Full text: Newspaper volume (1935, Bd. 2)

Dev Tag in Wovt und Bild 
Schuld an der Katastrophe des „Maxim Gorkî" 
war der eigensinnige Blagin 
Der Bericht eines Angenzenge« 
DNB. Moskau, 20. Mai. Das Großflugzeug 
„Maxim Gorki" war auf seinem Unglücksflug 
von zwei kleineren Flugzeugen begleitet. 
Eines dieser Begleitflugzeuge ist heil davon 
gekommen, es wurde vom Piloten Rybuschkin 
geflogen. Rybuschkin schildert seine Beob 
achtungen folgendermaßen: 
Am 17. Mai abends erhielt ich einen Flug 
auftrag zum 18. Mai gleichzeitig mit Blagin,' 
mit mir sollte ein Kino-Operateur fliegen, 
Blagin aber sollte den „Maxim Gorki" be 
gleiten, um den Größenunterschied zwischen 
dem Kleinflugzeug und der Riesenmaschine zu 
veranschaulichen. Unmittelbar vor dem Ab 
flug sagte Michesew, der Pilot des „Maxim 
Gorki", zu Blagin, er solle das Figurenmachen 
sein lassen und dem „Maxim Gorki" weit vom 
Leibe bleiben. Blagin war gekränkt und er 
widerte, er sei kein kleiner Junge, sondern 
fliege bereits seit 15 Jahren. 
Rybuschkin fuhr fort: Blagin und ich be 
gleiteten den „Maxim Gorki", er rechts und 
ich links. Als „Maxim Gorki" den Rundflug 
beendet hatte und zum Flugplatz zurückkehrte, 
ging ich etwas höher. Ich bemerkte, daß 
Blagin auf der rechten Seite eine sogenannte 
Tonne machte und dabei vom „Maxim Gorki" 
abgetrieben wurde. Dann ging er auf den 
linken Flügel. Ich stieg noch höher, weil ich 
befürchtete, Blagin würde vom Schwung nach 
links getrieben werden. Blagin gab Gas und 
machte eine neue Figur,- sie gelang nicht, er 
verlor an Geschwindigkeit und prallte an den 
rechten Flügel des „Maxim Gorki" ungefähr 
dort, wo sich der mittlere Motor befindet. 
Offenbar traf er auf einen Oelbehälter, denn 
es entstand schwarzer Rauch. Blagin hatte die 
obere und untere Verkleidung des Flügels 
durchstoßen. Der „Maxim Gorki" neigte sich 
nach rechts über und Blagin stürzte mit seinem 
Flugzeug ab. „Maxim Gorki" hielt sich noch 
zehn bis fünfzehn Sekunden in der Luft, dann 
nahm die Rechtsneigung zu. Ein Teil des 
rechten Flügels löste sich ab, das Flugzeug 
begann senkrecht abzutrudeln, schlug schließlich 
auf eine Gruppe von Kiefern auf und zer 
splitterte am Boden. 
Ich drosselte die Gaszufuhr meines Flug 
zeuges und ging im Gleitflug unmittelbar 
über der Unfallstelle herunter. In diesem 
Augenblick packte mich der Kino-Operateur 
an der Kehle und begann mich zu würgen. Er 
hatte infolge des Schrecks die Nerven verloren 
und wollte mich zur Notlandung veranlassen. 
Ich verlor zunächst die Herrschaft über die 
Maschine, die in trudelnde Bewegung geriet. 
Um mich zu befreien, schlug ich den Kino- 
Operateur mit aller Kraft ins Gesicht,' er setzte 
sich wieder und saß still bis zur Landung. Ich 
konnte die Maschine dann abfangen, machte 
noch zwei Kreise über der Unglücksstelle und 
schritt zur Landung. Eine Aufnahme der 
Katastrophe wurde, wie die Schilderung be 
greiflich macht, nicht ausgeführt. Nur der 
vorhergehende Flug des „Maxim Gorki" war 
gefilmt worden. 
Die bei der Katastrophe des „Maxim Gorki" 
ums Leben gekommenen Fluggäste und Mann 
schaften wurden am Montag in Moskau zu 
Grabe getragen. Fast 200 Kränze bedeckten 
den Katafalk. 
Der „Rowdy". 
Die „Prawda" wendet sich sehr scharf gegen 
„Disziplinlosigkeit und Bubenstreiche in der 
Ei« lustiger Schnappschuß 
von den Eröffnungsfeiern. 
Luft". Die Vorschrift, die Woroschilow gegeben 
habe, daß man nämlich „Luftrowdies" von 
allen Militärflugplätzen fernhalten müsse, solle 
auch in der Zivilluftflotte ohne Nachsicht zur 
Durchführung kommen. Der Chef der Zivil 
luftflotte bezeichnete das Verhalten des Sport 
fliegers Blagin, der das Unglück herbeiführte, 
als „rowdymäßig". 
Ein neuer „Maxim Gorki". 
Die Sowjetbehörden haben durch die Ver 
öffentlichung eines Dekrets ihren Entschluß 
bekundet, daß sie sich durch die Katastrophe des 
„Maxim Gorki" nicht von dem Vau derartiger 
Riesenflugzeuge abschrecken lassen wollen. Das 
Dekret, das von dem Zentralkomitee der Kom 
munistischen Partei und vom Rat der Volks 
kommissare gemeinsam herausgegeben wurde, 
verfügt vielmehr den Bau dreier Flugzeug- 
giganten des gleichen Typs, dem der „Maxim 
Gorki" angehörte. Das erste dieser drei neuen 
Riesenlandflugzeuge soll denselben Namen 
tragen wie der zerstörte Flugriese, während 
die beiden anderen Flugzeuge „Wladimir 
Lenin" und „Josef Stalin" heißen werden. 
§j§ öriickl ein lim Zu. 
Dem Vorwurf, den man der Polizei in Bad 
Nauheim gemacht hat, daß sie feindlich gegen 
den Kraftfahrzeugverkehr eingestellt sei, be 
gegnet die Behörde jetzt in origineller und 
einwandfrei klärender Weise. Parkt in der 
Stadt ein Auto an falscher Stelle, dann be 
kommt der Fahrzeuglenker nicht etwa gleich 
den bekannten Strafzettel, sondern die Poli 
zei klebt an die Schutzscheibe des Wagens ein 
kleines Zettelchen, auf dem zu lesen ist: 
„Du parkst hier falsch, verschwind' im Nu, 
Wir drücken dann ein Auge zu! 
Polizeiamt Bad Nauheim." 
Hofe kWârlsķen 
in Mlmschem Grenzorļ. 
DD. Warschau, 20. Mai. Wie einige polnische 
Blätter berichten, hatte ein sowjetrussischer 
Wachtposten an der Grenze bei Korzec den 
polnischen Grenzkommandanten um die Er 
laubnis gebeten, an einem Trauergottesdienst 
für Marschall Pilsudski in der dortigen ortho 
doxen Kirche teilnehmen zu dürfen. Mit Er 
laubnis der polnischen Behörden wohnten 
sodann 400 bolschewistische Kavalleristen in 
dem polnischen Grenzort dem Gottesdienst bei. 
Die Vorbeifahrt der am Van beschäftigt gewesenen Arbeiter 
vor dem Führer, die Adolf Hitler begeistert grüßen. 
Dr. Sellê-Eysler. 
Die PsßWggkMÄösr 4 TrWee. festgenommen 
DNB. Brieg (Schlesien), 21. Mai. In der 
Nacht zum 12. Mai wurde, wie gemeldet, auf 
den Postwagen des Eilzugs der Strecke 
Breslau—Dresden an der Blockstelle Roth- 
wasser ein schwerer Raubüberfall verübt, wo 
bei den Verbrechern 52 v»ü Mark in die Hände 
fielen. Die Dreistigkeit, mit der die Tat aus 
geführt wurde, veranlaßte den Breslauer 
Polizeipräsidenten, eine Sonderkommission 
für die Ermittlung der Täter einzusetzen und 
eine große Fahndungsaktion über ganz 
Schlesien und darüber hinaus aufzuziehen. 
Die Arbeit hat zu einem Erfolg geführt.-Am 
Freitag ist der aus Brieg stammende Haupt 
täter Fritz Schüller auf seiner Flucht in 
Strehlen (Niederschlesienj festgenommen wor 
den. Die weiteren Mittäter sind festgestellt, 
es sind seine Brüder Willy, Erich und Her 
mann Schüller. 
Die vier sind bereits wiederholt vorbestraft. 
Die Bevölkerung wird unter Hinweis auf die 
ausgesetzte Belohnung von 5000 Mark, die sich 
wahrscheinlich insofern noch erhöhen wird, als 
die Genannten auch andere Straftaten, für 
deren Aufklärung namhafte Belohnungen 
ausgesetzt sind, verübt haben werden, zur 
Mitarbeit an der Ergreifung von Willy, Erich 
und Hermann Schüller aufgefordert. Willy 
Schüller ist 25 Jahre alt, Erich 28 Jahre, Her 
mann 31 Jahre. 
Zwei Mädchen vom weiblichen Arbeitsdienst 
haben sich trotz der Absperrungen bis zum 
Wagen des Führers hindurchgedrängk, der 
ihnen lachend die Hand reicht. 
Dx, Sà-Eyà 
Die gestörte Hochzeit. 
DD. Athen, 20. Mai. In einem Dorfe des 
Peloponnes versammelte sich eine Hochzeits 
gesellschaft im ersten Stockwerk des Hochzeits 
hauses, das aber auf eine derartige Belastung 
nicht eingerichtet war. Während der Trauungs 
zeremonie gab der Boden nach, und alle Ver 
sammelten stürzten in die Tiefe, wobei das 
Brautpaar und viele Gäste schwer verletzt 
wurdem Ein Gast starb an den Folgen der 
Verwundung. 
6 Arbeiter stürzen am Neubau ab. 
DNB. Kaufbeureu, 20. Mai. Mehrere Ar 
beiter waren damit beschäftigt, einen zehn 
Zentner schweren Träger auf das Gerüst 
Ä«es Nsà«ss zu befördern, Beim Nieder- 
lassen des Trägers auf den Boden des Ge 
rüstes löste sich, anscheinend durch die Erschüt 
terung, eine Bindung. Die Last sauste mit den 
Arbeitern in die Tiefe. Durch den Sturz wur 
den sechs Arbeiter verletzt, darunter drei 
lebensgefährlich. 
Paradezuschauer verunglückt. 
In der Stadt Iakima im nordamerikanischen 
Staate Washington drängte man sich im zwei 
ten Stockwerk eines Hauses au den Fenstern, 
um einer Parade zuzuschauen. Anscheinend in 
folge Ueberlastung barst ein Teil des Hauses 
auseinander. Mit dem Mauerwerk stürzten 
die Zuschauer in die Tiefe. 30 Menschen, dar 
unter auch solche, die draußen an der Haus 
wand gestanden hatten, wurden schwer ver 
letzt, einer getötet. 
* * * 
Furîwàgler wird in England gefeiert. 
Die Londoner Saison erreichte am Montag 
abend in der Königlichen Oper mit einer von 
Generalmusikdirektor Furtwängler dirigierten 
Aufführung von „Tristan und Isolde" einen 
unbestreitbaren Höhepunkt. Der Dirigent und 
die Mitwirkenden wurden stürmisch gefeiert. 
MtW im Vrozch Raypaports. 
DNB. Berlin, 20. Mai. In den heutigen 
Abendstunden sprach der Vorsitzende der 
4. Großen Strafkammer des Berliner Land» 
gerichts nach mehrwöchiger Verhandlung das 
Urteil in dem Prozeß gegen die 14köpfige Re 
gistermark-Schieberbande Rappaports und 
Genossen. Die Angeklagte Hoja Ukuns wurde 
zu 5 Jahren Zuchthaus und 3000 Mark Geld 
strafe verurteilt, der Angeklagte Jzaks Rap 
paports erhielt 3^ Jahre Zuchthaus und 3000 
Mark Geldstrafe, die Angeklagten Moduchs 
Rubanenko und Schmul Svirskis erhielten 
ebenso wie die zehn übrigen Angeklagten je 
3 Jahre Zuchthaus und 2000 Mark Geldstrafe. 
Durch das energische und schlagartige Zu 
greifen der Zollfahndungsstelle gelang es im 
September 1034, diese wohlorganisierte letti 
sche Bande festzunehmen. Ebenso wie in zahl 
reichen anderen Fällen, standen als Draht 
zieher ostjüdische Kreise und Banken, die im 
Auslande ihren Sitz haben, hinter der ganzen 
Schiebungsaktion. Die Angeklagten waren als 
harmlose Bergnügungsreisenöe getarnt nach 
Deutschland gekommen, um von hier aus im 
Sinne ihrer Auftraggeber Vermögenswerte 
über die Grenze zu schaffen. 
M Deckmantel. 
Reichsgericht bestätigt ein Hamburger Urteil. 
Die Revisionen der am 4. März 1935 vom 
Schwurgericht Hamburg zu 2% bzw. 3 Jahren 
Zuchthaus sowie zu 3 Jahren Ehrenverlust 
verurteilten Angeklagten Hedwig Ehliche und 
Agnes Doerwaldt sind vom Reichsgericht un 
ter rechtskräftiger Bestätigung der verhängten 
Urteile als unbegründet verworfen worden. 
Unter dem Deckmantel eines Schönheitspflege- 
Instituts und Massage-Salons befaßten sich 
die Angeklagten in Hamburg-Altona nebenbei 
mit der Vornahme unerlaubter Eingriffe. Das 
Reichsgericht stellte fest, daß die Angeklagten 
nicht etwa aus Mitleid mit den zu ihnen kom 
menden Frauen und Mädchen handelten, son 
dern aus purem Eigennutz, um sich durch 
Verbrechen wider das keimende Leben eine 
möglichst einträgliche Erwerbsquelle zu ver 
schaffen. 
ĶNDAS Psst 
Ein Kraftwagenführer aus Stade, der mit 
einem Wagen seiner Firma eine Schwarzfahrt 
gemacht hat, fuhr in der Nacht auf Montag 
fahrlässiger Weise den Hamburger Telegra 
phenbauarbeiter Wilhelm Brunkhorst tot, der 
von seiner Tätigkeit als Aushilfskellner in 
einem Ausflugslokal zurückkehrte. 
In dem Dorfe Newel im Landkreise Trier 
fand man in der Jauchegrube eines Gehöfts 
die Leiche eines neugeborenen Kindes sowie 
Knochenreste eines zweiten Kindes. Verhaftet 
wurden die 20jährige Anna Schu., ihre Mutter, 
ihr Vater sowie einige andere Angehörige. Es 
besteht der Verdacht eines dritten Kindesmor 
des gegen die Anna Schu. 
Im Hessen-nassauischen Kreise Biedenkopf 
haben Hunde große Verluste unter dem Wild 
angerichtet. Die Jäger des Kreises schossen 
daraufhin 80 wildernde Hunde ab. 
Der Bremer 600-Tonnen-Dampfer „Geier" 
ist während der Ausfahrt aus Pitea in Nord 
ostschweden aus dem Kurs geraten und auf den 
Leskaergrund gestoßen. Ins Vorderschiff lief 
viel Wasser. Bergungsdampfer sind an der 
Unfallstelle und man ist dabei, die Holzladung 
des Schiffes überzunehmen. 
Zwischen Randers und Hobro in Jütland 
ließ sich die Führerin eines Autos durch einen 
Heidebrand ablenken. Der Wagen sauste gegen 
einen Baum. Die Autoführerin wurde getötet, 
zwei mitfahrende junge Männer erlitten recht 
schwere Verletzungen. 
In der Bangkastraße, dem Schiffahrtsweg 
zwischen den holländischen Inseln Sumatra 
und Bangka, überfuhr ein Dampfer eine 
Dschunke, von deren 9 Insassen 8 ertranken. 
Unterredung 
Göring — Laval 
Nach den Trauerfeierlich 
keiten in Krakau versam 
melten sich die ausländi 
schen Trauerabordnungen 
im Hotel „Französischer 
Hof" zu einem Frühstück, 
woran im Anschluß eine 
Unterredung zwischen Mi 
nisterpräsident Göring und 
dem französischen Außen 
minister Laval stattfand. 
Dr. Sâ-Ey-ļer, j
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.