Zur Unterhaltung
Rr. 226
Beilage der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung (Rendsburger Tageblatt»
Donnerstag, den 27. September 1934
9m Sonderzug nach Oberbayern.
Von Dr. Wölfe r.
Eine Menschenmauer mit viel Gepäck auf
Bahnsteig 6 in Altona kündete, daß es kein
gewöhnlicher Tagesausflug sei. Diese Unge
zählten, vorwiegend Frauen, wollten weiter,
wollten in die Berge, um die Schönheit des
deutschen Vaterlandes dort — vielleicht zum
ersten Male — zu schauen,' sie wollten auf die
Berge, auf denen die Freiheit wohnt, wo man
leichter atmet, vieles von einem abfällt an
Sorge und Kummer angesichts der Kleinheit
des eigenen Ichs, gemessen an der Erhaben
heit der Natur.
„Der Sonüerzug Oberamrnergau fährt nicht
von Bahnsteig 6, sondern von Bahnsteig 5",
wurde kurz vor Einlaufen des langen Zuges
bekanntgegeben, und so setzte sich der Heer
wurm mit seinen Koffern und Kisten in Be
wegung, und tausend Gehirne erwogen, wie
man es anzustellen habe, für die lange Nacht
fahrt einen Eckplatz zu erhalten. Von 8 Hof
fenden konnte das Glück nur der Hälfte be-
schieden sein,' es ging aber ganz an denen vor
über, die wohl vorsorglich bei den Stations
beamten sich erkundigt hatten, ob hier die
Hokla, die 3. Wagcnklasse, halte, die aber nach
der bejahenden Auskunft beim Einlaufen des
langen Zuges vor verschlossenen Türen stan
den. „Bestellt" stand an den Wagen, und so
war das Lotteriespiel: „wird hier die Hokla
oder Pokla halten, Raucher oder Nichtrau
cher?" für diese vielen, zu denen auch wir ge
hörten, eine 100?L-Niete. Im Schwarm, der
sich nach hinten zu den restlichen Wagen
wälzte, hörte man unchristliche Bemerkungen,
die dem Sinne nach berechtigt waren. So
suchte sich diese Gemeinschaft der Getäuschten
irgendwo noch ein Plätzchen, auch wenn Zu
sammengehörige dabei getrennt und die Ab
teile statt mit 6 mit 8 Personen besetzt wur
den. Man seufzte und stöhnte, pustete vom
Wettlauf oder lächelte mild und versöhnend,
je nach Charakter und Körperfülle, je nach der
Umgebung der Reisegesellschaft, und prüfte
unauffällig seinen Nachbarn oder wegen der
Ueberzahl der Frauen seine Nachbarin, auf
deren Schulter während der Nacht man sein
müdes Haupt sinken lassen würde, um aufzu
fahren und im sanften Schlummer nach dem
Wiegenlied rollender Näder das Gleiche zu
wiederholen. — Verlockend sah sie nicht aus
und auch nicht danach, daß sie milde die Last
eines fremden Kopfes während der Nacht zu
tragen bereit sei.
„Reisekissen!" rief da irgendwer im Chor
mit dem Schokolade- und Saure-Drops-Aus-
rufer, und „Reisekissen!" klang es wider als
Wohllaut in meinem Ohr,' sie waren die
Rettung vor der nachbarlichen Ruhekissen
anleihe, sie bedeuteten eine geruhsame Nacht,
Erholung des Gehirnes für seine große Auf
gabe, die sich überbietenden Eindrücke in sich
aufzunehmen. Ich kannte sie von früher her
und ich pries in Gedanken den Erfinder die
ses sorgenbrechenden Gerätes, das, wie ein
Ohrenstuhl ins Gepäcknetz gehängt, seinem
Inhaber Ruhe, Frieden, weichen Sitz und
einen festen Halt für den nachts wackeligen
Kopf gibt. Es grenzt den Sitzbereich in be
stimmten, von keinem zu bezweifelnden
Grenzen ab, ohne jemandem wehe zu tun, der
nicht solches die Pokla ersetzendes Gerät für
1 RM. sich gemietet hat. — „50 Pfg. die Reise
kissen!" rief der Mann draußen eindringlicher
— natürlich, wir fahren ja mit verbilligtem
Sonderzuge, in dem man alles halb geschenkt
bekommt, warum auch nicht die Reisekissen?
Ein Blick auf die Uhr, damit mir der Zug
mit dem mühsam errungenen Platz nicht weg
fahre und mich allein mit Fahrkarte nach
Oberammergau in Altona zurücklasse: Noch
3 Minuten,' die reichen zu einem Sprunge aus
dem Wagen auf den Bahnsteig zu dem Kissen
mann, und wie ein Tiger mit seiner Beute
kehre ich, in jeder Hand ein Kissen, zurück.
Eines für Frauchen, die mir gegenüber den
anderen Kopswackel-Nachtplatz inne hat und
mit mir nach dem Fenstereckplatz schielt, den
wir mit 50% Wahrscheinlichkeit inne hätten,
wenn, ja wenn eben die Bahn ihre Wagen
nicht z. T. abgeschlossen hätte. Wie Kinder ihr
Weihnachtsgeschenk auspacken, hoffnungsvoll
und frohgemut entkleiden wir das Paket sei
ner Hülle aus Seidenpapier. Man ist nicht
mehr auf Freundnachbarlichkeit angewiesen,'
das gibt Sicherheit, Selbstbewußtsein und
freundliche Milde gegen die Nachbarinnen,
die das große Los zogen und sich nicht dort
aufgestellt hatten, wo die bestellten Wagen
hielten mit dem Trost des Beamten: „Es
nützt Ihnen doch nichts, die Wagen sind ab
geschlossen!" Ein paar verbindliche Worte
aus dem selbstsicheren Gefühl der Unabhän
gigkeit zu den Eckplatzdamen, während die
Hände das Seidenpapier der Hülle glätteten.
— Man kann nie wissen, auch Seidenpapier
kann bei einer Nachtfahrt Wert haben. Jetzt
werden sich gleich die Ohren des Hängekissens
entfalten wie der Schmetterling aus der un
scheinbaren Puppe, und die Fensterplatznach
barinnen werden sagen: „ah" oder „oh", und
ob man sich auch solchen wunderbaren Appa
rat noch besorgen könne — aber dann wird
man sagen: „Leider zu spät, denn der Zug
fährt in l A Minute." — Ich drehe und wende
das, was aus der Seidenpapierhülle sich ent
wickelte, ich sehe Frauchen fragend an,' sie sieht
besorgt aus und ihr Blick birgt ebensoviel
Fragen: ein gewöhnliches Kissen, das offen
bar allen Strapazen Stand hält, aber weder
Ohren noch eine Hängesitzvorrichtung in sich
birgt. Der Vorrat an Frohsinn und Urlaubs
stimmung wird stark angegriffen, die ver
schlossenen Wagen und das auffallend einfache
Rcisekissen zehren an ihm wie Vampyre,' aber
der feste Wille, sich in diesen Tagen voll
Freude und dadurch voll Kraft zu saugen mit
allen Organen, Augen, Ohren und Magen,
füllt den Bestand wieder auf. — Wir legen
das Ding, auf dem zur Vorsicht gedruckt ist,
daß es nur geliehen sei, auf den harten glat
ten Sitz der Hokla, der seine Glätte auch den
Hosen mitteilt, doch man sitzt zu hoch, verliert
die Fühlung mit dem Boden, die Beine pen
deln, aber man ist ja doch noch nicht in der
Schwebebahn zur Zugspitze. Also versucht
man es mit einer Auspolsterung des Rückens,
die nicht viel nützt. Vielleicht wird die Nacht
noch eine andere Verwendung bringen,' als
Fußbank würde der nur geliehene Gegenstand
vielleicht leiden. Also legen wir ihn bis zur
kritischen Zeit ins Gepäcknetz, wo er wie eine
weiße Schneehaube über dem Gebirge brauuer
Koffer thront, ein Vorgeschmack der Bilder,
die unsere staunenden Augen bald schauen
werden. Es ist gut, sich an solchen Anblick zu
gewöhnen, wenn man aus der Niederung
kommt, von der Wasserkante, wo es auch Wel
lenberge gibt, aber die sind nicht so hoch wie
die Berge des Südens, die bayerischen Alpen.
Bei diesen Versuchen, eine den .Sinn des
Reisekissens erfüllende Verwendung zu fin
den, war Hamburg erreicht. Der Reisekissen
mann kam jetzt selbst in die Wagen und bot
seine schneeigen Ueberraschungen in Seiden
papier mit dem Erfolge aus, daß er bald neue
Stapel holte, so daß vielen die Freude der
Ueberraschung bereitet wurde: „Nur geliehen!"
Es rauschte überall von den knisternden Hül
len. Der Wissende schweigt und beobachtet
seine Mitmenschen. In Norddeutschlanö
schweigt man überhaupt, man liest oder sieht
zum Fenster hinaus, aber man redet nicht)
doch alle sehen in Erwartung der kommenden
Tage ungemein glücklich aus, man wird etwas
erleben, etwas Neues, bisher Ungekanntes!
Der Stationsbeamte mit der roten Mütze
erhebt, wie ein Kapellmeister seinen Takt
stock, den Signalstab mit grün-weißer Scheibe,
und der Zug rollt aus der Halle des Bahn
hofes, der mit seiner Eisenkonstruktion und
Architektur des Dteinbaues ein stolzes Denk
mal deutscher Technik und Kunst ist.
„Jetzt ist das Rad im Rollen", ineinte
Frauchen zu den übrigen Reisenden im Ab
teil, die der Zufall und die Bahndirektion
zu einer Reisegesellschaft vereinigt hatten.
Solche kleinen Gemeinschaften, die ein kurzes
Stück im Leben zusammengehen auf dem
Pfade der Freude, bilden gemeinhin eine
Familie. Darum versucht man, sich näher zu
kommen, irgend etwas Gleichgültiges zu
sagen, das das Eis nordischen Wesens bricht,
versucht durch irgend ein Wort den Fuß zwi
schen Tür und Schwelle des Baues der ande
ren Familien zu setzen, damit sie ihr Tor
nicht wieder zuklappen und die spärlichen
Worte ausschließlich an ihre Angehörigen rich
ten. Aber diese kleinen Gruppen, die da zu
sammen hinausfuhren in die weite Welt, in
das schöne deutsche Vaterland, um Freude zu
erleben, waren Festungen, in die niemand
hineinkam, der sich nicht durch jahrelangen
Verkehr oder durch Geburtsschein als Ver
wandter auszuweisen vermochte. Das konnten
wir nicht, und deshalb kam es auf das Wort
vom rollenden Rade von der Familie der
4 Plätze drüben zurück wie ein Kanonenschuß:
ja! — und aus der Ecke der Fensterplätze
echote es nochmals „jä!" — Um wenigstens
etwas zu sägen, bestätigte ich es mit einem
„nein, es läßt sich nicht beziveifeln", worauf
die beiden Damen in der Ecke, auf, deren
Schultern wir als nächtliches Ruhekissen trotz
Reisekissen angewiesen blieben — sie waren
aus Hannover — sich zu einander beugten und
eine der anderen flüsternd Kochrezepte ver
riet. „Zwa Aer aber kane Butter dran" hörte
ich, während die andere das fertige Gericht in
Gedanken genoß, wie ein Musiker Noten vom
Blatt liest und dabei die Töne als Wohl
behagen empfindet. Die anderen vier, ein
Herr mit drei Damen, sicherten ihre Festung
durch ein Familiengespräch ganz unter sich,
und als kugelsichere Abwehr wurden die ver
fügbaren Mäntel an die gefährdete Seite
gegen uns gehängt, um sich notfalls darin
einzuwickeln.
(Fortsetzung folgt.)
Brml« Welt.
Rundfunk aus der Antarktis.
Ein interessantes Experiment wurde, wie
erst jetzt bekannt wird, im Frühjahr dieses
Jahres vom Londoner Rundfunksender un
ternommen. Es handelte sich um den Versuch,
den auf einer Südpolarexpedition auf dem
antarktischen Kontinent befindlichen Aömirak
Byrd im englischen Rundfunk eine kurze An
sprache halten zu lassen. Von der Kurzwellen
station Byrds, Little America, wurde über
Südamerika und Newyork eine Verbindung
mit London hergestellt. Der Gericht des Ad
mirals von der Wal-Bay über die ganze Erd
kugel hinweg nach Norden hinauf wurde in
London gut verstanden. Byrd erzählte u. a.,
daß gerade dreizehn. Tage hintereinander
einer jener furchtbaren Schneestürme, den
Blizzards Nordamerikas vergleichbar, ge
herrscht habe. Im Lager wurde in diesen
Tagen eine Temperatur zwischen 20 und 60
Grad Kälte gemessen.
Die „Note Tamara" wurde General.
Rußlands bekannteste Amazone, die „Rote
Tamara", bekannt auch als die sowjetrussische
„Jungfrau von Orleans", wurde jetzt mit
dem Generalsrang bekleidet.
’-i -n
2000 Jahre alter Weihrauch.
Ein ungewöhnlicher Fund wurde auf einer
Sandbank im Asowschen Meer gemacht. Man *
fand zwischen alte Kultgegenstände eingebet
tet ein Kästchen mit Weihrauch, dem man ein
Mindestalter von 2000 Jahren gibt. Eigen
artigerweise waren die Essenzen und Oele
noch so frisch, daß sie beim Verbrennen immer
noch ihren aromatischen Duft abgaben.
Anstandsdamen in Ungarn.
Der ungarischen Regierung scheint es vor
behalten, der längst verschollenen Anstands
dame wieder eine fröhliche Rückkehr zu er
möglichen. Der Minister des Innern hat
nämlich angeordnet, daß in Zukunft Mädchen
unter 17 Jahren nur noch in Begleitung
einer Anstandsdame in der Öffentlichkeit
tanzen dürfen.
Eine Lehre fürs Leben.
Von W. F r a n k e.
Wie wenn ängstliche Badegäste vorn Strand
aus das Meer betrachten — vorläufig sieht's
noch ganz friedlich aus, aber weit draußen
schäumt es in Wellenkümmen auf: das wird
wohl einen ordentlichen Sturm geben — so
und nicht anders mustert die Schulklasse das
Gesicht des Gewaltigen, während er die Hefte
korrigiert.
Schon zuckt es in seinem Gesicht unheilvoll
auf und dann dröhnt seine Stimme durch
das Zimmer: „Holzapfel!"
Der Pennäler Holzapfel erhebt sich gemes
sen. Er weiß schon, was die Glocke geschlagen
hat. „Holzapfel!" dröhnt es wieder. „Was ist
das für eine Handschrift?"
Holzapfel weiß es. Ja, er hat eine unmög
liche, eine verbotene Handschrift, seine Hand
schrift war das einzige, was zu einer späteren
Doktorwürde schon fertig war — es war eine
ganz unmögliche Klaue.
Das kann er natürlich nicht sagen. Er weiß
ganz genau, daß diese Handschrift hierogly-
phisch ist... daß es keine Entschuldigung da
für gibt... dann aber faßt er seinen Mut in
beide Hände, und der leichten Weltmännisch-
keit, die dein Siebzehnjährigen so gut ansteht,
antwortet er: „Aber Herr Professor! Wissen
Die denn gar nichts von Graphologie?"
Dem guten Professor verschlägts zunächst
den Atem. „He?" fragte er.
Holzapfel macht sich noch einmal Mut. Er
hat allerhand zusammengeschmökert, Verdau
tes und Unverdautes, hat es wie Kraut und
Rüben durcheinander geworfen, was ihm so
unter die Augen gekommen ist — nun packt er
aus.
„Diese Harrüschrist, die Sie tadeln, Herr
Professor, ist bei weitem nicht frevelhafte
Liederlichkeit! Nein! Sie entspringt durch
aus wissenschaftlich-psychologischen Motiven.
Diese Arkadenbindung mit Fadenendungen
bedeutet nichts als einen innerlich isolierten
und verkapselten Charakter mit neurotischen
Dispositionen — und einen solchen habe ich
nun mal. Das hängt mit der psychologischen
Wirrnis der Zeitläufte zusammen, Herr Pro
fessor, und daher kommt auch diese Hand
schrift!"
Der Professor blickt belustigt auf. „Schön!"
sagt er, „aber warum machen Sie denn da so
unlesbare t-Striche — was soll das nun
heißen?"
Holzapfel atmet auf. Sobald sich der Gewal
tige überhaupt in Diskussionen mit ihm ein
läßt, ist er halb gerettet.
„Diese phantastischen t-Striche", antwortet
er, „bedeuten eine hochstrebende, zügellose
Phantasie, eine diktatorische Willenskraft,
einen festen Erobererwillen. Auch dies gehört
zu meinem Charakter, und somit mutz sich das
auch in meiner Handschrift ausdrücken... ich
kann nichts dafür, Herr Professor!"
Der Professor macht immer noch gute Miene
zur bösen Handschrift. „Ja, aber was bedeu
ten dann diese zahllosen Kleckse in Ihrer
Handschrift beziehungsweise in Ihrem Cha
rakterbild?"
Holzapfel errötet leicht.
„Ja", sagte er schließlich, „das bedeutet ge
wisse Trübungen in meinem Sinnenleben,
auf die ich leider coram publico hier nicht ein
gehen kann..."
An dieser Stelle der Holzapfelschen Aus
führungen geschah nun etwas. Boshafte Be
richterstatter könnten sagen, daß es beträcht
lich geknallt habe. Zum mindesten aber müßte
man feststellen, daß eine Hand ausgerutscht
sei und daß eine Stimme weiter fragte: „So!
Und was bedeutet das?"
Und mit fester, wenn auch etwas tränen
erstickter Stimme erklärte der Psychologe
Holzapfel: „Das bedeutet, Herr Professor, daß
ich einen leidgestählten Charakter habe und
erlittenes Unrecht mannhaft zu tragen weiß
— und auch das steht in meiner Handschrift
drin!"
Damit durfte sich Holzapfel wieder setzen.
Aber — wie sonderbar — war es nun die
Ueberzeugungskraft der ausgerutschten leh
rerlichen Hand oder hatte sich wirklich in
Holzapfels Charakter eine so tiefgehende
Wandlung vollzogen — bei der nächsten Ar
beit war seine Handschrift tatsächlich sehr
leserlich!
„Sehen Sie, Holzapfel!" stellte der Gewal
tige dabei fest, „auch ich verstehe etwas von
Graphologie. Diese pröentlich hingesetzten
Schriftzeichen, diese gebändigten Schnörkel
und vor allem diese zielbewußten i-Punkte
zeigen mir an, daß Sie einen ordentlichen,
gebändigten und zielbewußten Charakter ha
ben — auch ich verstehe eine ganze Menge von
Graphologie, wie Sie sehen!"
Und mit stillem Einverständnis sahen sich
Meister und Schüler gegenseitig in die Augen.
Vettere Ecke.
Was unser Kind plappert.
Man muß sich zu helfen wissen! ,
Die vierjährige Inge ist die Einzige und
wird — leider — viel zu oft in die Gesellschaft
„Großer" mitgenommen. Eines Sonntags
abends sitzt sie auch wieder mit den Eltern
und mehreren Tanten und Onkeln in einem
Lokal und langweilt sich sehr. Alan gibt ihr
Bleistift und Papier, aber bei ihren Zeichen
künsten ist das letztere bald erschöpft. Mehr
ist nicht da! Plötzlich ist Klein-Inge lautlos
verschwunden. Nach einiger Zeit hört man ihr
krähendes Stimmchen: „Nu hab' ich mir aber
Papier geholt,' eine ganze Menge!" Und stolz
zieht sie durch das ganze Lokal ein langes
Ende von perforiertem Papier, das man nur
an einem gewissen Ort antreffen kann.
Weiche Eier.
Die große Opernsängerin hatte zugehört,
wie sich die Kollegen und Kolleginnen verschie
dene unterhaltsame Theateranekdoten erzähl
ten, unter anderem auch, wie einmal der
Tenor B. die Sängerin K. mitten in der
ernstesten Situation zmn Lachen gebracht
hatte.
Entrüstet fährt die Operndiva hoch: „So
etwas könnte mir nicht passieren. Man fällt
nicht aus der Rolle, wenn man sie mit heili
gem Ernst auffaßt!"
„Das käme auf eine Probe an!" lächelte ihr
Partner.
„Bitte, Herr S.!"
„Ist das Ihr Ernst?"
„Gewiß!"
„Also gut, morgen abend werde ich Sie zum
Lachen bringen, punktum!"
Am andern Abend.
Die beiden auf der Bühne. Richard Wagner,
Rheingold. Er als Wotan, sie als Erda.
Sie soll eben die Worte hinausschmettern:
„Weiche, Wotan, weiche".
Da flüstert ihr der Wotan zu: „Fräulein,
essen Sie gern weiche oder harte Eier?" Und
sie antwortet: „Weiche, Wotan, weiche!" —>
und platzt vor Lache» laut heraus.