125, Jahrgang.
Schisswîg-kolslsînîschs Landsszsîtung
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des Nsschsfirmnzmimsters „m Nahmen öss finanziell Möglichen'
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Nach längerer Aussprache erhielt i>i der Sitzung
«es Haushaltsausschusses des Reichstages bei der
Abstimmung die von dem Sozialpolitischen Aus-
Miß vorgeschlagene Entschließung über die Win-
^rhilfeaktion eine etwas geänderte Fassung. Die
Neichsregierung wird ersucht, alsbald durchgrei
fende Maßnahmen zu treffen, durch die den großen
Ņîassen der notleidenden Bevölkerung eine an
gemessene Weihnachts- und Winterhilfe gewährt
^ird. Es soll dabei u. a. folgendes verwirklicht
Werden: Für den Winter wird für alle Arten von
Empfängern öffentlicher Unterstützung und Renten
'iste zusätzliche Winterhilfe geschaffen. Ihre Durch
führung wird den Gemeinden überlassen. Sie be-
îîeht in unentgeltlicher Belieferung mit solchen
Naturalien, mit denen, je nach den örtlichen Ver
hältnissen, der Notlage am besten gesteuert werden
j&iitt, und darf nicht zu einer Verminderung der
deldunterstützung führen.
Dom Dezember bis April sind für jeden
unterstützungsbercchtigte» Haushalt 4 Pfd.
Brot, 1 Pfd. Fleisch wöchentlich, sowie
2v Zentner Kohlen zu liefern.
^ie Mittel für die Durchführung der Winterhilfe,
’•’ott der auch die Alleinstehenden nicht ausgenom-
1 ’ l eit werden dürfen, stellt das Reich den Eemein-
lC| t zur Verfügung. Sie dürfen für andere Zwecke
der Wohlfahrtspflege weder vom Reich Ber
echnet, noch von den Eemeinden verwandt werden.
Annahme fand auch der nationalsozialistische
’’Urag, den Landwirten, dem gewerblichen Mit-
I ^r», ^ ^ r V *■ I et/ ^ 11 wiv«
elstand und dem Kohlenbergbau die Möglichkeit
^ geben,
rückständige Steuer,, durch Ratural-
lieseruilgen für diese Hilfsaktion
Abzugelten. Eine außerdem angenommene Ent
schließung des Zentrums ersucht die Neichsregie-
u,t 9, in einem Z,vein,onatsprogran,m in eine
şiktifch» Winterhilfe einzutreten, für die neben
Scherung der Zahlungen für die Wohlfahrts-
”werbslo?en in den Eemeinden und neuer Ar-
chtsbeschaffung besondere Maßnahmen für die
şintermonate gefordert werden. ll. a. soll die
A'eitsbeschafsnng beschleunigt werden.
>, Der Ausschuß richtete dann noch an den Reichs-
^anzmiinster die Bitte, in der nächsten Sitzung
Ausschusses am Dienstag Mitteilungen über
Reichshaushaltspinn für 1933 zu machen.
Ģin Vertreter des Reichsarbeitsministeriums
^ "ärtc. daß sich die Rerchsregierung auf Erund
^ Beschlüsse des Reichstagsausschüsse über ihre
şşinahmen schlüssig werden wolle. Neichsfinanz-
(graf Schwerin-Krosigk betonte, daß die
Zuschließung des Sozialpolitischen Ausschusses
ch eine Reihe Anträge ergänzt worden sei, die
^ Mehrbelastung in Höhe von einigen Hundert
ş ’llionen Mark ausmachten. Es sei klar, daß eine
,^e Mehrausgabe ohne Deckung nicht geleistet
,^”be,i könne. Die von den Sozialdemokraten ge-
^chtcn
^ . Deckungsvorschläge seien optimistische
t. lötzungen, insbesondere, soweit von der Vei-
^bung rückständiger Steuern des Bergbaues ge-
kochen werde. Ueber die kommunistische Forde-
/’’8, die Mehrkosten aus dem Wehrhaushalt zu
5omen
,j brauche er wohl nicht viel zu sagen. Der
^ "vnalsozialistische Antrag, die Steuerschulden
sxî^ņdwirtschaft in Naturalien zahlen zu lassen,
I Ron früher erörtert. Versuche dieser Art, wie
'«it
ö- V. in Oldenburg gemacht worden seien, hät-
<tber kein befriedigendes Ergebnis gehabt
w^oef) wolle er den Gedanken nicht rundweg ab-
Reichsregierung kenne die große Not
ì' gewillt, ihr im Nahmen des finanziell
îş,„wichen entgegenzutreten. Vor allem gelte es
ot aber,
^ die Gemeinde» über Wasser zu halten.
i«ļļļ ^0 Millionen, die das Reich den Gemeinden
** * u weife, trage cs bereits 85 v. H. der Wohl-
fahrtserwerbslosenhilfe. Wie sollten angesichts
der Notwendigkeit der Betreuung der Wohlfahrts
erwerbslosen die Eemeinden gehindert werden,
ihnen sonst noch überwiesene Mittel nicht für die
Winterhilfe, sondern für die Deckung ihres Finanz-
bedarfs zu verwenden? Hauptsache für die Reichs-
regicrnng fei, den Erwerbslosen Arbeit zu ver
schaffen. Der Minister schloß mit der Bitte an den
Ausschuß, deshalb nicht zu verlangen, was
die Reichsregierung beim besten Willen nicht
erfüllen könne.
Der Reichsfinanzminister teilte bei Erörterung
der Deckungsvorschläge für die Winterhilfsmaß-
nahmen noch mit, daß die Benzinabgabe vom
1. Januar 1933 ab wieder auf den alten Satz von
3,80 RM. erhöht werden solle. Ein Mehraufkom
men ergebe sich daraus aber nicht, da die Abgabe
im Haushalt mit 13 Millionen angesetzt sei und
höchstens 7 Millionen aufkommen würden. Eine
Beseitigung des Spritbeimischungszwanges würde
wohl im Haushaltsjahr 1932 etwa 5—6 Millionen
mehr ergeben, dafür aber den Zusammenbruch der
Brennereien und den Ausfall ihrer Steuern nach
sich ziehen.
Zwei Aàerordnungen vor Weihnachten
Die Reichsregierung wird voraussichtlich
noch vor Weihnachten zwei Notverordnungen
erlassen, und zwar die eine zur Ergänzung
des Sozialprogramms, nachdem die sozial
politische Ermächtigung an die Reichsregie-
rung vom Reichstag abgelehnt worden ist.
Zweitens wird voraussichtlich die Terrornot
verordnung über die Sondergerichte sowie die
Notverordnung gegen Ausschreitungen in der
Presse aufgehoben.
Mtenialsversuch gegen Wrlhelm II?
Der geheimnisvolle Eindringling ein Geistesgestörter?
Aus Doorn in Holland, wo der ehemalige deutsche
Kaiser Wilhelm II. mit seinem Hof wohnt, wird ge-
meldct: Nachmittags überstieg ein unbekannter Mann
an einer einsamen Stelle die Haus Doorn umgebende
Mauer, ohne daß jemand ihn dabei bcnrerkte. Später
wurde der Eindringling jedoch von mehreren Dienern
in einem der Türme des Schlosses entdeckt, überwäl
tigt und der Polizei übergeben. Es stellte sich heraus,
daß er einen Revolver schweren Kalibers sowie einen
großen Dolch bei sich führte.
Der Festgenommene ist deutscher Staatsangehöriger.
Er verweigert hartnäckig Auskunft über fein« Perso
nalien sowie über den Zweck seines auffälligen Trei
bens. Es ist jedoch bereits festgestellt, daß er sich feit
Sonnabend in Doom aufhalt.
Die authentische Mitteilung.
TU. Berlin, 13. Dez. (Eig. Funkmeld.) Die General-
verwaltung des vormals regierenden preußischen Kö
nigshauses teilt zu den in der Presse gebrachten Nach
richten über einen Vorfall im Haus Doorn folgendes
mit:
Am gestrigen Montag, dem 12. d. M., wurde von
einem Bediensteten vom Haus Doorn am hellen lllach-
mittag innerhalb des Parks unmittelbar vor dein
Hanse ein frenrder Akann beobachtet. Der Diener hielt
ihn an und fragte, wie er in den Park gekommen
sei und was er wolle. Der Eindringling sagte, er sei
über die Umzäunung in den Park gekommen und wolle
zu S. M. dem Kaiser. Der Diener brachte ihn auf die
tut Torgebäudc von Haus Doorn stationierte hollän
dische Wache. Dort fattb man bei dem Mann, der ein
Deutscher ist, einen Revolver und einen Dolch. Er
erklärte, daß er sich mit dem Revolver durch Luft
schüsse hable beinerkbar machen wollen, falls er S. M.
den Kaiser im 3><n£ getroffen hätte. Den Dolch habe
er bei sich geführt, um gegebenenfalls einen Wachhund
daniit unschädlich machen zu können. Der Mann wurde
in Gewahrsam genommen. Er macht einen geistig nicht
normalen Eindruck.
Weiter verlaute!: Als der Eindringling von einem
Diener ’ in einem neben dem Arbeitszimmer des
Kaisers liegenden Turmziinmcr entdeckt wurde, ver
suchte er zu flüchten, wurde aber überwältigt und der
im Schloß befindlichen Polizeiwache übergeben. Bei
einer Durchsuchung des Mannes fand man ein langes
Dolchmeffer sowie eine Pistole. Offensichtlich hatte der
Mann, bei dem cs sich um einen deutschen Staats
angehörigen handeln soll, die Absicht, einen Anschlag
auf den Kaiser zu verüben. Die Dienerschaft des
Schlosses will den Unbekannten schon fett einigen
Tagen in der Unlgebung des Schlaffes bcobachlei ha
ben. Er scheint eine günstige Gelegenheit abgepaßt zu
haben, um seinen Altschlag auszuführen.
L # *
Beim Beichsksmmissar
für Arbeitsbeschaffung.
Am Montag empfing der Reichsko-imnissar für
Arbeitsbeschaffung den Präsidenten des Reichsland,
bundes.à Grafen Kalckreuth, sowie mehrere Herren
des Rcichslandbundes und besprach mit ihnen die
Frage der Arbeitsbeschassung im Znsammeichang
mit der Lage der Landwirtschaft. Am Nachmittag
waren Vertreter der Gewerkschaften aller Richtun
gen bet dem Reichskmnmiffar zu eitter Aussprache
über das Llrbcitsbeschaffungsprogramm nird die
Wünsche der Gewerkschaften. Dabei wurde von allen
Vertretern der verschiedenen Organisationen die
Notwendigkeit der beschleunigten Durchführung
eines öffentlichen Arbeitsbeschaffnngsprogramms zu
normalent Lohn unterstrichen.
Wenn ein Mann, der mit offenen Augen durch
alle Erdteile gereist ist und Land und Leute, Ge
schichte und Gegenwart der Völker aus eigener
Anschauung kennt, einen Ausblick in die Zukunft
wagt, dann hat er Anspruch darauf, gehört zu wer
den. Um so mehr, wenn seine Ansichten bescheiden
und als persönliche Eindrücke vorgetragen werden.
Gerade dann verdienen sie das Ohr der Menschen,
die trotz der Bitterkeit der ihnen durch die Krise
auferlegten eigenen Opfer nach größeren Zusam
menhängen suchen, in denen das Weltgeschehen
dieser schweren Jahre einen Sinn bekommt.
Ein solcher Vielgereister mit klugem Kops und
hellen Augen ist Colin Roß, durch Bücher,
Vortrüge, Filme und Zeitungsaufsätze der bekann
teste deutsche Reiseschriftsteller der Gegenwart.
Seit dem Krieg hat er die Welt wohl besser ken
nengelernt als irgendeiner unserer Landsleute, hat
Abstand gewonnen zu den Dingen, die uns am
nächsten liegen, hat die Verhältnisse in Mittel
europa von neuen Gesichtspunkten aus betrachten
lernen.
Eolin Roß zog als einer der ersten — um nicht
Zu sagen als der erste — unmittelbar nach Kriegs
ende in die Welt hinaus, getrieben von dem Wun
sche, Pionierdienste zu leisten, Neuland zu finden.
Brot und Lebensmöglichkeiten für die Tausenden
zu erschließen, denen der Kriegsausgang sie genonr-
men. Diese Reisen durch alle Erdteile und über
alle Weltmeere zeigen, was für Deutsche und
Deutschland in der Welt möglich ist, aber auch wo
ihr Arbeitswille und ihr Ausdehnungsbedürfnis
vorläufig auf ein „unmöglich" stößt. Sie ließen
den Weltenwanderer früher als andere die her
aufziehende Krise erkennen — unvergessen
sind seine zutreffenden Voraussagen der Entwick
lung im Fernen Osten — und sie ließen ihn vor
allem erkennen, daß der letzte Sinn der gegen
wärtigen Weltlage nur in uns selbst zu fin
den ist. Und so zog sich der Mann, der die ganze
Welt bereiste, in die Einsamkeit eines kleinen
Bauernhofs im Gebirge zurück und richtete den
Blick nach innen, wissend, daß der Schlüssel
zum Weltgeschehen in der Brust jedes einzelnen
liegt. Um das Weltgeschehen zu verstehen, braucht
man eine W e l t a n s ch a u u n g. Und da kam
Eolin Roß die Erkenntnis: wir Menschen von
heute haben zwar ein riesiges Wissen von Einzel
heiten, allerhand Anschauungeil über die Welt,
aber die große tragende Weltanschauung ist vielen,
vielen Tausenden in den Stürmen des Kriegs und
der neuen Zeit verlorengegangen, ist der Jugend
unseres Jahrhunderts nur selten geboten worden.
Auf der Suche nach den Gründen dieser Entwick
lung kam Colin Roß die zweite wesentliche Er
kenntnis. Die Weltanschauung fehlt, weil unsere
Zeit die Kraft des Schaue ns verloren hat,
Montagnachmittag ereigneten sich in Magde
burg Erwerbslosenausschreitungen. Bei einem
Handgemenge wurde ein Beamter ntißhandelt.
Colin Roß „Der Wille der Welt, eine Reise zu sich
selbst." Geh. Jl 2,90, Leinen
Vrockhaus, Leipzig.
M 3,60. Verlag F. A.
In einer Entschließung des Berliner Leh-
rervcrbandcs heißt es:
Zwischenbemerkung.
„Zucht und Ordnung in der Schule sind in
den letzten Jahren Gegenstand ernster Be.
sorgnis geworden. Die ständig sich mehrenden
Schwierigkeiten haben die Unterrichts- und
Erziehungsarbeit stark beeinträchtigt. Neben
der politischen Verhetzung der Jugend scheint
die Auslegung des Ministererlasses vom 27.
3. 28 über die Anwendung der körperlichen
Strafe in der Schule als eine der wichtigsten
Ursachen für diesen Rückgang."
Ein Berliner Schulrat ergänzt die Entschlie-
ßnitg durch folgende Mitteilung:
In einer sog. „Musterschule" Neuköllns
werden täglich etwa 13 Stühle zerbrochen,
werfen sich die Schüler mit Tintenfässern. An
einer Aliberlincr Berufsschule treten die Zög
linge die Türfüllungen ein, reißen Wasser
hähne ab, verstopfen Luftschächte, zertrümmern
mutwillig Tafeln irnd rauchen ungeniert im
Konferenzzimmer der Lehrer. Die „modernen
Grundsätze der Pädagogik" verbieten jede Art
von Dlszipltnanwendung.
In solcher Erziehung unserer Jugend auf
Verachtung aller Autorität von Eltern und
Lehrern — einer Autoritätsauerkeiknung als
Nachbleibsel „durchaus falsch gelagerter Ver
gangenheit" — patzt ein vielsagender „Scherz".
Eine Mutter fragt ihr Kind, nachdem es einige
Zeit die Schule besucht hat: „Wie gefällt's dir
denn in der Schule, mein Junge?"
Der Junge erwidert: „Drei Tage will
ich mir die Sache noch ansehen,
tritt keine Aenderung ein, gehe ich nicht wie
der hin."
Oder jene andere Antwort eines 9jährigen
Mädchens, das einen Vries schreibt, den der
Vater vorher zu lesen sich erlauben will. Und
die klassische Antwort bekommt: „Nein, das
gibts nicht, wir haben öas Vriefge-
y e i m n i s."
Eine so eingestellte und erzogene Jugend
wird sicherlich ihre Erfahrungen machen, aber
diese Erfahrungen werden für das Ganze
A u f l ö s u n a und Zersetz u n g bringen.