Full text: Newspaper volume (1935, Bd. 2)

128. Jahrgang. 
Schleswig-SolsterrnsihL 
128. Jahrgang. 
Renösburger Tageblatt 
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Nr. 167 
Dormersîag, Sen 3. Mal 
1935 
Unser Schiller. 
Mahner und Künder deutscher Freiheit und Ehre. 
An der Wende des 17. und 18. Jahrhunderts 
stehen jene beiden Gestalten deutscher Dicht 
kunst, deren Werke die Kleinodien in der 
Krone der deutschen Literatur bilden: Goethe 
und Schiller. Aber während Goethe wie in 
seinem Leben so auch in seinen Werken nur 
selten herabsteigt in jene Niederungen, wo 
das Volk sich müht und plagt, griff der stür 
mende Idealismus seines Freundes tief ein 
in das Volksleben, erfrischte und erhob nach 
des Lebens täglicher Mühsal und gewährte 
einen Ausblick auf jene Höhen der Glück 
seligkeit und der reinem Freude, die für so 
wenige von uns Sterblichen erreichbar sind. 
So wurde Friedrich Schiller der Liebling des 
deutschen Volkes, und er ist es geblieben. 
Hunüertöreißig Jahre sind seit des Großen 
Tod verflossen, aber noch immer lebt sein 
Andenken frisch im Herzen der deutschen Na 
tion, noch gehen tiefe nachhaltige Wirkungen 
von seinem Wirken ans. Das deutsche Volk, 
das der Mahnung seines größten Dichters: 
„Seid einig, einig, einig!" dank unseres be 
wundernswerten Führers Adolf Hitler Folge 
geleistet hat, blickt nun zurück auf die glän 
zenden Erfolge und Bestrebungen, die durch 
ihn in den letzten zwei Jahren erreicht wur 
den und, stolz auf sein Werk, wendet es sich 
wieder zu dem, der in seinem „Wilhelm Tell" 
das ragende Denkmal der Freiheit errichtet 
hat, um von ihm weitere Anregung und Be 
lehrung zu empfangen, ja, im Hinblick auf 
nahe oder fernere Zukunft unbeugsam zusam 
men zu stehen. Und vom unerschöpflichen 
Quell Schillerscher Poesie wird sich von neuem 
ein befruchtender Strom in die deutschen 
Lande ergießen. Ist doch neben dem Frei- 
heitsgedanken das Pflichtbewußtsein der 
Kernpunkt der Schillerschen Gedankenwelt. 
Und was ist den Bürgern eines großen 
Staates notwendiger als der Gedanke ihrer 
Pflichten gegen ihre Nation! Jeder einzelne 
muß sich voll bewußt sein seiner Pflichten 
gegen Staat und Volksgenossen und handeln 
im Rahmen der Gesetzmäßigkeit. Das ist die 
Freiheit, die Schiller meint, nicht die Zügel 
losigkeit, nicht die Loslösung von allen staat 
lichen und rassischen Gesetzen und Formen, 
mit einem Worte nicht die Anarchie, sondern 
die Freiheit, deren innersten Kern ein tiefes 
und heiliges Pflichtbewußtsein bildet. Es ist 
das Freiheitsideal des großen Weisen von 
Königsberg, Immanuel Kant, dem auch 
Friedrich Schiller seine Huldigung darbringt. 
Und es ist kein Zufall, daß der deutscheste 
aller Philosophen, Kant, und der deutscheste 
aller Dichter, Schiller, dasselbe Ideal der 
Freiheit sich formen. Das deutsche Volk hat 
nicht nur damals, sondern auch während der 
Nachkriegszeit genugsam die Schrecken einer 
zügellosen Anarchie marxistischer Gewaltherr 
schaft verspürt, und im Zeitalter Schillers war 
der Dreißigjährige Krieg mit all seinen Wirr 
nissen noch nicht verschmerzt und vergessen. 
Konnte der Genius des deutschen Volkes, wie 
er sich in Schiller offenbarte, also einen an 
deren Freiheitsbegriff bilden, als den der 
Gesetzmäßigkeit und vollendeten Harmonie? 
^ Diese ebenmäßige Harmonie durchzieht alle 
Schöpfungen des Meisters, insbesondere seine 
dramatischen. Von Thüringen, von wo aus 
Luther dem deutschen Volke die Bibel schenkte, 
reichte Schiller seinem Volke das deutsche 
Drama dar. Durch das Wirken von Schiller 
und Goethe im lieblichen Weimar gelangte die 
deutsche Literatur zur niemals überflügelten 
Selbständigkeit, seitdem Frankreich auf dem 
Gebiete der Literatur endgültig auf seine 
Landesgrenzen beschränkt wurde. Man kann 
wohl sagen, daß Schiller und Goethe die 
literarische Einigung des deutschen Volkes 
vollzogen haben, welche damals löte .notroen»; 
dige Vorbedingung für die politische war. 
Schillers spezielle Bedeutung aber liegt darin/ 
daß er der begeisterte Herold des Einigungs-: 
gedankens war, des entsagungsfreudigen 
Jd»alismus, der'sein Alles dareinsetzt, die : 
Ehre und Größe seines Volkes zu ver 
teidigen. 
Die Hunderttansende, die während der Frei 
heitskämpfe herbeiströmten, und die Millio 
nen, die vor 20 Jahren mit „Deutschland, 
Deutschland über alles" auf den Lippen in den 
Weltkrieg zogen, um ihr Herzblut für die Be 
freiung des^ Vaterlandes zu opfern, sie alle 
waren echt Schillerschen Geistes voll, durch 
drungen von der hehren Bedeutung ihrer 
Aufgabe. Und wie ist es jetzt? Fühlt die 
heutige Generation nicht wieder die Kraft, die 
die Einigkeit verleiht, und den Mut, alles 
daran zu setzen an ihre Ehre! Auch die Frei 
heitsdichter selbst, was predigten sie anderes 
als ihr großes Vorbild! Wandelten sie nicht 
in Schillers Fußstapfen, wenn sie die Auf 
opferung für das Vaterland als bedeutungs 
vollste Pflicht der Bürger priesen! Und im 
letzten Kampfe, der aus Parteienzwist und, 
Hader ein neues Deutschland unter Adolf I 
Hitler hervorbrachte, hat letzten Endes auch 
Schillers Mahnung allen vorgeschwebt. Was 
auch in deutschen Gauen im letzten Jahr 
hundert geschaffen wurde, der Geist von 
Deutschlands größtem Dichter war in allen 
Schöpfungen zu spüren und nicht zum wenig 
sten in den Werken derer, die ihn verkannten 
und verlästerten. Eine Zeitlang war es Mode, 
über Schiller heimlich zu lächeln, als ob wir 
weit hinaus wären über solch weltfremden 
Idealismus. Es war jene Epoche, wo natur 
wahr sein die Hauptsache war, wo die wahre 
Kunst im Kopieren der Natur gesucht wurde. 
Aber der Naturalismus verging und neue 
Zeiten hörten mit freudiger Rührung wieder 
auf das Fittichrauschen des Genius des 
Idealismus, der heute weit über die deutschen 
Lande seine Palmen breitet und ermahnt und 
ermuntert zum ernsten Streben und Schaffen 
im Geiste — Friedrich Schillers. 
Geschäft ist Geschäft. 
Die italienische Presse hatte die Mobilisie 
rung weiterer drei Divisionen für Afrika, die 
das italienische Afrikakontingent auf die Stärke 
eines Heeres von insgesamt 284 000 Mann 
bringen, zuerst mit der ohnehin schon eigen 
artig anmutenden Begründung begleitet, man 
müsse den abessinischen Rüstungen begegnen. 
Einen Tag später kam plötzlich die zweite Be 
gründung, in der von großen Waffentrans 
porten nach Abessinien die Rede war und zu 
gleich mit gewohnter Oberflächlichkeit Deutsch 
land und Japan dabei beschuldigt wurden. Der 
italienischen Presse ist inzwischen bereits nach 
gewiesen worden, daß dieser ebenso böswilligen 
wie leichtfertigen Behauptung die Tatsache ge 
genübersteht, daß der in Abessinien weilende 
Korrespondent einer Züricher Zeitung den 
tschechischen Ursprung der Waffenlieferungen 
aufzeigte. 
Tatsächlich haben diese Waffentransporte für 
Abessinien noch viel interessantere Hinter 
gründe. Erstens ist mittlerweile bekanntge- 
wvrden, daß sich schon vor einiger Zeit nicht 
weniger als sieben internationale Rüstungs 
firmen in Addis Abeba eifrig um die Kon 
zession für Waffenlieferungen beworben haben. 
Wer auch nur oberflächlich die Verteilung der 
bekanntesten Rüstungszentren über die Welt 
kennt, kann schon daraus naheliegende Schlüsse 
über die Herkunft jener Waffentransportc 
ziehen. Man braucht nicht erst darzulegen, daß 
beispielsweise der französische Rüstungskon 
zern Schueider-Creusot — selbstverständlich 
über allerlei Zwischenschaltungen hinweg — 
hinter den Lieferungen steht, ein Konzern, der 
bekanntlich auch die tschechischen Skoda-Werke 
maßgeblich kontrolliert. Zweitens aber hat 
Frankreich auf die italienischen Vorstellungen 
hinsichtlich der Waffentransporte über den 
Hafen Djibouti (französisch Somaliland) nach 
Abessinien die klassische Antwort gegeben, man 
könne auf Grund der internationalen Ver 
träge weitere Transporte nicht verhindern, 
werde aber dafür Italien für seine militäri 
schen Maßnahmen völlig freie Hand lassen. Das 
Kurioseste aber ist, daß Italien von dieser 
Bahn, auf der seit Wochen große Waffentrans- 
porte für Abessinien laufen, 2000 Aktienan 
teile besitzt. Es erübrigt sich wohl, diese Dinge 
in ihren vielfachen Verkittungen weiter aus 
zuspinnen. 
Finnland zwischen den Fronten. 
Helsingfors, 8. Mai. „Ajan Suunta" befaßt 
sich in einem Leitartikel mit „der internatio 
nalen Lage und Finnland". Entscheidend für 
die außenpolitische Entwicklung der letzten 
Zeit sei für Europa die Einführung der deut 
schen Wehrpflicht gewesen, denn durch sie habe 
Deutschland den Versailler Vertrag endgültig 
durchbrochen und zerrissen. Man müsse zuge 
ben, daß ja auch die anderen Länder nicht die 
im Versailler Vertrage gestellten Bedingun 
gen erfüllt hätten. Für Finnland sei die 
gegenwärtige Lage von besonderem Interesse 
und man müsse sich überlegen, ob es besser sei, 
weiter eine Jsolierungspolitik oder eine 
neue Bündnispolitik zu treiben. Die zwi 
schenstaatliche Lage Finnlands sei sowohl be 
sorgniserregend wie angespannt. Kräftige 
Winde kämen von Genf und aus dem Westen, 
um Finnland dazu zu bringen, „für seinen 
geringen Teil" dem französisch-russischen 
Freundschaftsbündnis zuzustimmen. Das 
heiße wohl auch, daß Finnland sich enger an 
den „skandinavischen Block" anschließen müßte. 
Bon Skandinavien sei hierfür jedoch als Be 
dingung gestellt, daß Finnland „die Ansprüche 
der schwedischen Minderheit in Finnland ge 
bührend beachtet". Es scheine augenblicklich 
wirklich so, als wenn die Sprach- und Uni 
versitätsfrage zu einem außenpolitische« Fak 
tor geworden wäre, den man wahrscheinlich 
auch in den Völkerbunöskreisen dazu benützen 
würde, um Finnland in die Einflußsphäre 
der Koalitionspolitik der Großmächte zu 
ziehen. 
Die bMsche Konferenz 
ist ohne entscheidendes Ergebnis beendet wor 
den. Man hat verschiedene Programmentwür 
fe gemacht. Entscheidungen können aber erst 
fallen, wenn auf der Warschauer Reise Lavals 
die Großmächte sich entschieden haben. Die bal 
tischen Staaten wollen dem Ostpakt nur zu 
stimmen, wenn insonderheit auch Polen ge 
wonnen ist. 
Notruf der schwedischen Admiräle über den 
Zustand der schwedischen Flotte. 
KNS. Sämtliche im Dienst befindlichen 
schwedischen Admiräle haben in ihrer Eigen 
schaft als „verantwortlich für die Aufrechter 
haltung der Effektivität der Seestreitkräfte" in 
einem Schreiben ihrer Auffassung über die 
schwierige Situation der schwedischen Flotte 
Ausdruck gegeben. In dem Schreiben heißt es, 
daß die Zustünde so ernst sind, daß die schwe 
dische Kriegsflotte, in ihrer Gesamtheit be 
trachtet, sich der Grenze nähert, wo sie nicht 
mehr ein effektives Glied der Neichsverteidi- 
gung bildet, das sie darstellen soll. 
Nicht ohne EinlMung geblieben. 
Ein Franzose über seine Eindrücke vom 
internationalen Filmkongretz. 
DNB. Paris, 9. Mai. (Eig. Funkm.) In der 
französischen Presse sind bisher nur wenige 
Schilderungen über den internationalen Film 
kongreß in Berlin erschienen. Ein Mitglied 
der französischen Abordnung, der Abgeordnete 
C l e r c, gesteht dies im „Oeuvre" auch offen 
ein. Der Filmkongreß, fährt Clerc fort, sei 
sehr geschickte Propaganda gewesen. Der herz 
lichen und gastfreundlichen Aufnahme in Ber 
lin gebühre Anerkennung. Sie beweise, daß 
die nationalsozialistische Regierung inter 
nationale Zuhörerschaft finden wollte. Die 
Auswahl der Verhandlungen sei übrigens 
sehr gut getroffen worden. 
Die Rede des Reichspropagandaministers 
Dr. Goebbels am Schluß des Kongresses be 
zeichnet der Abgeordnete Clerc als sehr gehalt 
voll. Sie verdiente Satz für Satz besprochen 
zu werden. Selbst wenn man noch so feste 
Vorurteile mitbringe, stehe man doch unter 
der Einwirkung gewisser Worte des deutschen 
Ministers und der Atmosphäre, die man dem 
Kongreß gegeben habe. Clerc weist besonders 
auf das Vorhandensein der französischen 
Fahne im Kongreßsaal hin und schließt, der 
Kongreß habe für die Franzosen eine Lehre 
in doppelter Hinsicht gebracht, einmal, daß 
Deutschland sich an die Spitze der Filmher 
stellung stellen wolle, zum anderen habe der 
Kongreß gezeigt, wie eine gute Propaganda 
beschaffen sein müsse, von deren unbedingter 
Notwendigkeit man in Frankreich keine 
Ahnung zu haben scheine. 
* * * 
Anļworļ des englischen Königs 
DNB. Berlin, 8. Mai. Der König von Eng 
land hat das Glückwunschtelegramm des Füh 
rers und Reichskanzlers mit einem Tele 
gramm erwidert, welches in Uebersetzung wie 
folgt lautet: 
„Ich danke Ihnen, Herr Reichskanzler, aufs 
wärmste für die Glückwünsche, die Sie so 
freundlich waren, mir gelegentlich meines 
Silbernen Jubiläums in Ihrem eigenen Na 
men und im Namen des deutschen Volkes zu 
übermitteln. Ich bin Ihnen besonders dankbar 
für Ihre freundliche Erwähnung meiner Be 
strebungen und der Bestrebungen meiner Re 
gierung im Interesse des Friedens. Die Sache 
des Friedens liegt mir sehr am Herzen und 
ist das ständige Ziel, das meine Regierung vor 
Augen hat. Ich erwidere Ihre guten Wünsche 
für den Erfolg dieser Sache und vertraue dar 
auf, daß ich damit nicht nur die Gesinnung 
meines eigenen Volkes, sondern die der gan 
zen zivilisierten Welt zum Ausdruck bringe. 
Georg R. I." 
* * 
20 Todesopfer einer kenlernden Föhre. 
Bukarest, 8. Mai. In der Nähe der Gemein 
de Nadlac, das unmittelbar an der ungarischen 
Grenze im rumänischen Teil des Komitats 
Arad liegt, ereignete sich vormittags ein furcht 
bares Bootsunglück. 27 Personen hatten auf 
einer Fähre Platz genommen, um die reißende 
Maros, die seit einigen Tagen Hochwasser 
führt und weit über ihre Ufer hinausgetreten 
ist, zu überqueren. Die Führe wurde von der 
mit ungeheurer Wucht dahinfließenden Strö 
mung losgerissen und in reißend schneller 
Fahrt mitte« auf den Strom hinausgetragen. 
Alle Anstrengungen, durch kräftige Ruder 
schläge die Fähre wieder ans Ufer zu bringen, 
erwiesen sich gegenüber dem rasenden Element 
als zwecklos. 
Die Insassen, deren sich furchtbare Panik be 
mächtigte, sandten verzweifelte Hilferufe, die 
aber kein Gehör fanden, da bei der völligen 
Aussichtslosigkeit für die Rettung niemand 
sein Leben aufs Spiel setzen wollte. Die Fähre 
trieb eine Zeitlang herrenlos auf dem Strom, 
von den hochgehenden Wassern wie ein Spiel 
zeug hin und her geworfen, bis sie schließlich 
kenterte. Sieben Personen konnten schwim- 
meird das Ufer erreichen, die übrige« zwanzig, 
darunter Frauen und Kinder, fanden den Tod 
i« de» Welle«.
	        
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