Full text: Newspaper volume (1935, Bd. 2)

Zur Unterhaltung 
128. Jahrgang ' Nr. 113 
Beilage der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung (Rendsburger Tageblatt) 
Donnerstag, den 16. Mai 1935 
Liebrsromaņtik »m Land -es Lächelns. 
Es ist schon mehr als ein Jahrhundert ver 
strichen, seit der Freiherr Philipp Franz von 
Sieboldt auf die Reise nach dem Fernen Osten 
ging. Er stammte, wie schon die Vornamen 
erkennen lassen, aus Oesterreich, war aber 
durch Adoption Holländer und ist viel später 
ein berühmter Mann geworden, weil er die 
Pfingstrose und die Chrysantheme in die 
europäische Heimat mitbrachte. Unbekannt 
blieb bislang die außergewöhnlich romantische 
Liebesgeschichte, in deren Mitte der öster 
reichische Freiherr stand. 
Als der junge Gelehrte nämlich in Japan 
landete, durfte er sich auf der Insel Deschima 
ansiedeln, während das Reich der Aufgehen 
den Sonne im übrigen für keinen Ausländer 
zugänglich war. Und hier geschah es, daß der 
Freiherr, ein großer und schöner Mann, und 
die liebreizende Kisen San sich ineinander 
verliebten. Leider verboten die japanischen 
Gesetze, daß sich eine unbescholtene Tochter des 
Landes mit einem Fremdling verheiratete. 
Aber die kleine Kisen San wußte einen Aus 
weg. Sie, die Tochter aus angesehener Fa 
milie, ging auf das nächste Polizeibüro und 
ließ hinter ihren Namen ein großes rotes 
Kreuz malen — das Brandmal der Sünderin. 
Und nun stand der Ehe nichts mehr im Wege. 
Aber das Glück war von kurzer Dauer. Der 
Freiherr wurde verhaftet, weil man eine 
Landkarte des Jnselreiches bei ihm fand. Man 
beschuldigte ihn der Spionage. Er wurde aus 
gewiesen. Einige seiner Freunde erlitten die 
Folter, andere gingen freiwillig in den Tod. 
Manche Geschichtsschreiber stehen heute auf 
dem Standpunkte, die holländische Regierung 
hätte dem Gelehrten damals die Weisung er 
teilt, sich nicht nur mit seinem.wissenschaft 
lichen Kram, sondern auch einmal mit an 
deren wichtigen Dingen zu beschäftigen. Ob 
der Freiherr dies als eine Aufforderung zur 
Spionage aufgefaßt hat, ließ sich noch nicht mit 
Sicherheit feststellen. Jedenfalls mußte er die 
geliebte Frau verlassen. Er sah sie erst nach 
drei Jahrzehnten wieder. 
Er hatte sich inzwischen einen berühmten 
Namen gemacht, war Oberst geworden. Aber 
er hielt Kisen San die Treue. Und eines 
Tages — es war in dem niederländischen 
Konsulat von Nagasaki — sanken die beiden 
Gatten einander wieder in die Arme. Der 
Freiherr Hatte diesmal in einer diplomati 
schen Sendung das Land betreten. Und Kisen 
San war Großmutter geword.en. Sie hatte 
Tochter und Enkelin an der Hand, als sie dem 
lang entbehrten Manne gegenübertrat. Das 
war im Jahre 1861. Die alte Liebe lebte in 
voller Kraft wieder auf. 
Im Lenz des Jahres 1935 aber fand im 
kaiserlichen Museum eine Feier statt, die dem 
Andenken des Freiherrn von Sieboldt galt, 
und vor dem Mikrophon stand eine weiß 
haarige Frau, seine Enkelin, die den Hörern 
des Rundfunks jene romantische Liebes 
geschichte erzählte. 
BtroU Weļî. 
Hunnenschatz in Ungarn gefunden. 
Weitverbreitet in ganz Ungarn ist die Sage 
vom Grab des Hunnenkönigs Attila. In 
vielen Beschreibungen und alten Urkunden 
wird die Begräbnisstätte angegeben, die in 
der ungarischen Tiefebene beim alten Römer 
limes von Hainburg oder auch in irgend 
einem Alpenlande liegen soll. Doch gefunden 
ist die Stätte, an der man neben dem Skelett 
des Fürsten, seines Lieblingspferdes und 
seiner Bluthunde auch unermeßliche Schätze an 
Gold und Edelsteinen vermutet, trotz eifrigen 
Suchens und Grabens noch immer nicht. Die 
Mißerfolge der bisherigen Schatzgräber und 
Schatzsucher setzten aber den Träumen von 
Reichtum kein Ziel und noch immer ist die 
Legende vom Attila-Schatz im Volke lebendig. 
Vor einigen Tagen ist nun unter der un 
garischen Landbevölkerung durch den Fund 
eines armen Bauern die Sage vom Attila- 
Schatz zu neuem Leben erwacht. Der Land 
wirt Stefan Pivarcsi war mit seinen beiden 
Söhnen in seinem Weingarten in Bocs bei 
Kiskorös mit dem Umgraben des Bodens be 
schäftigt, als er auf einen harten Gegenstand 
stieß. Erbost warf er ihn beiseite, denn sein 
Tagewerk und die Schärfe seines Werkzeugs 
waren ihm lieber als der Fund eines alten 
Stücks rostzerfressenen Eisens. Als er aber 
immer neue Stücke des alten Metalls aus 
grub, besah sich der Bauer das Gefundene 
näher und entdeckte nach Säuberung der ein 
zelnen Stücke zu seiner Ueberraschung und 
Freude, daß der ganze Fund, ein Köcher, ein 
Kelch, ein Peitschenstiel, ein Blashorn, Ringe, 
Ohrgehänge, Schnallen aus echtem Gold be- 
Heilere Geschichten. 
Frauenschuh und Maiglöckchen. 
In jenem romantischen Teil der Franken 
alp, der als „Hersbücker Schweiz" bekannt ist, 
erzählt Stremel in der verdienstvollen Zeit 
schrift „Naturschutz", erhebt sich weithin sicht 
bar der Hohenstein mit Burg und Dorf — 
ein Lieblingsziel der Nürnberger Ausflügler. 
Eines schönen Tages nun — es ist noch nicht 
lange her — kommt zu dem Gastwirt des Gast 
hauses der Vertreter einer norddeutschen 
Stocknagelfirma,' der Wirt, der sich nicht nach 
reden lassen will, daß sein Betrieb rückständig 
ist, bestellt eine Anzahl dieser Blechschildchen. 
„Also nach diesem Muster hier", sagt der 
Reisende, „in der Mitte natürlich der Hohen 
stein mit dem höchsten Fachwerkbau Ihres 
werten Hauses, und was wünschen Sie auf 
den beiden Seitenschilöchen angebracht? Ein 
paar nette Gebirgsblumen? Bei Ihnen wächst 
doch sicher allerhand so'n Zeug?" — „Blumen", 
erwidert der Wirt mit bescheidenem Stolz, 
„gibts bei uns die schönsten und seltensten, die 
man sich nur Lenken kann, vielleicht machen 
Sie auf der einen Seite ein Maiglöckchen 
drauf und auf der andern einen Frauenschuh. 
Wissen Sie, bei uns gibt es nämlich auch nock- 
den Frauenschuh!" Als der Wirt standhaft bei 
Maiglöckchen und Frauenschuh beharrt, 
schreibt der Vertreter schließlich kopfschüttelnd 
auf: „Links ein Frauenschuh". Dann empfiehlt 
er sich mit höflichem Dank und Gruß. Einige 
Zeit später kommen die bestellten Stocknägel,' 
sie sind wirklich gut ausgefallen — in der 
Mitte das wohlgetroffene Bild des Hohen 
steins, rechts das Maiglöckchen und links — 
der Wirt stutzt, wischt sich die Augen, aber das 
hilft alles nichts — das, was auf dem linken 
Felöchen des Stocknagels dargestellt ist. ist und 
bleibt ein zierlicher Damenschuh mit Stöckel 
absatz. Und so verkauft der Hohensteinwirt 
Stocknägel mit dem Maiglöckchen und dem 
Stöckelschuh . .. 
* 
Umgang mit Königen. 
König Ludwig I. von Bayern, der gern als 
sehr mäßiger Dichter dilettierte, hatte doch die 
nicht allzu häufig anzutreffende königliche 
Gabe, einen guten Witz zu ertragen, weshalb 
sich seine Untertanen ihm gegenüber allerlei 
erlauben konnten. Eines Tages empfing er 
in Audienz einen Herrn, der als sehr geizig 
bekannt war. Der Betreffende erschien wider 
alle Gepflogenheit im Filzhut in der könig 
lichen Residenz und betrat in dieser höchst 
unvorschriftsmäßigen Aufmachung das Vor 
zimmer. Aergerlich tippte der König auf den 
Hut und brummte: „Filz! Filz!", wofür sich 
der Angeredete mit lebhaftem Kopfnicken und 
der trefflichen Bemerkung revanchierte: „Was 
serdichter! wasserdichter!" 
stand und mit vielen Edelsteinen geschmückt 
war. 
Seinen Schatz, aus 78 Stücken bestehend, 
brachte der Bauer nach Budapest und erhielt 
vom Nationalmuseum dafür 2000 Pengö und 
weitere 6000 Pengö wurden ihm als recht 
mäßiger Finderlohn und Fundablösung ver 
sprochen. Nach dem Urteil der Sachverständi 
gen soll der gefundene „Hunnenschatz", der 
1400 Jahre lang in der Erde geruht hat, einem 
Fürsten jener Avaren gehört haben, die sich 
einst in der Gegend des ungarischen Tieflandes 
zwischen Donau und Theiß, bei Kiskorös und 
Kecel angesiedelt hatten. 
Torf ohne Mädchen. 
Die britischen Aerzte interessieren sich 
augenblicklich sehr für ein Dorf der Grafschaft 
Essex. In diesem Dorf, Tunton mit Namen, 
werden nämlich seit mehr als einem Jahr nur 
Knaben geboren. Von 30 Babies war nur 
eines ein Mädchen, und das stammte von 
einer vor kurzem erst zugereisten Familie. 
Man hat bereits die kühnsten Theorien über 
diese Erscheinung aufgestellt und unter ande 
rem den hohen Ozongehalt der Luft in jener 
Gegend verantwortlich gemacht. Aber keine 
Erklärung war > bisher überzeugend. Die 
Aerzte sind nun zu dem Schluß gekommen, 
daß die 29 Knabengeburten des letzten Jahres 
nichts als ein reiner Zufall sind. 
Die Einwohner von Dunton sind aber nach 
wie vor davon überzeugt, daß es mit ihrem 
Ort eine besondere Bewandtnis haben müsse. 
Sie wollen jetzt sogar beobachtet haben, daß 
ihre Tiere fast ausschließlich männliche Junge 
haben. Vor jeder neuen Geburt werden in 
dem Ort zahlreiche Wetten abgeschlossen. Der 
jenige, der auf ein Mädchen tippt, hofft dabei 
stets, eine Menge Geld zu verdienen, da die 
Einsätze für Jungen diejenigen für Mädchen 
weit übersteigen. Bis auf den einen erwähn 
ten Fall haben die „Mädchentipper" aber stets 
verloren. Vielleicht wird Dunton demnächst 
ein vielbesuchter Kurort für Ehepaare wer 
den, die sich männlichen Nachwuchs wünschen. 
Reklame macht Dunton jedenfalls genug für 
sich. 
Eine Seifenpflanze. Bei den abessinischeu 
Völkern ist die Seife noch so gut wie unbe 
kannt. Man wäscht sich dort mit den Samen 
einer „Endott" genannten Pflanze, die in 
Wasser schäumen und ein ausgezeichnetes 
Waschmittel, besonders geeignet auch zum 
Reinigen von wollenen Sachen, darstellen. 
Schlank werden. 
„Ja, wenn dieser Stoff wirklich schlank 
macht, dann geben Sie mir bitte gleich ent 
sprechend weniger davon." 
Dsr Marin Hintes: der Katze. 
Sin Kriminalroman von Fritz Strauß. 
Urheberrechtsschutz durch Verlagsanstalt 
Manz, München. 
2) Nachdruck verboten. 
Die Stimme seines Begleiters riß ihn aus 
feinen Träumen. 
„Ich bin gespannt, wie sich Gran morgen 
aus der Schlinge zieht. Minero haßt ihn, 
weil er ihn fürchtet." 
„Wieso?" 
„Das ist schwer zu sagen. Der Oberst steht 
nicht im besten Ruf. Man munkelt von aller 
hand dunklen Machenschaften, bei denen er die 
Hand im Spiel hat. Aber das sind alles nur 
Mutmaßungen. Der einzige, der tieferen 
Einblick hat, ist Gran, und das weiß Minero." 
„Und woher besitzt Gran diese Kenntnisse?" 
Der Offizier zuckte die Achseln. 
„Gran verfügt iiber Gaben, die man nur 
noch mit übernatürlich bezeichnen kann." 
Mac Town kniff leicht sein linkes Lid ^zu, 
ein untrügliches Zeichen, daß er jegliches In 
teresse am Gespräch verlor. Es hat keinen 
Sinil, sich mit Leuten zu unterhalten, die 
jedesmal, wenn sie auf ein etwas schwierige 
res Problem stoßen, den Boden der Tatsachen 
verlassen und ihre Zuflucht zum Glauben ans 
Uebernatürliche nehmen. Er antwortete der 
Höflichkeit halber mit einer Phrase und blieb 
versonnen und schweigsam bis zur Ankunft 
im Fort. 
In Fortalezza nueva befand sich das Haupt 
quartier der Regierungstruppen, die zur Bei 
legung eines Grenzstreites hier zusammen 
gezogen wurden und denen der Schutz aus 
gedehnter Petroleumquellen oblag, um die sich 
der Streit drehte. Das Kommando führte 
Oberst Minero. Ueber die Zone war noch der 
Belagerungszustand verhängt. Die Gerichts 
barkeit innerhalb ihres Bannkreises übte der 
oberste militärische Befehlshaber aus, 
Mac Town, dem anstandslos seine Ver 
teidigerrolle zugebilligt wurde, hielt Grans 
Sache für aussichtslos und begriff den Mann 
nicht, der sich dermaßen frivol seinem Feind 
Luslieferts. 
Die Verhandlung hatte man auf morgens 
sechs Uhr anberaumt. Zehn Minuten vorher 
betrat der Amerikaner den zum Gerichtslokal 
umgewandelten Unteroffiziers-Speiseraum. Er 
war dicht mit Offizieren, Unteroffizieren und 
Mannschaften besetzt. Schlag sechs Uhr wurde 
Gran von zwei Soldaten mit aufgepflanztem 
Seitengewehr in den Daal geführt. Bei seinem 
Eintritt erhob sich lautes Gemurmel. Die 
weiter rückwärts stehenden Zuschauer stiegen 
auf Stühle und Bänke. Gran schien zweifel 
los eine Berühmtheit zu sein. Wenig später 
erschien das Gericht. 
Minero als Vorsitzender. Zwei Stabs 
offiziere, zwei Hauptleute und ein Leutnant. 
Der Oberst, ein feister Fünfziger, mit kah 
lem Kürbiskopf und kleinen, mit Fettfäcken 
gepolsterten Schweinsaugen, schien kein 
Freund von langen Präliminarien zu sein. 
Er nahm geschäftsmäßig rasch Platz und fuhr 
den Angeklagten an. , 
„Sie heißen?" 
Gran, der bisher reglos, mit seitwärts ge 
richtetem Blick gestanden war, drehte langsam 
den Kopf und schaute Minero kalt ins Gesicht. 
„Man nennt mich Gran." 
„Ich habe Sie nicht gefragt, wie man Sie 
nennt, sondern wie Sie heißen." 
Gran musterte den Offizier schweigsam und 
mit einer an Herausforderung grenzenden 
Miene. 
„Sie wollen nicht reden? Ich werde Ihnen 
die Zunge schon noch lösen. Sie sind an 
geklagt, den Hauptmann Salegv am 7. Sep 
tember in der Hazienda Pescado beraubt, tät 
lich angegriffen und mit Erschießen bedroht zu 
haben. — Hauptmann Salego, wollen Sie den 
Sachverhalt noch einmal kurz schildern!" 
„Ich verhandelte am 7. September nach- 
mitags mit dem Besitzer der Hazienda wegen 
Ankaufs von Pferden, als der Angeklagte 
vom Stallgebäude her auf mich zukam und in 
schroffem Ton die Herausgabe von Verband 
material forderte. Ter Stallknecht, ein In 
dianer, sei von einem Pferd geschlagen wor 
den. Ich wies das Ansinnen wit dem Begrün 
den zurück, es wäre genügend Verband 
material in der Hazienda vorhanden. Darauf 
schlug mir der Angeklagte die Reitpeitsche ins 
Gesicht, riß den Revolver aus dem Gürtel und 
hielt ihn mir vor die Stirne mit den Worten: 
„Sie verlassen sofort die Hazienda oder ich 
schieße Sie auf der Stelle nieder!" Da ich 
meine Waffe im Haus zurückgelassen hatte, 
blieb mir nichts anderes übrig, als dem Be 
fehl Folge zu leisten. Der Angeklagte ließ 
mein Pferd bringen, befahl mir aufzusitzen 
und begleitete mich mit vorgehaltener Waffe 
zum Tor hinaus. Fünf Kilometer von der 
Hazienda entfernt holten mich meine Be 
gleiter ein. Sie faßen in der Küche und hatten 
von dem Vorfall keine Ahnung. In meiner 
Satteltafche, die sie mitbrachten, fehlte die 
Hälfte des Verbandmaterials, desgleichen 
mein Revolver." 
„Dann müssen Sie ihn auf dem Heimweg 
verloren haben," unterbrach ihn Gran ruhig. 
„Denn als Sie die Bekanntschaft mit meiner 
Reitpeitsche machten, steckte er in Ihrem 
Gürtel." 
„Schweig, du Hund!" brüllte Minero. „Du 
hast erst zu reden, wenn du gefragt wirst. 
Hauptmann Salego, haben Sie Ihren Aus 
sagen noch etwas hinzuzufügen?" 
„Nein, Herr Oberst." 
„Angeklagter, was haben Sie darauf zu er 
widern?" 
„Ich habe die Aussagen des Hauptmanns in 
zwei Punkten richtigzustellen. Erstens der 
Ton, in dem ich bat — ich verlangte nicht, ich 
bat! — war nicht schroff, sondern höflich, wie 
das so unter gebildeten Menschen üblich ist. 
Zweitens der Schlag mit der Reitpeitsche er 
folgte nicht auf die Verweigerung des erbete 
nen Verbandmaterials hin, er war die Ant 
wort auf die Worte des Hauptmanns Salego: 
,Zum Teufel mit diesem Jndianerhund! Laß 
ihn krepieren. Ist nicht schade drum, wenn 
einer weniger von diesem Viehzeug herum 
läuft.' Indianer sind Menschen wie wir. Nie 
mand hat das Recht, sie anders zu behandeln. 
Auch Hauptmann Salego nicht." 
Der Oberst trommelte anfänglich nervös 
mit den Fingern auf der Tischplatte. Nun 
wurde er puterrot im Gesicht und schnappte 
nach Luft, wie ein Fisch, der versehentlich ans 
Land geraten war. Gran hob die Hand» 
„Einen Augenblick, ich bin gleich fertig. 
Dann steht es Ihnen frei, nach Herzenslust 
loszuwettern, sofern Ihnen die Lust daran 
nicht plötzlich vergehen sollte." 
Diese letzten, nach längerer Pause eindring 
lich gesprochenen Worte übten auf sämtliche 
Anwesende eine für Mac Town völlig uner 
klärliche Wirkung aus. Man hätte glauben 
können, die Menschen hielten gleichsam auf 
Kommando ihren Atem an, eine dermaßen 
steinerne Ruhe senkte sich über den Raum. Alle 
Blicke, auch der des Obersten, hingen wie ge 
bannt an Gran. Die beiden Posten mit den 
aufgepflanzten Seitengewehren vergaßen, daß 
sie jeden Schritt des Angeklagten zu bewachen 
hatten und hinderten ihn nicht, als er dicht 
an den Tisch vor Minero hintrat. — Massen 
suggestion! dachte der Amerikaner im stillen 
unn wartete gespannt auf die Dinge, die allem 
Anscheine nach im nächsten Augenblick kommen 
mußten. 
,„Jch gebe Ihnen einen Rat, Oberst Minero", 
sagte Gran mit einem leisen Hauch von 
Ironie. „Lassen wir den albernen Streit. Sie 
vergeuden damit nur Ihre Zeit. Das können 
Sie sich gerade jetzt am allerwenigsten leisten. 
Jede Minute ist von ungeheuerem Wert. 
Nützen Sie Ihre Minuten aus, Oberst 
Minero! Sie haben" — er zog seine Uhr — 
„ohnedies schon zwanzig versäumt. Seit 
zwanzig Minuten brennen die Ihnen anver 
trauten Petroleumquellen der Minerva Oil 
Company in Santa Rosa." 
Aus den Reihen der Zuschauer flog ein 
unterdrückter Schrei. 
„Mann, bist du des Teufels! Ich lasse dich 
hängen, wenn es nicht stimmt." 
„Entsinne mich nicht, daß Gran jemals 
etwas behauptet hätte, das nicht stimmte. Ent 
sinne mich des weiteren auch nicht, jemals» 
Ihnen Brüderschaft angeboten zu haben, 
Oberst Minero. Aber da ich heute ausnehmend 
gut gelaunt bin und mit Rücksicht auf unsere 
langjährige Bekanntschaft" — Grans Augen 
blickten listig aus dem von einem buschigen 
Vollbart überwucherten Gesicht — „ließe sich 
vielleicht darüber sprechen." 
(Forljetzung folgt.)
	        
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