Full text: Newspaper volume (1934, Bd. 3)

Sibylle hob den Kopf. 
Sie fühlte, daß der Mann am Fenster — 
trotz allem, was er sprach, ihr noch ganz zu 
V&aaSC- rcņ 
Wucherers übergegangen waren. So kam es. 
daß sich das kleine Zentrum, die Stadt 
Johannesburg, im Handumdrehen zur Haupt 
stadt des Goldlanöes entwickelte. Aber von 
dem Manne, der ihren Reichtum begründete, 
weiß sie kaum etwas. Er schleppte sich an das 
Ende seiner Tage in Armut und Vergessen 
heit. Das Schicksal hat es gefügt, daß auch der 
Gauner, der Honeyball zur Strecke gebracht 
hatte, ein schlimmes Ende nahm. Lys ist, nach 
dem er sich für ein Butterbrot einen unermeß 
lichen Besitz angeeignet hatte, nicht lange 
darauf im Elend gestorben. Und das von 
Rechts wegen. 
Die àîwickķrmg öer -euLschm 
Dàr und Quellen. 
Vergessene und wiederentdeckte Bavekultur.— 
Tie Blütezeit der Heilquellenforschung. — 
Die ersten Seebäder in — Wannen. 
Tie Glanzzeit des römischen Kaisertums, 
die mit einer Hochentwicklung der Bäderkul 
tur verbunden war, hat auch die ersten nach 
weisbaren Spuren über den Gebrauch deut 
scher Heilquellen hinterlassen. In der quellen 
reichen Wetterau (Bad Nauheim, Schwalbach, 
Okarbens hat man zwar trotz gründlichster 
Erforschung des Bodens und zahlreicher son 
stiger Funde keine Spur von Badeanlagen 
gefunden, wohl aber Beweise für den Gebrauch 
der Quellen als Trinkquellen (Krüge aus 
rötlichem und grauem Tons. Die Römer 
haben also, wie A. Lampert in dem soeben er 
schienenen Buche „Heilquellen und Heilklima" 
ausführt, die deutschen Sauerbrunnen nur für 
Trinkzwecke benutzt. 
Mit dem Zerfall des römischen Reiches ging 
auch die Badekultur völlig verloren. Im 
Mittelalter mied man die Bäder aus Furcht 
vor ansteckenden Krankheiten (Pest, Aussatz, 
Franzosenkrankheit). Das Wissen von dem 
Nutzen der Heilquellen geriet völlig in Ver 
gessenheit. Erst im fünfzehnten bis sechzehn 
ten Jahrhundert trat hier wieder ein Wandel 
zum Besseren ein. Die erste gedruckte deutsche 
Bäderkunde stammt aus dem Jahre 1480. Aber 
das Baden wurde damals oft in recht unver 
nünftiger Weise betrieben. Vieles und vieler 
lei mußte getan werden. Je mehr, um so bes 
ser. Zuerst wurde der Leib durch Schröpfen 
und Abführen gereinigt. Während der Kur 
(meist am siebenten Tages Schwitzbäder in 
Verbindung mit Schröpfen eingelegt und die 
Dauer des Bades wurde soweit ausgedehnt, 
bis ein sogenannter Badeausschlag eintrat. 
Dies wurde als Zeichen der Natur betrachtet, 
daß nun genug gebadet sei, und langsam, wie 
sie gestiegen, ging die Prozedur wieder zurück. 
In derselben Weise wurden auch die Trink 
kuren maßlos übertrieben. Kein Wunder, daß 
der Ruf der Bäder aus die Dauer in Miß 
kredit geriet. 
Mit dem Dreißigjährigen Krieg verschwan 
den alle diese Einrichtungen. Das Volk war 
völlig verarmt, die Quellen wurden größten 
teils zerstört und gerieten in Vergessenheit. 
Auch die Wissenschaft lag völlig danieder und 
tat nichts zur Hebung des Wissens von den 
Heilquellen. Erst der berühmte, viel ange 
feindete deutsche Arzt Theophrastus Paracel 
sus betrieb zum ersten Male eine sympathische 
Analyse der Mineralquellen, soweit es bei dem 
damaligen Stande des Wissens überhaupt 
möglich war. Immerhin wurde er der Be 
gründer einer neuen Bäöerlehre, und je deut 
licher das chemische Wissen wurde, desto besser 
wurde auch die Kenntnis der Heilquellen. 
Bald konnte man sie in alkalihaltige Bitter 
und Eisenbäder einteilen. Zunächst aber waren 
es nicht die Bäöerkuren, sondern die ange 
nehmeren Trinkkuren, die wieder in Geltung 
kamen. Führende deutsche Kurorte waren 
Pyrmont, Aachen und Karlsbad. Prüderie 
verbot das Baden unter freiem Himmel. Doch 
kamen zum ersten Mal Duschen sowie mit 
Quelldämpfen erhitzte Schwitzbäder in Ge 
brauch, für die in Aachen im achtzehnten Jahr 
hundert besondere Dampskästen konstruiert 
wurden. 
Tie Blütezeit der Quellenforschung begann 
im letzten Viertel des achtzehnten Jahrhun 
derts, als die Naturwissenschaften und die 
Chemie ungeahnten Aufschwung nahmen und 
somit brauchbare Grundlagen für die Wissen 
schaft lieferten. Als dann die weiteren Arbei 
ten von Liebig und Berzelius über die Zu 
sammensetzung der Quellen erschienen, wurde 
durch Struve in Dresden 1824 in einem klei 
nen Werk über „Nachbildung der natürlichen 
Heilquellen" die künstliche Mineralwasser- 
fabrikation begründet. In Oeynhausen, Nau 
heim, Neuenahr wurden Quellen erbohrt, 
und diese Orte reihten sich nunmehr in die 
Reihe der Trink- und Baöekurorte ein. 
Der berühmte Hufeland setzte sich um die 
gleiche Zeit für die seit dem Altertum völlig 
außer Mode gekommenen Seebäder aufs 
wärmste ein. 1704 kündigte der Rostocker 
Professor Vogel dem Publikum das erste 
deutsche Seebad in der Ostsee bei Doberan an. 
Freilich wurde damals kaum am Strande ge 
badet, sondern in Holzwannen, die mit Meer 
wasser gefüllt wurden. 
Als Ersatz für Seebäder schuf man im Bin 
nenland mit Salzquellen die Solbäder. Die 
ersten Solbadeanstalten wurden 1809 in Bad 
Elmenau errichtet. 
Nun begann die Bäderheilkunde, den Bä 
dern künstliche Zusätze zuzufügen, um ihnen 
damit die gewünschte Heilwirkung zu ver 
leihen. Es wurde festgestellt, daß lauwarme 
Nauheimer Solbäder beruhigend auf das Herz 
wirken, und zwar vor allem durch die in der 
Sole enthaltene Kohlensäure. Darauf baute 
Professor Benecke 1872 seinen Vorschlag auf, 
bei Herzkranken das Bad mit starker Kohlen 
säure zu sättigen. Die Erfolge der Kohlen- 
säurebäöer wiesen den Weg, für die verschie 
denen Zwecke der Behandlung entsprechende 
Zusatzbäder herzustellen. 
Der letzte Fortschritt in der Bäderheilkunde 
wurde durch die Entdeckung der Radium 
emanation in vielen Quellen gekennzeichnet. 
Wir sehen, in welchem Umfange das deutsche 
Badewesen von den jeweiligen wirtschaftlichen 
und kulturellen Verhältnissen des deutschen 
Volkes abhängig gewesen ist, wie es seine 
großen Auf- und Abstiege erlebt hat und wie 
es gerade erst in neuester Zeit zu einer wirk 
lich wissenschaftlichen Begründung der Bäder- 
lehre gekommen ist. Es gibt hier noch unge 
heuer viel erfolgreiche und nützliche Arbeit zu 
leisten, ehe wir die in deutscher Erde ruhen 
den Heilkräfte restlos zu erfassen und zu 
verwerten imstande sind. 
Dr. Franz Hochberg. 
Allerlei tmä aller Welt. 
Ein raffinierter Hitzeschutz. 
Heroöot, der große griechische Geschichts 
schreiber, der auch ein bedeutender Reisender 
war und viele Länder mit eigenen Augen 
gesehen hat, berichtet an einer Stelle seines 
Werkes über die große Hitze, die er in Aegyp 
ten angetroffen hat. Er benützt die Gelegen 
heit, um ein Verfahren zu schildern, mit des 
sen Hilfe die vornehmen Damen und Herren 
der ägyptischen Gesellschaft sich damals, d. h. 
im 5. Jahrhundert v. Chr., also vor rund zwei 
einhalb Jahrtausenden, gegen die Hitze zu 
schützen wußten. „Sie ließen", so schreibt 
Herodot, „das Innere ihrer Sänften mit einer 
dichten Schicht grüner Blätter und Blumen 
bedecken. Auf dieses Lager streckten sie sich 
dann aus, mit nichts als einer leichten Tunika 
aus Leinen bekleidet. Dann wurden die Vor 
hänge zugezogen und mit kühlem Wasser be 
netzt, worauf Sklaven die Sänfte aufheben 
und unter schattigen Bäumen umhertragen 
mußten. Mädchen und Frauen pflegten sich 
überdies um Hals und Arme lebende Nattern 
zu schlingen. Man muß es gestehen, daß die 
alten Herrschaften es unvergleichlich raffi 
nierter angestellt haben, um sich vor der Hitze 
zu schützen als wir. 
Folgen der Trockenheit in England. 
Mehr als jedes andere Land leidet England 
unter den Folgen der Trockenheit. Besonders 
ungünstig wirkt sie sich auf den Gesundheits 
zustand aus. Tie Tennisspiele in Wimbledon 
haben stark unter der Halsentzündung gelit 
ten, von der verschiedene Spieler befallen wur 
den. Nach Ansicht der Aerzte ist das Ueber- 
handnehmen dieser Krankheit eine Folge der 
Trockenheit. Besonders wird in den Schulen 
geklagt. Zahlreiche Lehranstalten im ganzen 
Lande haben unter Massenerkrankungen zu 
leiden. Man legt dieser Erkrankung sogar 
einige Todesfälle, deren Ursachen bis jetzt noch 
nicht richtig aufgeklärt sind, zugrunde. Auch 
die Mandelentzündungen haben stark über 
hand genommen. 
Radio — Luxemburg verstärkt? 
Luxemburg, das bekanntlich den Luzerner 
Vertrag nicht unterzeichnet hat, um sich unbe 
kümmert im Langwellenbereich niederlassen zu 
können, sendet auf Welle 1304, die eigentlich 
Warschau gehört, mit einer Leistung von 
150 kWt Diese Leistung scheint jedoch der 
Scndeleitung von Radio—Luxemburg immer 
noch nicht zu genügen. Man trägt sich daher 
mit der Absicht, die Leistung des Großsenders 
auf 600 kW., das ist die Höchstleistung im 
Rundfunk überhaupt, die des Mammutsenders 
Moskva-Noginsk Jmeni Kominterna RW. i 
in Moskau zu erhöhen. 
Schuljungenstreiche von heute. 
Auf einer der großen Londoner Ausfall 
straßen stockte seit einigen Tagen der gesamte 
Verkehr. Die Verkehrsampeln an den Kreu 
zungen arbeiteten nicht oder nur ganz un 
regelmäßig. Die Fahrer beschwerten sich über 
den dauernden und ununterbrochenen Wechsel 
der Lichtsignale, der ohne die gewohnte Regel 
mäßigkeit stattfand. Der Verkehr geriet da 
durch in völlige Verwirruung, und kein Fah 
rer kannte sich mehr aus. Schließlich kam der 
Verkehr völlig zum Erliegen, weil die 
ihr Licht mit blitzartiger Geschwindigkeu: v 
selten, so daß sich niemand mehr getraut' . 
zufahren. Schließlich kam man der uri 
auf die Spur: An einem Seitenweg der g ^ 
Watlingstraße befindet sich die elektrişşfej, 
läge für den Betrieb der Signallampen.^ 
kinder hattew in den Abendstunden aus 
ungeklärte Weise Zutritt zu den 
richtungen erlangen können und rvareu 
hinter die Technik des Vorganges getşşi^ 
so daß sie zu ihrem Vergnügen ein at'şş ^ 
lungsreiches Farbeispiel mit den Signa 
pen inszenieren konnten. 
Neue englische Lokomotiven. 
In den Lökomotiv-Werken Doucaster 
zur Zeit neue Lokomotiven im Bau, ^ 
größter Geheimnistuerei umgeben sind 
von denen nur hin und wieder spärlşş 
zelheiten in die Oeffentlichkeit dringe«. ^ 
wird behauptet, daß es sich um die 
Personenzuglokomotiven handelt, diei e 
England gebaut worden sind. Sie 
ihre Vorgängerinnen an Geschwindigkeu [( 
Leistungsfähigkeit übertreffen. Sie solle«» 
ner mit acht Rädern auf jeder Seite ««j 
stattet sein, von denen jedes einen Durchs 
von 2,20 Mir. hat. Sie dürfen zuerst a«> 
Strecke London—Edinburgh Verwendung ^ 
den, wo schon jetzt der „Fliegende Ķ 
seinen Geschwindigkeitsrekorö behauptet- 
-it 
Batterie-Volksempfänger für die Reiset 
Ein geradezu ideales Gerät für die Ņeķ^ 
und beim Wochenende stellt der neue Bach,,, 
Volkesempfänger dar. Solide in der Ä« 
rung und ohne übermäßige Gewichtseķ/ 
bequem- in dem Koffer unterzubringen, 
er zugleich die Aufgabe des ReisebeE/ 
Als besonderen Vorteil des Batterie-^ 
empfängers heben wir das Fehlen von -4 
akkumulatoren hervor, da der Heizstror« - 
ebenso wie der Anodenstrom aus eige«^ 
diesen Apparat hergestellten TrockenbaU^ 
entnommen wird. Ein Auslaufen der Kg 
das schon oft empfindlichen Schaden auchU « 
hat, ist daher ausgeschlossen. Durch 
dung von Sparröhren und durch eine Şģf 
schaltung wird eine Betriebsdauer des 
empfängers von 750 Stunden bei etttc« 
triebszeit von täglich 3 Stunden erreicht- 
:%it 
Heilere ķà 
In Buxtehude veranstaltete vor Jah«^ 
Frauenbund eine Goethefeier. ,» 
Aber Frau Doktor Biesebiel war nşş 
damit zufrieden. ^ 
„Finden Sie nich auch, daß das alle-, - 
'n büschen stillos war, nöch?" fragte st 
Frau Bäckerobermeisterin. 
„Warum stillos?" , 
„Na, zu 'ne Goethefeier, nöch, da sek/ 
den Gästen doch nich ausgerechnet Şşş 
locken zum Kaffee vor, nöch?" 
w 
Noch ähnlicher. 
Der Vater bewundert das Bild, i? 
Künstler von seinem Sohn angefertigt W f 
sieht ihm wirklich ähnlich!" äußert e : < 
lobend. „Hat er schon bezahlt?" fraß' 
weiter. 
„Noch nicht!" 
„Na, das sieht ihm noch ähnlicher!" . 
Verschlungene Wege zum Glück. 
Roman von Hans Schulze. 
Ein Zugwind kam in diesem Augenblick 
durch das offene Fenster. 
Ter Vorhang schleifte über den Fußboden 
weit in das Zimmer hinein. 
Unhörbar hatte sich im Hintergründe eine 
Tür geöffnet. 
Der Schleier der Erinnerung zerriß. 
Sibylle stand vor ihm. 
En Blick in ihr verstörtes Gesicht sagte ihm 
die Wahrheit. 
„Es ist alles vorbei!" 
Er nahm ihr wortlos den Mantel ab und 
führte sie zu einem Stuhle. 
Geraume Zeit saßen sie schweigend. 
Tann wandte sich Sibylle zum Fenster hin 
über,' sie war erschreckend blaß,' ihre Augen 
lagen tief zurück in den unnatürlich weiten 
Höhlen. ļ 
„Was soll nun werden?" 
Er zuckte die Achseln. 
„Du bist frei, Sibylle, ich halte dich nicht 
mehr! In dieser Stunde hat Herr Ralfs 
einen Brief von mir in Händen, der dich aller 
Schuld ledig spricht. 
Das ist das Letzte, was ich für dich tun 
konnte. Ich selbst habe für mich meine Ent 
schlüsse gefaßt. Ich kann und werde ein ent 
ehrtes Leben nicht weitertragen!" 
Dann brach er jäh ab, die Stimme erstickte 
ihm. 
Und wieder wuchs die Mauer, das Schwei 
gen. Und es schien ihnen, als trügen die 
Minuten schwere Lasten durch die große 
Stille. 
eigen, ihr mit allen Qualen seines Herzens 
ausgeliefert war. 
Und alle Angst und Not ihrer Seele ging 
auf einmal unter dem Bewußtsein ihrer bei 
der Zusammengehörigkeit. 
„Kurt!" sagte sie dann langsam, die Worte 
suchend. „Du sprichst vom Sterben. Aber noch 
leben wir. Und ich will weiterleben. Darum 
bin ich noch einmal zu dir gekommen. Ich 
muß hier fort, noch heute, auf der Stelle. Ich 
vergehe, ich ersticke sonst." 
Und plötzlich überkam sie wieder ein unaus 
sprechliches, herzaufpeitschendes Grauen, daß 
es ihr wie ein eisiger Schauer über den Nak- 
ken rann. 
„Sie wollen mich ins Gefängnis bringen!" 
stieß sie abgerissen hervor, und die Tränen 
rannen ihr unablässig über die schmalen 
Wangen herab. „Die Polizei ist schon hinter 
mir her. Ich weiß es, ich fühle es. Nur der 
Luftweg ist noch frei. Hilf mir, Kurt, bringe 
mich mit deinem Flugzeug wieder fort. Ir 
gendwohin, wo mich niemand findet. Es ist die 
letzte Rettung!" — 
Ein dumpfes Grollen klang in diesem 
Augenblick aus fernen Wäldern mahnend 
herüber, wie das verhaltene Stöhnen eines 
gefangenen Tieres. 
Dann wieder Stille, ein atembeklemmen 
des Schweigen. 
Ein seltsam bleifarbenes Licht breitete sich 
langsam über den See, indes seine Ufer noch 
immer im sonnigen Grün erglänzten. 
Kurt wies mit der Rechten zum Himmel. 
„Es ist Wahnsinn, was du verlangst, Si 
bylle! Sieh selbst, in einer Viertelstunde ist 
die Hölle los. Wenn wir fliegen, so ist es ein 
Spiel mit dem Tode. Unser Weg führt uns 
gerade in das Wetter hinein!" 
Mit beiden Füßen zugleich war Sibylle auf- I 
gesprungen. 
Ein fiebernder Glanz stand in ihren Augen. 
„Ich war noch niemals feige, Kurt! Ich will 
frei sein, und wenn ich für meine Freiheit 
sterben soll!" 
Und dann hing sie an seinem Halse und 
rang mit ihm in einem letzten Sturme mit 
heißen, werbenden Worten. 
„Hilf mir, Kurt, ich bitte dich. Was du heute 
für mich tust, will ich dir danken mein Leben 
lang!" 
Da neigte er sich über ihr schönes, verwil 
dertes Gesicht und küßte sie mit verzweifelter 
Entschlossenheit auf die blassen Lippen. 
„Ich tue, was du verlangst, Sibylle! 
„Wenn wir sterben sollen, so werden wir 
zusammen sterben!" 
Dann traten sie aus dem Hause und eilten 
nach der Bootswerft hinüber. 
Wie ein gespenstischer Vogel hockte das 
Flugzeug im Hintergründe des halbdunklen 
Raumes in dem abenteuerlichen Durcheinan 
der der Tragkörper und Benzinbehälter, dem 
Gewirr der Langhölzer, Wellen und Spieren 
und all der seltsamen Vorstufen zu den lusti 
gen Gebilden aus Leinwand, Holz und Me 
tall. 
Kurt schob den Apparat auf die Ablauf 
wiese und füllte seine Lungen mit Del und 
Benzin nach. 
Jetzt, da die Entscheidung gefallen war, be 
lauschte er den Rhythmus der Explosionen 
des Motors wie den Puls eines lebenden 
Körpers und prüfte ruhig und sachlich das 
Netz der Bespannungsdrähte. 
Eine fahle Dunstschicht hatte unterdessen 
mit rasender Schnelligkeit den ganzen Himmel 
überschleiert,' gewaltige Staubwolken jagten 
zuweilen zum See hinab. 
Und dann brach der erste Blitz aus dem 
dunkelblaugranen Kerne des mißfarbenen 
Gewölkes, das wie ein dicker Rauch über den 
Rand des Waldes üahinzukriechen schien, und 
ein mächtiger Donner rollte lang naM 
hinterdrein. , tf 
Sibylle hatte bereits in der Gond/./ 
genommen und schlang einen Schlesier t l 
den Kopf. 
„Wollen mir es wagen?" 
Sie nickte nur, kurz und entschlösse«^,/ 
Da warf er den Propeller an und ‘ 
şiîĶichfalls in das Flugzeug hinau^/t 
ION 
S'J* § 
i 
fei« 
, e Ei 
- 
<-->« - 
sw 
Ķ We - 
•> »fl 
«»ia 
«'ll 
Wie ein tiefer Orgelsang klang das 
Brausen des Motors durch das w 
Schweigen der tückischen Wettergeister. 
Schon schwamm die Erde in Abgrund 
Und dann kam der Sturm. 
Heulend fegte er durch das stands 
Dunstmeer der Atmosphäre. ii 1 
Er pfiff in den Drähten, er ku(ķ/( 
ratterte in der Leinwand der Tragflşş// 
warf ein irres Lachen und Weinen 01 
ander. ‘ 
Endlose Donner rollten über den KM 
Himmel,' die Blitze lohten in fernhin 0 «t 
dem Reflexe wie die Breitsc-ite eIt 
spensterfchisfes. / 
Tief unten stöhnte der Wald, und d e 
Bäume beugten sich unter dem ,/ 
rasenden Riesen, der in zügelloser 
tungswut durch den hohen Forst seiin 
hieb. 
Wie eine Nußschale schwankte das N st'' 
in dem wahnwitzigen Tanze der Elen , 
und nieder. s/« 
Zerrissene Nebelschwaden jagten Ö e,v 
vorbei. 
(Schluß folgt). 
'ii 1 ! 
Kl; 
■ >lll1 
Ş 
tc 9 ab 
8? 
v-d'e 
îâ'wA 
Pc 
Ä‘!%!
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.