Beilage der Schleswîg-Holsteļnîschen Landeszeitung (Rendsburger Tageblatt)
Dienstag, den 25. Oktober 1932
^assöerheufchrscken übn öer Sahara.
Lebende WsMsn bedrohen die Daftn
werden ebenso mächtige Ströme gemeldet, die
sich alle auf die Oase konzentrieren. Ueber
Steine, Flüsse, Gräben geht unaufhaltsam der
Zug. Hier reichen die vorhandenen Mittel
und Anzahl der Eingeborenen zur Vernich
tung nicht aus .Es muß eine neue Waffe
ersonnen werden.
Telefonisch werden Lastautos mit Nahrungs
mitteln für die Insekten aus Biskra herbei
gerufen. Tag und Nacht mischen nun die
Mannschaften die eingetroffene Kleie mit
Melasse und versetzen das ganze mit einem
Arsenpräparat. Dann wird der Köder in die
Wüste hinausbefördert und nach einem ge
nauen Plan in kleinen Häufchen verstreut.
Die Grillen, angezogen durch den Duft der
Melasse, stürzen sich auf die vergiftete Nah
rung, die bald ihre Wirkung tut. Vier Tage
lang ziehen die Lastautos ihre tödlichen Kreise
um die Oase und zwei Tage später umgibt sie
in fünfzig Kilometer Entfernung ein unge
heuerer Wall von Milliarden vernichteter
Insekten.
Und doch haben unendlich viele Larven der
Hekatombe entgehen können. Nach einer letz
ten Metamorphose wachsen ihnen Flügel, und
sie schwingen sich in die Wärme eines schönen
Morgens auf, schweben wie zum Hohn hoch
über den Menschen dahin und verkünden so
den Ruhm ihrer unausrottbaren Rasse.
de Sol.
Tmlis, im Oktober. Kaum hatte sich die
erste Wolke der Heuschrecken in der Wüste
llezeigt, als schon ein Offizier der französi
schen Besatzung in Biskra an Ort und Stelle
ist. Er hat unterwegs die Eingeborenen von
ber drohenden Ueberschwemmung benachrich
tigt, die Allah danken, daß er ihnen gerade
in dem Augenblick, da die Dattelvorräte zu
Ende gehen, ein himmlisches Manna schickt.
Am Abend gleichen die Tamarisken und das
spärliche, harte Gebüsch eher Korallenbäumen,
so dicht sind sie bereits von den rosafarbigen
Insekten besetzt. Die Jagd kann beginnen.
Ein Teil der Bevölkerung tötet mit breiten
Drahtschlägern die traubenförmig zusammen
hängenden Insekten, die von Kindern und
Greisen rasch in Säcke gefüllt werden. Andere
wieder räuchern unter der Leitung des Offi
ziers mittels benzingetränkten Fackeln die
Palmen aus. Die ganze Nacht wird gearbeitet
und am nächsten Morgen ist die Millionen
beute so groß, daß der Markt in Sidi Okbä
oder Biskra für den Sack Heuschrecken fünf
zehn Francs notieren wird.
Das Rezept für diesen Leckerbissen ist fol
gendes: man lasse die Insekten in Salzmasser
kochen, trockne sie dann an der Sonne und
würze sie schließlich nach Belieben. Sie sollen
eine knusperige, pikante und, wie häufig ver
sichert wird, sogar wahrhafte Delikatesse ab
geben. Die überlebenden Heuschrecken aber
entfliehen in der morgendlichen Brise,' die
Araber, die eine ganze Nacht sich dem Vernich
tungswerk hingegeben haben, sagen: „Es sieht
aus, als ob wir gar nichts getan hätten". Und
die sich entfernende Wolke ist nur eine von
Hunderten, die aus der einsamen Wüste her
vorbrechen und die Oasen überfallen.
Nach einigen Tagen wird die rosige Farbe
der Insekten braun, dann gelb, und sie begin
nen sich zu paaren. Mit dem bohrerförmigen
Hinterleib sticht das Weibchen ein Nest in den
Boden und legt eine Traube von Eiern ihn
ein. Dann geht der Flug weiter nach Norden
Und während des ganzen Weges wird derge
stalt eine Brücke der Nachkommenschaft geschla
gen, an deren Pfeilern einige erwachsene
Heuschrecken zurückbleiben. Sie dienen später
den herausschlüpfenden Larven als Führer.
In seinem Bureau sammelt ein Offizier die
einlaufenden Meldungen. Die Eintragungen
auf der Karte zeigen, daß von den Insekten
bei Saaöe 20 Hektar, bei Snim 300 Hektar, bei
Chabat Jala 50 Hektar usw. überfallen wor
den sind. Insgesamt sind 30 000 Hektar mit
den Eiernestern übersät. Nimmt man nun an,
daß etwa ein Liter von diesen Eierklumpen
auf 20 Quadratmeter entfällt und jeder Liter
etwa 200 Trauben mit je 700 Eiern enthält, so
ergibt eine einfache Rechnung, daß für das in
Frage kommende Gebiet eine Nachkommen
schaft in der phantastischen Höhe von 210 Milli
arden Larven zu erwarten ist. Da diese Insek
ten zu ihrer Ernährung täglich zwei Gramm
Begetalien brauchen, so droht die gänzliche
Vernichtung der ohnehin spärlichen Oasen der
Wüstenregion.
Diese Gefahr mußte abgewendet werden und
sie wurde es auch. Zuerst wurden wenigstens
in der Umgebung der Oasen die Eiernester
zerstört. Sobald dann die grillenähnlichen
Larven herauszukriechen begannen, nahm man
zu Kresolwasser Zuflucht, mit dem man die in
den ersten Tagen sehr empfindlichen Insekten
begoß. Hierbei war noch das schwierige Pro
blem der Herbeischaffung der Säure und des
Wassers in Gebieten zu lösen, wo das Kamel
immer noch das praktischste Verkehrsmittel ist.
Aber die Grillen wurden zusehends größer
und ihre Kolonnen bedeckten in breiten schwar
zen Flecken die Wüste. Die Eingeborenen zer
quetschten sie mit Palmwedeln. Flammen
werfer traten in Aktion. Aber unendlich viel
von dem Ungeziefer entging der Vernichtung.
Amtsblatt LMÄ Marmar lZWÄ TŗŞMNŞ Tagm
Die älteste Zeitung der Welt wird ausgegraben.
Die bedeutsamen archäologischen Funde in der der Trajans-Säà und auf die Wiede
Umgebung von Rom häufen sich. Nachdem erst kürz- des Vesta-Tempels verwiesen. Großen
lich die Auffindung der berühmten Grotte der Sy- den alten Römern muß auch die Wassert
bille von Cumä geglückt ist, gelang es nun dem See von Bracciano nach Rom gemacht
Archäologen Guido Calza, in Ostia bei Rom ein Trajan anlegen ließ. Daß man auch im
„Amtsblatt auf Marmor" ans Tageslicht zu för- Volksfeste zu stiern verstand, zeigt ei
dern. Bei den Ausgrabungsarbeiten entdeckte man auf ein großes Rationalfest, das vom
Ganze Kolonnen, die nun allmählich eine
grünlichgelbe Farbe annehmen, vereinigen sich
zu Heereszügen, um von alten, geflügelten
Heuschrecken geführt, sich nach den grünen
Oasenzonen hin in Bewegung zu setzen. Vor
jedem dieser Jnsektenströme wird rasch ein
Graben aufgeworfen, der mit brennendem
Gestrüpp angefüllt wird. Der Zug der Lar
ven stürzt sich furchtlos in das Feuer und es
gelingt ihnen häufig, durch ihre Anzahl die
Flammen zu ersticken und mit der verbrann
ten Tete des Zuges den Nachkommen eine
Brücke zu bilden. Aber ein zweiter und dritter
Graben erwartet sie. Damit wird es möglich,
wenigstens in der unmittelbaren Umgebung
der Oasen die Gefahr zu bannen.
Weiter draußen aber, in der Wüste, den
Abwehrmaßnahmen unerreichbar, formieren
sich die zahlreichen Heereszüge zu einem un
geheuren Strom. Reiter werden ihnen ent
gegengeschickt und sehen ihn in einer Breite
von sieben Kilometer mit einer Geschwindig
keit von fünf Kilometern am Tage langsam
näherkriechen. Der Aufklärer reitet zwanzig
Kilometer entlang der Kolonne nach Süden
und sieht noch immer kein Ende der heran
ziehenden Insekten. Auch von anderen Seiten
Neue Heliumquellen.
Bisher galten die Bereinigten Staaten von
Nordamerika als das einzige Land, in dem aus
dem Naturgas der Oelfelder von Texas Helium
gewonnen wird. Jetzt kommt aus Port-of-Spain
auf Trinidad die Nachricht, daß man auch dort
Helium gefunden hat. Man schlug beim Bohren
nach Oel eine Heliumgastafche an. Ueber die vor
aussichtliche Ergiebigkeit der Quellen läßt sich na
turgemäß noch nichts sagen, sondern man muß sich
zunächst auf Versuche über weitere Vorkommen
und die Gewinnmöglichkeit beschränken. Bekannt
lich hatte Amerika für das für die Luftschiffahrt
so äußerst wertvolle Helium dadurch ein Monopol,
daß es kein anderes Vorkommen gab und die Aus
fuhr nicht gestattet wurde. Sollten sich auf Trini
dad ausreichende Gewinnungsmöglichkeiten schaf
fen lassen, so dürften diese besondere Bedeutung für
die deutsche Luftschiffahrt haben.
Der
neue
Kaffee!
Prsisaossöireiben! Einsenden! Eilt)
KAFFEE
Sumatra 4^
-DAgRnvFM
Die Sonnenjungfer.
Em Roman von der roten Erde.
Von Anny Wothe.
^ 7 ) Nachdruck verboten.
Mit Harms Oerres Stock tastete er sich vorwärts.
Da -drüben blinkte ein Licht. Es mußte Rinkerode
sim. Er schritt über den schlüpfrigen Grund. Plötz-
M war das Licht verschwunden. Unschlüssig stand
^eîmer einen Augenblick still. Da tauchte das Licht
v°n neuem auf, ober es war ihm jetzt zur Seite.
Als er darauf zulief, war es wieder wie fortgeweht.
„Ein Irrlicht", dachte er erschreckt und sein Fuß
Zauderte. Mit Weitgeöffneten Augen verfolgte er
fahlblauen, gespenstigen Lichtschein. Nun war ex
Mi vor ihm, er schien aus 'dem dunklen Moor-
dach vor ihm aufzusteigen. Er umkreiste ihn hell
Aufflackernd, dann kroll) er wieder zusammen.
Graf Reimer stand wie gebannt. Es war, als
sollte das dunkle Moor fein Opfer, als streckten sich
austnd unsichtbare Geisterhände nach ihm aus. Mit
geschenkten Stecken suchte er den Weg, doch wo-
A er auch mit dem Stocke fühlte, immer nur fand
fï den weichen, schlammigen Moorgrund.
Wo war der Weg?
der Nebel so Eicht unid taufend geheimnisvolle
klimmen über Heide und Moor.
Jetzt fühlte Graf Waldau wieder vorsichtig mit
em Stock nach der anderen Seite. War hier nicht
Boden fester, gab es hier nicht einen Pfad?
^Şlter Schweiß perlle dem Grafen auf der Stirn,
till** nun das Ende? War es ein Verlöschen
Ļeides, eine Beendigung der unendlichen
£ Augenblick wandelte 7|n das Gefühl der
Mäche an, sich in fein Schicksal zu ergeben, dann
t €c Regte seine Jugend, der Drang nach dem Le-
u trotz «ncr Leiden.
ļtļļ ^ r lastete mit dem Stock nach allen Seiten hin
fest vorsichtig setzte er seinen Fuß, wo ihm der Weg
^schien. Ģs war, als hauche das Irrlicht, das
an ^şeder umgaukelte, ihn mit versengendem Atem
de' ^ Eosch es. Der Nebelschleier zerriß und
Ach 'Aond lugte aus zerfetzten Wolken über das
schàê Reimer Waldau' sah ganz deutlich einen
fein 6ri Ņeg durch das Moor gehen, denselben, den
Mter Stock ihn schon geführt.
„Dank dir, Hans Oerre", murmelte er, „für 'dein
Geschenk."
Rüstig schritt er auf dem schmalen Steg vorwärts.
Er sah, daß er den Heideweg wieder erreicht hatte,
den er vor kurzer Zeit mit der Sonnenjungfer ge
gangen, und 'da drüben blitzte auch schon das goldene
Kreuz auf dem viereckigen Kirchturm von Rinkerode
auf. —
Die schlanken Birkenstämme -der Allee, die nach
dem Dorfe führte, schimmerten im Silberlicht und
der Nach'ttau hing blitzend an den Gräsern. Die Heide
aber log, als er sich umwandte, schwarz, still und tot
und eine Nebelwand zog darüberhin. —
Graf Reimer Waldau fröstelte, als er langsam, fest
auf den Stock gestützt, dem Erlenschlosse zuschritt.
Ein schwerer Tag lag hinter ihm und morgen
zog wohl ein noch schwererer herauf.
Im Sonnenhof hatte die Nachricht von Helmgavds
und Baldos Verlobung wie ein Blitz eingeschlagen.
Wenn es auch lange so bestimmt war und man diese
Verlobung längst erwartet hatte, stand man doch
den Tatsachen ganz anders gegenüber.
Eitert von Rinkerode ging wie von innerer Glück
seligkeit getragen uncher. Nun wußte er Helmgard
geborgen, wenn er die Augen schloß, und auch die
von ihm vevgötterte Frau würde auf dem Sonnen-
hof immer eine wirkliche Heimat haben.
Er sah nicht die dunklen Schotten um Margones
Augen, er sah nicht das trübe Lächeln, mit dem sie
die Nachricht aufnahm.
Und er dachte wie Margone an seinen toten Kna
ben, an den Erben des Sonnenhofes, der fo früh
scheiden mußte. Aber Tatsachen gegenüber mußte
man fest und sicher stehen. Er hatte ja nur zu dan
ken, daß sich alles so herrlich gefügt, daß, Baldo, der
ihm täglich lieber wurde, sich Helmgard als Gattin
erwählt, und daß auch Helmgard glücklich war.
Zwar schallte nicht wie sonst ihr helles Lachen
durchs Haus, sondern eine stille Geschlossenheit lag
auf ihrem Gesicht, doll) -das war wohl natürlich bei
einer Braut.
Auch Baldo hatte er sich eigentlich anders als
Bräutigam gedacht. Baldo trug einen gehaltenen
Ernst zur Schau und die Art, wie er zu Helmgard
sprach, hatte nichts von der heißen Zärtlichkeit des
Liebenden, so daß Tante Grit sagte:
„Ein schnurriges Brautpaar sind die beiden. Es
mag jetzt wohl fo Mode sein, zu meiner Zeit war
das anders."
Und sie sann wehmütig den alten Zeiten nach mit
einem leisen, seinen, spöttischen Zug um den Mund.
Helmgard war am Morgen gleich zu Isot hinüber
gelaufen, um ihr die große Neuigkeit zu verkünden.
Isot war ganz seltsam gewesen. Leichenblaß hatte
sie Helmgard angestarrt, dann hatte sie heiß auf
schluchzend ihre Arme um die Freundin geschlungen
und mit bebenden Lippen zu ihr gesprochen:
„Möchtest du recht, recht glücklich sein, Helmgard,
ich will für dich beten."
Helmgard hatte verwundert den Kopf geschüttelt.
„Du tust ja, als müßte ich in den Tod, Isot", hatte
sie zu scherzen versucht. „Du glaubst wohl nicht an
mein Glück?"
„Doch, Helmgard, wenn du ihn liebst, gewiß."
Diese Worte klangen immer in Helmgard nach,
als sie später im Garten des Sonnenhofes stand und
Blumen für die abendliche Festtafel pflückte.
Isot aber trat, als bi« Freundin sie verlassen, in
ihres Vaters Studierstube und sagte tonlos:
„Väterchen, Helmgard war soeben hier. Onkel
Eilert und Tante Margone lassen für heute zum
Abendessen bitten. Graf Waldau kommt auch. Helm
gard hat sich mit Baldo von Rinkerode verlobt."
Wigbert Ruthard war aufgestanden. Er sah ganz
erschreckt in das leichenfahle Gesicht seines Kindes.
„Meine arme Deern", sagte er, Isot zärtlich in
seine Arme ziehend, „wie weh tut es mir, daß du
leidest."
Isot richtete ihren braunhaarigen Kopf, den sie
einen Augenblick an des Vaters Brust geschmiegt,
schnell auf. In den großen, klaren, grauen Äliugen
lag eine leise Abwehr, als sie schnell entgegnete:
„Meinetwegen brauchst du dich nicht zu sorgen,
Väterchen."
Der Pfarrer seufzte leise auf. „Hast du die Ein
ladung angenommen, Isot?"
„Natürlich, lieber Vater, wir dürfen doch nicht
fehlen, wenn im Sonnenhof ein solch festliches Er
eignis gefeiert wird."
War es Spott oder Verzweiflung, die aus Jfots
Worten zu ihm sprach? Noch einmal zog er beschwich,
tigen'd sein Kind an sich.
„Wenn es dir lieber ist, Isot, bleiben wir natiir.
lief) zu Haus."
Isot schüttelte den Kopf. „Nein. Vater, du hast •
mich immer gelehrt, fest und aufrecht zu stehen, nicht
kleinlich im Leiden zu sein und groß im Verzichten.
Das will ich nun lernen, bester Vater, und ich hoffe,
du wirst mit deiner Isot zufrieden sein."
„So segne dich der Allmächtige, Isot. Er gebe dir
Kraft und Tapferkeit wie bisher."
Isot beugte sich über des Vaters Hand. Die heiße
Träne, die aus ihrem Auge darauf fiel, erschütterte
den Pfarrer bis ins innerste Herz. Aber er sprach
nicht mehr zu seinem herrlichen Kinde, Isot mußte
allein auskämpfen, was sie in der Seele trug.
Am Abend, das wußte er, würde sie stark und
ruhig fein. —
Und der Abend kam. Mit Glanz und Duft lag er
über der alten Steintervaffe des Sonnenhofes. Glut-
rot nickten die Feuernelken von der Mauer, glutrot
lagen sie mit feinem Grün verstreut über der Fest
tafel, glutrot dufteten sie aus den Vasen und lug-
tert zwischen köstlichen Trauben und Psirstchen her
vor, die in der Mitte der Tafel in einer herrlichen
Kristollschale prangten.
In den hohen Römern funkelte goldener Wein.
Pfarrer Rutha rd hatte soeben eine Rede auf das
Brautpaar gehalten und die Gläser hatten hell an-
einander geklungen. Auch Baldos und Jfots Gläser
berührten sich. Wie ein leiser, wimmernder Ton war
der Klang. Baldos gebräuntes Gesicht war heute
bleich und die scharfen, blauen Augen hatten einen
träumerischen Glanz.
„Das klang ja wie ein wehmütiges Lied", sagte
er zu Isot, die an seiner linken Seite saß. „Ihr
Glückwunsch kommt doch aus dem Herzen, Fräulein
Isot?" versuchte er zu scherzen, ober die Kehle war
ihm trocken und die Stimme spröde.
Sie blickte ihn groß an. „Aus vollem und aufrich
tigem Herzen", gab sie ernst zurück, dann wandte
sie sich Graf Waldau zu, der an Helmgards rechter
Seite, Isot gegenüber saß und ihre tiefe, weiche
Stimme klang klar und hell durch die Sommerluft.
Helmgard saß zwischen Baldo und Graf Reimer
seltsam befangen.
Das kam gewiß so, wenn man Braut war.
Baldo drückte zuweilen zärtlich beruhigend ihre
Hand, dann zuckte sie immer schmerzhaft zusammen,
besonders dann, wenn Graf Waldaus Augen mit ft
eigenem Ausdruck die ihren trafen.
(Fortsetzung folgt.)
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