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Dev Sonntagefreund
125. Jahrgang / Nr. 225
Beilage der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung (Rendsburger Tageblatt)
Sonnabend, den 24. September 1932
Şlcf Garmlcns Heimfahrt.
Eine Halligv«schicht« vo« W iihekm Lsbfit«.
Mt (Wlef Garmfen war es vovbet. Dor vier Ta
gen noch hatte er singend sein Heu im schwarzen
Boot durch den breiten Priel an seine Warft ge
steuert. hatte die schweren, von bunten Laken zu
sammengehaltenen Heubündel auf dem Kopf zu
Boden getragen, noch einmal mit lachenden Augen
über die grüne Hallig und die an der Halligkante
aufspritzend See geblickt und war dann plötzlich ge
stürzt. schwer. hort. lautlos. Der Knecht, der ihn noch
eben droben in der Bodenluke gesehen hatte, hörte
den ichweren Fall, eilte hinzu und fand Edles tot
auf der harten Warstevde liegen.
Nun ruhte er im schlichten Sarge, die arbeitshar-
ten Hände über der Brust gefallet, die blauen Augen
geschlossen, auf der schneeweiß vom sonnverbrannten
Gesicht sich abhebenden Stirn noch immer die tiefe,
steile Falte. Zu Häupten standen ihm die großen
Wachskerzen, die sonst den Altar der Kirche schmück
ten. Leise knisterten die Flammen, wenn der Wind.
der hart über die Hallig ging, an der Warft empor
sprang und sich schwer gegen das Fenster warf Fern
über Seesand grollte ein Gewitter, polterte näher
und näher heran und warf schon seine ersten Flam
mengarben über See und Hallig, daß Warften und
Priele ab und zu grell Liberleuchtet waren.
Eine Hand tastete scheu und unsicher an der Tür.
klinkte vorsichtig auf. öffnete langsam und konnte
doch nicht verhindern, daß ein lautes Knarren durch
die Totenkammer ächzte. Der Zugwind packte die
Flamme und duckte sie tief nieder, daß es wie
schwarze Schatten über das stille Gesicht des Gestor
benen huschte.
, Erschreckt fuhr Haye Garmsen. Edlefs Bruder, zu.
Mnmen und zog sich schnell zurück, und es dauerte
eine Weile, bis er es wieder wagte, die Tür zu
öffnen und einzutreten. Mit zusammengekniffenen
Lippen stand er vor dem Toten, bückte sich über ihn
und blickte ihn mit trotzigen Augen an.
,D Broder. wat birst du för'n legen Gast! Alles
wullt du fir di alleen hemn, man nicks mit mi de-
len, man mi keen Wort gönnen. lln mrn läppst du
öS noch so därvan un seggst mi keen Wort, dat ik
vsn nicks mat week. Dat ganze Medelnad steit voll
H«lt. im mi letifi à bot)or sittsn. Q. Broder, mot
bust du för'n Minfch!"
Eie waren allzeit ein wunderliches Gespann ge
wesen. Don Jugend an war keiner vom andern ge»
wichen, trotzdem kein Tag verging, an dem sie sich
nicht in lden Haaren lagen. Edles war der lachende
Erbe, der fröhliche Besitzer der Warst, Haye der
knurrige, geduckte Arbeiter, der doch nie den Willen
und die Kraft fand. Haus und Warst zu verlassen,
um irgendwo auf einer der anderen Halligen fein
eigenes Heim zu errichten, weil er ein gleiches Recht
auf den Besitz zu haben glaubte wie fein Bruder
Edlef. Schwere Kämpfe hatten sie miteinander aus
gesuchten, oft sich mit geballten Fäusten gegenüber
gestanden. sich in wildem Haß ineinander ver
krampft. Das Aller hatte sie ruhiger gemacht.
Schweigen umgab sie bei >der Arbeit, und auch wenn
sie des Abends rauchend am Beilegerofen saßen und
auf die See lauschten, die um die Warst brauste.
Nur wenn Edles einmal ausging, um den Abend bei
Teepunsch und Kartenspiel auf einer der Nachbar
warften zu verbringen, und Haye seine laute
Stimme über die ganze Hallig zu hören vermeinte,
klang ein menschlicher Laut durchs Haus, und schel
tend und grollend lief Haye durch alle Kachelstuben,
durch Scheune und Stall.
Nun war Edlef tot. und Haye war der alleinige
Besitzer. Aber er wurde des Besitzes nicht froh. Er,
der immer nur ein Schatten seines Bruders gewesen
war. immer nur hinter ihm hergelaufen, ein Teil
des anderen gewesen war. wußte allein nichts damit
anzufangen und spürte, daß ihn die Jahre so geduckt
hatten, daß er ohne Edlefs frohes Zugreifen und
şieģh<csî îroZiges Lachen nichts machen konnte, weit
er weiter nichts war, als eine elende morsche Ar
beitsmaschine. Immer hatte nach seiner Meinung
der Bruder ihm Knüppel in das Gefüge seines Le
bens geworfen, und so sah er in dem plötzlichen
Tod nichts als eine neue Bosheit und grollte datier
Edlef heute mehr denn je.
„Broder, wat bust du för'n legen Gast!"
Ņm andern Nachmittag war die Beerdigung. Es
war zwar Hayes Absicht gewesen, Edlef zur Ebbe-
zeit begraben zu lasten, aber der Pastor hatte ihn be
redet, und so hatte er sich endlich, wenn auch grol
lend und mit sich selbst unzufrieden, einverstanden
erklärt und auf allen Warften ansagen losten, daß
der Tote zur Flutzeit nach dem Kirchhof gebracht
werden solle.
Nun war es so weit. Die See stand hoch an der
Hsllligkonte. und alle Priele waren bis oben voll
Wasser; schon begann der Ebbstrom seewärts zu zie-
hen. so daß Wermut und Bondestabe, die silbern
und blau am Prielufer blühten, von der treibenden
Flut m die Wellen gezogen wurden.
Blechern schrie die Halligglocke über die Fennen,
als der Sarg aus dem Totenhanse herausgetragen
wurde und nun auf den Schultern von vier Nach-
barn die steile Warst hiunterfchwankte. Wie eine
schwarze Masse, eng zusammengeballt, schoben sich
eie leidtragenden hinterdrein und sahen zu. wie der
Zum 69. Geburtstage des niederdeutschen Schriftstellers am 30. September.
Sarg ins Boot, das im Priel schaukelte, hineinge-
getragen wurde. Es war keine leichte Arbeit, denn
der Ebbstrom ging stark, das Wasser fiel, und die
Träger mußten bis über die Knie im Schlick waten,
bevor sie ans Boot kamen. Haye stand dabei, als
wolle er mit angreifen; als aber der Sarg sicher
stand und der Fährmann.den Anker ins Boot nahm,
nickte Haye befriedigt, blickte dem treibenden Boot
nach und gesellte sich dann wortlos zu den andern,
dis langsam und schweigend sich über die schwan
kende Prielbrücke tasteten und dann über die Fen
neu nach der Kivchwarft gingen.
Er stakte mit langen, steifen Schritten über das
weiche Gras, die blaue Schiffermütze in die Stirn
gedrückt, den Kopf tief gebeugt. Plötzlich löste er sich
ganz von den andern, eilte an ihnen vorbei und
rannte, ohne sich umzublicken, die Kirch,warft hin
auf: er wollte sehen, wo das Boot blieb; denn der
Sturm ging hart und stark an der Warft vorbei see
wärts. und es mußte schwer halten, das Fahrzeug
an die Kante heranzndrücken.
Ihm war heiß geworden. Hastig riß er die Mütze
herunter, schob sie in die Tasche und stand nun im
peitschenden Regenstrom neben der verwitterten Kir-
chenmauer und blickte mit zusammengekniffenen
Augen nach dem Boot, das schnell im drängenden
Strom näherkam.
Hayes harte Augen hingen unverwandt an der
steuernden Hand des Fährmanns, denn ihm war,
als läge das Boot zu weit draußen im Strom und
>ei in Gefahr, au der Kirchwarft vorbeizutreiben.
„Hort ran!" brüllte er und winkte mit beiden
Händen. Aber der Fährmann kümmerte sich nicht
um fein Rufen und Winken, sondern fuhr ruhig
und sicher weiter, bis er mit einem schnellen Ruck
das Boot herumwarf und m einen ruhigen Seiten
priel lenkte, der, windgeschützt, die Warft im Nor
den umspülte.
_ »Dat harr ik nt dacht", knurrte Haye. stampfte
über einige verfallene Gräber hinweg um die Kirche
herum und sah von dort zu. wie das Boot am Ufer
anlegte. So. nun lag es endlich fest, nun konnten sie
den toten Bruder in die Erde bringen.
Wieder stiegen dis nt er Holligflsch,er in ihren lau
sen Seestiefsln in den Prielfchlick hinunter, hoben
den Sarg auf die Schultern und schleppten ihn
mühsam zur Warft hinauf. Lautlos drängten die
Leidtragenden hinterdrein auf den engen, gras-
überwucherten Kirchhof. Einer der Männer wollte
die SüdertUr der Kirche öffnen; aber Haye kam ihm
zuvor und hielt das im Wind klappernde Tor so
lange fest, bis die Träger den Sarg hineingetragen
und auf den muschelbestreuten Gang niedergelassen
hatten. Dann schloß er wieder die Tür und folgte
langjam den anderen, die um die Kirche herumgin
gen und durch die Vordertür scheu und gebückt in
das kleine Gotteshaus eintraten. Als Letzter trat
er ein.
Eine Weile war es totenstill. Dann raschelten die
Gesangbücher rn txm zitternden Frauenhänden und
harten Männerfäusten. Ein lautes Räuspern
knarrte durch den halbdunklen Raum, und der Ge
sang hub an. Wie heller Möwenschrei sprangen
die Stimmen der Kinder von der hintersten Bank-
veihe nach vorn, piepsend wagten sich einige
Frauenstimmen dazwischen, und dann wälzten sich
schwer und dunkel wie Brandungsbrecher die har
ten, tiefen Männerstimmen zu dem stillen Schlä
fer hinüber.
Haye sang nicht mit. Er stand nur immer und
wunderte sich, daß man so viel Aufhebens von dem
toten Bruder machte, den doch keiner außer ihm
so gekannt hatte, wie er wirklich war. Und als
nun der Pastor von der Kanzel herab den Toten
laut und feierlich zu rühmen begann, da stieg ein
Haß in ihm auf, daß er die Zähne zusammen
beißen mußte, um nicht in dumpfem Groll hin-
auszuschreien, wie der Bruder in Wirklichkeit ge
wesen sei und all die Jahre hindurch an ihm ge
handelt habe. Drohend legte er die Hand an den
Sarg, als fürchte er, der Tote könne sich plötzlich
erheben und den Sargdeckel sprengen. O. er kannte
ihn besser, als all die andern! Er hatte seine
Macht gespürt und und ein ganzes Leben lang dar
unter geseufzt. Mochten die anderen denken und
sagen, was sie wollten, und mochte der Pastor ihn
bis in den Himmel heben, ihn konnte es nicht irre
machen, er kannte den Bruder besser. Und nun
stand er und ließ all die Jahre des Zusammen
lebens an sich vorüberfliegen. Mitunter stieg es
wohl heiß in ihm auf, wenn aus der Flucht der
vielen trüben Tage eine warme, freundliche
Stunde vor ihn hintrat. Er wollte sie nicht sehen
und klammerte sich daher nur immer an das
Dunkle und Harte, das gewesen war und lange,
schwarze Schatten über sein Leben geworfen hatte.
Und doch konnte er es nicht verhindern, daß die
hellen Tage sich heller und heller vor ihm aufrich
teten, ihn weicher und stiller machten, so daß sich
seine knochigen Finger ganz von selbst falteten, als
der Pastor das Schlußgebet sprach. Er hielt auch
dann noch di« Hände gefaltet, als die anderen sich
erhoben und langsam hinter dem Sarg her auf
Den Kkrchhofhrnäusgkngen. '' ' ;
, Ter Raum war eng. Sie hatten einige Erab-
gitter abheben müssen, um zum Grabe gelangen zu
können, und nun taumelten sie mit dem' Sarg
über die Nachbargräber, bis sie vor der frischen
Grube standen. Da aber zeigte sich, daß sie zu
wenig Erde ausgehoben hatten und nun den
Şarg nicht verdenken können. Berückt şch«nut^n dis
Träger sich um und blickten scheu und verlegen
auf Haye, als wollten sie sagen, es sei nicht ihre
Schuld, daß diese Störung eingetreten sei. In
Haye aber stieg der Groll wieder hart und dun
kel auf. Hastig ergriff er den Spaten und begann
mit grimmigen Stichen und Schlägen das Grab
zu erweitern, daß die Schollen weit umherflogen.
Ein wilder Triumph war in ihm, und am liebsten
hätte er laut in dis Gemeinde hineingerufen:
Seht ihr nun, wie er war, dem ihr eben so helle
Loblieder gesungen habt? Ich kenne ihn. ich weiß,
wie er war. Selbst im Tode läßt er mir keine
Ruhe, selbst im Sarge noch zeigt er mir seine
Macht!
llnd dann drückte er selbst nach, als der Sarg
in die immer noch zu enge Grube hinuntergepreßt
wurde und stand hach aufgerichtet, als der Pastor
den Segen sprach und sich dann mit den andern
entfernte. Keiner trat zu ihm, um ihm die Hand
zu reichen oder ein liebes Wort zu sagen; sie fürch
teten sich alle, als sie seine harten trotzigen Augen
sahen. Rur der alte Pe Friech blieb einen Augen
blick stehen und sagte mit seiner ruhigen, gütigen
Stimme: „Na, Haye, nu is de Lärm mit jem
beiden vörbi."
Haye sah ihng roß an:
„Wat geit di bat an?"
Früher er geglaubt, er würde jedem die
Hand reichen, der ihm zu verstehen gegeben, daß er
um seine Not wisse, aber heute wollte er keinen in
sich hineinsehen lassen. Was er mit seinem Bruder
gehabt hatte, das ging keinen etwas an, das war
seine eigene Sache, und niemand hatte etwas
dreinzureden. — —
Nun stand er allein.
Im Westen drohte eine schwere Wetterbank.
Eine schwere Böe trieb sie her. Der Regen rauschte
über das Meer und schlug im heulenden Wind
klatschend auf die Warft.
Haye stand unbekümmert um das Toben des
Sturmes aufrecht da und blickte in die jagenDen
Wolken hinauf. Dann schaute er in das Grab, von
dessen Wänden das Wasser auf den Sarg rann,
lächelte seltsam und sagte: „Js gud, Edlef. Laat
man, dat nützt di nu nicks meer."
Als der Regen nachgelassen hatte, begann er, die
Grube zuzuschaufeln. Anfangs ging es hastig, aber
jeder neue Spatenstich wurde langsam und lang
samer, und als der Hügel fertig war und die
regennassen Kränze darauf lagen, stand Haye noch
lange auf den Spaten gebückt, den Kopf gebeugt,
und tausend Gedanken liefen ihm durch den Sinn.
Er war ja doch sein Bruder, der da drunten schlief,
der einzige Mensch, den er auf Erden gehabt hatte,
llnd wenn er auch hart gewesen war, nun war das
doch alles vorbei.
Der Sturm warf einen der Kränze herab. Lang
sam bückte Haye sich und legte ihn wieder auf
seinen Platz.
„So, Edlef, nun slaap in Ruh und Freden.
Müll n an de ollen Geschichten nich meer denken,
schall vergeten sien. Büst doch mien leewe Broder,'
wenn du ok ümmer en legen East west büst."
Dann schritt er ruhig und sicher seiner Warst zu
und ging an die Arbeit, als wäre nichts geschehen.
MৠHeàķ.
Eine kleine Kate, mit Stroh gedeckt,
drei schwanke Pappeln davor,
ein nickender Dornbusch, duftend und rot,'
über dem Gartentor.
Sonnîsgssàràî».
Wie dünket euch um Christus, wes Sohn ist er?
Matth. 22, 42.
Wo immer Jesus eindringt, wird er unbequem.
Er läßt den Leuten nicht die gemütliche Ruhe, die
sie zunächst bei ihm erwarten, sondern stellt'an
spruchsvoll Forderungen, daß man ihn ernst neh
men soll. Manche erkennen ihn gnädigst als einen
herrlichen Lehrer an. Aber sofort tönt sei,: Wort
Ņ '.reinen Herzen", vom „Mammon", von der
„Versöhnlichkeit" hart an die widerspenstigen
Ohren. Man erklärt Jesus als Jdealmenschen.
Aber warum erreicht denn keiner dies Ideal, zu-
mllll er doch auch nur ein Mensch gewesen sein
soll, wie wir alle? Man frisiert Jesus zum Volks-
maun und Proletarierführer. Aber Jesus sagt den
Armen ebenso klar wie den Reichen: „Trachtet am
ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner
Gerechtigkeit!" Wo immer man sich mit Jesus ein
läßt, wird er unheimlich und unbequem.
Darum möchte man ihn am liebsten ganz aus
dem Wege schaffen. So hat man erklärt, er habe
nie gelebt. Aber die Geschichte zeigt uns einen un
vergleichlichen Ausstieg, der nicht von schlau be
rechnenden, politisch raffinierten Jüngern ausging
sondern gegen alle Verzagtheit und Unfähigkeil'
dieser Jünger von dem Gekreuzigten und Auf
erstandenen begonnen und siegreich durchgeführt
ljt, ob Kaiser und Völker mit Schwert und Feuer
gegen ihn gewütet, ob Gelehrte aller Zeiten mit
witzigem Spott und allen Mitteln der „Wissen-
Ichaft" gegen ihn geeifert, ob selbst — für jede
Bewegung das Verhängnisvollste! — die eigenen
Anhan.Mx in ihrer Unfähigkeit seine Sache mit un
glaublichen Fehlern und stetem Versagen fortwäh-
rend entstellt und geschädigt haben. Dennoch lebt
dieser ^esus und führt heute seinen Siegeszug aufs
neue durch. Wer ist der, der das kann? Wes Sohn
t|t er? ’
Dtan kommt um diese Frage nicht herum. Andere
glauben zwar, sie einfach praktisch bei Seite schie
ben zu dürfen, sie kümmern sich nicht um Jesus und
leben in den Tag hinein. Aber merkwürdig, es
itört sie doch, wenn in ihrer Nähe andere an Je
sus glauben. Warum stört sie das? — Wieder
andere meinen, man könne sich ein Christentum
zurechtmachen, das nur vom „lieben Gott" redet,
wo man Jesus letzten Endes entbehren könne.
Aber solches Christentum ohne Christus bleibt
matt, und gerade den schweren Stürmen unserer
Notzeit gegenüber ist es zu weich und hält nicht
stand. — Man spricht viel vom religiösen Suchen
unserer Z-eit. Ab^r alles religiöse S-ehnen und
Suchen bleibt entweder zerflatternde Stimmung
oder blasses Denken ohne Kraft und Wärme, so
lange man nicht die persönliche Gestalt Jesu hin
einzieht. Dann aber wieder erfüllt er die Sehnsucht
des Menschen, daß das unruhige Herz erst dann
aber auch völlig zur Ruhe kommt, wo es ihn auf
nimmt. <zür Schuld und Herzeleid, für Kummer
und Sorgen, für Leben und Sterben gibt er dem
verzagten Menschenherzen Frieden. Wer ist der
der solches kann?
Mag das Wort „Gottes Sah n" dogmatisch
und unmodern klingen; mag man zugeben, daß es
sich auch bei dieser Bezeichnung um unzulängliches
Stammeln handelt, wo wir in irdischen Gleich
nissen und menschlichen Begriffen himmlische und
göttliche Fragen mehr andeutend als wirklich er
klärend zu beantworten suchen, die menschliche
Sprache wird keinen passenderen Ausdruck finden:
Jesus gehört zu Gott, stammt von Gott, führt
zu Gott: er ist „Gottes Sohn". Damit aber ist uns
gezeigt, wie all unser Suchen und Fragen zur
Ruhe kommt. Was das alttestamentliche Seufzen
tiefster religiöser Sehnsucht fragt: „Wann werde
ich dahin kommen, daß ich Gottes Angesicht sehe?",
das beantwortet neutestamentlich ' das Selbst
bekenntnis Jesu: „Wer mich sieht, sieht den Vater.
Niemand kommt zum Vater, denn durch mich."
D'e weiten Felder lichtüberglänzt,
eben, so weit man schaut,
darüber der Himmel wolkenlos,
in seliger Tiefe gebaut.
llnd ringsum Freude und Schaffenslust
und klingender Sensenschlag — —
Das ist in meiner Heimat am Meer
ein leuchtender Sommertag.
Wilhelm L o b f i e n.
Dcŗ grememstche Bauer
örr VrsnrezM.
Von M. M ü h l b r a d t - Landsberg. v °
Die germanische Bronzezeit, der Hochstand vor
geschichtlichen germanischen Schaffens, bei der wir
eine frühe, mittlere und späte unterscheiden ist in
die Zeit um 2000 bis 800 v. Chr. zu setzen..Wenn
auch Zinn und Kupfer vornehmlich durch die Kel
ten eingeführt wurden, so trägt die germanische
Kultur doch eine arteigene Formgebung von sol
cher Gediegenheit und Vollendung, wie sie kein
Volk in seiner Bronzezeit jemals erreicht hat.
Seien es Erzeugnisse der Waffenschmiedekunst oder
Frauenschmuck, seien es Urnengefäße der Haushal
tungsgegenstände, alles ist in einem solchen har
monischen Einklang von Zweck und Erscheinung
gehalten, daß man es bis vor kurzem noch für un
wahrscheinlich hielt, „solche Kunstwerke den Ger
manen anzueignen, weil dies der Kulturgeschichte
widerstrebt". Aehnlich steht es mit der Feldbestel
lung. der Siedlung und der Dorfanlage. Lediglich
weil die Germanen keine Städte kannten schalt
man sie „Barbaren".
Vorherrschend in der frühen Bronzezeit war der
Einzelhof, der auf dem eigenen und unbeschränkten
Boden des Siedlers stand. Die Besiedlung zu da
maliger Zeit haben wir uns so vorzustellen, daß
der Einzelne auf vorgeschobenem Posten sein Vier
eckhaus aus behauenen Baumstämmen errichtete,
den Wald rodete, den Acker bestellte und sein Vieh
weidete. Das von ihm urbar gemachte Land war
nun sein „rechtes Eigen". Wo Lage und besondere
Umstände es ermöglichten oder erforderten, siedet-