Full text: Newspaper volume (1935, Bd. 2)

Nr. 137 
Beilage der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung (Rendsburger Tageblatt) 
Sonnabend, den 13. Juni 1933 
Zum heutigen Traditionstag unserer Artillerie 
Das Lamàrgische FeldarMerie-Reßimevt Nr. 48 
iu der großen Schlacht in Frankreich 
Am 21. März 1918 um 4.10 vorm, beginnt die 
Artillerievorbereitung. Nachdem die feindliche 
Artillerie 2 Stunden lang vergast ist und die 
Jnfanteriestellungen des Gegners etwa drei 
Stunden lang unter zusammengefaßtem Feuer- 
gelegen haben, setzt um 9.39 vorm, die Feuer 
walze ein, und zwar 400 Meter hinter den 
ersten englischen Gräben,' sie geht in der vor 
geschriebenen Weise weiter. 
In der Frühe des 21. 3. war es stark neblig, 
wodurch ein Zurechtfinden ziemlich unmöglich 
gemacht wurde, obwohl am vorhergehenden 
Tage die Wege erkundet waren. Befehlsgemäß 
traten die drei Begleitbatterien um 9.40 vorm, 
an und begaben sich auf die ihnen vorgeschrie 
benen Wege. Die Batterien der 2. Abtl. setzen 
sich um 9.65, die der 3. Abtl. um 10.04 vorm, 
in Bewegung. Die Abteilungsstäbe, die 
Protzen, Staffeln und LMG. brachen dement 
sprechend vorher von ihren Bereitstellungs 
plätzen auf. Der Rgts.-Stab reitet um 7.00 nach 
vorne, um unmittelbar nach dem Infanterie- 
sturm seinen Gefechtsstand auf der „Spinne" 
einzunehmen. Es war jedem Stabe und jeder 
Batterie für drei Tage im voraus vorgeschrie 
ben, an welcher Stelle der Gefechtsstand, die 
Batteriestellung bzw. die Beobachtung einzu 
nehmen sei. Der Kampf wickelte sich späterhin 
glücklicherweise so programmäßig ab, daß im 
großen und ganzen an diesen vorgeschriebenen 
Geländepunkten festgehalten werden konnte. 
Infolge des Nebels und des leichten West 
windes zieht das auf die feindlichen Batterien 
abgegebene Gas verdünnt über unsere Linie 
und verursacht leichtes Augenträneu und Hu 
stenreiz. Das Vorgehen konnte teilweise nur 
mit Gasmasken erfolgen, wodurch das Zurecht 
finden noch erheblich erschwert wurde. Stellen 
weise konnten die vorgeschriebenen Wege nicht 
eingehalten werden. Das Vorgehen der Be 
gleitbatterien war zunächst etwas behindert. 
Bei einem Zuge der 1. Batterie versagten die 
Pferde, die sich im allgemeinen trotz der in den 
letzten Tagen bewilligten höheren Haferration 
in einem nicht gerade vollkampfkräftigen Zu 
stande befanden. Bei der 2. Batt. war der 
Uebergaug über die Schützengräben nicht wie 
befohlen, von der Stellungsinfanterie vorbe 
reitet,' die 2. Batt. hatte außerdem beim Vor 
gehen durch Schrapnellfeuer schon Verluste er 
litten. Beim Besserwerden der Sicht sind aber 
die Batterien rasch zur Stelle. Von der „Spin 
ne" war zunächst kein Ausblick möglich, die 
vorliegenden Meldungen waren spärlich, so daß 
zunächst kein Ueberblick über die Lage zu ge 
winnen war. Die Batterien der 2. Abtl. gehen 
nördlich, die der 3. Abtl. südlich der „Spinne" 
in Stellung. Die 1. Batt. rückt weiter feind- 
würts vor und geht vorübergehend in Stel 
lung. Im Laufe des Vormittags gelingt es der 
Infanterie, den Gegner dauernd zurückzudrän 
gen, an einzelnen Stellen klammerte er sich 
Zwar mit Energie fest, mußte aber immer wie 
der Feld geben. Etwa um 11.00 vorm, ist die 
Sicht vollkommen klar und ein herrlicher war 
mer Frühlingstag begünstigt die Schlacht. 
Die feindlichen Linien von Hargicourt bis 
zum Westrand des Toine-Wälöchens sind im 
ersten Ansturm genommen worden. J.-R. 85 
liegt am Hohlweg, der von der „Spinne" nach 
Basse-Boulogne führt, fest, rückt aber auch bald 
vor, so daß um 3.00 nachm. Ronssoy und der 
Steinbruch nordöstlich von Templeux le Guö- 
rard in unserer Hand sind. Dann kommt zu 
nächst eine kleine Pause, auf die ein erfolgloser 
Gegenangriff der Engländer folgt. 
Die dabei benutzten Tanks werden von den 
Begleitbatterien zur Umkehr gezwungen. Ein 
Tank wird von der 1. Batt. zusammenge 
schossen. 
Wenn man von der „Spinne" nach Osten sah, 
erblickte man ein wunderbares Bild, das bei 
dem strahlenden Sonnenschein besonders wirk 
te. Der ganze deutsche Heerbann, unabsehbare 
Kolonnen, Fesselballons usw. war unterwegs 
und strömte feindwärts. 
Tradition besteht nicht in Wiederholung oder 
Rückwärtsdrehen der Geschichte, sondern im 
Gegenteil in einer bewußt vorwärtsschreiten 
den Fortführung des begonnenen Werkes 
über das Erreichte hinaus mit den frischen 
Kräften und unter den Gegebenheiten der 
lebendigen Gegenwart, in deren Dienst wir 
stehen. So wird Tradition zur starken Beja 
hung des nach Geltung drängenden Lebens 
um uns herum und zur Brücke in eine hellere 
Zukunft unseres Volkes. Dann strömt uns 
aus ihr auch die Kraft, die uns vorwärts 
bringt. 
ReichSkriegsminister 
Generaloberst von Blomberg. 
Im Laufe des Nachmittags war die für den 
ersten Tag vorgeschriebene Linie erreicht und 
eine Ruhepause war erforderlich. Bei Anbruch 
der Dunkelheit verliefen die ersten deutschen 
Linien etwa 200 Meter östlich der Straße St. 
Emiliê (rechter Flügel der Division), über 
schreiten diese bis zum Schnittpunkt des Feld- 
ivegcs Beausejour-Templeux le Guèrard und 
Nonssoy-Templeux-Wülöchen, von da ab nach 
Südosteu bis zum Ostraud von Templeux, das 
am nächsten Morgen genommen wurde. Bei 
diesem Sturm fuhr der am Tage vorher wegen 
gab es keine Ausnahme, denn wie rasch ist es 
zu spät. Wir drücken den Getreuen in Ge 
danken die Hand als Dank für ihre Hilfe, die 
sie den Kameraden brachten. 
Am Vormittag waren die Batterien der 2. 
Ulid 3. Abtl. nicht zum Schuß gekommen in 
folge des schnellen Vorrückens der Infanterie. 
Die 9. Batt. bekämpft am Nachmittag eine 
feindliche Batterie, die an der von St. Emilie 
nach Süden führenden Straße stand, und zwang 
sie zum Abrücken. Nachts übernahmen die Bat 
terien den Feuerschutz ihrer Rgts.-Abschnitte 
von Norden und Süden: 2. Abtl. bei J.-R. 85, 
3. Abtl. bei S.-R. 86, 2. Felda. 60 bei J.-R. 31. 
Der Rgts.-Gefechtsstand war bis Dunkelwer 
den bei der Zuckerfabrik in Ronssoy, nachts in 
Ronssoy. 
Am Nachmittag war der von der ganzen Di- 
ZUM Gruß! 
Vor 17 Jahren stand das stolze Lauenburgische Feldartillerie-Regimenk 
Nr. 45 im brennenden Feuer des Weltkrieges! 
Heute begrüßt die junge, werdende Armee sein Traditionsregiment in den 
Mauern der alten Garnison. 
Aus einer schweren Vergangenheit blicken wir froh in eine helle Zukunft! 
Ein Grundsatz: Gleich zu tun den Kämpfern der alten Armee in Pflicht 
erfüllung und Tapferkeit! 
Willkommen bei der II. Abteilung Artillerie-Regiment Rendsburg. 
Heil Hitler! Richter 
Major und Abt.-Kommandeur 
Versagens der Pferde zurückgebliebene Zug 
der 1. Batt. unter Lt. d. R. Thormann im Ga 
lopp iu die am Westrand stark verschanzten 
Engländer hinein und erzwang dadurch die 
Aufgabe der Schanzen. 
Die Batterien der 2. Abtl. waren in den 
ersten Nachmittagsstunden südlich und westlich 
von Ronssoy am Dorfrand in Stellung gegan 
gen, während die Batterien der 3. Abtl. etwas 
weiter südlich ihre Stellungen eingenommen 
hatten. Die Batterien der 2. Abtl. Feldart. 60, 
die nördlich von Hargicourt standen, waren 
dem Regiment unterstellt worden zum Aus 
gleich für die abgegangenen Begleitbatterien. 
Der Rgts.-Stab und die Abtl.-Stäbe hatten 
ihre Gefechtsstände iu Ronssoy, wo der Rgts.- 
Stab und Stab 2 auch nachts blieben, während 
Stab 3 in der Nähe seiner Batterien nächtigte. 
Kurz vor Anbruch der Dunkelheit setzte plötz 
lich starkes feindliches Flankenfeuer von Sü 
den her ein, anscheinend 15-Ztm.-Flachbahn- 
Eiseubahngeschütz, das der 4. und 6. Batt. sehr- 
erhebliche Verluste an Mannschaften und Pfer 
den beibrachte. In der 8. Batt. wird Lt. d. L. 
Braun sehr schwer verwundet. Er stirbt auf 
vision sehr verehrte Div.-Kommandeur Frei 
herr von Bloch zu Blottuitz auf seinem Ge- 
fechtsstaud airs der Schutthalde beim alten 
Steinbruch nördlich Hargicourt gefallen. Die 
Trauer iu der Division war sehr groß. Durch 
seine stets warme Anteilnahme an dem Er 
gehen der Truppe und seine fast täglichen Er 
kundungen im Div.-Abschnitt, sei es im 
Schützengraben, sei es bei den Batterien, war 
ihm jede Stellung der Division persönlich be 
kannt, und er genoß großes Zutrauen. 
Die Nacht verlief ziemlich ruhig, der Gegner 
machte nur vereinzelt Störungsfeuer mittle 
ren und schweren Kalibers in das Hinter 
gelände, anscheinend wieder mit dem Eisen 
bahngeschütz. Die feindliche Feldartillerie war 
zum größten Teil in unsere Hände gefallen, 
daher die Gegenwirkung ihrerseits gering. 
Die Verluste des Lauenburgischen Feldartil- 
lerie-Regiments Nr. 45, das mit seiner 1. Ab 
teilung vor dem Kriege in Rendsburg in Gar- 
Kirche von Nampcel 
Bei Namvcel lag das Feld-Art.-Regiment Nr. 45 vom 1.10.1814 bis 15.10.1915 
dem Wege zum Lazarett. Lt. d. R. Arp und 
Selck werden am Nachmittag als AVO. ver 
wundet. Selck stirbt im Lazarett im Templeux 
le Guêrard. Oblt. d. R. Thormühlen, der Füh 
rer der 2. Batt., war am Nachmittag leicht ver 
wundet worden. 
Es gab viel Dienst für die Aerzte und ihre 
Helfer. Ueüerall sah man das Rote Kreuz im 
weißen Feld und was an solchen Tagen von 
seinen Truppen geleistet werden mußte, weiß 
nur der, der es selbst gesehen hat. Ohne Un 
terschied des Ranges, ohne Unterschied der 
Truxpe wurde verbunden und getrützetz dann 
nison stand, betrugen im großen Krieg: ge 
fallen 23 Offiziere, 303 Unteroffiziere und 
Mannschaften, verwundet 92 Offiziere und 
1007 Unteroffiziere und Mannschaften. Von 
den Offizieren des Regiments sind ca. 10 Pro 
zent gefallen, verwundet wurden ca. 36 Proz. 
Von den Unteroffizieren und Mannschaften 
fanden ca. 7 Proz. den Heldentod, während 
23 Prozent Verwundungen erlitten. Die Ge 
samtverluste an Toten und Verwundeten be 
trugen bei den Offizieren ca. 45 Prozent, bei 
den Unteroffizieren und Mannschaften ca. 30 
Prozent. 
Wachtmeister Moll 145 
fiel am 4.11.1918, am letzten Tage, an dem das 
Regiment 45 in Stellung war 
Die Große Schlacht in Frankreich, an der 
das Regiment hervorragend beteiligt war, 
brachte der Truppe einen Verlust an Toten 
und Verwundeten von 18 Offizieren, 66 Unter 
offizieren, 332 Mannschaften. 220 Pferde wur 
den getötet und 137 verwundet. 
In der Flandernschlacht verfeuerten inner 
halb 10 Tagen die Batterien des Regiments 
77 633 Schuß, gleich dem Inhalt von ca. 800 
Munitionswagen. 
Wsr panifg Jahren 
Während an der Westfront die dünne Linie der 
deutschen Verteidiger allen feindlichen Angriffen 
Trotz bot, setzten die Verbündeten in Galizien 
ihren Siegeszug fort. Der Durchbruch durch die 
russische Front bei Gorlice am 2. Mai wuchs sich 
allmählich zu einer Operation ganz großen Stils 
aus, die die ganze russische Front in Mitleidenschaft 
zog. 
Am 3. Juni fiel die Festung Przemysl. Mit drei 
Armeen (11. deutsche, 4. u. 2. ö.-u.) trat Macken 
sen den Vormarsch auf die Wisznialinie an. Am 12. 
Juni wurde diese bei Niemirow durchbrochen. Wie 
der setzte sich der Russe in der besonders stark aus 
gebauten Grodekstellung, die die galizische Landes 
hauptstadt Lemberg deckte. Die preußische Garde 
durchbrach am 19. Juni bei Magierow die Grodek 
stellung. Am 20. Juni mußte der Russe Rawa-Ruska 
fahren lassen. Die Einnahme Lembergs am 22. Juni 
krönte den galizischen Feldzug der Verbündeten. 
Die russischen Armeen wichen auf den Bug und die 
Zlota-Lipa zurück. Mackensens Armeen folgten dem 
weichenden Gegner, schwenkten um Rawa-Ruska 
nach Norden ein, um die Süöflanke des russischen 
Festungsraumes zu bedrohen. 
Wechselvoll waren die Kämpfe bei der Südarmee 
und der Armeegruppe Pflanzer-Baltin. Am 3. Juni 
versuchte der Russe noch einmal, die Südflankc der 
Verbündeten aufzureißen. Der Uebergaug über den 
Pruth gelingt. Den sich verzweifelt wehrenden 
Oesterreichern brachte der Angriff der Südarmee 
auf den Djnestr die Rettung. Dann werfen sich die 
Russen wieder auf die Süöarmee, die ernste Tage 
durchlebte, aber die Front hielt. Am 26. Juni er 
kämpfte die Süöarmee die Djnestrübergänge. Der 
Russe wich auf die Gnila-Lipa zurück. Doch auch 
hier gab es kein Halten. Auch diese Stellungslinie 
wurde durchbrochen, und erst an der Zlota-Lipa kam 
der Vormarsch der Verbündeten zum Stehen. Die 
übrige Ostfront verharrte im Stellungskrieg, suchte 
russische Kräfte zu fesseln und wartete auf die 
Stunde, da auch sie zum Angriff antreten konnte. 
An der Westfront war die Frühjahrsschlacht im 
Artois in Einzelkämpfe gemündet. Noch einmal 
schritten die Franzosen am 26. Juni von Lievin 
bis Arras zum Angriff. Abgesehen von kleineren 
örtlichen Einbrüchen scheiterte auch dieser letzte 
größere Angriff. Ende Juni erlosch die Frühjahrs 
schlacht. In den Argonnen griffen die Deutschen er 
folgreich bei Le Four des Paris an und drängten 
die französischen Linien zurück. Größere Stellungs- 
kämpse entbrannten auf der Combreshöhe, in den 
Vogesen im Fechttal, bei Metzeral, am Schratz- 
männle und am Reichsackerkopf. 
Auf der Halbinsel Gallipoli dauerten die Stel 
lungskämpfe an. 
Erst vier Wochen nach der Kriegserklärung war 
Italien imstande, zum Angriff zu schreiten. Am 
23. Juni begann die 1. Jsonzoschlacht, die Görz. 
Gradiska und Triest als Ziele hatte. Alle italie 
nischen Angriffe vermochten nicht, die erst notdürf 
tig aufgebaute österreichische Front am Jsonzo zu 
erschüttern,
	        
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