gnrCif. — DaS Dorf ttmröe von Ser Welt ver
gessen. Das Dreigestirn regierte auf eigene
Faust, und da man klug und vorsichtig war,
şo gelang es, im Laufe der nächsten Jahre
wirklich Wertvolles zu leisten. Man arbeitete
ungefähr nach den von Petersburg gegebenen
Richtlinien — schon um sich für alle Fälle den
Rücken zu decken. Im übrigen ließ man sich
völlig freie Hand, die notwendigen Konferen
zen ohne Ueberstürzung und in geschickter An
passung an die gegebenen Verhältnisse durch
zuführen.
Die Nachbarn aus Gusicha sahen mit Neid
auf diese Entwicklung. Es war ihnen in dieser
Zeit ^ nicht gelungen, einen arbeitsfähigen
Sowjet zusammenzubringen. Alles scheiterte
an gegenseitigem Haß, Mißtrauen und Zwie
tracht.
Da faßten sie schließlich einen abenteuerlichen
Plan. In einer dunklen Winternacht drangen
sie in. die Hütte der Oesterreicher und forder
ten sie auf, mitzugehen. Es waren mindestens
dreißig Mann. Trotzdem weigerte sich Sinz-
heimer energisch. Er wußte wohl warum. Aber
man fesselte alle drei, lud sie mit sanfter Ge
walt auf einen Schlitten und fuhr mit ihnen
davon, ehrfürchtig, aber energisch.
Große Ueberraschung am andern Morgen in
Tojma.
(Schluß folgt.)
Leuchtende Wegweiser für den Flugzeug-
verkehr Hamburg—Kopenhagen.
Dem dänischen Reichstag ist eine Vorlage
zugegangen, in der Mittel gefordert werden
für die Anlage von Leuchtfeuern, welche den
Weg kennzeichnen sollen für die Postflug-
zeuge, die nachts auf der Linie Hamburg-
Kopenhagen verkehren. Selbstverständlich be
zieht sich die Vorlage nur auf den dänischen
Teil der Verkehrslinie, die Strecke von Kopen
hagen bis Rööby auf Lolland. Vorgesehen sind
insgesamt neun Leuchtfeuer, von denen be
reits vier in Betrieb genommen worden sind.
Zur Begründung der Vorlage wird ange
führt, daß der Nachtverkehr auf der Strecke
Hamburg—Kopenhagen im letzten Sommer
stetig zugenommen hat und daß die Ausdeh
nung der nächtlichen Postflüge auf das ganze
Jahr geplant wird.
Kinderraub fördert Hundezucht.
Ein einziger Mann hat es verstanden, aus
der traurigen Lindbergh-Asfäre, die der ame
rikanischen Presse soviel Sensationsstoff gelie
fert hat, Vorteil zu ziehen. Es ist das ein
gewisser John Bohrer, der in Allentown eine
Zucht dänischer Doggen beschäftigt, die beson
ders hoch im Preise stehen. Nun sind die Ver
treter dieser Hunderasse mit Recht als die
besten Kinderwächter geschätzt. Die Dogge ver
teidigt erfahrungsgemäß ein ihr anvertrautes
Kind mit Unerschrockenheit gegen jeden, der
den Versuch macht, sich dem ihr anvertrauten
Schützling zu nähern. Trotz seiner Wildheit
und seiner ungewöhnlichen Körperkraft lehnt
der Schutzhund sich aber in keinem Fall gegen
seinen kleinen Herrn auf, läßt sich im Gcgen-
’ teil von ihm alles gefallen. Daraus erklärt sich
auch, daß die Nachfrage nach dänischen Doggen
angesichts des Falles Lindbergh in den Ver
einigten Staaten besonders stark ist. So hat
Bohrer in wenigen Monaten mehr als 800
dänische Doggen zu hohen Preisen an den
Mann bringen können. Hat doch der Züchter
von Allentown für ein besonders schönes
Exemplar nach Newyorker Blättermeldungen
die hübsche Summe von 16 000 Dollars er
halten.
Arabien für und gegen Tchallplatten.
Der Imam des arabischen Staates Jemen
hat kürzlich verfügt, daß in seinem Reich fort
an keine Grammophonplatte mehr gespielt
werden darf. Der Imam sieht in dem Gram
mophon ein Erzeugnis der weibischen Zivili
sation des Westens, die er seinem Lande fern
hält enwill. Aber mit seinem Bannfluch gegen
das Grammophon steht er unter seinen stamm
verwandten arabischen Kollegen allein. Von
den Bergen des Atlas bis zu den entlegensten
Teilen Arabiens bildet das Grammophon
einen wichtigen Ausrüstungsgegenstand der
meisten Karawanen ebenso wie in den Kastel
len der Scheichs. Deshalb hat auch die ara
bische Schallplattenindustrie einen solchen Auf
schwung genommen. Liebeslieder, die europäi
schen Ohren wie Trauergesänge klingen, sind
besonders beliebt. Der Fremde, der einen ara
bischen Scheich in seinem mittelalterlichen
Schloß besucht, bemerkt mit Staunen, wie der
mächtige Chef, der nur in die Hände zu klat
schen braucht, um vom Hofe eine erlesene
Schar von Tänzerinnen und Sängerinnen her
beizurufen, sich mit dem Surrogar musikali
scher Konserven bescheidet, das seine künst
lerischen Bedürfnisse vollauf befriedigt.
Die Verfestigung von Benzin gelungen?
Ein Mittel, das Benzin und andere Kohlen
wasserstoffe in den festen Aggregatzustand
überzuführen, will neuerdings der amerikani
sche Chemiker Adolph A. Prussin entdeckt ha
ben. Es soll ein recht einfaches Verfahren sein,
das der Gelehrte angeblich durch Zufall ge
funden hat und worauf bereits im Januar
1932 ein Patent erteilt worden ist. Die Ver
festigung erfolgt in der Weise, daß dem sie
denden Kohlenwasserstoff bestimmte Chemika
lien zugesetzt werden, die man ihm aber wie
der entzieht, und zwar noch vor der Beendi
gung des Verfahrens. Die charakteristischen
Eigenschaften des Ausgangsmaterials bleiben
— wie die „Chemiker - Zeitung" nach einem
kürzlichen Vortrag von Adolph A. Prussin vor
einer großen Zahl von Fachleuten aus der
Wissenschaft und Industrie im Berliner Jn-
genieurhaus berichtet — völlig unverändert
mit Ausnahme des Dampfdrucks. Nach Mittei-
lung des Erfinders ist es möglich, verschiedene
Härtegrade zu erzielen, und wenn der ver
festigte Kohlenwasserstoff erwärmt wird,
schmilzt er nicht erst, sondern geht gleich in
den gasförmigen Zustand über. In Heiz- und
Kochapparaten konnten bei der Verwendung
des neuen Brennstoffs außerordentlich hohe
Hitzegrade erziel werden. Doch soll die beson
dere Bedeutung der Erfindung auf einem an
deren Gebiet liegen. Man hat das verfestigte
Benzin nämlich zum Betrieb von Flugzeug-
und Luftschiffmotoren verwandt. Der besondere
Vorteil besteht hier darin, daß der neue
Brennstof eine erheblich erhöhte Sicherheit ge
währt,' Verluste, wie sie sonst bei der Undich
tigkeit des Tanks eintreten können, lassen sich
nunmehr fast völlig vermeiden. In Neuhaven,
Connecticut, ist eine Vereinigung ins Leben
gerufen worden, die sich die Auswertung des
neuen Verfahrens zum Ziel gesetzt hat. Wenn
auch über die mannigfachen Anwendungsmög
lichkeiten des verfestigten Benzins schon aller
lei gesagt wurde, so sind doch über Einzelhei
ten des Verfahrens, angeblich aus patentrecht
lichen Gründen, noch keinerlei Mitteilungen
gemacht worden, die einen näheren Ausschluß
gewähren. Es bleibt also abzuwarten, ob und
in welchem Ausmaße sich die Hoffnungen des
Chemikers verwirklichen werden.
Spielverluste — bei Steuererklärungen
abzugsfähig!
Die oberste amerikanische Steuerbehörde in
Washington hat soeben eine Entscheidung ge
troffen,^ die in der Öffentlichkeit nicht gerin
ges Aufsehen erregt hat. Eine reiche Amerika
nerin wurde ermächtigt, von ihrer Steuer
erklärung 20 000 Dollars abzusetzen, die sie
während einer Europareise beim Roulettespiel
verloren hatte. Die Steuerpflichtige hatte der
Behörde erklärt, daß sie nicht zum Vergnü
gen, sondern berufsmäßig spiele, und daß sic
eine „unfehlbare" Methode ersonnen habe, die
ihr das Recht gebe, auf einen ständigen Ge
winn zu hoffen, daß sie also nicht als Spieler
angesehen werden dürfe, sondern den Kauf
leuten gleichgeachtet werden müsse, deren Ge
schäfte gelegentlich ja auch mit Verlust zu en
den pflegten. Das Steuerbureau in Washing
ton hat sich zu allgemeiner Ueberraschung die
sem Standpunkt angeschlossen und damit fest
gestellt, daß die Personen, die nicht aus Leiden
schaft spielen, von diesem Entgegenkommen
ebenfalls Gebrauch machen können.
Ern Prozeß nm Napoleons Flotte.
Die Erfolge, die kürzlich bei der Bergung
der mit dem Dampfer „Egypt" s. Zt. ver
sunkenen Millionen erzielt wurden, haben
anderen kühnen Unternehmern offenbar Mut
gemacht. Man trägt sich nämlich mit dem Ge
danken, die in der Schlacht von Abukir am
1. August 1798 von Nelson versenkte Flotte
Napoleons zu heben oder doch wenigstens die
mitihr untergegangenen unendlich reichen
Schätze aller Art zu bergen. Ehe es dazu
kommt, wird allerdings erst ein langwieriger
Prozeß geen die ägyptische Regierung ent
schieden werden müssen. Diese hat nämlich
einem Unternehmer in Kairo vor einiger Zeit
eine Konzession für die erforderlichen Ber
gungsarbeiten erteilt, sie dann aber kürzlich
wieder zurückgezogen, weil ein anderer mit
besseren Beziehungen sich gleichfalls um die
Gewinn versprechenden Arbeiten bewarb.
Worauf der erste eine Schadensersatzforderung
von einstweilen einer Million Mark anhän
gig gemacht hat. Der Prozeß scheint der Re
gierung jedoch wenig Sorge zu machen,- sie
Drr Sonnrnjungfre.
Ein Roman von der roten Erde.
' Von Anny Wothe.
'i) (Nachdruck verboten.)
„Sind Sie auch Jäger?" fragte Helmgard, ihres
Begleiters Iagdanzug streifend.
„Ja, doch augenblicklich ohne Waffen, mein Fräu
lein, nur dieser gute Stock ist mein eigen."
Wie eigentümlich der Mensch war.
Helmgard lief jetzt ein Schauer über den Rücken.
Wenn der Mann sie nun mit seinem derben
Stock, den er in der Hand trug, erschlug?
Es war doch unvorsichtig gewesen, mit einem
Fremden über die Heide zu gehen.
Der schlanke Mann an ihrer Seite mochte Helm
gards Gedanken ahnen, denn ein wenig bitter klang
feine Stimme, als er sprach:
„Es ist keine Waffe sür einen, dem man all seine
Götter erschlug. Das Schwert allein gehört in
Manneshand. Ich führe es nicht mehr."
Helmgard erschrak und blickte ängstlich zu ihrem
Begleiter auf. War der Mann wahnsinnig?
„Sie sind hier gewiß fremd in der Gegend",
forschte sie.
„Ganz fremd", erwiderte er.
Eine Weile war tiefes Schweigen zwischen den
beiden.
Des Morgens hinströmendes Gold tanzte über
die rosenroten Glöckchen der Heide. Wie ein ver
lorenes Glück klang eiü fernes Lied. Hier und da
stand eine schlanke Birke im Sonnenglanz mit
ihrem weißen Silberschoft und wiegte ihre grünen
Schleier im kühlen Winde und Helmgard dachte:
„Wie ein Märchen ist heute die Heide." Dem
Mann aber, der neben ihr schritt, war es, als
schritte ein fonniger Traum ihm zur Seite, wenn
er auf Helmgards goldfkimmerndes Köpfchen
schaute. Und doch sah er daneben immer einen dunk
len Schatten, der mit dem holden Sonnenkinde ging
und das Herz wurde ihm schwer und trübte seine
dunklen Augen, die von Leiden sprachen. —
„Jetzt sind wir gleich da", nahm Helmgard das
Gespräch wieder auf, „dort drüben ist der Ha-
bjchtshof."
Sie schob di« Setzlilien, die nun voll erblüht
waren, fester unter den Rand der Goldkappe und
wußte nicht, wie süß und märchenhaft sie mit dem
Schmuck über den kleinen Ohren aussq
Immer finsterer wurde des Fremden Antlitz.
Wollte ihn das Leben wieder narren?
„Eie kennen den Besitzer des Habichtshofes? Ist
er ein umgänglicher Mann?" fragte er.
Helmgard lachte.
„Harms Orre? Eigensinnig und knorrig ist er,
wie alle Westfalen. Er weiß, was er will, und tut,
was er für recht hält."
Sie ftanden vor dem großen Teich hinter dem
der von Eichen festumfriedete stattliche Bauernhof
lag. Ein alter Ziehbrunnen ragte malerisch in die
blaue Lust. Vom bunten Giebel nickten nach altem
Brauch in Holz geschnitzte Pferdeköpfe. Das mit
Stroh gedeckte Dach schimmerte wie Silber in der
Sonne. —
Gerade, als Helmgard der Seitentür des Hauses
zuschreiten wollte, öffnete sich diese und eine alte
Frau in der westfälischen Bauernira-At, das eis
graue Haar halb unter der enganliegenden schwar
zen Kappe verborgen, legte die Hand beschattend
über die Augen und sah dem näherkommenden
Paar forschend entgegen.
„Tausend, das ist ja die Sonnenjungfer!" rief
sie ins Haus hinein, „Kinder, die Sonnenjungfer
ist da."
Helmgards Begleiter sah aufleuchtend in Helm-
gavds Gesicht und er lächelte, als Helmgard tief er
rötend der Allen entgegenlief, ohne- ihn weiter zu
beachten.
„Die Sonnenjungfer, die Sonnenjungfer", lärm
ten ein paar Flochsköpfe, und. ein Junge und ein
Mädel hängten sich an Helmgards Kleider und
hätten sic umgerissen, wenn Großmutter Elke ihnen
nicht Einhalt geboten hätte.
„Hast du uns was mitgebracht?" forschten die
Kinder leise.
Helmgard nickte ihnen fröhlich zu, die alte Elke
aber schob die Enkel schnell in die Küche hinein.
Mißtrauisch streifte der Blick ihrer großen, grauen
Augen den Fremden.
„Was will der Mann, Sonnenkind?" stagte sie
unwirsch.
„Ich weiß es nicht, Großmutter", antwortete
Helmgard, „ich zeigte ihm den Weg zu eurem Hof.
Er will Harms Oerre sprechen."
„So kommt herein, Herr."
Der Fremde mußte sich tief bücken, als er, den
Hut abnehmend, durcf die niedere Tür in die
Wohnküche trat.
Dieser mächtige Raum, in dem sich fast dos ganze
Familienleben der westfälischen Bauern abspielt,
überlegt inzwischen bereits, ob sie für öie vom
Grund des Meeres heraufzuholenden Kunst-
schätze und sonstigen Wertgegenstände zur Auf
füllung der Staatskasse einen Zoll erheben
soll oder nicht. Man scheint demnach in Kairo
trotz den ungeheuren Schwierigkeiten des Er
folges recht sicher zu sein. Ob die Zuversicht
gerechtfertigt ist, wird sich erst noch zeigen
müssen.
Napoleons letzte Großnichte gestorben.
Im Alter von 90 Jahren ist soeben in dem
italienischen Städtchen Fano die Gräfin For
tunata Bracci gestorben. Sie war eine gebo
rene Balentini di Laviano und Tochrer der
Prinzessin Maria Bonaparte, der jüngsten
Tochter von Napoleons Bruder Lucian, den
der Papst nach der Abdankung des kaiserlichen
Bruders zum Fürsten von Canino ernannt
hatte. Die Verstorbene war die letzte über
lebende Großnichte Napoleons. Geboren in
Canino, lebte sie lange in Paris am Hofe
Napoleons III. und heiratete im Jahre 1867
den Grafen Giulino Bracci von Fano, der sich
als Gelehrter einen Namen gemacht hatte.
Fischwäffer sollen rund sein!
Bei der Anlage künstlicher Fischwässer sollte im
mer runden Teichen vor den rechteckigen der Vor
zug gegeben werden. Die Fische fühlen sich in rund
angelegten Gewässern viel wohler und bleiben auch
gesünder als in viereckigen, weil das Wasser in
runden Teichen besser zirkulieren kann, und weil
sich die Fische, falls das Wasser stark besetzt ist, im
runden Wasser besser im Raum verteilen. Zugleich
ist es im runden Teich auch nicht möglich, daß sich
die Fische, was sie gewöhnlich tun, in den Ecken
zusammendrängen.
Die „Komische Oper" sott wieder
komisch werden.
Louis Masson, der Direktor der Pariser
Opera Eomique, hat dem Minister der Schönen
Künste seine Demission eingereicht. Ter Mini-
cher, der das Abschiedsgesuch genehmigte, er
klärte bei dieser Gelegenheit: „Seit geraumer
Zeit schon ist die Lage der Opera Eomique
infolge der ständigen Rückgänge der Einnah
men kritisch geworden. Im Jahre 1931
schwankt, mit Ausnahme der Monate August
und September, das durchschnittliche monat
liche Kassendefizit zwischen 180 000 und 330 000
Francs. An manchen Abenden betrugen die
Kasseneinnahmen nur 4 bis 5000 Francs, wäh
rend die täglichen Ausgaben zwischen 20 000
und 25 000 Francs schwankten. Da die Statts
subventionen von 2 800 000 Franken nicht wei
ter erhöht werden kann, ergibt sich die unab
weisbare Notwendigkeit einer Umorganisa
tion, die es möglich macht, die Kasseneinnah
men zu erhöhen und gleichzeitig die Ausgaben
zu vermindern. Für die Erhöhung der Ein
nahmen steht nur ein einziger Weg offen: die
„Komische Oper" wird eben auf den Ehrgeiz
verzichten müssen, mit der Großen Oper in
Wettbewerb zu treten. Es ist eine unbedingte
Notwendigkeit, daß sie wieder zu der Tradi
tion der Aufführung leichter und heiterer
Werke zurückkehrt. Es wird ihr dadurch mög
lich sein, bessere Operetten in einem würdigen
Stil aufzuführen, Operetten, die manchmal
mehr Musik enthalten als viele sog. „Opern".
wurde in der Mitte durch das Herdfeuer, das nie
verlöschte, beherrscht.
„Nehmt Platz, Herr", sagte Elke, auf einen
Strohsessel deutend, den sie vorher mit ihrer
Schürze sauber abgewischt. „Mein Sohn ist augen
blicklich auf der Tenne", — sie deutete auf eine
breite, verglaste Tür, die den Wohnraum von der
Tenne, auch Decke genannt, trennte. „Er wird
bald hier sein."
Dann nötigte Elke Helmgard auf die sogenannte
Räkelbank an der Seite des Herdes. Elkes Ehren
platz, den sie sonst keinem Menschen einräumte.
Die Kinder umdrängten Helmgard und bald hielt
der Junge eine Bilderfibel und das Mädchen ein
Avbeitskäftchen mit bunten Wollfäden und blanken
Stickperlen im Arm. Wie schön das war! Für die
alte Elke kam ein Fläschchen Wein und köstliches,
eingemachtes Obst zum Borschein.
„Weil du es doch so gern magst, Elke", erklärte
Helmgard.
Die Alle küßte dankbar die Hand des jungen
Mädchens.
„Wie lieb du immer an die alle Elke denkst",
sagte sie zärtlich.
Der Fremde schien ungeduldig zu werden. Biel-
leicht auch, weil er für Helmgard gar nicht mehr
vorhanden war.
Er sprang hastig von seinem Strohsessel auf.
Etwas Gebietendes, Hoheitsvolles lag in seiner Er
scheinung, als er kurz zu Elke sprach:
„Erlaubt, daß ich euren Sohn auf der Tenne
aussuche. Ich habe Eile."
Und ohne eine Antwort abzuwarten, verneigte er
sich leicht vor Helmgard und schrill der Tür, die
nach der Diele führte, zu.
Verblüfft sah ihm die Alte nach.
„Das ist aber ein Herrischer, Sonnenkind", sagte
sie, „den du mitgebracht."
Helmgard nickte, streichelte die Kinder und schickte
sie dann hinaus. Mutter Elke aber ließ den Kell-
ler (Kesselhaken) hernieder, füllte den Kessel mit
frischer Milch und fauchte das Duskenfeuer mit
einem Blasebalg kräftig an.
„Bald erhälst du einen frischen Trunk, mein
Herzchen", tröstete sie und sah Helmgard liebevoll
an. „Alle Tage wirst du schöner, Kind, aber nimm
dich vor den Mannsleuten in acht. Es will nicht
taugen, mit ihnen schön zu tun."
„Sei ohne Sorge, Elke, ich habe nicht viel für die
Herren der Schöpfung übrig."
„Und liest sie sogar von der Straße auf",- grollte
die Alte.
„Die Straße ist doch für alle, Großmutter."
Die Alte schlürfte um den Herd herirm und setzte
sich auf den Platz des Hausherrn, Helmgard ge
genüber.
„Run erzähle, Kind", ermunterte sie. „Irgend
etwas hast du doch auf dem Herzen, ich sehe es dir
an. Also rede schnell, ehe der Fremde wieder
kommt."
Helmgard nahm die Goldkappe ab. Die Seelilien
steckte sie an ihr Mieder. Dann hob sie das glühende
Antlitz und sah unschlüssig in den Rauchfang über
sich, wo Fleisch, Schinken, Speck und Würste zum
Räuchern aufgehängt waren. Von dem Rahmen
des Rauchfanges blinkte blankes Zinn- und Kupfer
geschirr, das wegen seiner altmodischen Formen
immer Helingards Entzücken gewesen. Doch heute
suchte ihr Blick nicht die blanken Geräte. Ihre
Augen blickten leer in die geschwärzte Rauchfang
höhle.
„Ich möchte dich etwas fragen. Elke", sagte das
blonde Mädchen endlich schüchtern.
Die scharfen, grauen Augen der* Alten ruhten
forschend auf dem jungen Gesicht.
„Sind Mannsleut im Spiel?"
Helmgard schüttelte den blonden Kopf und
sprang auf, die goldene Kappe verlegen in der
Hand schwingend.
„Rein, Elke, du sollst nur sagen, wie es kam,
daß mein Vater mein gutes Mütterlein, das er so
sehr geliebt hot, vergaß und kaum ein Jahr nach
ihrem Tode die Prinzessin nahm."
Elke strich sich gedankenvoll das graue Haar aus
der Stirn und dann sagt« sie, die harte Hand un
sicher über die knisternde Seidenschürze gleiten
lassend:
„Das weiß ich nicht, Sonnenjungferchen. Die
Prinzessin hat drüben im Erlenschloß gewohnt, da
hat dein Vater sie wohl kennen gelernt und sie .
haben sich eben geheiratet."
„Aber, Elke, so einfach ist das nicht, wenn man
eine Prinzessin steit. Da gibt es doch viele Leute,
die Einspruch erheben und daun — weißt du — ist
es nicht merkwürdig, daß man gar nicht weiß, was
für eine Prinzessin Mama eigentlich ist. Alles ist
mit so einem tiefen Geheimnis umgeben."
lI-orlleyuna nil«f >
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£ie&et, JCälfie, ņeâ’ <ui ‘J-lņet,
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