Full text: Newspaper volume (1932, Bd. 4)

gnrCif. — DaS Dorf ttmröe von Ser Welt ver 
gessen. Das Dreigestirn regierte auf eigene 
Faust, und da man klug und vorsichtig war, 
şo gelang es, im Laufe der nächsten Jahre 
wirklich Wertvolles zu leisten. Man arbeitete 
ungefähr nach den von Petersburg gegebenen 
Richtlinien — schon um sich für alle Fälle den 
Rücken zu decken. Im übrigen ließ man sich 
völlig freie Hand, die notwendigen Konferen 
zen ohne Ueberstürzung und in geschickter An 
passung an die gegebenen Verhältnisse durch 
zuführen. 
Die Nachbarn aus Gusicha sahen mit Neid 
auf diese Entwicklung. Es war ihnen in dieser 
Zeit ^ nicht gelungen, einen arbeitsfähigen 
Sowjet zusammenzubringen. Alles scheiterte 
an gegenseitigem Haß, Mißtrauen und Zwie 
tracht. 
Da faßten sie schließlich einen abenteuerlichen 
Plan. In einer dunklen Winternacht drangen 
sie in. die Hütte der Oesterreicher und forder 
ten sie auf, mitzugehen. Es waren mindestens 
dreißig Mann. Trotzdem weigerte sich Sinz- 
heimer energisch. Er wußte wohl warum. Aber 
man fesselte alle drei, lud sie mit sanfter Ge 
walt auf einen Schlitten und fuhr mit ihnen 
davon, ehrfürchtig, aber energisch. 
Große Ueberraschung am andern Morgen in 
Tojma. 
(Schluß folgt.) 
Leuchtende Wegweiser für den Flugzeug- 
verkehr Hamburg—Kopenhagen. 
Dem dänischen Reichstag ist eine Vorlage 
zugegangen, in der Mittel gefordert werden 
für die Anlage von Leuchtfeuern, welche den 
Weg kennzeichnen sollen für die Postflug- 
zeuge, die nachts auf der Linie Hamburg- 
Kopenhagen verkehren. Selbstverständlich be 
zieht sich die Vorlage nur auf den dänischen 
Teil der Verkehrslinie, die Strecke von Kopen 
hagen bis Rööby auf Lolland. Vorgesehen sind 
insgesamt neun Leuchtfeuer, von denen be 
reits vier in Betrieb genommen worden sind. 
Zur Begründung der Vorlage wird ange 
führt, daß der Nachtverkehr auf der Strecke 
Hamburg—Kopenhagen im letzten Sommer 
stetig zugenommen hat und daß die Ausdeh 
nung der nächtlichen Postflüge auf das ganze 
Jahr geplant wird. 
Kinderraub fördert Hundezucht. 
Ein einziger Mann hat es verstanden, aus 
der traurigen Lindbergh-Asfäre, die der ame 
rikanischen Presse soviel Sensationsstoff gelie 
fert hat, Vorteil zu ziehen. Es ist das ein 
gewisser John Bohrer, der in Allentown eine 
Zucht dänischer Doggen beschäftigt, die beson 
ders hoch im Preise stehen. Nun sind die Ver 
treter dieser Hunderasse mit Recht als die 
besten Kinderwächter geschätzt. Die Dogge ver 
teidigt erfahrungsgemäß ein ihr anvertrautes 
Kind mit Unerschrockenheit gegen jeden, der 
den Versuch macht, sich dem ihr anvertrauten 
Schützling zu nähern. Trotz seiner Wildheit 
und seiner ungewöhnlichen Körperkraft lehnt 
der Schutzhund sich aber in keinem Fall gegen 
seinen kleinen Herrn auf, läßt sich im Gcgen- 
’ teil von ihm alles gefallen. Daraus erklärt sich 
auch, daß die Nachfrage nach dänischen Doggen 
angesichts des Falles Lindbergh in den Ver 
einigten Staaten besonders stark ist. So hat 
Bohrer in wenigen Monaten mehr als 800 
dänische Doggen zu hohen Preisen an den 
Mann bringen können. Hat doch der Züchter 
von Allentown für ein besonders schönes 
Exemplar nach Newyorker Blättermeldungen 
die hübsche Summe von 16 000 Dollars er 
halten. 
Arabien für und gegen Tchallplatten. 
Der Imam des arabischen Staates Jemen 
hat kürzlich verfügt, daß in seinem Reich fort 
an keine Grammophonplatte mehr gespielt 
werden darf. Der Imam sieht in dem Gram 
mophon ein Erzeugnis der weibischen Zivili 
sation des Westens, die er seinem Lande fern 
hält enwill. Aber mit seinem Bannfluch gegen 
das Grammophon steht er unter seinen stamm 
verwandten arabischen Kollegen allein. Von 
den Bergen des Atlas bis zu den entlegensten 
Teilen Arabiens bildet das Grammophon 
einen wichtigen Ausrüstungsgegenstand der 
meisten Karawanen ebenso wie in den Kastel 
len der Scheichs. Deshalb hat auch die ara 
bische Schallplattenindustrie einen solchen Auf 
schwung genommen. Liebeslieder, die europäi 
schen Ohren wie Trauergesänge klingen, sind 
besonders beliebt. Der Fremde, der einen ara 
bischen Scheich in seinem mittelalterlichen 
Schloß besucht, bemerkt mit Staunen, wie der 
mächtige Chef, der nur in die Hände zu klat 
schen braucht, um vom Hofe eine erlesene 
Schar von Tänzerinnen und Sängerinnen her 
beizurufen, sich mit dem Surrogar musikali 
scher Konserven bescheidet, das seine künst 
lerischen Bedürfnisse vollauf befriedigt. 
Die Verfestigung von Benzin gelungen? 
Ein Mittel, das Benzin und andere Kohlen 
wasserstoffe in den festen Aggregatzustand 
überzuführen, will neuerdings der amerikani 
sche Chemiker Adolph A. Prussin entdeckt ha 
ben. Es soll ein recht einfaches Verfahren sein, 
das der Gelehrte angeblich durch Zufall ge 
funden hat und worauf bereits im Januar 
1932 ein Patent erteilt worden ist. Die Ver 
festigung erfolgt in der Weise, daß dem sie 
denden Kohlenwasserstoff bestimmte Chemika 
lien zugesetzt werden, die man ihm aber wie 
der entzieht, und zwar noch vor der Beendi 
gung des Verfahrens. Die charakteristischen 
Eigenschaften des Ausgangsmaterials bleiben 
— wie die „Chemiker - Zeitung" nach einem 
kürzlichen Vortrag von Adolph A. Prussin vor 
einer großen Zahl von Fachleuten aus der 
Wissenschaft und Industrie im Berliner Jn- 
genieurhaus berichtet — völlig unverändert 
mit Ausnahme des Dampfdrucks. Nach Mittei- 
lung des Erfinders ist es möglich, verschiedene 
Härtegrade zu erzielen, und wenn der ver 
festigte Kohlenwasserstoff erwärmt wird, 
schmilzt er nicht erst, sondern geht gleich in 
den gasförmigen Zustand über. In Heiz- und 
Kochapparaten konnten bei der Verwendung 
des neuen Brennstoffs außerordentlich hohe 
Hitzegrade erziel werden. Doch soll die beson 
dere Bedeutung der Erfindung auf einem an 
deren Gebiet liegen. Man hat das verfestigte 
Benzin nämlich zum Betrieb von Flugzeug- 
und Luftschiffmotoren verwandt. Der besondere 
Vorteil besteht hier darin, daß der neue 
Brennstof eine erheblich erhöhte Sicherheit ge 
währt,' Verluste, wie sie sonst bei der Undich 
tigkeit des Tanks eintreten können, lassen sich 
nunmehr fast völlig vermeiden. In Neuhaven, 
Connecticut, ist eine Vereinigung ins Leben 
gerufen worden, die sich die Auswertung des 
neuen Verfahrens zum Ziel gesetzt hat. Wenn 
auch über die mannigfachen Anwendungsmög 
lichkeiten des verfestigten Benzins schon aller 
lei gesagt wurde, so sind doch über Einzelhei 
ten des Verfahrens, angeblich aus patentrecht 
lichen Gründen, noch keinerlei Mitteilungen 
gemacht worden, die einen näheren Ausschluß 
gewähren. Es bleibt also abzuwarten, ob und 
in welchem Ausmaße sich die Hoffnungen des 
Chemikers verwirklichen werden. 
Spielverluste — bei Steuererklärungen 
abzugsfähig! 
Die oberste amerikanische Steuerbehörde in 
Washington hat soeben eine Entscheidung ge 
troffen,^ die in der Öffentlichkeit nicht gerin 
ges Aufsehen erregt hat. Eine reiche Amerika 
nerin wurde ermächtigt, von ihrer Steuer 
erklärung 20 000 Dollars abzusetzen, die sie 
während einer Europareise beim Roulettespiel 
verloren hatte. Die Steuerpflichtige hatte der 
Behörde erklärt, daß sie nicht zum Vergnü 
gen, sondern berufsmäßig spiele, und daß sic 
eine „unfehlbare" Methode ersonnen habe, die 
ihr das Recht gebe, auf einen ständigen Ge 
winn zu hoffen, daß sie also nicht als Spieler 
angesehen werden dürfe, sondern den Kauf 
leuten gleichgeachtet werden müsse, deren Ge 
schäfte gelegentlich ja auch mit Verlust zu en 
den pflegten. Das Steuerbureau in Washing 
ton hat sich zu allgemeiner Ueberraschung die 
sem Standpunkt angeschlossen und damit fest 
gestellt, daß die Personen, die nicht aus Leiden 
schaft spielen, von diesem Entgegenkommen 
ebenfalls Gebrauch machen können. 
Ern Prozeß nm Napoleons Flotte. 
Die Erfolge, die kürzlich bei der Bergung 
der mit dem Dampfer „Egypt" s. Zt. ver 
sunkenen Millionen erzielt wurden, haben 
anderen kühnen Unternehmern offenbar Mut 
gemacht. Man trägt sich nämlich mit dem Ge 
danken, die in der Schlacht von Abukir am 
1. August 1798 von Nelson versenkte Flotte 
Napoleons zu heben oder doch wenigstens die 
mitihr untergegangenen unendlich reichen 
Schätze aller Art zu bergen. Ehe es dazu 
kommt, wird allerdings erst ein langwieriger 
Prozeß geen die ägyptische Regierung ent 
schieden werden müssen. Diese hat nämlich 
einem Unternehmer in Kairo vor einiger Zeit 
eine Konzession für die erforderlichen Ber 
gungsarbeiten erteilt, sie dann aber kürzlich 
wieder zurückgezogen, weil ein anderer mit 
besseren Beziehungen sich gleichfalls um die 
Gewinn versprechenden Arbeiten bewarb. 
Worauf der erste eine Schadensersatzforderung 
von einstweilen einer Million Mark anhän 
gig gemacht hat. Der Prozeß scheint der Re 
gierung jedoch wenig Sorge zu machen,- sie 
Drr Sonnrnjungfre. 
Ein Roman von der roten Erde. 
' Von Anny Wothe. 
'i) (Nachdruck verboten.) 
„Sind Sie auch Jäger?" fragte Helmgard, ihres 
Begleiters Iagdanzug streifend. 
„Ja, doch augenblicklich ohne Waffen, mein Fräu 
lein, nur dieser gute Stock ist mein eigen." 
Wie eigentümlich der Mensch war. 
Helmgard lief jetzt ein Schauer über den Rücken. 
Wenn der Mann sie nun mit seinem derben 
Stock, den er in der Hand trug, erschlug? 
Es war doch unvorsichtig gewesen, mit einem 
Fremden über die Heide zu gehen. 
Der schlanke Mann an ihrer Seite mochte Helm 
gards Gedanken ahnen, denn ein wenig bitter klang 
feine Stimme, als er sprach: 
„Es ist keine Waffe sür einen, dem man all seine 
Götter erschlug. Das Schwert allein gehört in 
Manneshand. Ich führe es nicht mehr." 
Helmgard erschrak und blickte ängstlich zu ihrem 
Begleiter auf. War der Mann wahnsinnig? 
„Sie sind hier gewiß fremd in der Gegend", 
forschte sie. 
„Ganz fremd", erwiderte er. 
Eine Weile war tiefes Schweigen zwischen den 
beiden. 
Des Morgens hinströmendes Gold tanzte über 
die rosenroten Glöckchen der Heide. Wie ein ver 
lorenes Glück klang eiü fernes Lied. Hier und da 
stand eine schlanke Birke im Sonnenglanz mit 
ihrem weißen Silberschoft und wiegte ihre grünen 
Schleier im kühlen Winde und Helmgard dachte: 
„Wie ein Märchen ist heute die Heide." Dem 
Mann aber, der neben ihr schritt, war es, als 
schritte ein fonniger Traum ihm zur Seite, wenn 
er auf Helmgards goldfkimmerndes Köpfchen 
schaute. Und doch sah er daneben immer einen dunk 
len Schatten, der mit dem holden Sonnenkinde ging 
und das Herz wurde ihm schwer und trübte seine 
dunklen Augen, die von Leiden sprachen. — 
„Jetzt sind wir gleich da", nahm Helmgard das 
Gespräch wieder auf, „dort drüben ist der Ha- 
bjchtshof." 
Sie schob di« Setzlilien, die nun voll erblüht 
waren, fester unter den Rand der Goldkappe und 
wußte nicht, wie süß und märchenhaft sie mit dem 
Schmuck über den kleinen Ohren aussq 
Immer finsterer wurde des Fremden Antlitz. 
Wollte ihn das Leben wieder narren? 
„Eie kennen den Besitzer des Habichtshofes? Ist 
er ein umgänglicher Mann?" fragte er. 
Helmgard lachte. 
„Harms Orre? Eigensinnig und knorrig ist er, 
wie alle Westfalen. Er weiß, was er will, und tut, 
was er für recht hält." 
Sie ftanden vor dem großen Teich hinter dem 
der von Eichen festumfriedete stattliche Bauernhof 
lag. Ein alter Ziehbrunnen ragte malerisch in die 
blaue Lust. Vom bunten Giebel nickten nach altem 
Brauch in Holz geschnitzte Pferdeköpfe. Das mit 
Stroh gedeckte Dach schimmerte wie Silber in der 
Sonne. — 
Gerade, als Helmgard der Seitentür des Hauses 
zuschreiten wollte, öffnete sich diese und eine alte 
Frau in der westfälischen Bauernira-At, das eis 
graue Haar halb unter der enganliegenden schwar 
zen Kappe verborgen, legte die Hand beschattend 
über die Augen und sah dem näherkommenden 
Paar forschend entgegen. 
„Tausend, das ist ja die Sonnenjungfer!" rief 
sie ins Haus hinein, „Kinder, die Sonnenjungfer 
ist da." 
Helmgards Begleiter sah aufleuchtend in Helm- 
gavds Gesicht und er lächelte, als Helmgard tief er 
rötend der Allen entgegenlief, ohne- ihn weiter zu 
beachten. 
„Die Sonnenjungfer, die Sonnenjungfer", lärm 
ten ein paar Flochsköpfe, und. ein Junge und ein 
Mädel hängten sich an Helmgards Kleider und 
hätten sic umgerissen, wenn Großmutter Elke ihnen 
nicht Einhalt geboten hätte. 
„Hast du uns was mitgebracht?" forschten die 
Kinder leise. 
Helmgard nickte ihnen fröhlich zu, die alte Elke 
aber schob die Enkel schnell in die Küche hinein. 
Mißtrauisch streifte der Blick ihrer großen, grauen 
Augen den Fremden. 
„Was will der Mann, Sonnenkind?" stagte sie 
unwirsch. 
„Ich weiß es nicht, Großmutter", antwortete 
Helmgard, „ich zeigte ihm den Weg zu eurem Hof. 
Er will Harms Oerre sprechen." 
„So kommt herein, Herr." 
Der Fremde mußte sich tief bücken, als er, den 
Hut abnehmend, durcf die niedere Tür in die 
Wohnküche trat. 
Dieser mächtige Raum, in dem sich fast dos ganze 
Familienleben der westfälischen Bauern abspielt, 
überlegt inzwischen bereits, ob sie für öie vom 
Grund des Meeres heraufzuholenden Kunst- 
schätze und sonstigen Wertgegenstände zur Auf 
füllung der Staatskasse einen Zoll erheben 
soll oder nicht. Man scheint demnach in Kairo 
trotz den ungeheuren Schwierigkeiten des Er 
folges recht sicher zu sein. Ob die Zuversicht 
gerechtfertigt ist, wird sich erst noch zeigen 
müssen. 
Napoleons letzte Großnichte gestorben. 
Im Alter von 90 Jahren ist soeben in dem 
italienischen Städtchen Fano die Gräfin For 
tunata Bracci gestorben. Sie war eine gebo 
rene Balentini di Laviano und Tochrer der 
Prinzessin Maria Bonaparte, der jüngsten 
Tochter von Napoleons Bruder Lucian, den 
der Papst nach der Abdankung des kaiserlichen 
Bruders zum Fürsten von Canino ernannt 
hatte. Die Verstorbene war die letzte über 
lebende Großnichte Napoleons. Geboren in 
Canino, lebte sie lange in Paris am Hofe 
Napoleons III. und heiratete im Jahre 1867 
den Grafen Giulino Bracci von Fano, der sich 
als Gelehrter einen Namen gemacht hatte. 
Fischwäffer sollen rund sein! 
Bei der Anlage künstlicher Fischwässer sollte im 
mer runden Teichen vor den rechteckigen der Vor 
zug gegeben werden. Die Fische fühlen sich in rund 
angelegten Gewässern viel wohler und bleiben auch 
gesünder als in viereckigen, weil das Wasser in 
runden Teichen besser zirkulieren kann, und weil 
sich die Fische, falls das Wasser stark besetzt ist, im 
runden Wasser besser im Raum verteilen. Zugleich 
ist es im runden Teich auch nicht möglich, daß sich 
die Fische, was sie gewöhnlich tun, in den Ecken 
zusammendrängen. 
Die „Komische Oper" sott wieder 
komisch werden. 
Louis Masson, der Direktor der Pariser 
Opera Eomique, hat dem Minister der Schönen 
Künste seine Demission eingereicht. Ter Mini- 
cher, der das Abschiedsgesuch genehmigte, er 
klärte bei dieser Gelegenheit: „Seit geraumer 
Zeit schon ist die Lage der Opera Eomique 
infolge der ständigen Rückgänge der Einnah 
men kritisch geworden. Im Jahre 1931 
schwankt, mit Ausnahme der Monate August 
und September, das durchschnittliche monat 
liche Kassendefizit zwischen 180 000 und 330 000 
Francs. An manchen Abenden betrugen die 
Kasseneinnahmen nur 4 bis 5000 Francs, wäh 
rend die täglichen Ausgaben zwischen 20 000 
und 25 000 Francs schwankten. Da die Statts 
subventionen von 2 800 000 Franken nicht wei 
ter erhöht werden kann, ergibt sich die unab 
weisbare Notwendigkeit einer Umorganisa 
tion, die es möglich macht, die Kasseneinnah 
men zu erhöhen und gleichzeitig die Ausgaben 
zu vermindern. Für die Erhöhung der Ein 
nahmen steht nur ein einziger Weg offen: die 
„Komische Oper" wird eben auf den Ehrgeiz 
verzichten müssen, mit der Großen Oper in 
Wettbewerb zu treten. Es ist eine unbedingte 
Notwendigkeit, daß sie wieder zu der Tradi 
tion der Aufführung leichter und heiterer 
Werke zurückkehrt. Es wird ihr dadurch mög 
lich sein, bessere Operetten in einem würdigen 
Stil aufzuführen, Operetten, die manchmal 
mehr Musik enthalten als viele sog. „Opern". 
wurde in der Mitte durch das Herdfeuer, das nie 
verlöschte, beherrscht. 
„Nehmt Platz, Herr", sagte Elke, auf einen 
Strohsessel deutend, den sie vorher mit ihrer 
Schürze sauber abgewischt. „Mein Sohn ist augen 
blicklich auf der Tenne", — sie deutete auf eine 
breite, verglaste Tür, die den Wohnraum von der 
Tenne, auch Decke genannt, trennte. „Er wird 
bald hier sein." 
Dann nötigte Elke Helmgard auf die sogenannte 
Räkelbank an der Seite des Herdes. Elkes Ehren 
platz, den sie sonst keinem Menschen einräumte. 
Die Kinder umdrängten Helmgard und bald hielt 
der Junge eine Bilderfibel und das Mädchen ein 
Avbeitskäftchen mit bunten Wollfäden und blanken 
Stickperlen im Arm. Wie schön das war! Für die 
alte Elke kam ein Fläschchen Wein und köstliches, 
eingemachtes Obst zum Borschein. 
„Weil du es doch so gern magst, Elke", erklärte 
Helmgard. 
Die Alle küßte dankbar die Hand des jungen 
Mädchens. 
„Wie lieb du immer an die alle Elke denkst", 
sagte sie zärtlich. 
Der Fremde schien ungeduldig zu werden. Biel- 
leicht auch, weil er für Helmgard gar nicht mehr 
vorhanden war. 
Er sprang hastig von seinem Strohsessel auf. 
Etwas Gebietendes, Hoheitsvolles lag in seiner Er 
scheinung, als er kurz zu Elke sprach: 
„Erlaubt, daß ich euren Sohn auf der Tenne 
aussuche. Ich habe Eile." 
Und ohne eine Antwort abzuwarten, verneigte er 
sich leicht vor Helmgard und schrill der Tür, die 
nach der Diele führte, zu. 
Verblüfft sah ihm die Alte nach. 
„Das ist aber ein Herrischer, Sonnenkind", sagte 
sie, „den du mitgebracht." 
Helmgard nickte, streichelte die Kinder und schickte 
sie dann hinaus. Mutter Elke aber ließ den Kell- 
ler (Kesselhaken) hernieder, füllte den Kessel mit 
frischer Milch und fauchte das Duskenfeuer mit 
einem Blasebalg kräftig an. 
„Bald erhälst du einen frischen Trunk, mein 
Herzchen", tröstete sie und sah Helmgard liebevoll 
an. „Alle Tage wirst du schöner, Kind, aber nimm 
dich vor den Mannsleuten in acht. Es will nicht 
taugen, mit ihnen schön zu tun." 
„Sei ohne Sorge, Elke, ich habe nicht viel für die 
Herren der Schöpfung übrig." 
„Und liest sie sogar von der Straße auf",- grollte 
die Alte. 
„Die Straße ist doch für alle, Großmutter." 
Die Alte schlürfte um den Herd herirm und setzte 
sich auf den Platz des Hausherrn, Helmgard ge 
genüber. 
„Run erzähle, Kind", ermunterte sie. „Irgend 
etwas hast du doch auf dem Herzen, ich sehe es dir 
an. Also rede schnell, ehe der Fremde wieder 
kommt." 
Helmgard nahm die Goldkappe ab. Die Seelilien 
steckte sie an ihr Mieder. Dann hob sie das glühende 
Antlitz und sah unschlüssig in den Rauchfang über 
sich, wo Fleisch, Schinken, Speck und Würste zum 
Räuchern aufgehängt waren. Von dem Rahmen 
des Rauchfanges blinkte blankes Zinn- und Kupfer 
geschirr, das wegen seiner altmodischen Formen 
immer Helingards Entzücken gewesen. Doch heute 
suchte ihr Blick nicht die blanken Geräte. Ihre 
Augen blickten leer in die geschwärzte Rauchfang 
höhle. 
„Ich möchte dich etwas fragen. Elke", sagte das 
blonde Mädchen endlich schüchtern. 
Die scharfen, grauen Augen der* Alten ruhten 
forschend auf dem jungen Gesicht. 
„Sind Mannsleut im Spiel?" 
Helmgard schüttelte den blonden Kopf und 
sprang auf, die goldene Kappe verlegen in der 
Hand schwingend. 
„Rein, Elke, du sollst nur sagen, wie es kam, 
daß mein Vater mein gutes Mütterlein, das er so 
sehr geliebt hot, vergaß und kaum ein Jahr nach 
ihrem Tode die Prinzessin nahm." 
Elke strich sich gedankenvoll das graue Haar aus 
der Stirn und dann sagt« sie, die harte Hand un 
sicher über die knisternde Seidenschürze gleiten 
lassend: 
„Das weiß ich nicht, Sonnenjungferchen. Die 
Prinzessin hat drüben im Erlenschloß gewohnt, da 
hat dein Vater sie wohl kennen gelernt und sie . 
haben sich eben geheiratet." 
„Aber, Elke, so einfach ist das nicht, wenn man 
eine Prinzessin steit. Da gibt es doch viele Leute, 
die Einspruch erheben und daun — weißt du — ist 
es nicht merkwürdig, daß man gar nicht weiß, was 
für eine Prinzessin Mama eigentlich ist. Alles ist 
mit so einem tiefen Geheimnis umgeben." 
lI-orlleyuna nil«f > 
\ 
£ie&et, JCälfie, ņeâ’ <ui ‘J-lņet, 
JUpecs JCaßee ist mic £ie&ec
	        
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