Full text: Newspaper volume (1935, Bd. 2)

schnelle Abwicklung beim Toto werden weitere 
neu eingerichtete Schalter Vorsorge treffen. 
Um Las oft langwierige Starten der Traber 
abzukürzen, wird voraussichtlich der bei 
großen Rennen bewährte Gummibandstart 
eingeführt. Durch diese Maßnahmen ist es 
möglich, jeden Start auf höchstens 10 Minuten 
Zu beschränken. 
Eine Ernst-Mohr-Straße in Heide. 
fp. Heide, 21. Mai. Wie wir von zuständiger 
Seite erfahren, wird die neuprojektierte 
Straße, die nördlich von der Bahnhofstraße 
zum sogenannten „Schwarzen Weg" führt und 
parallel mit der Stiftstraße läuft, den Namen 
»Ernst-Mohr-Straße" erhalten. 
* * * 
mm. Wrohm, 21. Mai. Unfall. Der Land 
mann Heinrich Trede hatte das Unglück, beim 
Grasschneiden in der sog. Hacklade sich die 
linke Hand erheblich zu verletzen. Nach der 
ersten Hilfe bei der hiesigen Unfallmelöestelle 
mußte er einen Arzt in Anspruch nehmen. 
Schulpersonalien. Lehrer H. Langmaack von 
Schalkholz wurde in gleicher Eigenschaft nach 
Itzehoe versetzt, (fp.) 
An die Schulleiterstclle in Tellingstedt be 
rufen wurde an Stelle des nach Heide überge 
siedelten und dort an der Mäöchenbürgerschulc 
zum Rektor ernannten früher hier amtieren 
den Hauptlehrers Haseloff der Hauptlehrer K. 
Schurbohm von Keitum auf Sylt, (fp.) 
Versetzung. Lehrer B. Wroost von Hemmer 
wurth ist an die Schule in Lunden versetzt 
worden, (fp.) 
Aus Hddeift 
Preise sür die Wettkämpfe 
beim Nordmark-Trefsen. 
Kiel, 21. Mai. Der Aufmarschstab des Nord 
mark-Treffens bittet, alle ihm zugesagten und 
zugedachten Preise, Geld- und Sachpreise, so 
weit es noch nicht geschehen ist, nunmehr zu 
überweisen,' Geldpreise auf das Bankkonto 
des Norömark-Treffens beim Bankhaus Ahl- 
mann, Sachpreise an die Kleiderkammer, Hotel 
Kronprinz, Hafenstraße. Der Führer des Auf 
marschstabes: gez. Volquardsen, Standarten 
führer. 
Tödlicher Unfall. 
Altona, 21. Mai. Am Montagabend wurde 
in Eidelstedt ein fünfjähriger Knabe beim 
Zusammenstoß zweier Personenkraftwagen 
tödlich verletzt. 
Altouaer Rechtsanwalt 
in Schutzhaft genommen. 
Altona, 21. Mai. Die Polizeipressestelle teilt 
mit: Am 20. Mai 1935 mußte der Rechtsan 
walt Werner Springe aus Altona wegen sei 
nes staatsgefährlichen Verhaltens in der 
Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht, das 
in Sachen Eggers und Genossen getagt hat, im 
Interesse der Staatssicherheit in Schutzhaft 
genommen werden. 
* * » 
x. Neumünster, 21. Mai. Ein Verkehrs 
unglück ereignete sich heute nachmittag gegen 
18 Uhr zwischen den Orten Brokenlande und 
Wiemersdorf. Der hiesige Dachdecker Grau- 
stein, der auf seinem Fahrraöe die Altonaer 
Chaussee entlangfuhr, wurde von einem ins 
Schleudern geratenen Personenkraftwagen 
hinterrücks überrannt und erheblich verletzt. 
Das Auto landete im Chausseegraben und 
wurde erheblich beschädigt. Graustein mußte 
durch Mannschaften der hiesigen Unfallstation 
mit Gesichtsverletzungen und einem Armbruch 
dem städtischen Krankenhause zugeführt wer 
den. — Ter Vau der stadteigenen Acht- 
wohnungshäuser in der Nähe des früheren 
Exerzierplatzes macht rasche Fortschritte. Nach 
kaum zwei Wochen konnte das erste Gebäude 
im Rohbau fertiggestellt werden, so daß gestern 
mit der Errichtung des zweiten, gleichartigen 
Hauses begonnen werden konnte. — Zahlreiche 
Fahrraddiebstähle, die während der letzten Zeit 
gemeldet wurden, haben nunmehr zu umfang 
reichen Ermittelungen seitens der hiesigen 
Polizei geführt. Die Fahndungen erstrecken 
sich auf verschiedene Stadtteile und dürften 
nach den bisherigen Ergebnissen von Erfolg 
gekrönt sein. — Neumünsters ältester Kampf 
genosse von 1870-71, der im 94. Lebensjahre 
stehende Rentner Ehler Sinn, wird anläßlich 
seiner am 22. Mai stattfindenden eisernen 
Hochzeit durch den hiesigen Kreisverband des 
Kyffhäuserbundes besonders geehrt werden, 
und zwar im Rahmen eines im „Tivoli" statt- 
findeuden Kreisverbands-Appells, in dessen 
Verlauf der Norömark-Landesführer Oberst 
leutnant Collani sprechen wird. 
Aus dem Ģeäädssaed 
Vier Jahre Zuchthaus 
wegen schwerer Körperverletzung. 
x. Neumünster, 20. Mai. Am Abend des 7. 
Februar d. I. hatten sich in dem Tanzlokal 
„Dithmarscher Hof" der 41jührige Hans E. 
und der 23jährige Walter B. kennengelernt 
und zechten gemeinsam bis kurz vor Mitter 
nacht. Der nun stark betrunkene E. wurde von 
dem jungen B. nach seiner Wohnung im Hin 
terhaus Mühlenhof 24 gebracht, und ohne er 
sichtlichen Grund versetzte nun B. dem Be 
zechten zwei wuchtige Schläge mit einem Dolch 
messer hinterrücks über den Kopf und das Ge 
sicht, so daß E aus zwei klaffenden Wunden 
blutend zusammenbrach. Nachdem er dann 
vergeblich um Hilfe gerufen hatte und nun mit 
letzter Kraft seine Wohnungstür auszuschlie 
ßen versuchte, kehrte B. nochmal zurück und 
versetzte ihm fünf weitere Schläge über beide 
Hände. Der Schwerverletzte schleppte sich bis 
zu einem Hause an der Schützenstraße, wo er 
in einer Blutlache liegend aufgefunden wur 
de. Die Folgen der Verletzungen waren furcht 
bar, zumal einige der Wunden zu eitern be 
gannen und ein Auge ausgenommen werden 
mußte. Nach ärztlichem Gutachten wird der 
(bis dahin körperlich sehr starke) E. zeitlebens 
ein Krüppel bleiben, da mehrere Sehnen der 
Unterarme durchschlagen wurden und zur 
teilweisen Erstarrung der Hände geführt ha 
ben. Der Angeklagte war längere Zeit in Für 
sorgeerziehung, ist bereits wegen einer Aus 
schreitung vorbestraft und es haben weitere 
ähnliche Verfahren gegen ihn geschwebt. Nach 
der Vernehmung von 12 Zeugen und zwei 
Sachverständigen hielt die Strafkammer für 
einwandfrei erwiesen, daß B. lediglich aus 
brutaler Veranlagung zur Rauflust diese un 
gemein rohe Tat vollführt hat und verirrteil 
te ihn unter Versagung mildernder Umstände 
und gemäß dem Antrage des Staatsanwaltes 
zu vier Jahren Zuchthaus. Die bürgerlichen 
Ehrenrechte wurden ihm für die Dauer von 
acht Jahren aberkannt. 
Schluß der Beweisaufnahme 
im Prozeß gegen Dr. Trenckner und Gen. 
eg. Flensburg, 21. Mai. Am 18. Berhand- 
lungstage in dem Prozeß gegen Dr. Trenckncr, 
Heidtmann und Gen. wurde die Beweisauf 
nahme zum Abschluß gebracht. Am letzten Ta 
ge hatte zunächst der Verteidiger des Ange 
klagten Dr. Trenckner das Wort und verlang 
te in allen Punkten die Freisprechung seines 
Klienten, da er nicht in strafrechtlicher, son 
dern nur in disziplinarischer Hinsicht verant 
wortlich sei. Weiter bemerkte er, daß er be 
sonders schon dadurch schwer bestraft werde, 
daß die Anwaltschaft beschlossen habe, die 
Amtsenthebung des Dr. Trenckner von sei 
nem Amte zu beantragen. Dr. Trenckner 
selbst betonte in kurzen Worten, daß er un 
schuldig sei unĢ beantragte ebenfalls seine 
Freisprechung. Die übrigen Angeklagten wie 
derholten ebenfalls ihre bereits einmal ge 
stellten Antrüge auf Freisprechung. Nur der 
Angeklagte Heidtmann machte längere Aus 
führungen und machte dem Gericht in teil 
weisen humoristischen Ausführungen klar, 
daß er ein ehrlicher Mensch und kein Betrüger, 
als der er von der Staatsanwaltschaft geschil 
dert worden ist, sei. Damit war die Beweis 
aufnahme in dem größten Prozeß, der bisher 
vor dem Flensburger Landgericht geführt 
worden ist, nach einer 18tägigen Verhand 
lungsdauer beendet. Der Vorsitzende des Ge 
richts, Landgerichtsdirektor Kaulitz, machte 
hierauf bekannt, daß die Urteilsverkündung 
am Freitag, dem 24. Mai, mittags 12 Uhr, er 
folgt. 
Meisterprüfungen 
Vor den Meisterprüfungskommissionen bei 
der Handwerkskammer zu Flensburg haben 
die Meisterprüfungen bestanden: 
Die Bäcker: Claudius Sievers, Jevcnstedt; 
Karl Menz, Wcsselburen; Johannes See- 
städt, St. Michaelisdonn: Anton Broder- 
sen, Stedesand; Jonny Hinrichsen, Wyk; 
die Dawenschneideri«: Anna Brodersen, Lind 
holm: 
der Elektro-Jnstallatenr: Carl August Schlo- 
bohm, Uelsby; 
der Friseur: Karl Dorfmann, Kappeln; 
die Klempner: Johannes Paulsen, Brarup- 
holz; Detlef Voß, Jevenstedt; 
die Müller: Otto Peters, Weddingstedt; Hin- 
rich Naeve, Tiebensee; Dierk Clautzen, 
Strübbel; Alfred Dethlefsen, Pellworm; 
Johannes Jessen, Gettors; Gustav Born- 
hold, Lieth; Helmuth Ising, Tellingstedt; 
Otto Voß, Süderheistedt; Johann Voß, 
Süderheistedt; 
die Schlachter: Paul Lagotzki, Heide; Claus 
Speck, Heide; 
die Schmiede: Ernst Denker, Norddeich; Peter 
Marth, Saustrnp; Johannes Rath, Wester- 
rönfeld; 
die Herrenschneider: Erich Baumgarten, 
Husum; Christian Stender, Gr.-Vrebel; 
die Schuhmacher: Hermann Ehlers, Wöhrden; 
Friedrich Kock, Nortorf; Wilhelm Nickel, 
Tönning; 
die Stellmacher: Christian Nielsen, Oster- 
Schnatebüll; Klaudius Bey, Fockbek; 
die Tischler: Wilhelm Lausen, Kl.-Vrodersby; 
Johannes Feddersen, Heide; 
die Zimmerer: Sievert Ricklefsen, Maasbüll 
(Düdtondcrn); Georg Christian, Garding; 
Dierksen Tralau, Tetenbüll; Fritz Niehaus, 
Roggenkoppel; Henning Molzen, Nackholz; 
Nikolaus Lorenzen, Nordballig. 
WcherîîjĢ. 
Ein neuer amtlicher Fahrplan in kleinem Format, der amt 
liche Taschenfahrplan für die Nordmark, ist am 15. Mar zum 
ersten Mal erschienen. Er enthält alle Eisenbahn-Fahrpläne 
Schleswig-Holsterns nördlich der Strecke Hamburg—Lübeck, 
ferner die Schiffahrtspläne der angrenzenden Nordsee- und 
Ostseelinien sowie der schlesWig-holsteinischen Binnenseen 
(Pläner-, Eutiner-, Kellersee usw.). Dieser Taschenfahrplan 
für die Noidmark ist an den Fahrkartenschaltern und auch 
im Bahnhofsbuchhandel für nuir 20 Npf. zu haben. 
Wer kann mir raten? f&fcää 
garesare. j es Rauchen 
ganz gelbe Zähne bekommen. Meine Frau behauptet, ich könnte 
das natürliche Aussehen meiner Zähne nur wieder erlangen, 
wenn ich das Rauchen ganz aufgebe. Da ich das nicht möchte, 
bitte ich um einen Rat." Antwort: „Vielleichtversuchen Cie ein 
mal Chlorodont, um den gelben Raucherbelag zu entfernen. Jeden 
AbendregelmätzigeZahnpflegemitThlorodontverhütetgleichzeltia 
die Neubildung des Belages und macht den Atem frisch und rein." 
Uta/ 
Noma« von Margot Boger. 
83) Nachdruck verboten. 
Warum nur hatte sie das Leben behalten? 
Gerade sie? Was sollte sie mit dem armseligeü 
Dasein ansangen? Morgen schon würde Diet- 
hart wissen, daß der Wolfratshof von den 
Mordbrennern heimgesucht worden war. 
Dann hielt er sie für tot. 
Wie sollte sie ihm Nachricht zukommen 
lassen? Vermutlich würde sie bald in die 
Hände der Feinde fallen. Es gab kein Ent 
rinnen . . . Unter solch wirren Gedanken 
wühlte sie sich ein Nachtlager im trockenen 
Buchenlaub und sank erschöpft in tiefen 
Schlaf . . . 
In den Tagen, die nun folgten, gewann sie 
den Spürsinn eines Tieres, das ständig nach 
Gefahren wittert. Talwege überquerte sie nur 
bei Nacht. Sie mied die Straßen. Von Moosen 
und Kräutern nährte sie sich, die an sonnigen 
Waldbächen wuchsen. 
Wie viele Tage war sie unterwegs? Längst 
lag der verbrannte Steinfeldener Hof^hinter 
ihr. Eines Tages fand sie blühenden Seidel 
bast. Nun ist es März! dachte sie. 
Als sie eines Morgens von einer Höhe in 
ein Tal spähte, sah sie mehrere qualmende 
Höfe. Sie erschrak nicht, obwohl sic sich sagte, 
daß die Feinde nicht weit sein könnten, Nur 
um Wodan war sie den ganzen Tag sehr be 
sorgt. — Am Abend brausten schwärmende 
Reiter durch den Wald. Und da war es um 
ihren treuen Kameraden geschehen. Wodan 
vermochte sich nicht ruhig zu halten, obwohl 
Uta, beide Hände an seinem Hals, ihn flehent 
lich beschwor, sich nicht zu rühren. Er riß sich 
heulend los und drang haßerfüllt auf die 
Feinde ein. Tollwütig riß er einige Reiter 
von den Pferden und verbiß sich in ihnen. 
Uta stürzte ihm nach. Aber schon war er von 
einem Lanzenstich durchbohrt und verzückte 
röchelnd am Boden. Jammernd warf sie sich 
über ihn und vergrub ihr Gesicht in seinem 
Fell. — Ein Madjare hob die Lanze, um sie zu 
erstechen. 
Da mahnte ein anderer: „Warte!" Er wies 
auf Utas Hand. Dann sprang er vom Pferd 
und betrachtete ihren Ring. „Ich glaube, wir 
haben einen guten Fang gemacht! Diese Geisel 
wird uns hohes Lösegeld bringen. Der deutsche 
König pflegt solche Ringe für besondere Ver 
dienste an seine Freunde auszuteilen. Diese 
Frau ist entweder eine Verwandte des Königs 
»der die Gattin eines hohen Würdenträgers!" 
Danach wurde Uta gefesselt ins Gefangenen 
lager der Ungarn gebracht . . . 
In den ersten Tagen ließ sie sich in einem 
Wagen regungslos mit fortschleppen. Fragen 
ihrer Mitgefangenen beantwortete sie nicht. 
Sie starrte leer vor sich hin; zuweilen sang 
sie leise. 
„Schreckliches muß ihr widerfahren sein!" 
raunten die Gefangenen untereinander. 
Es waren Frauen unter ihnen, die sich 
freundlich um sie bemühten. Sie wuschen ihr 
Haar und pflegten die Wunden an ihren 
Füßen und Händen. Sie ließ alles wortlos 
mit sich geschehen. 
Jeden Abend wurden die Gefangenen in 
einem Zelt zusammengetrieben. Dort be 
wachte man sie streng; denn es war öfters 
vorgekommen, daß Männer zu fliehen ver 
suchten. 
Tie madjarischen Wächter waren heimliche 
Spione. Sie gaben sich den Anschein, die deut 
sche Sprache nicht zu verstehen, weil sie das 
Gespräch der Gefangenen belauschen wollten. 
Die Gefangenen aber hatten längst begriffen, 
daß ihre Worte beachtet wurden, und richteten 
sich danach. 
Eines Morgens trat ein Ereignis ein, das 
Utas stumpfen Sinn weckte. Während sie in 
dem ratternden Wagen hockte, der den Frauen 
zugewiesen war, hörte sie ein Gespräch der 
gefangenen Männer, die nebenhergingen. 
Ein Franke sagte zu einem Thüringer: „Die 
Ungarn lassen Merseburg westlich liegen. Ter 
Sachsenkönig hat seine Landesbefestigungen 
vergeblich angelegt! Es sieht gerade so aus, 
als wollte das schlaue Gesindel am Nordhang 
des Harzes entlaugziehen, um der Falle zu 
entgehen." 
Als Uta dies vernommen hatte, fühlte sie 
ihr mattes, krankes Herz in heftiger Erregung 
schlagen. Zum erstenmal spürte sie wieder, 
daß ihre Seele von einem heißen Flehen er 
füllt war. Wenn die Bewohner der südlichen 
Gegenden in namenloses Elend geraten 
waren, so trugen sie selber die Schuld daran; 
sie hatten träge dahingelebt und ihre Pflichten 
gegen das Land versäumt. Die Sachsen aber 
hatten viele Jahre lang getreulich für den 
entscheidenden Freiheitskampf gearbeitet. Die 
dachte an König Heinrich, an Diethart. Gott 
mußte den Sachsen den Sieg über die asiati 
schen Eindringlinge verleihen! Der deutsche 
, Boden mußte gerettet werden! 
Als am Abend das Lager aufgeschlagen 
wurde, trat Uta an eine madjarische Frau her 
an, die Suppe austeilte, und sprach mit 
freundlichem Gesicht bittend auf sie ein. 
„Verstehe nicht!" erwiderte die Ungarin un 
geduldig. Schließlich ließ sie einen Dol 
metscher rufen. 
„Was willst du?" fragte er mißtrauisch. 
„Gerstenbier für die Gefangenen! Viel 
Gerstenbier!" antwortete Uta. „Ihr habt ge 
nug! Und wir wollen heute feiern!" 
„Was wollt ihr feiern?" fragte der Dol 
metscher lauernd. 
„Das Wiedersehen mit den Unsern! Die 
baldige Freiheit! Gewiß sind eure Boten nun 
schon unterwegs, um mit König Heinrich über 
die Höhe des Lösegeldes zu verhandeln? Wir 
bringen euch viel ein — da braucht ihr nicht 
zu geizen!" 
Der Dolmetscher lachte. „Ihr sollt Gersten 
bier bekommen!" sagte er bereitwillig. 
Als nun die Gefangenen alle in ihrem Zelt 
versammelt waren, wurden mehrere große 
Gefäße gebracht, in denen sich Gerstenbier be 
fand. Man zündete Oelnäpfe an und gebot: 
„Nun feiert!" 
Die Gefangenen tranken verwundert von 
dem guten deutschen Bier, das die Ungarn in 
einem nahen Hof geraubt haben mochten. 
Ein alter Franke fragte Uta: „Worüber seid 
Ihr heute so froh, junge Schöne? Was ver 
mochte Euern Gram zu verscheuchen? Erzählt 
uns doch endlich, wer Ihr seid und woher JHr 
kommt!" 
Uta antwortete laut: „Ich bin die Tochter 
des hermundurischen Edelings Wolfrat. Aber 
meine Mutter stammte aus sächsischem Ge 
schlecht; ihre Brüder sind die Edlen Gunzo 
und Jmmo von Sachsen. So wurde ich vor 
fünf Jahren dem sächsischen Grafen Diethart 
anverlobt, der zu des Königs Begleitern ge 
hört. Alle diese Verwandten hoffe ich bald 
wohlbehalten wiederzusehen!" 
Die Ungarn sagten untereinander: „Da 
haben wir also wirklich einen guten Fang ge 
macht!" 
Unter den Gefangenen aber erhob sich ein 
breites Gespräch über weitverzweigte Ver 
wandtschaften. Und zuletzt stellte es sich her 
aus, daß eigentlich alle Anwesenden unter 
einander verschwägert und vervettert waren. 
Dabei vergaßen sie ihren Gram und tranken 
sich zu. 
Uta saß in der Mitte der Versammelten. 
JHr blasses Gesicht stand licht in der Schwärze 
des Zeltes, und ihre blauen Augen hatten 
einen heftigen Glanz. Mötzlich rief sie: ķeut 
euch mit mir! Gott verhindert, daß die Heere 
der Madjaren und der Sachsen in meiner 
mütterlichen Heimat aufeinanderstoßen! Die 
Verwüstung bleibt dem reichen Lande erspart, 
in dem ich mein späteres Leben zu verbringen 
hoffe!" 
Die Gefangenen schwiegen, weil sie die Auf 
merksamkeit der Spione spürten. 
Uta fuhr fort: „Habt ihr noch nicht begrif 
fen, daß die Madjaren am Nordrand des 
Harzes gen Goslar ziehen wollen? Darum 
ist meine Freude so groß! Denn sehr wichtig 
ist es, daß Sachsen verschont bleibt! Zwar hat 
sich der König darauf vorbereitet, sein Land 
zu sichern, aber was nützen Mauern gegen die 
Uebermacht? Die Schätze des Reichs, die in 
sicheren Burgorten verwahrt liegen, würden 
wohl verlorengegangen sein, wenn die Un 
garn den Weg längs der Unstrut genommen 
hätten .. " 
„Du Großsprecherin!" rief ein jüngerer 
Franke. „Von solchen Schätzen ist uns nichts 
bekannt!" 
„Ungeheure Reichtümer überall!" behauptete 
Uta streitsüchtig. „Gönnt etwa ihr Franken 
den Sachsen ihre Besitztümer nicht? Wer aber 
hat denn die siegreichen Kriege gegen die 
Heveller, die Wenden, die Daleminzier und 
Böhmen geführt? Gerecht und billig ist es, daß 
die Tributzahlungen nach Sachsen fließen! 
Säcke voll Silber und Gold sind in den Burg 
orten verborgen — nicht zu reden von dem 
Schmuck und den Waffen, den die Sachsen in 
allen Ländern erbeuteten . . . Und gar die 
Kronjuwelen, deren Steine alle Königreiche 
der Welt an Wert aufwiegenl" 
„Sie ist trunken!" grollten die Männer er 
zürnt. „Bringt sie endlich zum Schweigen!" 
Und die Frauen griffen nach Utas Armen und 
führten sie gewaltsam auf ein Lager. 
Die madjarischen Wächter aber freuten sich. 
Sie meldeten ihren Führern das Erlauschte. 
Die Führer lachten laut: „Ja, so sind die 
Germanen! Sperrt man zwei Gefangene zu 
sammen, so ' gehören sie drei verschiedenen 
Stämmen an und befehden sich untereinander. 
Auf die prahlerische Rede des jungen Weibes 
ist jedoch nicht viel Wert zu legen! Gewiß 
wollte die Sächsin den Franken nur Aerger 
bereiten, indem sie sich mit den Reichtümern 
ihrer Stammesverwandten briistete. Immer 
hin könnten wir ja Kundschafter schicken und 
nach den Burgorten Ausschau halten . . . Ver 
mutlich werden sie nicht vorhanden sein?" 
(Schluß folgt.)
	        
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