Full text: Newspaper volume (1932, Bd. 4)

es als abwegig, erst 23 bis 26jährige Kandidat 
ten als geistliche Wegweiser einzusetzen. 
Vorschrift ves § 1 Ws. 2 der Verordnung des Reichs 
Ministers des Innern Wer Versammlungen und Aus' 
züge vom 28. Juli 1982. 
Neue DppoMou gegeu SisZiu 
Im Haushaltsausschutz des Völkerbundes 
unterhielt man sich weiter über die hohen 
Gehälter der Völkerbundsbeamten. Die 
„Kronjuristen" der englischen und französischen 
Regierung stellten sich hinter die Genfer Büro 
kratie. Es bleiben also die hohen Gehälter 
einer Einrichtung, auf deren Segen die Völ 
ker bisher vergeblich gewartet haben. 
ArrsfchLrrß aus Ls§ Partei. 
der mit dem Ziel der Sprengung gestört worden seien. 
Die Häufigkeit der Fälle und die Gleichmäßigkeit bei 
der Art des Vorgehens der Täter, so heißt es in der 
Begründung, gestatte mit Sicherheit den Schluß, daß 
die Dersammlungsstörungen planmäßig vorbereitet 
und auf Weisung leitender Stellen der NSDAP, durch 
geführt worden seien. Dieses gesetzwidrige und den 
friedlichen Verlauf des Wahlkampfes in ernsthaftester 
Weife gefährdende Verhallen von Anhängern der N. 
S. D. A. P. habe in der Bevölkerung Erregung aus 
gelöst. Da ein Teil der Anhänger der Partei ein 
äußerst undiszipliniertes Verhalten an den Tag gelegt 
habe, müsse damit gerechnet werden, daß von diesem 
Teil der Parteimitglieder schon beispielsweise einfache 
Zwischenrufe Andersdenkender mit Gewalttätigkeiten 
beantwortet würden, durch die öffentliche Sicherheit 
und Ordnung gefährdet werde. Das vorbeugende 
Verbot der für den 12. Oktober im Sportpalast ge 
planten Versammlung rechtfertige sich also auf Grund 
des 8 14 PDG. in Verbindung mit Artikel 123 RV. 
Da ferner aus den dargelegten Umständen sich eine 
unmittelbar« Gefahr für die öffentliche Sicherheit er 
gebe, sei das Verbot auch gerechtfertigt durch die 
In den Spuren TrotzLis. - 
Zn Moskau erregt die Veröffentlichung eines 
amtlichen Berichtes großes Aufsehlen, in dem mit 
geteilt wird, daß sich innerhalb der Kommunisti 
schen Partei der Sowjetunion eine aus 19 Mann 
bestehende gegenrevolutionäre Gruppe gebildet 
habe. Eine Anzahl Parteimitglieder habe einen 
Cowjetblock gegründet, der von der Regierung und 
der Partei die Einführung privatkapitalistischer 
Methoden in der Sowjetunion sowie Maßnahmen 
für die Freigabe der privaten Initiative verlange. 
Diese politische Gruppe habe die Entfernung der 
Sowjetführer einschließlich Stalins gefordert! Auch 
habe sie versucht, mit Hilfe gefälschter Dokumente 
zu beweisen, daß die Politik der Partei zu einem 
politischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch 
des Landes führen werde. An der Spitze dieses 
gegenrevolutionären Sowjetblocks sollen die be 
kannten Bolschewistenführer Sinowjew, Uglanow 
und Kamenew gestanden haben. Die Tätigkeit die 
ser Gruppe unterscheide sich keineswegs von der 
Politik Trotzkis und stelle die größte Verletzung 
der Parteidisziplin sowie einen Verrat an dem 
Sowjetstaat und der kommunistischen Diktatur dar. 
Der Zentralkontrollausschuß der Kommunisti 
schen Partei, von dem der amtliche Bericht aus 
geht, hat beschlossen, alle Mitglieder des Sowjet 
blocks und seine Organisatoren aus der Partei 
auszuschließen. 
JŞmWr GasmWisi M CHMm? 
TU. Schanghai, 11. Okt. Wie aus Schanghai- 
kwan gemeldet wird, haben die japanischen 
Truppen am Montag zum ersten Male einen 
Gasangriff gegen die chinesischen Freischärler 
unternommen, die mehrfach versuchten, die 
Stadt Charbin zu stürmen. Die Freischärler, 
die mit Gasmasken ausgerüstet sind, sollen 
wichtige Stellungen erobert haben und dem 
nächst einen großen Angriff auf Mnkden pla 
nen. 
Wie das japanische Oberkommando mitteilt, 
haben dei chinesischen Freischärler die japani 
schen Truppen bei Kintschan angegriffen. Den 
Japanern sei es nach schwerem Kampf gelun 
gen, die Chinesen in die Flucht zu schlagen. In 
der Schlacht seien 340 Chinesen getötet worden. 
Ueber Mnkden, wo man die Entscheidungs 
schlacht erwartet, ist der Belagerungszustand 
verhängt. Japanische Flieger kreuzen über der 
Stadt. 
Die modernsten Schiffe der britischen Hei 
matflotte manövrieren in der nördlichen 
Nordsee. 
In H a l b e r st a d t hat die Reichstagung der 
im Jungdeutschen Orden organisierten Frauen 
stattgefunden. 2800 Vertreterinnen sind zuge 
gen gewesen. In den Vortrügen wurden u. «. 
Arbeitsbeschaffung und Siedlung behandelt. 
Dänische Minderheit und Reichstagswahl 
Die dänische Minderheit will sich an der 
kommenden Neichstagswahl beteiligen, und 
zwar genau so wie bei der letzten Wahl unter 
Aufstellung der gleichen Kandidatenliste. 
Straße lagen. Es kam zu regelrechten Masien- 
angriffen aus die Polizei, an denen sich auch 
Frauen beteiligten. Ein Schutzmann wurde 
von 6 bewaffneten Unruhestiftern angehalten 
und seiner Waffen und der Munition beraubt. 
An einigen Stellen hoben die Arbeitslosen 
Schützengräben ans, in denen sie sich verschanz 
ten. Schließlich mußte der ganze Straßenbahn- 
und Autobusverkehr eingestellt werden. Nach 
Einbruch der Dunkelheit zogen mehrere Poli 
zeikolonnen mit aufgepflanztem Bajonett im 
Scheinwerfcrlicht durch die Straßen und trie 
ben die Ansammlungen auseinander. Sie wur 
den aus mehreren Häusern beschossen, wobei 
einige Polizisten verwundet wurden. Zur Lö 
schung der von den Arbeitslosen angelegten 
Brände mußte die gesamte Feuerwehr aufge 
boten werden. Erst in den Morgenstunden des 
Mittwochs konnte die Ruhe wiederhergestellt 
werden. 
WàW WM MB. 
1 Toter, viele Verletzte. 
TU. London, 12. Okt. (Eig. Funkmeldung.) 
In Belfast kam es in der Nacht zum Mitt 
woch trotz umfassender Vorsichtsmaßnahmen 
der Polizei zu schweren Arbeitslosenunruhen. 
Bei den Zusammenstößen zwischen der Polizei 
und Arbeitslosen wurde ein Mann durch eine 
Kugel getötet, und über 60 wurden, teilweise 
schwer, verwundet. Zwei von Kugeln getroffe 
ne Unruhestifter liegen im Sterben. 36 Ar 
beitslose, darunter ein kommunistischer Rä 
delsführer, wurden verhaftet. 
2000 Polizisten standen etwa 16 000 teilweise 
mit Schußwaffen ausgerüsteten Arbeitslosen 
gegenüber. Diese griffen die Polizei überall 
mit Steinen, Flaschen und anderen Wurfge 
schossen an, schossen nach Einbruch der Dunkel 
heit scharf aus den Fenstern, errichteten 
Barrikaden auf den Straßen, plünderten Ge 
schäfte, hielten den gesamten Verkehr auf und 
legten Feuer an. Die Polizei durchfuhr die 
Straßen dauernd mit Panzer- und Maschi 
nengewehrwagen. Teilweise führte sie ans Wa 
gen eiserne Käfige mit sich, in die die Verhaf 
teten eingesperrt wurden. Um 23 Uhr trat eine 
Verordnung in Kraft, wonach kein Einwohner 
mehr ohne besondere Erlaubnis seine Woh 
nung verlassen durfte. 
Die ersten Schüsse, so wird ergänzend ge 
meldet, wurden Dienstagabend von Arbeits 
losen abgefeuert. Später setzten sie Wachthäu- 
ser in Brand. Zum Varrikadenban wurden 
Wasserrohre benutzt, die zum Einbau auf der 
Mi Vah! m Hsu-Bditeü. 
Nach den jetzt vorliegenden amtlichen Er 
gebnissen der Gemeindewahlen marschiert in 
Eupen die deutsche Liste an der Spitze. Der 
Nene Gemeinderat zählt 8 Mitglieder der Hei 
matpartei (3299 Stimmen), 2 Sozialisten (1276 
Stimmen), 2 katholische Unionisten (1421 Stim 
men) und einen Mrttelstänöler (860 Stimmen). 
Von den übrigen acht Gemeinden des Kreises 
Eugen erhielten sämtliche Gemeinderäte abso 
lute deutsche Mehrheiten, bis auf Aen-MorcS- 
net, wo es den Belgiern gelang, 4 Sitze von 
insgesamt 7 zu erzielen. 
In der Stadt Malmcdy erhielten die Sozia 
listen 8 Sitze, die übrigen 3 fielen der Katho 
lischen Union zu. In Beveroe, einer kleinen 
Gemeinde bei Malmedy, errang die Liste des 
Führers des Deutschtums, Dehottay, 3 Sitze 
von 7. 
Der Kanton Sankt With errang in sämtli 
chen elf Gemeinden deutsche Mehrheiten. 
tragen Bleyle. Bleyte- 
Kleidung ist seit jeher 
die ideale Kinderklei 
dung. Reinwollen, porös, 
elastisch, gibt sie dem 
Kind volle Bewegungs 
freiheit. Sie schützt vor 
Erkältung, ist leicht in 
stand zu halten und kann 
fast unsichtbar repariert 
und verlängert werden. 
Belfast ist Irlands größte Stadt und 
bedeutender Industrie- und Handelsplatz 
(Baumwollweberei, Werften usw.). Jetzt ist 
die Stadt von der Wirtschaftskrise schwer ge 
troster:. 
îMbà. 
Eine für Mittwochabend angesetzte Kundgebung der 
lltSDAP. im Berliner Sportpalast, in der neben Dr. 
Goebbels der Präsident des Preußischen Land 
tages, K e r r l, sprechen sollte, ist vom Berliner Poli- 
îeipräsidenten verboten worden. Das Verbot wird da 
mit b e g rü n d e t, daß von nationalsozialistischer 
Seite in ber letzten Zeit seit Beginn des Wahlkamp 
fs zahlreiche Versammlungen politisch Andersdenken- 
Jm utemņm Zeiîm. 
Für die Reichstagswahl am 6. Novem 
ber rechnet man mit 45 Millionen Wahlberech 
tigten. 
* 
In Dänemark gibt es zur Zeit einen 
großen Ueberflutz an theologischen Kandidaten. 
Bischof Amunösen in Hadersleben bezeichnete 
Größte Auswahl in For 
men und Farben für das 
Alter von1 bis 16 Jahren. 
Rendsburg. 
„Es gibt eigene Dinge, die unser Innenleben be- 
hèrrschen und sich nur schwer older gar nicht ergrün 
den lassen. Ich meine, wenn Ihnen das alte Schloß 
lieb ist, sollten Sie sich an dem seltsamen Gebaren 
der Leute nicht stoßen. Wenn Sie aufhören werden, 
hinter verschlossenen Fensterläden geheimnisvoll zu 
Hansen, wenn Sie sich ruhig und frei unter den 
Menschen und in der Nachbarschaft bewegen, wer 
den die Leute gewiß bald chre Scheu von selbst ver 
lieren und einsehen lernen, daß das Erlenschloß 
keine Geister beherbergt. Ich will natürlich als 
Pfarrer mein möglichstes tun, um in dieser Be 
ziehung Aufklärung bei unseren Bauern zu er 
wirken." 
Graf Waldau streckte unwillkürlich Wigbert Rut- 
hard die Hand entgegen. 
„Ich danke Ihnen, Herr Pfarrer. Nicht, daß ich 
nun durchaus Ihren Rat befolgen werde, denn die 
Menschen haben mir nichts zu geben. Aber ich will 
wenigstens versuchen, das Geheimnisvolle, das ganz 
gegen meinen Willen über mich gekommen ist, so 
viel als möglich abzustreifen. Können Sie mir sa 
gen, was sich denn eigentlich Schlimmes im Erlen- 
schloß zugetragen? Der Zufall, daß mal ein kleiner 
Junge vom Erlenschloß in den Bach fiel und er 
trank, kann doch nicht allein die Ursache der Furcht 
der Rinkeroder sein " 
Der Pfarrer schüttelte den Kopf und antwortete 
nachdenklich: 
„Es war lange vor meiner Zeit. Ich bin jetzt 
fünfzig Jahre alt und ein Rinkeroder Kind. Meine 
Wiege stand hier. Mein Vater war auch Pfarrer 
in Rinkerode. Er erzählte mir, daß vor vielen, vie 
len Jahren das alte Schloß herzogliches Besitztum 
gewesen. Selten bewohnt, zog vor nahezu hundert 
Jahren eine schöne Frau dort ein. Es war die Ge 
mahlin des jungen Erbprinzen, mit der er heimlich 
getraut war, weil ihre Unebenbürtigkeit die An 
erkennung der Ehe verhinderte. Der Erbprinz kam 
oft und besuchte seine Gemahlin, bis dann plötzlich 
die Besuche aufhörten. Die Rinkeroder wollten nun 
jede Nacht Klagen und Weinen den ganzen Erlen- 
bach entlang vernommen haben, das aus dem 
Schlöffe kam. Eines Tages war der fürstliche Hof- 
marschall gekommen und' hatte der jungen Frau er 
öffnet, daß ihre Ehe auf herzoglichem Befehl gelöst 
sei, daß man ihr und dem Kinde jedoch das Erlen- 
schloß nebst einer auskömmlichen Apanage belassen 
wollte. 
.._; ; ; (Fortsetzung folgt.). ;< 
„Mein bester Herr Graf", sagte er mit Würde, 
„Sie fragen mehr als ich weiß. Jedenfalls glaube 
ich nicht, daß die Feindschaft der Rinkeroder sich ge- 
gen Sie richtet, sondern einfach gegen das Erlen 
schloß." 
„Was ist es mit dem Schloß?" fragte der Graf, 
dicht vor dem Pfarrer stehen bleibend. 
Einen Augenblick kämpfte der Pfarrer mit sich, 
dann sagte er ruhig: 
„Das Erlenschloß ist verrufen in der Gegend. Ab- 
gesehen davon, daß die Rinkeroder glauben, es gehe 
des Nachts heimlich im Schlöffe um, glauben sie 
auch, es könne nichts Gutes aus dem Schlöffe kom 
men und jedem, 'der sich ihm nahe, bringe es Leid. 
Als vor mehr als zehn Jahren der Erbe vom Son 
nenhof, der aus kindischer Neugier an der Mauer 
des Schlosses emporkletterte, in den Erlenbach fiel 
und ertrank, verfluchten die Rinkeroder Bauern 
das Schloß, denn der blonde Knabe wurde von 
allen vergöttert, und jeder Rinkeroder macht um 
das Schloß einen weiten Bogen. Trotzdem will man 
wissen, daß oft heimlich des Nachts eine weiße Ge 
stalt durch die verlassenen Räume streife, als ob 
sie etwas suche. Aber wollen Sie nicht Platz be- 
behalten, Herr Graf?" 
Schwer ließ sich Reimer Waldau in seinen Ses 
sel zurückfallen. 
„So ist also, wer im Schlosse wohnt, im Dorfe 
verfemt?" 
Der Pfarrer nickte. 
„Ja, Herr Graf. Ich meine indessen, wenn Sie 
aus Verachtung vor Welt und Menschen die Ein 
samkeit suchten, kann Sie das nicht weiter beirren." 
Er saß wieder seinem Gast gegenüber und sah 
ihn aufmerksam an. 
Graf Waldaus dunkle Brauen zogen sich finster 
'Unter der Stirn zusammen. 
„Ich suchte den Frieden", murmelte er, „aber 
keinen Streit, keine Feindschaft. Ich kam —" er 
stockte — „hierher, weil mir das alte, romantische 
Schloß am Heiderand gefiel, das zufällig zun: Ver 
kauf stand. Sie werden mich auslachen, Herr Pfar 
rer, und mich für einen Phantasten halten, doch als 
ich das alte Schloß ansah, das ich niemals vorher 
gesehen, da war es mir so lieb, als hätte ich es 
schon früher einmal gekannt. Selbst die alten, ver 
blichenen Möbel kamen mir bekannt vor." 
Der Pfarrer blickte den Grafen Reimer durch 
dringend an, dann sprach er langsam: ___ 
„Ich bin hierher in die Stille und Einsamkeit der | 
Heide gekommen", fuhr der Graf stockend fort, „um 
—. da draußen die Welt mit ihrem Getriebe und die 
Menschen zu vergessen." 
Ein leichtes, überlegenes Lächeln huschte um des 
Pfarrers bartlose Lippen. Leise strich er sich mit der 
sch'malen Hand das lichtbraune, schlecht gescheitelte 
Haar, das nur einzelne Silberfäden zeigte, aus der 
hohen Stirn und fragte: 
„Kann das überhaupt ein Weltkind?" 
„Sie halten mich also dafür?" 
„Ja, Herr Graf, wenn ich offen sein soll, so glau 
be ich, 'daß Ihre Weltflucht nur von kurzer Dauer 
sein wird." 
Eine flammende Röte lief über das blaffe Gesicht 
des Grafen. Etwas in ihm empörte sich über die 
Ueberlegenheit des Pfarrers. 
„Lassen wir das dahingestellt", gab er hochmütig 
.Ich kam auch eigentlich nicht, um Ihnen 
Dir Soņņeņjîmgşe«. 
Ein Roman von der roten Erde. 
Bon Anny Wothe. 
1) (Nachdruck verboten.) 
, „Urväterhausrat", dachte er, sich in dem großen 
Ģemack) mit den altmodischen, dunklen Möbeln, mit 
ulten Familienbildern und wertvollen Stahlstichen 
süchtig umsehend. Ein müdes Lächeln glitt dabei 
Um seine Lippen, als er sah, wie die Sonne durch 
ras breite, mit Blumen besetzte Fenster ins Zim 
mer schien und gleich'sam einen Goldglanz über die 
Een Möbel und den Riesenkachelofen mit den 
frommen Sprüchen warf, dessen Ofenbank Kissen 
mit kunstvollen Stickereien schmückten. 
Graf Waldau war so versunken in den Anblick 
seltsam anheimelnden Studierstube, daß er ganz 
dag Oeffnen der Tür überhörte und nun erschreckt 
aufsprang, als der Pfarrer ihm plötzlich gegenüber 
stand. 
„Verzeihen Sie, Herr Pfarrer, ich war so in 
Gedanken." 
Pfarrer Wigbert Ruthard winkte ihm beschwich- 
^'gend und mit der Hand auf den Sessel deutend, 
mgte er mit einer weichen und überaus wohlklin- 
L^nden Stimme: 
* „Bitte, behalten Sie Platz, Herr Graf. Womit 
^unn ich Ihnen dienen? Meine Tochter sagte mir. 
Sie in einer rein geschäftlichen Angelegenheit 
kamen." 
gĢraf Waldau hatte eine peinigende Empfindung. 
arum hatte er sich auch so ungenau zu dem jun- 
°un Mädchen ausgedrückt, daß er nicht kam, einen 
»ufellichaftlichen Besuch zu machen. Die Feststellung, 
"kß er die einfachste Pflicht der Höflichkeit umgehen 
Zollte, war ihm peinlich. 
„Ich bin in einer sehr unangenehmen Lage, Herr 
ļ^rer. Ich weiß nicht, ob es Ihnen bekannt ist, 
fn. drüben das alte Erlenschloß, nachdem es 
leinen Besitzer gewechselt, gekauft habe?" 
dürrer nickte leicht. Ein grübelnder Aus- 
I àat in seine lichtbraunen Augen. Forschend 
T eien sich feine Augen auf den Grafen, doch er 
mortete nicht und wartete. 
Reimer von Waldau biß sich leicht auf die 
und dachte: 
macht es dir dieser Pfarrer nicht. Die 
scheint von seiner Art." 
zurück. 
das zu erzählen, sondern um Sie zu fragen — Sie 
als Pfarrer müssen doch Ihre Gemeinde kennen — 
weshalb mir ganz Rinkerode feindlich gegenüber 
steht." 
Einen Augenblick war es, als senke Pfarrer Rut- 
hard verlegen sein Haupt, doch ehe der Pfarrer 
etwas entgegnen konnte, fuhr der Graf fast heftig 
fort: 
„Ich lebe jetzt zwei Monate im Erlenschloffe, und 
da ich noch keinem Menschen begegnet bin und heute 
zum erstenmal überhaupt Leute hier aus der Um 
gebung gesprochen habe, kann ich auch niemand be 
leidigt haben. Wie kommt es nun, daß die Rinke- 
roder zuerst nur widerwillig meinem Diener die für 
uns nötigen Nahrungsmittel verkauften und sich 
nun überhaupt weigern, es zu tun? Ich bin heute 
selbst auf dem Habichtshof gewesen und ich muß 
gestehen, es ist mir auch da schwer geworden, die 
Zusicherung zu erhalten, daß man uns im Erlen 
schloß nicht Hungers sterben läßt. Wollen Sie mir 
nicht Aufklärung geben, warum man mich hier wie 
einen Verbrecher behandelt?" 
Waldau war aufgesprungen. Etwas Herrisches, 
Königliches lag in der Erscheinung des Grafen, der, 
kaum dreißig Jahre zählend, schon in seinem Antlitz 
die Spuren tiefer Leiden trug. 
Der Pfarrer hatte sich ebenfalls von feinem 
Schreibtisch erhoben. Auch er hatte eine große und 
schlanke Gestalt und seine Augen gaben den her 
ausfordernden Blick des Grafen ernst und gelassen 
Zurück. ........
	        
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