Full text: Newspaper volume (1932, Bd. 4)

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125. Jahrgang. 
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âKķàsssch spielt sà Uķàpse Şs 
Geist und Körper. 
ktuöeruol. 
Auf der Jugend ruht die Hoffnung der Gegen 
wart. Jugendbünde. Jugendlager, Jugendtage, alle 
Gruppen und Organisationen, die Ansprüche an 
die Zukunft stellen, gründen die Hoffnung, diese 
Ansprüche einmal erfüllt zu sehen, betonter, als es 
je zuvor der Fall war, auf die Jugend. 
Wie sieht diese Jugend aus? Was bedeutet sis 
als Erbgut künftiger Generationen für die Zu 
kunft unseres Volkes? Das ist ein Problem, dessen 
Beantwortung und befriedigende Lösung nicht 
lediglich von der geistigen Haltung der Jugend 
von heute abhängt, sondern auch von den physio 
logischen Grundlagen, auf denen die heutige Ju 
gend ihr Leben und künftiges Wirken aufbaut. 
Es wäre Ausnahmen bestätigen auch diese 
Regel — ein Irrtum, wenn man die physiologi 
schen Grundlagen kurzerhand als Ausfluß mate 
rialistischer Gesinnung abtäte. 
Wertvollste geistige Impulse wirken sich nicht 
voll als lebendige Kraft aus in einem Menschen, 
dessen körperlicher Organismus dem Geist, den 
Nerven, dem Gehirn schuldig bleibt, schuldig blei 
ben must, was er eigentlich leisten müßte, damit 
Geist — Tat werden kann. Mit anderen Worten: 
das Lebensschicksal der letzt heranwachsenden Ge 
neration und das Schicksal der Generationen, 
deren Vater die gegenwärtige ist, hängt ab. wird 
zumindest in entscheidender Weise beeinflußt 
durch die physiologische Grundlegung, die das deut 
sche Volk seinen Jüngsten in diesen Jahren der 
Not gibt. Wenn eine Regierung in voller 
Würdigung und Erkenntnis ihrer Verantwortlich 
keit für die Zukunft des Volksganzen arbeiten will. 
so muß sie diese Tatsache als Tatsache anerkennen 
und ihr genügend Rechnung tragen. 
Geschieht das? Diese Frage muß verneint wer 
den. Die Abstriche, die an Etatsmitteln bei der 
Kinderfürsorge vorgenommen wurden, sind 
verhältnismäßig größer als die in anderen Res 
sorts. Dabei ist es unerheblich, daß man sich hie 
und da wenigstens des Einspringens charitativer 
Organisationen versichert hat. Von diesen wird Be 
wunderungswürdiges geleistet: allein die Kräfte, 
das gute Wollen, das Notwendige auch zu verwirk 
lichen, scheitern an den Folgen der Krise, werden 
immer begrenzter, und so werden immer mehr 
Kinder in ihrer entscheidenden physiologischen Aui- 
bauperiode der bitteren Not überantwortet. „Die 
auffallendste Erscheinung für mich als Kinderarzt" 
— so schreibt der Berliner Kinderarzt Dr. Bnt- 
tenwieser zu einer Rundfrage, „ist die schlei 
chende Hungersnot, die während der letzten Jahre. 
immer weitere Kreise der Bevölkerung erfaßt." 
Vuttenwieser führt zur Bekräftigung dieser Auf 
fassung einen Fall an, wo ein in den entscheidenden 
Wachstumjahren stehendes Kind infolge der — 
leider als typisch zu bezeichnenden — Ernährung, 
wie sie bei Wohlfahrtserwerbslosen üblich ist, um 
600 Er, abgenommen hat, anstatt während der 
Veobachtungszeit, wie es normal gewesen wäre. 
zwei bis drei Pfund zuzunehmen. „Bei Säuglingen 
macht sich der Mangel an Obst und Gemüse vol 
allem während des Winters geltend . . Skov 
but der Säuglinge, beruhend auf Mangel an 
Vitamin C, kam in diesem Winter auch miede? 
vermehrt in meine Behandlung ..." 
Der für Fragen der Physiologie des Kindes 
maßgebende Leiter der Heidelberger Universitäts 
kinderklinik, Professor Dr. More. schreibt im 
gleichen Zusammenhang: „Schlechter geworden ist 
es vor allem in Bezug auf Rachitis, Reinhaltung 
und Ernährungszustand der Kinder ... am trau 
rigsten jedoch die Tatsache, daß die Unterer 
nährung älterer Kinder auf der Tages 
ordnung steht. Die kaum stillbare Eßgier von 
Schulkindern, die in die Klinik aufgenommen 
werden, und das Schwinden der mannigfachen Be 
schwerden, deretwegen sie gebracht wurden, in un 
mittelbarem Anschluß an Sättigung und Gewichts 
zunahme läßt sich nicht anders erklären als durch 
vorherigen Hunger..." 
Medizinalrat und Stadtrat Dr. Eettkan, 
erklärt, daß „die Ernährung des Säuglings nicht 
in der Weife erfolgen kann, wie sie für den Auf 
bau des kindlichen Organismus gefordert werden 
muß. Insbesondere können die Eltern den Säug 
lingen nicht die genügende Menge an E e m ü s e n 
und Frischobst zuführen . . .“ Zum Schluß 
Verständigung Feaà§èchÄ mit MmmUa urrö KŞnà —- Dis MMfstzmW àMà 
KZ6 nâchstss Kiel. -- DeuLfchķĶnKs SiêttmW» 
T-ll. Berlin, 6. Oki. Wie von zuständiger Stelle 
mitgeteilt wird, hat der englische Botschafter Tyr 
rell am Donnerstagmittag am Quai d'Orsay vor 
gesprochen, wo er im Auftrage ferner Regierung 
mitteilte, daß der ursprünglich in Aussicht genom 
mene Zeitpunkt für den Zusammentritt der ge 
planten Londoner Konferenz bis auf weiteres ver 
tagt worden fei. Die Besprechungen zwischen Lon 
don und Paris würden in freundschaftlichem Geiste 
fortgesetzt. 
Die „Times" widmen der deutschen Gleichbercchti- 
gungsforderung einen Leitartikel, in dem ausgeführt 
wird, es sei klar, daß Deutschland in London aus ser 
Konferenz nur erscheinen könne, wenn es auf der 
gleichen Stufe wie die anderen Mächte stehe. Da die 
deutsche Regierung wohl die Gleichberechtigung, 
aber nicht die zahlenmäßige Gleichheit fordere, sei es 
unmöglich, diese Forderung zu übergehen, wenn 
man die Abrüstungskonferenz vor dem Schiffbruch 
retten wolle. Man stimme darin überein, daß die 
deutsche Forderung in ihren wesentlichen Zügen ge 
rechtfertigt sei, daß eine große Nation aus die Dauer 
nicht in einer niedrigeren, besonderen und minder- 
wertigeren Klasse verbleiben könne und daß die Be 
schränkungen, wie sie jetzt Deutschland auferlegt 
worden leien, freiwillig seien und in allgemeiner 
Aebereinstimmung mit den Begrenzungen stehen 
müßten, die andere Länder sich selbst auferlegen. Es 
sollte daher jetzt möglich sein, ein Versprechen abzu 
geben, daß in einer Abriistungsvereinbarung., die 
von der Abrüstungskonferenz herausgebracht wird, 
keine grundlegend unterschiedliche Behandlung zwi 
schen den Unterzeichnermächten gemacht werden soll. 
Fruchtlose Ausemandersetzung in Gens. 
Im Völkerbund zu Genf hat Deutschland gestern 
einen neuen Vorstoß zu Gunsten der in den Staa 
ten verteilten nationalen Minderheiten unternom 
men. Gesandter v. Rosenberg legte in einer im Po 
litischen Ausschuß de: Völkerbundsversammlung 
gehaltenen Rede den grundsätzlichen Standpunkt 
der deutschen Regierung zur Minderheitenpolitik 
des Völkerbundes dar, übte scharfe Kritik an dem 
bisherigen Minderheitenvcrfahren und machte zahl 
reiche Vorschläge für Abänderung und Ausbau des 
üblichen Beschwerdeverfahrens. Die deutsche Ab 
ordnung hat auch in diesem Jahre dem Völker 
bund den Antrag unterbreitet, die Frage des Min 
derheitenschutzes zum Gegenstand einer allgemei 
nen Aussprache zu machen. U. a. wies Rosenberg 
auf den Mangel hin, daß bei Beschwerden von 
Minderheiten cur den Völkerbund die Minderheit 
selbst nicht als Partei angesehen werde, so daß ihr 
kein Anspruch auf Gehör im Laufe des Verfahrens 
zustehe. Insbesondere sei den Minderheiten keine 
Gelegenheit gegeben, zu Einwendungen der betei 
ligten Regierungen Stellung zu nehmen. Weiter 
tadelte Rosenberg die Langsamkeit der Erledigung 
von Minderheitenbeschwerden, die auch öffentlich be 
handelt werden müßten. 
Die Aussprache ergab wiederum die bekannte 
Zweiteilung der Lager. Die mil Frankreichs Hilfe 
tm Diktat von Versailles übersättigten und durch 
nationale Minderheiten angewachsenen Staaten, 
wie z. B. Polen, die Tschechoslowakei, Südslavien 
und Rumänien, bestritten die Zuständigkeit der 
Völkerbundsversammlung und des Politischen Aus 
schusses für diese Minderheitenfragen. Für Be 
handlung von Minderheitenangelegenheiten sei al 
lein der Völkerbundsrat zuständig. Dagegen tra 
ten die Vertreter von Holland und Norwegen für 
den deutschen Standpunkt ans Ausbau und Abän 
derung des Beschwerdeverfahrens ein. Norwegens 
Vertreter verlangte ausführliche Berichte der sog. 
Dreier-Ausschüsse, welchen bislang Minderheitcn- 
beschwerden zugeleitet werden, an den Rat. Der 
französische Senator Veranger meinte, das beste 
hende Minöerhcitenverfahren sei durchaus ausrei 
chend. Englands Vertreter, Lord Robert Cecil, 
suchte zu vermitteln und betonte im Gegensatz zu 
der polnischen Auffassung die Zuständigkeit der 
Vollversammlung und des Ausschusses für Minder 
heitenfragen. Deutschland habe, sv sagte Gesandter 
Rosenberg in einer zweiten Rede, den Wunsch, eine 
organische Fortentwicklung des heutigen Verfah 
rens zu erreichen im Sinne eines wirksamen 
Schutzes der Minderheiten. Wenn die Minderhei 
tenpolitik öcS Völkerbundes sich als unwirksam er 
weise, würde das Vertrauen in den Völkerbund 
erheblich sinken. 
Die ganze Aussprache schloß ohne sachliches Er 
gebnis. Deutscherseits hatte man darauf verzichtet, 
bestimmte Anträge zu stellen. Venesch, der Außen 
minister der Tschechoslowakei, hielt eine Schluß 
rede, in welcher anstelle der Verpflichtung der Re 
gierungen die Pflichten der Minderheiten gegen 
über den Regierungen hervorgehoben wurden. Da 
mit war denn glücklich der Dreh gefunden. Ange 
sichts der Ausführungen des wendigen Venesch 
denkt man an den „Hochverratsprozeß" in Brünn, 
in welchem sich bekanntlich der tschechoslowakische 
Staat nicht von einer minöerheitenfreunölichen, 
sondern seiner machtpolitischcn Seite gezeigt hat. 
Die Förderung der Minderheitensache in Europa 
ist nun wieder vorläufig ad acta gelegt, obschon 
cs sich um das Wohlergehen vieler Millionen und 
eine Sache des Friedens handelt. Gewiß besteht die 
Pflicht staatsbürgerlicher Loyalität der Minder 
heiten gegenüber den Herbergsstanten. Diese aber 
haben die Pflicht hinlänglicher kultureller Fürsorge 
für Staatsangehörige, die wider ihren Wunsch 
nicht zu ihrem Volkstum hinkommen können. # 
Die französische Presse begleitet öen Rückzug 
Englands in der Konferenzfrage mit einer 
heuchlerischen Pressepolemik. Obgleich Frank 
reich alle Mühe aufgewandt hat, um den Mae- 
donaldschen Konserenzplan zmn Scheitern zu 
bringen, spricht die Presse jetzt ihr Bedauern 
über diesen Mißerfolg aus und schiebt die 
Verantwortung für das Nichtzustandekommen 
der Konferenz ans Deutschland. Dabei ist die 
französische Politik eine bewußt ans die Siche 
rung seiner Hegemonie abgestellte. England 
kommt mehr und mehr in die Gefahr, mit 
Deutschland zusammen in eine Isolierung ge 
drängt zu werden, worauf die französische Di 
plomatie, gestützt ans Gold und militärische 
Macht, auch hinarbeitet. Frankreich hat sich 
nämlich inzwischen weitestgehend mit Nntzland 
und Amerika verständigt und versucht nun 
mehr, unter Ausnutzung de handelspolitischen 
Schwierigkeiten zwischen Deutschland und Ita 
lien, auch Italien erneut an die französische 
Politik anzunähern. 
Bei öen Verhandlungen mit Amerika spielt 
Frankreich die Unterstützung in der Rüstnngs- 
srage gegen die Ostasien-Pvlitik ans. Japans 
Finanz- und Wirtschaftslage ist so katastro 
phal, daß es ohne fremde Anleihen das mand 
schurische Abenteuer nicht zu Ende bringen 
kann. Frankreich will seine bisherige Unter 
stützung zurückziehen gegen die Unterstützung 
Amerikas gegen Deutschland in den Fragen 
öer Abrüstungs- und Gleichbercchtigungsfrage. 
Da Amerikas Interesse an Ostasien weit grö 
ßer ist wie an deutschen und ungarischen Fra 
gen, gewinnt Frankreich in Washington an 
Einfluß. 
Rußlands aus den Beziehungen zu Dcutsch- 
^ņd zu lösen, ist das zweite Ziel der franzö- 
nschen Politik. Die Verhandlungen mit Ruß 
land haben zunächst den Nichtangriffspakt 
«wischen Moskau und Paris gezeitigt. 
Der polnisch-russische Vertrag ist bereits 
unterzeichnet worden. Tic Verhandlungen 
Rumäniens mit Rußland sind trotz des star 
ken französischen Drucks auf Bukarest an der 
ei,arabischen Frage gescheitert. Frankreich 
led aber daraus die Folgeruna ziehen, sei- 
Japlm sieh; sich m 
durch erhöhten Ausbau seiner Marine . 
Amtlich wird aus Tokio gemeldet, daß das 
japanische Marineministerium dem Kabinett 
einen Entwurf überreicht hat, in dem verlangt 
wird, daß der Haushalt für die Marineaus 
gaben im Jahre 1933/34 von 289 ans 300 Mil 
lionen Jen erhöht werden soll. Die Erhöhung 
wird mit der gespannten politischen Lage be 
gründet. Ein Teil der Summe soll znm Aus 
bau der Marinefliegerei verwendet werden. 
Das preußische Kultusministerium stellt in einem 
neuen Erlaß fest, daß die Teilnahme an einer Ju 
gendorganisation der Nationalwzialistöchen Deut 
schen Arbeiterpartei nicht verboten ist.
	        
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