Full text: Newspaper volume (1932, Bd. 4)

V- '• . 
Amschaņ in die Weit. 
M MM güte. 
Ein Geschichtchen vom Lido. 
Das hübscheste Mädchen am Lido war zwei 
fellos Fräulein Rosa. Außerdem schien sie 
über unerschöpfliche Geldmittel zu verfügen, 
denn sie wohin im ersten Hotel, trug kostbaren 
Schmuck, und ihre Toiletten bildeten das Ta 
gesgespräch am Strande. Kein Wunder, daß 
die geheimnisvolle Schöne ständig von einer 
Schar von Anbetern umgeben war. Aber selbst 
den leidenschaftlichsten Beteuerungen gegen 
über blieb Rosa fest und verschwand jeden 
Abend pünktlich 20 Uhr auf ihrem Zimmer, 
da sie ihren Angehörigen versprochen hätte, 
nur ihrer Gesundheit zu leben. Zur gleichen 
Zeit fahndete man seit Wochen nach einem 
gewiegten Einbrecher, der die Gäste um Ju 
welen und Geld erleichterte. Nur das Hotel, 
in dem Rosa ihr sittenstrenges Leben führte, 
war von dem Dieb noch nicht heimgesucht 
worden. Da man seiner nicht habhaft werden 
konnte, wurden überall Wachen aufgestellt. 
Eines Nachts sah man auch einen jungen 
Mann, der aus dem Fenster eines reichen 
Industriellen kletterte und sich behende am 
Balkon herabließ. Zur allgemeinen Ueber- 
raschung entpuppte sich dann der Fassadenklet 
terer als die sagenumwobene Rosa, in deren 
Zimmer man eine Liste mit den Namen zahl 
reicher Personen fand, die noch von dem holden 
Geschöpf gefleddert werden sollten. Die Hote 
liers atmeten auf, aber das Badeleben war 
um eine Sensation ärmer geworden. 
* * * 
GrstzselM im gamfratget §afen. 
Kopraladung eines englischen Dampfers in Flammen 
TU. Hamburg, 6. Oktober. An Bord des im Ham- 
burger Hafen liegenden englischen Dampfers „Gle> 
nemoy" entstand am Donnerstagvormittag ein 
Feuer in der Kopraladung. In kurzer Zeit stand der 
ganze Laderaum des 7260 Tonnen großen Schiffes 
in Flammen. Alle im Bereich des Hafens verfügba 
ren Löschkräfte wurden sofort eingesetzt, um dem 
Brand Einhalt zu tun. Das Feuer wird mit 23 
Schlauchleitungen bekämpft. 
Die Hauptgefahr beseitigt. 
Wie wir zu dem Großfeuer an Bord des englischen 
Motorschiffes „Elenemoy" erfahren, war der Brand 
bereits um 8.30 Uhr vormittags ausgebrochen. Der 
Feuerwehr war es erst nach dreistündiger Arbeit 
möglich, den Brand auf seinen Herd zu beschränken. 
Gegen Mittag war das Feuer zwar noch nicht ge 
löscht, aber doch die größte Gefahr für das Schiff um 
diese Zeit bereits beseitigt. Verletzte sind bei dem 
Brande nicht zu beklagen. 
WffszusamMHch m der Mmiiàng 
„Cap Arcona" mit einem französischen 
Dampfer znsammengeftvßen. 
TU. Hamburg, 6. Okt. Am Donnerstagmor 
gen stieß in der Elbmündung in dichtem Nebel 
der aus Südamerika heimkehrende Passagier 
dampfer „Cap Arcona" der Hamburg - Süd- 
amerikanischen Dampfschiffsgesellschaft mit dem 
französischen Dampfer „Agen" zusammen. 
Während die „Cap Arcona" Plattenschaöen er 
litt und die Fahrt nach Hamburg fortsetzen 
konnte, ist der französische Dampfer schwer be 
schädigt worden. Sofort nach dem Zusammen 
stoß liefen Bergungsdampfer von Cuxhaven 
aus, um das schwerbeschädigte Schiff nach 
Hamburg zu schleppen. Perrsonen sind nach 
den bisherigen Meldungen nicht verletzt wor 
den. — Der Dampfer „Agen" befand sich mit 
einer Holzladung von Afrika nach Hamburg 
unterwegs. 
Der französische Dampfer auf Grund gesetzt. 
Ter Zusammenstoß zwischen dem Hamburg- 
Süd-Dampfer „Cap Arcona" und dem franzö 
sischen Dampfer „Agen" in der Elbmündung 
ereignete sich, als der Franzose wegen des Ne 
bels vor Anker lag. Das Schiff wurde im 
Raum 2 getroffen, und der Steven des deut 
schen Dampfers riß ein großes Leck in die 
Bordwand. Das Wasser stürzte sofort in gro 
ßen Massen in den Raum und drohte das 
Schiff zum Kentern zu bringen. Nur dem 
schnellen Eingreifen der Bergungsdampser 
„Wotan" nnd „Seeteufel" ist es zu verdanken,, 
daß der französische Dampfer vor dem Kentern 
bewahrt blieb. Kurz nach dem Zusammenstoß 
wurde „Agen" von den Bcrgnngsdampfcrn in 
die Mitte genommen, ein Stück abgeschleppt 
und dann auf Grund gesetzt. Nach Beendigung 
der an Ort nnd Stelle vorzunehmenden Av- 
dichtungsarbeiten soll das Schiss zur Repara- 
tnr nach Hamburg geschleppt werden. 
Auch hu znà Siaif hzt fiTmftetrafefe 
mißlungen. 
TU. Prllau, 6. Okt. Der Start der Winkler 
rakete am Donnerstagnachmittag ist wieder 
mißglückt. Bei der zweiten Zündung sprang 
die Rakete mit großem Knall aus dem Gestell, 
in dem sie eingebettet lag, nnd überschlug sich 
in Richtung des Unterstanöes der Film- und 
Photoleute zu, die wieder zahlreich erschienen 
waren. Der Metallmantel, der die Rakeie um 
kleidet, zersprang, wobei die Splitter in wei 
tem Umkreis herumflogen. Die Umgegend 
wurde blitzartig durch einen von der Rakete 
ausgehenden Feuerschein erleuchtet. Der Rest 
der Rakete landete unmittelbar hinter dem 
Deckungsgraben der Filmleute. Es entwickelte 
sich ein starker weißer Qualm, der vorüberge 
hend die ganze Gegend verhüllte. Ingenieur 
Winkler betonte, daß er sich das Versagen der 
Rakete noch nicht erklären könne. Ein neuer 
Start ist für absehbare Zeit wohl nicht möglich. 
Schneestürme in Mittelnorwegen. 
TU. Oslo, 6. Oktober. Schneestürme haben in Mit 
telnorwegen große Verheerungen angerichtet, vor 
allem in der Gegend von Drontheim und Röros. 
Das noch auf dem Feld stehende Getreide wurde 
größtenteils vernichtet. Stellenweise liegt der Schnee 
114 Meter hoch. Verkehrsomnibusse blieben auf.den 
Chausseen stecken. 
ârLTşi PoK. 
In Danzig verunglückte bei einer Probefahrt 
ein reparierter polnischer Kraftwagen. Die 5 In 
sassen wurden schwer verletzt. 
Von einem Schatzgrüberfieber sind die Be 
wohner eines ländlichen ungarischen Bezirks 
Die Todesfahrt des englischen Rennfahrers Dnnfee. 
Vier Bilder, die silmartig den Moment der Katastrophe wiedergeben. 
Dunfee, der feiner ihm erst kurz zuvor angetrauten Gattin das Versprechen gegeben hatte, daß 
diese Fahrt sein letztes Wettrennen sei, wurde mit seinem Wagen aus der Bahn getragen und 
gegen einen Baum geschleudert. Dunfee wurde auf der Stelle getötet. 
befallen,' man sucht nach der Hinterlassenschaft 
eines soeben hingerichteten Raubmörders, der 
vor seinem Tode noch gestanden hat, daß er 
irgendwo in den Wäldern des fraglichen Ge 
bietes eine größere Geldsumme vergraben 
habe. 
* 
von Eronau ist in Batavia eingetroffen. 
* 
Im Allgäu hat ein Tourist Selbstmord began 
gen, indem er von einer 200 Meter hohen Fels 
wand hinabgesprungen ist. 
Die Reichsarbeitsgeineinschaft der nationalsozia 
listischen Journalisten hat gegen die Verurteilung 
der „Angriff"-Redakteure Protest eingelegt. 
Amtlich wird mitgeteilt, daß es sich bei dem an 
geblichen Lepra-Fall in Ostpreußen um eine schwere 
Krebserkrankung gehandelt hat. 
* 
Eine Kolonie der Kinderreichen wird jetzt in 
Mailand geschaffen,' in jedem Jahr sollen 5 der 
kinderreichsten Familien ans Kosten der Stadt 
ein Haus mit kleinem Garten überwiesen er 
halten. 
Von einem Mißgeschick wurde das russische 
Ballett von Monte Carlo auf einer Reise zu 
einem Gastspiel im Kölner Opernhaus betrof 
fen. Eines der in den letzten Tagen über Süd- 
frankreich hereingebrochenen schweren Unwet 
ter hat sämtliche 600 Kostüme der Gruppe voll 
kommen vernichtet. 
SBetitt tm Hellseher fehlsieht... 
. . . und ein Magistrat ihm glaubt. 
Wenn ein Magistrat einer Stadt zur Auf 
klärung irgend eines fraglichen Tatbestandes 
einen Hellseher heranzieht/so zeugt das nicht 
von übermäßiger Hellsichtigkeit, denn man 
braucht nur ein ganz klein wenig in der 
Skandal-Chronik der Zeit bewandert zu sein, 
um' sich an seinen zehn Fingern ausrechnen 
zu können, wie hoch der Wahrscheinlichkeits 
prozentsatz ist, daß man dabei der Dumme ist. 
Das Schlimme dabei ist in dem Fall, um den 
es sich hier handelt, daß dabei zugleich ein 
Menschenleben ruiniert oder doch wenigstens 
die Lebenslaufbahn eines Menschen verhäng 
nisvoll umöüstert wurde. Es handelt sich dabei 
um Unterschlagung in der Kreissparkasse einer 
Die Zugentgleisung bei Lüneburg. 
Blick aus die Trümmerstätte. 
Bei der Einfahrt in den Lüneburger Bahnhof entgleiste durch Achsenbruch eines Kesselwagens 
ein langer Güterzug. Insgesamt sprangen 12 Wagen aus den Gleisen. Personen wurden zum 
Glück nicht verletzt, der Material schaden ist hingegen sehr bedeutend. 
kleinen ostpreußischen Stadt, deren Name 
schamhaft verschwiegen sei. Als niemand die 
Angelegenheit aufklären konnte, kamen die 
städtichsen Behörden ans die Idee, eine in der 
dortigen Gegend renomierte Hellseherin her 
anzuziehen. Die sah denn auch im Trance- 
Zustand den Täter und beschrieb ihn so, daß 
ein Beamter der Kreisrechnungskammer in 
der Beschreibung erkennbar wurde. Man ge 
traute sich zwar nicht, ans diesem Ergebnis 
einer mystischen Seance amtliche Konsequen 
zen zu ziehen, man beschloß sogar, die ganze 
Geschichte vollkommen geheim zu halten, aber 
wie das in solch einer Kleinstadt ist: das Ge- 
heimnis war sofort in aller Munde. Der ver 
dächtige Beamte empfand sofort, was gegen 
ihn gespielt worden war, aber die Verleum 
der blieben ungreifbar. Kein Wunder also, daß 
der Beamte schließlich mit einem Nervenzu 
sammenbruch den Dienst quittieren mußte. 
Wer weiß, was ihm noch geschehen märe, 
wenn nicht einige Zeit später der wirkliche 
Täter verhaftet worden wäre. Nun begann 
ein großer Rehabilitierungsfeldzug. Alle, die 
vorher nicht genug über ihn flüstern konnten, 
versicherten ihm ihres vollen nnd niemals 
getrübten Vertrauens. Allein die Arbeits 
und Nervenkraft des Beamten war und blieb 
gebrochen. Der einzige Trost ist, daß nun das 
Oberlandesgericht in Königsberg die Ansprüche 
des Beamten auf volle Gehaltszahlung bis 
zum 63. Lebensjahr und spätere Auszahlung 
einer der Stellung entsprechenden Pension, 
die der Beamte ohne dieses furchtbare Inter 
mezzo ereicht hätte, für gerechtfertigt erklärt 
hat. Die Bevölkerung der kleinen vstpreußi- 
schen Stadt mag sich bei ihrem Magistrat für 
diet eure Konsultierung einer schiefsichtigen 
Hellseherin bedanken. 
L5 Lahrs Ķisķsr SLeMthssLer. 
Am 1. Oktober konnte das Kieler Stadt 
theater auf ein fünfunözwanzigjähriges Be 
stehen zurückblicken. Als Kiel gegen Ende des 
vorigen Jahrhunderts zu einer Großstadt her 
angewachsen war, zeigte sich immer mehr die 
Rener Segel-Weltrekord einer 
19jährigen Deutschen. 
Die Segetfliegcrin Hanne Reitsch aus Hirichberg 
(Schlesien), die erst 10 Jahre alt ist, stellte mit ihrem 
Segelflugzeug einen neuen Weltrekord auf. Sie 
blieb mit ihrem Apparat 5 Stunden und 15 Mb 
nuten in der Luft. 
Verlag u. Druck: Heinrich Möller Söhne 
Rendsburg. 
Eheşredoktion u.Berlagsleitung: Ferb. Möller. 
Verantwortlich für Leitartikel: F e r d. Möller- 
Politik: Adolf Gregori für den allaemei- 
nen Teil und Feuilleton: Herbert Puhl' 
mann, für den wirtschaülichen Teil: Tr. Job 
Gofch, kür den provinziellen und örtlichen Teil! 
K a r l M ü I l e r alle in Rendsburg. - Ber 
liner Schriştleitung: Berlin-Charlotten- 
burg 8, Gotha-Allee 19, Fernsprecher I ® 
Heerstraße 0330. 
völlige Unzulänglichkeit des alten Kieler Mu 
sentempels in der Schuymacherstratze, der üe- 
rcits aus dem Jahre 1812 stammte, da die 
Stadt etwa 12 000 Einwohner zählte. 1896 be 
auftragten die Stadtkollegien den Magistrat, 
Vorschläge zur befriedigenden Regelung der 
Theaterverhältnisse zu machen, insbesondere 
über den etwaigen Neubau eines Theaters un 
ter Leitung und mit Unterstützung der Stadt. 
Immerhin verging noch fast ein Jahrzehnt, 
bis mit der Ausführung des preisgekrönten 
Projektes für einen Theaterneubau von Bau 
rat Seeling-Charlottenburg Anfang 1905 be 
gonnen werden konnte, und am 1. Oktober 1907 
wurde das hübsche Theater am Neumarkt durch 
eine „Fidelio"-Aufführung seiner Bestimmung 
übergeben. Die Gesamtkosten betrugen 1954 480 
Jl, wovon 7000 Jl für die Vorarbeiten, 1660200 
Jl für den eigentlichen Bau, 297 000 Jl für den 
Fundus und 100 250 Jl für Straßenanlagen 
ausgegeben wurden. Als Theaterorchester 
wurde das Orchester des Vereins der Musik 
freunde verpflichtet, das 1919 in den Dienst 
der Stadt trat. Zunächst führten die Direkto 
ren Gottscheid und Otto das Theater für 
eigene Rechnung unter Gewährung eines 
städtischen Zuschusses, dann wurde es drei 
Jahre von Otto in städtischer Regie geleitet. 
Bon 1912 bis 1919 hatte Direktor Alving es 
gepachtet, und seitdem haben es als Regie-? 
theater verschiedene Herren geleitet, besonders' 
verdienstvoll von 1924 bis 1932 Generalinten 
dant Hartmann, den mit Beginn der neuen 
Spielzeit Intendant Ernst Martin ablöste. Ge 
rade in den letzten Jahren fiel es schwer, das 
Theater finanziell durchzuhalten, aber es ist 
immer wieder geglückt, seinen Fortbestand zu 
sichern. Und das muß mit freudiger Genug 
tuung begrüßt werden. Denn das Kieler 
Stadttheater war und ist eine Pflanz- und 
Pflegestätte echt künstlerischer und kultureller 
Arbeit. 
Hans Schramm.
	        
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