. Ja, schön war 
die Solöatenzeit! Die Äugend darf sich freuen, 
daß auch sie jetzt wieder den Ehrenrock des 
Soldaten tragen darf. 
Nachmittags nahmen die Kameraden an 
dem Reit- und Fahrturnier teil. Mit Fest- 
bällen am Abend in mehreren Sälen fand der 
Regimentstag sein Ende. C. 
Das Mendsburger Turnier — 
Ein Wettbewerb beachtlichen Formats 
„Rendsburg hat wieder sein Turnier", 
so darf man das Gesamtergebnis des Reit- 
und Fahrturniers zusammenfassend formulie 
ren. Den Veranstaltern, der II. Abt. des Art.- 
Regts. Rendsburg und der SA.-Reiterstan- 
öarte 15, Itzehoe, gebührt aufrechter Dank, daß 
sie die günstige Gelegenheit des 5. Regiments 
tages des ehem. Lauenburger Feld-Art.-Regts. 
Nr. 45 zu einer derartigen großzügigen rei- 
tersportlichcn Veranstaltung nutzten. Sie zeig 
ten damit einerseits den alten Feldartilleristen 
die heutigen Leistungen auf dem edlen Rücken 
des Pferdes, sie knüpften andererseits an jene 
Turniere an, wie Rendsburg sie als Mittel 
punkt bäuerlichen Schaffens der Provinz seit 
den ersten Jahren der Nachkriegszeit erlebte. 
Die Ehrfurcht vor der Tradition gebietet 
kurzen Gedenkens dieser Tage, die meistenteils 
unter Leitung des Nendsburger Zucht-, Reit- 
und Fahrvereins standen und wirklich für 
damalige Verhältnisse, die züchterisch und wirt 
schaftlich so sehr unter den ersten unmittelba 
ren Auswirkungen des Krieges standen, durch 
aus beachtliches Niveau zeigten und sich dem 
gemäß bei den Aktiven und den Besuchern 
großer Beliebtheit erfreuten. 
Vielleicht hat gerade in dem Streben nach 
höchster Leistung dieses vorwiegend, besser le 
diglich auf die Belange der Provinz zugeschnit 
tenen Zucht-, Reit- und Fahrvereins der Keim 
gelegen für den nur wenige Jahre nach der 
Gründung folgenden Zusammenbruch. Man 
wollte im Rahmen der pferdesportlichen Ereig 
nisse des Reiches etwas gelten und vergaß, 
daß die mannigfachen Vorbedingungen für 
ein breit angelegtes Turnier einfach nicht ge 
geben waren, abgesehen davon, daß man sich 
in Verfolg der obigen Zielsetzung ständig mehr 
von dem eigentlichen Aufgabenkreis entfernte, 
nämlich wegweisender Betreuer der heimischen 
Pferdezucht mit zu sein. 
Darüber zu rechten steht uns nicht zu. Aber 
Tatsache bleibt es, daß durch die in der Nach 
kriegszeit als kleiner Ersatz für die fehlende 
Schulung beim Militär hochkommende Reiter- 
vereinsbewegung viel für die Erziehung des 
späteren Pferdezüchters getan ist. 
Das möge ein jeder Kritiker auch bei der 
Auswertung des gestrigen und vorgestrigen 
Turniers bedenken, sofern er die auf so be- 
merkenswerter Höhe liegenden „sonstigen" 
Leistungen mit denen der Reiterstürme ver 
gleicht, haben diese doch den Gesamtaufgaben 
kreis der Reitervereine von ehedem als Teil 
gebiet mit übernommen. Den dabei zu mei 
sternden Schwierigkeiten (große Entfernung 
der Dörfer, mangelnde Zeit von Reiter und 
Tier) wissen sie mit einer größeren Straffheit 
entgegenzutreten. Mir will scheinen, daß die 
Auswirkungen dieser organisatorischen Neu 
ordnung schon bestens in den Leistungen der 
einzelnen Stürme zum Ausdruck kommt, wobei 
wir unserem hiesigen Rcitersturm 5/15 zu sei 
nem ersten Preis im Wettkampf der Reiter 
stürme herzlich beglückwünschen unter gleich 
zeitigem Bedauern, daß Schenefeld (6/15) aus 
Gründen zahlreich erkrankter Pferde seine 
Nennung zurückziehen mußte und Nortorf 
(7/15) nur so spärlich vertreten war. 
^ Wir freuen uns, daß von fachkundiger Hand 
ein Spezialbericht zum Turnier geschrieben 
wird, der Mitte der Woche in einigen Auf- 
Die Hauptgildefeier hat begonnen 
In der vollen Woche nach Pfingsten findet 
von alters her die Hauptgildefeter der Neu 
werker Scheibenschützengilde von 1692 statt. 
Die schöne Sitte, die von unseren Vorvätern 
überlieferten Bräuche hochzuhalten, wird von 
der Neuwerker Scheibenschiitzengilde sorgsam 
gepflegt. Nach altem Brauch wird das Gilde- 
fest auch heute noch gefeiert,' allen Stürmen 
der vergangenen Notjahre hat die Gilde 
standgehalten. 
Bereits am Sonntagnachmittag waren die 
Gildebrüder im Gilöehanse' (Stadthalle) ver 
sammelt, um die letzten Vorbereitungen für 
das Gildefest zu treffen, Befehle in Empfang 
zu nehmen, Nummern zu greifen usw. Auch 
wurden 3 neue Gildebrüder aufgenommen. 
In der Schafferkammer, die im Garderoben 
raum rechts im Vorraum aufgebaut ist, wal 
teten die Schaffer ihres Amtes. Die Schaffer 
kammer ist ein Stück Gildegeschichte für sich. 
In zahlreichen Bildern sind besondere Erleb 
nisse von Gildebrüdern festgehalten. Sie 
schmücken mit anderen humorvollen Bildern 
die Wände der Schafferkammer. U. a. sehen 
wir die „Gläserkatastrophe in der Schaffer 
kammer" im Jahre 1910, „Wie der Gilöebru- 
der Julius sich die zukünftige Schwebebahn 
über den Kanal vorstellt" aus dem Jahre 1913, 
„Heimkehr vom Radspiel am 2. Gilöetage im 
Juni 1906 vom Schützenhof zur Köminsel", 
„Zwei vergnügte Gilöebrüder (Jakob Giltzau 
und Fieöe Seelhorst)" usw. Während es frü 
her in der Schafferkammer nur das extra ge 
braute Gildebier (Braunbier) gab, wird jetzt 
dort ein echter edler Gerstensaft geschenkt mit 
den dazugehörigen Schnäpsen. Leicht haben es 
die Schaffer in der Schafferkammer nicht. 
Scharf müssen sie aufpassen, daß nicht „ge 
klaut" wird. Aber wehe, wer dabei abgefaßt 
wird, eine Lade Bier wird ihm aufgebrummt. 
Den beiden Aelterleuten wurde nach der Rück 
kehr von der Einladung der Ehrengäste am 
Sonntagmittag nach altem Brauch auf An 
ordnung des Altschaffers vom Jungschaffer 
die Bierprobe gereicht, die zur Zufriedenheit 
ausfiel. 
Der Hauptgildetäg am heutigen Montag 
wurde am frühen Morgen eingeleitet mit ei 
nem Weckruf der Kruseschen Kapelle. Kurz vor 
7 Uhr trat die Garde vor der Stadthalle an, 
um unter Fühärng des Gardeleutnants Hein 
rich Schmidt mit klingendem Spiel den vor 
jährigen Schützenkönig, Bäckermeister Kraft, 
aus seiner Wohnung in der Grafenstraße ab 
zuholen. Die Fahnensektion marschierte unter 
Führung des Leutnants Hans Wulf zum Ab 
holen der Gildefahne nach dem Rathaus. Um 
VAO Uhr wurde vor der Stadthalle angetre 
ten, und, als kurz darauf Major Striese mit 
seinem Adjutanten Wolff hoch zu Roß erschien, 
die Gildebrüder begrüßte und die Front ab 
schritt, schallte ihm ein kräftiges „Guten Mor 
gen, Herr Major!" entgegen. Unter den Klän 
gen des Präsentiermarsches reihten sich die Fah 
ne u. der Schützenkönig mit den beiden Aelter 
leuten in den Zug ein und dann ging es nach 
einem Ummarsch durch die Stadt zum 
„Schützenhof" hinaus. Um 11 Uhr gab es eine 
Frühstückstafel mit geladenen Ehrengästen, 
die auch beim nachfolgenden Schießen je einen 
Ehrenschuß abgaben. Nachmittags ist Garten 
konzert und abends Tanz. 
Am Dienstag wird das Schießen fortgesetzt. 
Nachmittags findet das beliebte Radspiel zum 
Besten verarmter Gilöebrüder und Konzert 
statt und abends ist der Einmarsch mit dem 
neuen Schützenkönig nach dem „Colosseum". 
Mit dem Rechnungstag und Gildeball am 
Donnerstag schließt die diesjährige Haupt- 
gildeieiek.
	        
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