25. Jahrgang / Nr. 247 / Zweites Blatt.
Landeszettuns
Rrrrüsdursrr TssÄCaL
Donnerstag, den 20. Oktober 1032.
Kleidersammlung für die
Winterhilfe.
Wie schon mitgeteilt, soll auch in diesem
^ahre für die Bedürftigen unserer Stadt durch
die Winterhilfe eine Kleidersawmlung in die
Wege geleitet werden, die vom Vaterländischen
Frauenverein vom Roten Kreuz und der Ar-
beiterrvohlfahrt gemeinsam durchgeführt wird.
Die Sarnmlung wird am 27. d. Mts. stattfin
den, und die Kleider werden durch Fuhrwerke,
die die Straßen der Stadt durchfahren, abge
holt werden. Alle Familien, die geignete Klei
dungsstücke zur Verfügung stellen können,
werden gebeten, sie bereit zu legen.
* . *
* Ein Lastauto bestohlen. Am Dienstagabend
gegen 9.30 Uhr wurden vor dem „Grünen
Kranz" in der Schleswiger Straße von einem
auswärtigen Lastauto ein Koffer und zwei
Pakete mit neuer Damen- und Herrenbeklei
dung sowie zwei wollene Decken gestohlen.
* Ausschank von Branntwein bei der Reichs-
tagswahl verboten. Wie bei den früheren
Wahlen, so wird auch bei der Wahl zum
Reichstag am 6. November wieder der Aus
schank von Branntwein und der Kleinhandel
wit Trinkbranntwein verboten. Der preußi
sche Minister des Innern hat in der am Mitt
woch erschienenen Nummer der preußischen
Gesetzessammlung eine entsprechende Ver
ordnung veröffentlicht, durch die der Aus
schank von Branntwein und der Kleinhandel
wit Trinkbranntwein am Sonnabend, dem 3.,
und am Sonntag, dem 6. November 1932, bis
Zur Polizeistunde verboten wird. Zuwider
handlungen werden mit Haft und mit Geld
strafe bis 150 RM. oder mit einer dieser Stra
fen bestraft.
* 33jähriges Arbeitsjubiläum. Der Later-
uenwärter Franz Bahr konnte am Dienstag
sein 36jähriges Arbeitsjubiläum auf den städ
tischen Werken begehen.
* Professor Ludwig Fahrenkrog 63 Jahre. Der in
Rendsburg geborene Maler und Dichter Ludwig
Fahrenkrog vollendet am heutigen Donnerstag fein
65. Lebensjahr. Er ist ein Künstler von seltener
Eigenart. In Altona erlernte er bei dem Dekorati
onsmaler Lange das Handwerkliche. Schon damals
zeigte sich feine hohe Begabung. Er besuchte dann
die Akademie für bildende Kunst in Berlin und
wurde Meistevschüler Anton v. Werners. 1893 er
warb er den Großen Staatspreis und unternahm
Zur weiteren Ausbildung 1894 eine Reife nach Ita
lien. Bis 1895 blieb er in Rom. 1898 wurde er an
die Kunstgewerbeschule in Barmen berufen. Dort
leitete er dos figürliche Zeichnen und er hat sich auf
diesem Gebiet durch mehr als 30jährige Tätigkeit
ausgezeichnete Die Zahl seiner Werke ist groß. Alles
^beschaffene hat eine eigene Rote. Die Kieler Kunst
halle besitzt u. a. seine „Höllenfahrt Christi".
* Hans Helgescn. Bor 80 Jahren wurde der
w dem jüngst an dieser Stelle veröffentlichten
Roman „Der Medderkoog" von Henriette von
Rieerheimb wiederholt genannte dänische Of
fizier Hans Helgesen zum Kommandanten von
Rendsburg ernannt. Geboren am 4. Oktober
1793 zu Oslo in Norwegen, trat Helgesen 1814,
dls seine Heimat mit Schweden vereinigt
^urde, in das dänische Heer. Unter preußischen
Fahnen kämpfte er mit bei Ligny und Water-
wo, dann mit dem dänischen Hilfskorps in
Frankreich bis zu dessen Rückberufung 1813.
Rachdem er die folgenden 30 Jahre ein aben
teuerliches Leben geführt, lebte er zuletzt in
Landschaft Stapelholm. 1848 stellte er sich
^er provisorischen Regierung unseres Landes
Verfügung, wurde aber von derselben
^icht angenommen. Er wandte sich zur däni-
Rendsburg, den 20. Oktober 1932.
schen Armee, der er wertvolle Dienste leistete.
Im Spätherbst 1850 leitete Helgesen die Ver
teidigung von Friedrichsstadt, 1852 wurde er
als Kommandant der Festung Rendsburg be
rufen und starb daselbst am 28. Februar 1858.
In der historischen Landeshalle in Kiel, über
deren Neuordnung in diesen Tagen berichtet
wurde, ist als Lithographie sein Brustbild
vorhanden, swt.)
* Straßcnsammlnng für die deutschen Schu
len und Krankenhäuser in Afrika. Aus Anlaß
der 50-Jahrfeier der Deutschen Kolonialgesell
schaft findet Sonntag, den 23. Oktober, in
Rendsburg mit Genehmigung der zuständigen
Behörden eine Straßensammlung zum Be
sten der deutschen Schulen und Kranken
häuser in den unter Mandat gestellten deut
schen Kolonien statt. Die hiesigen Abteilun
gen der Deutschen Kolonialgesellschaft, des
Frauenbundes der Deutschen Kolonialgesell
schaft und des Frauenvereins vom Roten
Kreuz für Deutsche über See haben sich mit
befreundeten Vereinen zur Durchführung
dieser Sammlung verbunden. Es gilt Mittel
zu schassen für die deutschen Privatschulen in
Südwest- und Deutsch-Ostafrika, um diese
Pflanzstätten deutscher Kultur im verlorenen
Lande gegenüber den Entdeutschungsbestre-
bungen der Mandatsmächte in ihrer Selb
ständigkeit zu erhalten,' für Freistellen in den
vom Frauenbund der Deutschen Kolonial
gesellschaft betreuten Schülerheimen, damit
die in wirtschaftlicher Not befindlichen deut
schen Farmer ihren Kindern die Segnungen
einer deutschen Erziehung zuteil werden las
sen können: für die Wöchnerinnenheime und
Krankenhäuser des Frauenvereins vom Ro
ten Kreuz für Deutsche über See und der
Deutschen Kolonialgesellschaft, um ihnen die
Fortführung ihrer segensreichen Arbeit zu er
möglichen. Alle Freunde der deutschen Kul
tur in den Kolonien werden herzlich gebeten,
die „Jubiläumssammlung der Deutschen Kolo
nialgesellschaft zum Besten der deutschen Schu
len und Krankenhäuser in den Kolonien" nach
Kräften zu unterstützen.
* Mittelschullehrerprüsung. Die Prüfung
für Mittelschullehrer wird im kommenden
Jahre am 24. April beginnen. Meldungen sind
so rechtzeitig einzureichen, daß sie mindestens
drei Monate vor Prüfungsbeginn dem Pro-
vinzialschulkolleginm vorliegen.
* Hansel und Gretel, eine Märchenpantomt-
me, wird am Sonnabend, 4 Uhr, in der Stadt
halle aufgeführt durch die „Märchentante"
Frau Dr. Nordan-Berlin mit Ensemble.
Grundsätzliches aus dem Wahlkampf.
Der Kampf der Arbeit und des Bodens
gegen die Hochfinanz.
„Brechung der Goldherrschaft, die historische Aufgabe des Nationalsozialismus".
Eine Wahlrede des nationalsoz. Reichstagsabgeordneter Dreher-Ulm in Rendsburg.
In einer gut besuchten Wahlversammlung der
NSDAP, sprach Dienstagabend im „Schützenhof"
ein alter Vorkämpfer foer Bewegung, Reichstags-
abgeovdneter Dreher-Ulm. Nach einleitenden Mär
schen der Standartenkapelle der SA. führte der
Redner aus, daß dieser aufgezwungene Wahlkampf
der Kampf eines zum Tode verurteilten Systems
sei. Papen habe sich zum Schildknappen des Welt
kapitalismus gemacht. Der Jude und mit ihm der
Kapitalismus, der anfangs hinter der Demokratie,
jetzt hinter den Deutschnationalen stehe, habe als
letzten Vertreter seines Kampfes um die Beibehal
tung der Macht Papen herausgestellt. Durch Dikta
tur versuche er, das deutsche Volk zu regieren, aber
es muß grundsätzlich unterschieden werden zwischen
einer Diktatur, zu der man kommandiert wird,
und zwischen einem Diktator, der aus dem Volk
heraus geboren wurde. Diktatoren tauchen nicht wie
Kometen auf, sie haben vorher lange Jahre als
Kämpfer im Docke gestanden, haben gerungen um
die Seele des Volkes, dieses Volk von der Wichtig
keit der Idee und der Weltanschauung überzeugen
müssen. Papen aber kommt aus dem Nichts, war
Zentrumsabgeovdneter und ist nun mit einem
Schlage schwarz-weiß-rot geworden. Papens Ge
schichte beginnt erst am 31. Juli, die „historische
Stunde" ist der 13. August, in der man Adolf
Hitler als den Führer der größten Bewegung Ge
legenheit zum Mitregieren an zweiter Stelle geben
wollte. Das Nein des Führers war bedingt. Er
konnte nicht preisgeben, wofür er zehn Jahre ge
kämpft hatte, als Büttel des Herrenklubs hätte er
den Nationalsozialismus verraten müssen. Durch
alle bisher erlassenen Maßnahmen hat der Herren
klub, das Fundament der heutigen Regierung, be
wiesen, daß er weltfremd ist und für das Volk und
die elementarsten Dedürfnisie des Volkes kein Ver
ständnis hat. Keine Regierung aber wird lange be
stehen können, die nicht das Problem der Arbeits
losigkeit löst. Der Redner unterzog das Papen-
Programm einer eingehenden Kritik. Mit Steuer-
gutscheinen wäre es nicht möglich, die Wirtschaft
anzukurbeln, wenn nach Aussage von Finanzsach
verständigen 50—60 Prozent Steuerrückstände vor
handen sind. Wenn heute von Arbeitseinstellungen
gerodet wivd, die in die Zehntausende gingen, so ist
das angesichts der 6 Millionen Arbeitsloser ein
Tropfen auf den heißen Stein. Arbeitsmöglichkeit
kann man nur dann schlaffen, wenn auch ein Ab
satzgebiet hergestellt wivd. So aber bringen die
Steuergutscheine weiter nichts als Entschuldung der
Großwirtschaft, Riesenbankgewinne und Zerstörung
des Mittelstandes. In dem Kampf ums Dasein
werfen die Deutschnationalen als neues Tren
nungsmittel in das Volk die Frage nach der
Monarchie.
Dabei geht es uns nicht um Monarchie
oder Republik, sondern es geht um das
Innere der Nation, es geht in erster Linie
um Arbeit und Brot, es geht darum,
die Herrschaft des Goldes zu brechen.
Reichstagsabgeordneter Dreher gab einen ge
schichtlichen Rückblick usid zeigte, daß 1914 die Ar
beiter noch einmal ihre Hand der Oberschicht ent
gegengestreckt haben. Aber selbst in diesem Krieg
der Nation wurde sie zurückgestoßen. Der Mensch
fing bei ihnen erst an, wenn er Achselstücke trug.
Standes- und Klassendünkel gab den Arbeitern nicht
ihr Recht. Standes- und Klassendünkel hotten schon
vor dem Krieg erreicht, daß das Volk in sich zer
rissen wurde. Die Industriearbeiter, die 14 bis 16
Stunden arbeiten mußten und trotzdem keinen wirt
schaftlichen Aufstieg sahen, schlossen sich zusammen,
um für sich ein besseres Los zu erringen. Am An
fang dieser Arbelterbewegurrg stand nicht die Inter-
nationale, sie war in sich gesund und hätte zur Ge
sundung des Staates beigetragen, wenn es ihr ge
lungen wäre, jedem Arbeiter eine gute Lebens
haltung zu sichern. Die Herrenmenschen aber ver
standen den Sinn der Bewegung nicht und trieben
sie dem Juden Marx in die Arme. Aus diesen Zu
ständen heraus wurde die Revolution 1918 geboren.
1918 aber wurde auch aus dem Fronterlebnis heraus
der Nationalsozialismus geboren, nicht von Pro
fessoren oder Generälen erdacht, sondern von dem
einfachen Mann aus' dem Volke. Cr ist die Bewe
gung, die die Zukunft des deutschen Volkes gestalten
wird, die daher von dem alten Genera!feldmarschall
von Hindenbuvg nicht mehr begriffen werden kann.
In diesem Alter schaut man rückwärts, sieht nur,
was groß war in der Vergangenheit, Man wünscht
dem Reichspräsidenten, daß er in Ehren und Ach
tung seinen Lebensabend verbringt, den Weg aber
frei macht für den Kampf der jungen Generation,
denn im Nationalsozialismus marschiert die Jugend
zum Aerger und Leidwesen der anderen Parteien.
Potsdam war das Zeichen und Sinnbild dieses Be
kenntnisses der deutschen Jugend für Adolf Hitler.
Würde es dem Nationalsozialismus, so stellte der
Redner die Frage, möglich sein, die heutigen Zu
stände zu ändern und warum kann Papen es nicht?
Er kann deshalb nicht, weil er und seine Clique in
einem falschen Denken befangen ist. Dabei hat un
ter Herrgott alles so einfach gemacht.
Am Anfang der Welt standen der Mensch
und die Erde und die Arbeitskraft.
Dies ist das Gesetz allen Anfangs. Aus der Arbeit
entstanden alle Dinge des menschlichen Lebens. Nicht
der Kredit, sondern die Arbeit steht am Anfang.
Warum läßt man die 6 Millionen Arbeiter nicht
schaffen, wenn fast 60 Millionen nach allen Dingen
des menschlichen Lebens rufen, an denen es man
gelt. Warum verteilen wir nicht den brachliegenden
Boden an unsere Bauern und Bauernsöhne, die ihn
haben wollen, nicht um reich zu werden, sondern um
auf ihm zu arbeiten. Jeder Deutsche muß nicht nur
das Recht, sondern auch die Pflicht auf Arbeit ha-
ben. Daher fordern wir die Arbeitsdienstpflicht als
eine sittliche Pflicht gegenüber der Gesamtheit der
-Nation, um sich in dieser Nation bürgerliche Rechte
zu erwerben. Wenn hier jeder Deutsche arbeiten
muß, so wird man den Klassendünkel und Klassen
kampf beseitigen können und den Weg beschreiten
zur Volksgemeinschaft. Der Bauernstand wurde vom
Staat zugrunde gerichtet, weil nur so die hinter
ihm stehenden Mächte des Weltjudentums Macht
über die deutsche Arbeit erlangen konnten.
DerNationalsozialismus will einen Staat
bauen, in dem als Höchstes gewertet wird
der deutsche Mensch, und in dem Arbeit
die höchste Pflicht eines jeden ist.
Für dies fein Vaterland, das für jeden Gerechtig
keit und Lebensmöglichkeit bringt, muß auch jeder,
wenn es not tut, mit der Waffe in der Hand ein
treten.
Die Brechung der Macht des Goldes ist die
historische Aufgabe des Nationalsozialis
mus, die er vor aller Welt zu erfüllen hat.
Er soll den Völkern der Erde den Weg zeigen, der
gegangen werden muß, um die Macht des roten
Goldes zu brechen. Mit Adolf Hitler kämpfen die
besten Deutschen, und wird Herr von Papen nicht
sofort nach dem 6. November verschwinden, so wird
er erleben müssen, wie Menschen in letzter Verzweif
lung um die Grundlagen ihres Lebens kämpfen
werden. Papen ist so letzten Endes Schrittmacher
für den Bolschewismus. Er kann den Nationalsozia
lismus verbieten, auflösen, aber er wird nie er
reichen, daß die 550 000 SA- und SS-Männer sich
hinter ihn stellen. Eher wird er sie an der Seite des
Bolschewismus wiederfinden. Das ist die große Ge
fahr, in welcher die deutsche Nation heute schwebt,
daß der deutsche Arbeiter, der aus den National
sozialismus hofft, dem Kommunismus in die Arme
treibt. Papen sät Mißtrauen hundertfältig in die
Herzen. Es ist höchste Zeit für dos deutsche Volk,
daß er mit seinem Herrenklub von der Regierung
abtritt. Bleibt er bis Dezember, so wird im Januar
oder Februar der Bolschewismus triumphieren.
Und ob er diese Gefahr Deutschlands mit 100 000
Bajonetten bannen kann, ist zweifelhaft. Wir woll
ten wohl arm werden, damit Deutschland groß wird.
Die aber hinter Papen wollen reich bleiben, auch
wenn das deutsche Volk zugrunde geht. Sollte aber
nach dem 6. November der Reichstag noch einmal
aufgelöst werden, dann würde Papen feststellen
müssen, daß das deutsche Volk zwar eine Esels
geduld hat, aber wenn es einmal genug ertragen
hat, dann wehe denen, die daran schuld sind. Wir
haben 13 Jahre gekämpft und halten es auch noch
einen Monat aus. Die Stunde kommt für den
Nationalsozialismus, so oder so, das beweist die
ganze Entwicklung der letzten Monate. Die
Kämpfe werden größer, je näher der Sieg ist, aber
keiner der Kämpfer in unseren Reihen ist müde ge
worden. Der 6. November mag ausgehen wie er
will, es geht weiter zum Sieg.
Starker Beifall dankte dem Redner. Da sich kein
Diskussionsredner zum Wort meldete, schloß Reichs
tagsabgeordneter Dreher-lllm dir Versammlung
mit einem dreifachen Heilgruß an den Führer
Adolf Hitler.
^ sehr viel Room. _
****** a /DE G t HT
Vertreter: T. H. SIEVERS - RENDSBURG - Paradeplatz