125. Jahrgaus 1 Nr. 294 / Zweites Blatt.
Lchàswļg-Aoļktàķftd«
Landeszeitung
Ra-rösdurger Sägeblatt
Donnerstag, den 15. Dezember 1932,
Die Arbeitslosigkeit in Rendsburg
stagniert.
Immer noch Zuzug bei der städtische« Fürsorge.
Nach der Statistik des stöbt. Fürsorgeamts ist im
Ņîonat November der Stand der Arbeitslosigkeit
gleiche geblieben, wie im Vormonat. Die Zähl
èer Hauptunterstützungsempfänger beim Avbeits-
Wd Fürsorgeamt betrug Ende Oktober 2699, Ende
November 2700. Die Gesamtzahl der in Rendsburg
vuf Unterstützung angewiesenen Personen (also mit
Angehörigen) ist von 6133 auf 5996 zurückgegangen.
3m übrigen ist wiederum ein Abgang beim Arbeits.
°nit und ein Zugang bei der stäidt. Fürsorge zu ver-
Wchnen.
Im einzelnen verteilen sich die Fahlen auf: (die
8ahl in Klammer bedeutet den Stand tm Vor
monat):
Arbeitslose beim Arbeitsaint 147 (132) mit 220
(198) Angehörigen, zusammen 367 (330) Personen,
Krisenfürsorge beim Arbeitsamt 235 (278) mit
3t>2 (407), zusammen 587 (685) Personen,
Arbeitsfähige beim städtischen Fürsorgeamt 1433
(1373) mit 2272 (2196) Angehörigen, zusammen
3705 (3569) Personen.
Arbeitsunfähige (Sozial-, Kleinrentner usw.) beim
städt. Fürsorgeamt 885 (916) mit 452 (633) Angeh.,
ftvsammen 1337 (1549) Personen.
Don den Arbeitsfähigen entfallen auf:
Arbeitslosenunterstützung 8,15 % (7,40),
Krisenfürsorge 12,92 % (15,60),
stöbt- Fürsorge 78,93 % (77).
Sn der allgemeinen Fürsorge (Wohlfahrts-
irwerbslose und Arbeitsunfähige) waren Ende No
vember 1651 (1631) Haupt-U.-Empf. mit 2473
(2583) Angehörigen, zusammen 4122 (4214) Per
lenen vorhanden, um die gleiche Zeit des Vorjahres
1164 Haupt-U.-Empf. mit 1840 Angehörigen, zu
sammen 3004 Personen.
Kommunalverschuldung und
2lrbeitsbeschaffung.
Unter Vorsitz des Bunöespräsi-enten Ober-
mrgermeister Dr. Beliay tagte in Berlin der
desamtverband des Reichsstädtebnndes, um
Wer die Maßnahmen zu beraten, die zur Mil
derung Ser besonderen Notlage der Klein-
bnö Mittelstädte notwendig sind. Diese Not ist
sir großen Teilen Preußens für die kreisange
hörigen Städte besonders verschärft worden
durch das Versagen der Vezirksfürsorgever-
hstnde (Landkreise), die die gesetzlichen Erstat
tungen der Fnrsorgekosten an die Gemeinden
^îelfach nicht mehr vornehmen können, so daß
dei den Städten die Aufrechterhaltung der öf-
stntlichen Fürsorge ernstlich in Frage gestellt
î Der Vorstand erhebt daher erneut die For
derung nach einer direkten Beteiligung der
tseisangehörigen Städte an der Wohlfahrts-
Hilfe des Reiches, da nur so die Auszahlungen
der Unterstützungen an die Wohlfahrtser-
^erbslosen einigermaßen sichergestellt werden
tonnen. Das sprunghafte Abfallen der Reichs-
uenereinnahmeu wirkt sich ans die Gemeinden
Rendsburg, den 15. Dezember 1932.
in so stark verringerten Reichssteuerübcrwei-
sungen aus: Diese haben aber daneben noch
den Ansfall bei den Realsteuer und sonstigen
Steuern zu tragen. Die Klein- und Mittel
städte sind durchaus bereit, positiv an der Lö
sung des Problems der Arbeitsbeschaffung
mitzuwirken, sowohl tm Interesse der Er
werbslosen als auch der durch die steigende
Kaufkraft der neu beschäftigten Erwerbslosen
zu belebenden Wirtschaft. Die deutschen Klein-
nnd Mittelstädte sind aber in ihrer großen
Mehrheit aus eigener Kraft nicht mehr in der
Lage, im Nahmen der kommenden Arbeitsbe
schaffung weitere Lasten aus eigenen Mitteln
zu finanzieren. Die Erfahrungen haben ge
zeigt, daß es auf die Dauer untragbar ist, den
Gemeinden für die Arbeitsbeschaffung eine
neue Verschuldung aufzuerlegen, die weitere
dauernde Zins- und Tilgungslasten mit sich
bringt. Diese Lasten haben bereits heute eine
Höhe erreicht, die unerträglich ist. Sie stammen
zum großen Teil aus Anleihen, die die Ge
meinden in früheren Jahren zur Erfüllung
öffentlicher Aufgaben aufgenommen haben.
Ein Fortschreiten auf diesem Wege erscheint
dem Vorstand des Reichsstädtebundes unmög
lich. Der Reichsstädtebnnd vertritt den Stand
punkt, daß im Rahmen der kommunalen Ar
beitsbeschaffung nur Arbeiten in Frage kom
men, die notwendig und volkswirtschaftlich
wertvoll sind. Hierzu rechnen insonderheit
Straßen- und Brückenunterhaltung. Bau von
Wasserleitungen und Kanalisationsanlagen,
Siedlung und Kleinwohnungsbau, Instand
haltung der Betriebswerke und Meliorati
onen. Besonderen Vorzug verdienen Arbeiten,
deren Rentabilität gewährleistet ist. An sich
wünschenswerte, aber nicht notwendige Ar
beiten sind dem freiwilligen Arbeitsdienst vor
zubehalten.
Singeabend für die jugendlichen
Erwerbslosen.
Der Ortsausschuß, für Jugendpflege hielt an:
Dienstagabend in der Aula der Christian-Dimm-
Schule seinen 2. Bildungsabend in Form eines
Singeabends für die jugendlichen Erwerbslosen ab.
Nach einleitenden Worten des stell». Vorsitzenden,
Hermann Hansen, wechselten Musikdarbietungen
und frisch gesungene Weihnachtsweisen des Mittel
schulchors unter der bewährten Leitung des Musik-
lehrers Lorenzen einander ab.
Große Freude bereiteten bei den zahlreich erschie
nenen jugendlichen Erwerbslosen die dann zusam
men eingeübten — bisher weniger bekannten —
Weihnachtslieder. In sehr verständlicher Art über
mittelte Musiklehrer Lorenzen den feinen Rhythmus
der Weihnachtslieder.
Am Schluffe des. Singeabends konnte man die er
freuliche Feststellung machen, daß bei dem weitaus
größten Teil der Jugendlichen das Uebermittelte
auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Es ist im Inter
esse der erwerbslosen Jugend zu hoffen und zu wün
schen, daß solche Albende in diesem Winter noch des
öfteren veranstaltet werden.
Dezember-Reichshilfe für den Kreis
Rendsburg.
94370 Mark gegenüber 68781 Mark im Vormonat.
Wie unser Berliner G. W.-Vertreter zuverlässig
erfährt, hat der Reichsminister der Finanzen Graf
Schwerin von Krosigk in einem an die Landesregie
rungen gerichteten Erlaß soeben die Reichshilfe zur
Erleichterung der Wohlfahrtslasten des Kreises
Rendsburg für den Monat Dezember auf 94 370
RcK festgesetzt gegenüber 68 781 im Monat Ro-
vember. Es handelt sich hierbei um den Anteils-
betrag des Kreises Rendsburg an der Reichshilfe
zur Erleichterung der Wohlfahrtslasten der Ge
meinden und Gemeindeverbände. Bon diesem An-
tcilsbetrag fließen 20 Prozent in den Landesaus
gleichsfonds zur Erleichterung lder Wohlfahrtslasten
besonders notleidender Gemeinden und Gemeinde
verbände. Der Reichsfinanzminister betont einlei
tend in feinem Erlaß, daß er zur Erleichterung der
Wohlfahrtslasten der Gemeinden und Gemeindever
bände im Dezember 1932 80 Millionen R-K zur Der-
fügung stellte und zwar 70 Millionen aus dem
Wohlfahrtshilfsfonds von 672 Millionen nnd 10
Millionen aus den Ueberfchüffen der Arbeitslosen
versicherung. Rach neueren Schätzungen — betont
der Reichsfinanzminister —, die die Arbeitsmarkt
lage nnd die in letzter Zeit auf dem Gebiete der Ar
beitslosenhilfe getroffenen Maßnahmen berücksich
tigen (Gewährung von Winterzulagen, Fortfall der
Aussteuerung in der KrisenunterstUtzung, Bereit
stellung weiterer Mittel für den freiwilligen Ar-
beitsdienst, Verbesserung der Arbeitslosenunter
stützung) sei es zu seinem Bedauern nicht möglich,
für Dezember und die folgenden Monate monatlich
mehr als 10 Millionen aus den Arbeitslosenver
sicherungs-Ersparnissen bereitzustellen. Dagegen
Hobe er die Dezember-Zuwendung aus dem Wohl-
fahrte^ilfsfonds nochmals von 65 Millionen auf
70 Millionen gesteigert; auch hier fei aber eine wei
tere Steigerung nicht möglich, da die für Januar
bis März zur Verfügung stehende Restsumme von
206,9 Millionen nicht einmal ausreichen werde, auch
noch im März die vollen 70 Millionen auszuschütten.
Der Verteilungsschlüssel selbst ist wieder nach den
Grundsätzen der Durchführungsbestimmungen auf
gestellt worden. Im Kreis Rendsburg gab es am
Stichtag — 31. Oktober 1932 — nach der Statistik
der Reichsanstokt für Arbeitslosenversicherung und
Arbeitsvermittlung 2807 Wohlfahrtserwerbslose
oder 31,8 auf 1000 Einwohner.
Der Erlaß des Reichsfinanzministers bedeutet für
Städte nnd Kreise eine gewisse Enttäuschung. Trotz
aller Vorstellungen der kommunalen Spitzenver
bände hat der Reichsfinanzminister sich nicht in der
Lage gesehen, die Reichswohlfahrtshilfe so zu stei
gern, daß sie den tatsächlichen Wohlfahrtslasten der
Städte und Kreise entspräche.
* Sitzung der Kirchenvertreter Rendsburg-Reu»
werk. Am Mittwochnachmiftag fand in der Sakristei
der Neuwerker Christkirche eine Sitzung der Kirchen
vertretung Rendsburg-Neuwerk statt. Propst Mie
ders begrüßte zunächst die neu eingeführten Kirchen-
verlreter Iönck und Hamm aus Büdelsdorf und
Pahl aus Alt-Duvenstedt. Dann wurde die Kirchen-
rechnung 1931, die von den Kirchenältesten Clement
und Seligmann und den Kirchenvertretern Claußen
und Wüstenberg geprüft war, vorgelegt und es
wurde dem Kirchenvorstond und dem Kirchenrech-
nungsführer Entlastung erteilt. Außerdeni wurden
auf einige Etatstitel kleinere Summen nachbewil
ligt. Endlich wurde beschlossen, auf ein Uebergangs-
recht bei dem Büdelsdorfer Gemeindchause zu ver
zichten. Der Beschluß soll aber erst unter gewissen
Bedingungen ausgeführt werden.
* Schadenfeuer. Bor einigen Abenden war in
einer Wohnung in der Rofenstraße ein kleines
Schadenfeuer ausgebrochen, das von den Bewoh
nern mit einigen Eimern Waffex gelöscht werden
konnte, so daß der Autozug nicht erst alarmiert zu
werden brauchte.
* Einbruchsdiebstahl. In der Nacht zum Mittwoch
ist aus dem Keller eines Hanfes der Kaiserstraße
ein Oberbett (rotes Inlett) durch Einbruch gestohlen
worden.
* Zum. Geschäftsführer des Handwerkerbundes
Hildesheim-Marienburg gewählt wurde Dr. jur.
Fritz Saß. der z. Zt. beim Kreishandwerkerbund
Rendsburg tätig ist.
* Wcihnachtsmusik in der St. Marienkirche. Am
kommenden Sonntag, abends 8 Uhr, findet in der
Altstädter St. Marienkirche ein Kirchenkonzert statt,
das in feinem Programm nur Weihnachtsmnsik
bringen wird. Als Hauptwerk des Abends bietet der
Kantatenchor des Musikvereins zusammen mit dem
Collegium musicum des Musikvereins die Weih-
nachtskoutate „Uns ist ein Kind geboren" von Job.
Seb. Bach, ein Werk, das sich durch besondere Innig
keit und Frisches aber auch durch erfreuliche Knapp,
heit der einzelnen Stücke auszeichnet. Die Solo
partien hierin haben Frau Landrat Steltzer (Alt),
Traugott Fick (Tenor) und Studiendirektor Schubert
(Baß) freundlichst übernommen. Das Collegium
musicum wird das „Pastorale" aus dem Werhnachts-
konzert von Arcangelo Corelli spielen. Beide Werke
wird Organist Lorenzen an der Orgel begleiten.
Ferner singt der Kantatenchor noch eine Anzahl
weihnachtlicher Chöre im Satz von Praetorius, Bach,
Othegraven nnd W. Sprung, und Organist Werner
Sprung, der zugleich die musikalische Leitung des
Konzerts hat, wird das Programm vervollständigen
mit einigen Orgelsoli, u. a. mit der bekannten „Hir
tenmusik" von Bach und mit der immer wieder ver
langten Fantasie „Weihnachten" von Max Reger,
in der verschiedene Weihnachtslieder stimmungsvoll
ineinander verwoben werden. — Die.e Abendmusik
kann leider iiicht bei ganz freiem Eintritt gegeben
werden wie sonst immer, da d>e Unkosten (Noten
anschaffungen) zu groß sind. Deshalb wird für das
Programm mit dev Liedertexten, das zum Eintritt
berechtigt, an der Kirchurtür der Betrag von 20 >5
genommen werden.
* Stadthalle. Das Weihnachtsmärchen Schnee
wittchen beginnt heute um 4 Uhr nnd endet
vor 6 Uhr, voraussichtlich um 5,45 Uhr. Ter
Weihnachtsmann eröffnet nird schließt das
Spiel.
* Ein Mädchen- und Mütterabend findet im Rah
men einer Adventsfeier am Freitagabend, 8 Uhr,
im Büdelsdorfer Gemeindehanse statt. (Siehe auch
Pereinsanzeiger).
Schleswig-Holstein. Lehrer als „Muß-Ostpreußen".
Der Verfasser gehört zu den vielen schleswig-holsteini
schen Junglehrern, die hier abgebaut waren und zu Ostern
dieses Jahres durch den Junglehrerausgleich zwangsweise
noch Ostpreußen kamen — manche mit jenen weit verbrei
teten, vorgefaßten Meinungen, die für den abgeschnitte-
Wen Osten nicht gerade schmeicheN)aft sind. Wie cs wirtlich
Nissteht in Deutschlands äußerstem Bollwerk gegen die
slawische Flut, darüber können uns die schleswig-holstci-
uischen Ostlandfahrer wertvolle Aufschlüsse geben.
Die Schriftleitung.
^bttn nach Osten?
Mrvos ausgefressen? Rein, ausgefressen haben
> îr nichts. Wir aßen in Schleswig-Holstein zuletzt
üs karge Brot der Abgebauten; in Ostpreußen aber
u Qt en die jüngeren Lehrerjahrgänge schon in Amt
Zd Würden. Sie mußten Ostern einigen hundert
Semestern aus dem Reiche, darunter einer
stiert Zahl von Schleswig-Holsteinern, das Feld
Ritten. Ein Regierungsoertrcter aus Schleswig.
Ostein hat gesagt, daß für den blutenden deutschen
J^n das beste Lehrermaterial gerade eben gut ge-
^9 fei. Trotzdem sind wir in den Augen mancher
^(genossen die „Deportierten" geblieben; denn
ş-? sonst wohl würde eine hohe Regierung dorthin
wo man „weit hinter den Russen zurück ist
ìşişich die Wölfe şte Rocht sagen!" Aus unserer
^ Mäxungsarbeit über das Grenzlandsdeutschtum
^ ßten mix zwar, daß auch der Osten seine Reize
gemischten Gefühlen fuhren wir aber doch,
zahlreiche Bande des Wesens und Schaffens
wir schon viel zu sehr im Heimatboden ver-
um uns noch gerne nnd bereitwillig um-
z-ll lassen.
aauhe Haul ?
Im polnischen Korridor
vergessen wir das unbedeuteirde Einzelschicksal. Der-
gebens suchen wir die alten deutschen Stations-
namen. Polnische, für uns unaussprechbare, sind an
ihre Stelle getreten. Polnische Beamte begleiten den
Zug. Im Abteil wird es hundekalt. Wir spüren Po-
lens Ritterlichkeit gegen seine Durchgangsgäste.
Immerhin kann man schon einmal ein Fenster öff
nen, ohne gleich als Spion verhaftet zu werden.
Ein Danziger photographierte kürzlich aus dem Zuge
seine alte Heimat. Er sitzt dafür in einem polnischen
Gefängnis.
Ostpreußens urwüchsige Schönheit
geht uns auf bei unsern Ferienfahrten. Auf der
Nehrung und in der Memelniederung tummelt sich
noch der Elch, ein lebendes Denkmal ans grauer
Vorzeit. Die Weltabgeschiedenheit der Sahara um
fängt uns in den Kurischen Wanderdünen. An Rü
gen erinnert uns die bewaldete, zerklüftete Steil
küste des Samkandes. Welch verträumte Schönheft
in den weiten Wäldern und Seen Masurens, welch
reicher Wildbestand in der Romintener Heide. Wie
freundlich grüßen im Durgenland an der Weichsel
die alten ovdenszeftlichen Backsteinbauten und das
farbige Barock alter Herrensitze.
Viele Zeugen aus der Vergangenheit
künden von Höhen- und Tiefpunkten preußisch-
deutscher Geschichte. Die trutzigen Wahrzeichen, wel
che die Ritter mit dem schwarzen Kreuz auf weißem
Mantel hineinbauten in das Landschaftsbild, haben
die Jahrhunderte überdauert. Pom zähen Koloni
sationswillen preußischer Könige erzählen die alten
Kolonistengeschlechter niederdeutscher, salzburgischer,
schweizerischer und hugenottischer Herkunft. In har
ter Arbeit auf karger Scholle verschmolzen sie mit
den Einheimischen zu einem wetterfesten, kernigen
Geschlecht. Schloß Finckenstein, wo Napoleon kein
Schloß zu groß nnd kein Riegel stark genug war,
nnd Tilsit erinnern an Preußens tiefe Demütigung.
Königsberg und andere Orte weisen viele Zeugen auf
für die unversieglichen Kraftquellen, die 1812 und
1813 im Osten für Preußen-Deutschlands Wieder
aufstieg entsprangen. Das Tannenberg-Rational-
denkmal bei Hohenstein und die vielen Heldengräber
auf masurischem Boden mahnen uns an Ostpreußens
Opfer im Weltkrieg.
An der blutenden Grenze
sehen wir die Wogen polnischer Begehrlichkeit bran
den. Schon die Schuljugend wird in Polen von Kopf
bis Fuß auf Kriegslist eingestellt. Kriegerisch aus
gerüstete Fraueirkompagnien haben sich an Aufmär
schen beteiligt. Feuerwehrleute fuhren auf Tanks
durch die Straßen. Auf Danziger Gebiet sangen
durchfahrende polnische Soldaten und Schülerinnen
antideutsche Hetzlieder.
Polnische Minderheitsschulen
sollen den einsamen Felsblock Ostpreußen unterhöh
len. Die polnischen Lehrer stehen vielfach im Mili
tärverhältnis zu Polen. Sie brauchen keine deut
sche Lehrerprüfung abgelegt zu haben und können
schon vor Eröffnung der Schule zuziehen. Ihre
Werbungsmittel erinnern uns lebhaft an die Speck
dänenzeit in unserer Heimat. Hypotheken zu zwei
Prozent, Prämien von 60 F pro Tag und Kind,
Kartosfelland und Kleidung, Drohung mit Arbeits
losigkeit sind Mittel der polnischen Seelenfänger.
Schon wo sich 7 Schüler finden, kann eine polnische
Schule aufgemacht werden. Trotz angestrengtester
Maulwurfsarbeit haben es die Polen bisher aber
nur auf 23 Schulen mit etwa 400 Schülern gebracht.
Aehnlich wie die Dänen die Friesen, so möchten die
Polen gar zu gerne die Masuren für sich in 'An
spruch nehmen. Doch jede Wahl zeigt ein überwäl
tigendes Bekenntnis Masurens zum Deutschtum,
und auch im übrigen Ostpreußen sinkt die polnische
Stimmenzahl immer mehr.
Die Wacht an der Weichsel
steht fester denn je. Sie ruht nicht nur auf den
wenigen Bajonetten der Reichswehr, sondern wie
Reichskanzler v. Schleicher es im Herbstmanöver
forderte, wird jeder Ostdeutsche wissen, wie und wo
er im Ernstfälle sein Vaterland zu verteidigen hat.
Lehrer- nnd Iugendführerkurse in Sport, Musik,
Heimatforschung, Laienspiel, Rundfunk- und Fort-
bildungsschulsragen dienen der Festigung der
grundlegenden deutschen Geisteshaltung der Ju
gend. Für die B. D. A.-Arbeit werden auch dort
wo der Lebensstandard für schleswig-holsteinische
Verhältnisse niedrig ist, beträchtliche Opfer gebracht.
Wir Muß-Ostpreußen freuen uns. daß wir die
Rot und die Sendung des deutschen Ostens
an Ort und Stelle in un'ere Sinne und in umerik
Willen aufnehmen dürfen. Wir glauben, wenn uns
die Regierung die spätere Rückkehr ermöglicht in
unserer lieben schleswig-holsteinischen Heimat be-
sonders nachhaltig dahin wirken zu können, daß die
Erkenntnis um sich greift:
Ostlands Schicksal ist Volkes Schicksal!