Full text: Newspaper volume (1932, Bd. 3)

Sur NîàrhMrmg 
Beilage der Schleswig-Holsteinischen Landeszsttung (Rendsburger Tageblatt) 
Freitag, Sen 8. Juli 1fc>32 
Die Lebensrenle. / 
Von G. Rabe. 
Gegen 9 Uhr morgens saß im Gasthaus eines 
deutschen Dorfes ein Amerikaner beim Früh 
stück und versuchte im Kreisblatt zu lesen. 
Nach den Proben seiner deutschen Sprachkennt- 
nisse zweifelte der Wirt daran, daß es diesem 
kuriosen Herrn gelingen würde, hinter den 
Sinn der gedruckten Worte zu kommen. Aber 
Mister Redmaker fand wirklich etwas, was 
ihn interessierte, das er demnach also hatte 
entziffern können. 
Er hielt das Blatt dem Wirt hin, nr lener 
Ungeduld und Eile, die ihn gleich bei seiner 
Ankunft gekennzeichnet hatten und die man 
nachher gehörig belachen mußte. Denn er war 
mit dem letzten Abendzug eingetroffen, hatte 
„ach dem Friedhof gefragt und wollte sofort 
wieder zurückreisen. Als ob man sich in diesem 
Dorf einen Nachtzug leisten könnte, extra für 
Halbverrückte, die direkt ans Amerika kommen, 
um einen nächtlichen Fricdhofsbesuch zu 
machen. .. , 
Der biedere bäuerliche Wirt, der zu dreser 
ungewöhnlichen Stunde im Schankraum stehen 
mußte, trocknete umständlich seine Hände, ehe 
er das Blatt nahm und diese Notiz las, die 
den Amerikaner merkwürdigerweise inter- 
„Am morgigen Mittwoch begeht unsere äl 
teste Einwohnerin, die Witwe Marie Rade- 
macher, in voller geistiger und körperlicher 
Frische ihren neunzigsten Geburtstag. Die Ju 
bilarin, die bei alt und jung als „die alte Ra- 
demuchcrn" bekannt und beliebt ist, soll an 
d/iesem Tage laut Beschluß des Gemeinöerats 
àrch ein Geschenk geehrt werden, das Herr 
tàneindeoorsteher Möller ihr um 10 llhr vor 
mittags persönlich überreichen wird." 
Wo der Gemeindevorsteher jetzt zu finden 
sei, wo die „alte Rademachern" wohnte, ob sie 
Kinder itr Amerika habe. Diese Fragen will 
der Mister beantwortet haben. Ja, ihr einzi 
ger Sohn sei allerdings vor etwa 80 Jahren, 
als junger Mensch also, nach Amerika ausge 
wandert und verschollen, bemerkte der Wirt, 
in dessen Stirn langsam die Zusammenhange 
, u dämmern begannen. Jetzt habe die Ge 
meinde, die sich ihrer annehmen mußte, die 
Nlte in einer kinderreichen Familie unterge 
bracht, wo sie sich noch nützlich mache. Und der 
Gemeindevorsteher wohne da und da, sein 
Junge werde ihn führen. 
Der eilige Amerikaner, die Uhr in der 
Hand, bestellte das Gepäck auf 10 Uhr 8 zur 
Bahn, bezahlte die Rechnung und war davon, 
ehe der Wirt seine Vermutungen zu Ende 
denken konnte. Nun sah er sich den geschriebe 
nen Namen noch einmal gründlich an: Red 
maker — Rademacher. Kein Zweifel mehr 
möglich! Der verlorene Sohn war heimgekehrt 
das heißt der Sohn vom Sohn, mit dem ins 
Amerikanische übersetzten Namen. Das mußte 
er sofort seiner Frau mitteilen. Zehn Minu 
ten später wußte es das ganze Dorf. Ein Dob 
larsegcn würde sich über die Gemeinde ergie 
ßen! Zuletzt eilte man zur alten Rademachern 
selbst, der man es in die Ohren brüllte. 
Die Alte hatte bisher von ihrem Festtag 
noch nichts gemerkt. Es wimmelte um sie 
herum von Kindern, deren Geschrei sie zum 
Glück nur wie aus weiter Ferne vernahm 
aber dafür wurde sie an den Röcken gezogen, 
von kleinen Fäusten traktiert, und die junge 
Frau war ungehalten, weil der Gemeinde- 
rrmen die Arbeit nicht mehr schnell genug von 
j»er Hand ging. Das Haus sollte bis 10 Uhr 
zeputzt sein, die Kinder mußten zum dritten 
Male für den Besuch des Gemeindevorstehers 
gesäubert werden; auf das Aeußere der Alten 
zu achten, war bisher keine Zeit geblieben. 
Das änderte sich, mit einem Schlage, als die 
Nachbarinnen mit der Botschaft kamen. 
Sie würde doch an ihrem Geburtstage nicht 
alberten, hieß e g von allen Seiten; und die 
kinderreiche Mutter meinte, sie habe es ihr 
schon den ganzen Morgen gesagt, sic solle die 
Arbeit lassest- Die alte Rademachern war noch 
nicht fähig, rhr Glück in der ganzen Tragweite 
zu erfassen, ckstl ^ohn ein amerikanischer Mil 
lionär? Ihr Kopf bewegte sich zweifelmd hin 
und her; und dre knochenharten, verarbeiteten 
Hände zitterten. Sie solle sich etwas Besseres 
anziehen, forderte man; sie müsse sich schmücken 
für ihren Ehrentag. Aber sie besaß längst 
nichts anderes als die vertragenen Fetzen auf 
dem Leibe; wenn man jeden Tag damit rech 
nen muß, abberufen zu werden, braucht man 
doch keine neuen Sachen mehr. 
Erst brachten die Frauen Kopftücher, eine 
Schürze. „Leihweise", sagte sie, für diese eine 
Stunde. Aber dann witterten sie Möglichkei 
ten. „Das Kleid, ist noch wie neu, es soll dir 
gehören," schrie plötzlich eine der Alten ins 
Ohr. „Wenn du reich bist, kannst du es mir 
bezahlen," fügte sie hinzu. So kam die Rade- 
machcrn kurz vor dem Erlöschen noch zu einem 
vollständigen Staat, wie sie ihn seit ihrer 
Brautzeit nicht besessen hatte. Und wie damals 
standen die Frauen um sie herum, zogen sie 
an, zupften hier und da und schoben sie vor 
den Spiegel. Mit verschämtem Lächeln blickte 
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wenig wie ein für den Bräutigam geschmücktes 
Mädchen. 
Indessen saß Mister Redmaker in der guten 
Stube des Gemeindevorstehers. Sein Vater 
habe ihn auf dem Sterbebett gebeten, gelegent 
lich nach den Gräbern seiner Eltern in diesem 
Dorf zu sehen. Nun sei er also gekommen, 
nicht extra natürlich, eine Geschäftsreise habe 
ihn nach Europa geführt; aber um mit der 
Lokalbahn hierher zu gelangen, verliere man 
volle 24 Stunden, die Nacht im Gastyof ein 
gerechnet — dafür könne man bald quer durch 
die Staaten fahren. Doch auf den Friedhof 
brauche er nun wohl nicht mehr zu gehen, da 
er von dem neunzigsten Geburtstag der Frau 
Radcmachcr gehört habe. Der Gemeindevor 
steher bestätigte ihm, daß ihr Sohn vor etwa 
50 Jahren nach Amerika gegangen sei. 
„All right, was habe ich zu zahGn?" fragt 
Mister Redmaker sachlich; denn die Alte hat 
doch in den letzten 20 Jahren zu Lasten der 
Gemeinde gelebt. 
Das war eine schwierige Frage für den Ge 
meindevorsteher, und ohne Einberufung sämt 
licher Gemeinderatsmitglieder einfach nicht zu 
lösen. 
„Tausend Dollar," bot der Amerikaner; aber 
weil der Gemeindevorsteher in verständnislos 
ansah, weil es ihm noch nicht gelang, die 
Summe umzurechnen, glaubte er, daß es ihm 
zu wenig sei, und ging auf anderthalb tausend 
in die Höhe. Und weitere tausend, gut andert 
halbtausend als Lebensrente für die Alte; man 
konnte ja nicht wissen, wieviel Jahre zu den 
neunzig noch hinzukommen würden. Sollte sie 
aber sterben, so falle die nicht verbrauchte 
Nestsumme der Gemeinde zu. Mister Reöma- 
ker schrieb einen Scheck über dreitausend 
Dollar, sah auf die Uhr und erhob sich. Noch 
20 Minuten, um die Großmutter zu besuchen 
Der Gemeindevorsteher ließ rasch die Dorf 
musikanten benachrichtigen, holte das vom 
Gemeinderat bewilligte Geschenk, das aus ei 
nigen Lebensmitteln bestand, und begab sich 
an der Seite Mister Redmakers, hochrot, mit 
feierlicher Miene und in seinem besten Bra 
tenrock, zu dem Geburtstagskind, das man in 
seinem Staat vor die Tür gesetzt hatte. Sämt 
liche Dorfbewohner empfingen die beiden; die 
Alte hatte ein ängstliches Lächeln im einge 
schrumpften Gesicht und wagte kaum, einen 
Blick auf den breiten blonden Fremden zu 
werfen, der ihr als Enkel vorgestellt wurde. 
Dann hielt der Gemeindevorsteher etwas be 
fand; aber zum Schluß schrie man ihr' von 
allen Seiten das Wort „Lebensrente" ins 
Ohr; und das ging ihr nach und nach ein. Sie 
begriff: sie sollte nicht mehr Gemeindearme 
sein, jemand bezahlte für sie, sie würde mrt 
gutem Recht weiterleben dürfen. Das war ein 
großes Glück, sie richtete sich zitternd auf, und 
Mister Reömaker fühlte seine großen fleischc- 
gen Hände wie von rissigem Holz umspannt. 
„Da danke ich Ihnen auch," murmelte sie mit 
verzerrtem Gesicht. Ihre verwitterten kleinen 
Augen hatten wohl mindestens seit zwei 
Jahrzehnten keine Tränen mehr produziert; 
manche werden tränenselig im Alter, andere 
trocknen aus und können nur ihren Gram 
falten eine andere Richtung geben. 
Es war ein Augenblick allgemeiner Rüh 
rung, als die Alte so winzig, so verfallen, ne 
ben ihrem Enkel, dem großen Amerikaner, 
stand. Und plötzlich rief jemand: „Ein Hoch 
dem Franz Rademacher und seiner Familie." 
Das ganze Dorf schrie es nach; und man be 
gann allgemein die Vorzüge des „seligen 
Franz" zu rühmen. 
Er ist schon als Jüngling der Beste gewe 
sen, viel besser als der Vinzenz," brüllte ein 
alter Bauer der Rademachern ins Ohr. 
„Ja, ja," erwiderte die Alte in der oehut- 
samen Art schwerhöriger Leure, vor sich hin, 
„der Vinzenz war schlechl, aber der Franz ist 
stets gut und sanft gewesen. Ich habe es im 
mer gesagt, daß der Herregott die Guten be 
lohnt." 
„Wie hieß your son?" fragte der Amerika 
ner. 
„Franz," erwiderte der Gemeindevorsteher, 
der das Kauderwelsch schon besser verstand, an 
ihrer Stelle. 
„Und der Vinzenz?" 
„Das war der Sohn vom andern Raöema- 
cher", vom Bruder. Ein Schuft, der mit den 
Ersparnissen der Eltern öurchgebrannt war 
und wohl drüben seine gerechte Strafe ge 
funden hat." 
Mister Redmaker nickte. Sein Vater hatte 
zufällig den Namen Vinzenz geführt. Er sah 
auf die Uhr: noch fünf Minuten Zeit — zu 
wenig für eine Aufklärung. Die dreitausend 
Dollar waren verloren; noch einmal 24 Stun 
den Zeitverlust in diesem elenden Nest ver 
teuerten abermals die nutzlose kostspielige An 
gelegenheit. Außerdem wurden ringsum die 
schlechten Charakterzüge des Vinzenz getadelt 
und die Güte des Franz gepriesen, während 
die Alte mit seligem Lächeln „Ja, der Franz" 
und „Die Lebensrente" nickend flüsterte, so 
bald sich jemand zu ihrem Ohr bückte. 
Gut, sollte die Alte denken, daß es gerecht in 
der Welt zuginge; das Geld konnte er sich 
nicht zurückgeben lassen, und schließlich kam es 
damit einer Verwandten zu. Aber die Gräber 
hatte er nun nicht besucht, wie es der Ster 
bende in später Einkehr erbat. 
Er zog seine Brieftasche. Alle Augen waren 
wie hypnotisiert darauf gerichtet. Nun kam 
der Dollarsegen für das ganze Dorf, minde 
stens ein Freibier und gutes Essen zur Feier 
des Tages; man hatte reichlich Hunger und 
Durst über der Aufregung bekommen. 
Der Gemeindevorsteher erhielt eine Hun 
dertdollarnote: „Für Kränze auf die Gräber 
von allem, was Rademacher heißt." 
„Und der Rest?" fragte einer vom Ge 
meinderat, der die meisten Schandtaten vom 
Vinzenz zu berichten wußte. Vierhundert 
fünfzig Mark für Kränze, das war doch un 
möglich! 
Mister Nedmaker las ihm den Bicrdurst von 
der roten Nase ab. „Alles auf den Gräbern," 
agte er grinsend und stieg in den klapprigen 
Wagen, der ihn zum Bahnhof brachte. 
Die Musikanten trafen in diesem Augenblick 
ein und schickten ihm rasch einen Tusch aus 
ihren verstimmten Blechinstrumenten nach. 
Als der Wagen am Ende der Dorfstratze ver 
schwunden und nur noch eine dichte Staub 
wolke wie der mystische Rauch nach märchen 
hafter Zauberei zurückgeblieben war, entsann 
man sich des Geburtstagskindes. Aber das 
schwache Herz der Alten hatte dem großen 
Ansturm nicht widerstanden; sie war in ihrer 
Freude über die Lebensrente sanft hinüberge- 
schlummcrt. 
HDfMMZM öss Ultet* ârtz. 
Don KurtNenck. 
Es ist ein ungewöhnlich warmer Tag voll Klar 
heit und Frieden. Durch meinen schwer mit Blüten 
überladenen Birnbaum sehe ich zwei schneeweiße 
Tauben auf dem Giebel des Nachbarhauses, Unab 
lässig trippeln sie hin und her, drehen und wenden 
die Köpfe, als hätten sie sich unendlich viel zu sagen. 
Aus dem lichten Himmelsblau schaut eine große 
weiße Wolke hernieder, als wollte sie zuhören. Was 
die Tauben gurren, was die Wolke hört, ist mir ver- 
borgen. Aber ich weih etwas aus jenem freundlichen 
Mchbarhaufe. Das will ich erzählen. 
In der rofenumrankten Veranda dort verbringen 
zwei alte Damen die meisten Stunden des Tages. 
Sie sind Nachkommen des Hofpredigers vom Alten 
Fritz. Beide, Mutter und Tochter, haben kluge, 
feine Gesichter, die voll Lachens und Schelmerei 
stecken. Dabei zählt die Mutter schon über achtzig 
Jahre und ist trotzdem voller Lebensfreude. Immer 
kehrt man von einem Besuch bei den beiden froher 
heim. 
Hinter ihrer sonnigen Veranda liegt das freund 
liche Wohnzimmer. Hier hängen in schwarzen gold 
geränderten Rahmen zwei Bildnisse, vom Alter 
gebräunt wie Leder und wie geädert voll kleiner 
Risse. Sie stellen den Hofprediger und seine junge 
schöne Braut dar. 
Es weht wie Frühling und maifrohes Blühen 
von dieser jungen, reizenden Mädchenknospe her. 
Ich kann mir wohl denken, daß das Bildnis als 
Brautgeschenk in das Haus des Predigers Augustin 
Christian Pfund gekommen ist und nicht nur dem 
glücklichen Bräutigam, sondern auch all den Seinen 
eine Herzensfreude war. Sie liebten ja alle die 
schöne Hofdame der Prinzessin Amalie, das Frau- 
sein von Langen, seit sie zum ersten Male im .Hause 
Pfund zu Gast gewesen war. Die braunen Augen 
des lieblichen Mädchens mit ihrem innigen, sonnen 
guten Glanz nehmen noch heute jeden gefangen, der 
hineinschaut. Ganz eigen ist es sogar. Man mag 
sich stellen, wohin man will, in jeden, Winkel des 
Zimmers folgen einem diese Augen. Und das ist 
nicht die Kunst des Malers allein. 
Welche Kraft zum Guten und Wahren mögen 
diese Augen in die Seele des späteren Gatten über 
geströmt haben, welche Lust, mutig und unerschrocken 
zu lein! Und das konnte ein Hofprediger brauchen! 
Würdig fleht der Geistliche aus in der gepuderten 
AllongeperUcke, kn Talar mit dem feingekräuselten 
weißen Spitzenrand, mit dem dunkelfarbigen, weiß- 
geründerten Beffchen. Ernst und verhalten schau: er kein Weg aufwärts 
mit seinen hellen Augen wie in weite Ferne über 
die Zeiten hin. Eine kräftzge Nase, ein voller Mund 
machen aber die Lebhaftigkeit und Kernigkeit dre 
ses Mannes verständlich, dessen Amt in schweren 
Kriegsjahren am Hofe des freigeistigen Königs 
nicht leicht gewesen sein mag. Der ausgestreckte 
Zeigefinger der rechten Hand deutet voll Entschie 
denheit nach unten, als spräche der Mund des Pre 
digers: „Von Erde bist du genommen". Doch ein 
leldvoller Zug in semen Mienen weist wie der 
erdenfcrne Blick ganz stark auf die Ewigkeit. 
Zwei alte braune Bilder; vergangene Zeit. Und 
doch reden und raunen sie so heilig mahnend 
In der vergilbten Bibel des Hofpredigers ist eine 
Stelle vor andern angemerkt. Ein dicker, fester 
Strich ist von seiner Hand neben die Worte des 
44. Psalmes gezogen: „Gott / wir Habens mit un 
fern ohren gehöret / unsere Väter Habens uns er 
zählet / was du gethan hast zu ihren zelten vol 
alters. Sie haben Las land nicht eingenommen 
durch ihr fchwerdt / und ihm arm halff ihnen nicht 
sondern deine rechte / dein arm / und das licht 
deines angesichts / denn du hattest Wohlgefallen an 
ihnen. Gott, du bist derselbe mein König / der du 
Jacob hülffe verheißest. Durch dich wollen wir un 
sere feinde zerstoßen; in deinem namen wollen wir 
untertreten / die sich wider uns setzen. Denn ich 
verlasse mich nicht auf meinen degen / und mein 
schwevdt kann mir nicht helfen; Sondern du f)tIssest 
uns von unfern feinden / und machest zu schän 
den / die uns Haffen." So las ich in der alten 
Bibel. Und ich dachte an das. was mir die beiden 
alten Damen von ihrem Vorfahren und dem Gebet 
des Alten Fritz erzählt hatten. 
Es war im Siebenjährigen Kriege vor einer der 
großen Schlachten, als die Zeit sehr drängte. Fried 
rich der Große wollte den Befehl zum Angriff ge 
ben. Der Hofprediger Pfund mahnte ihn, sich und 
fein Heer vor der Schlacht Gott zu befehlen. Da 
brauste der König auf: „Mach Er, daß Er aufs 
Pferd kommt; Ich kann keinen Mann entbehren!" 
Aber mit unerschütterlicher Ruhe erwiderte ihm 
Pfund: „Majestät, erst beten, dann schlagen!" Da 
ist der König vom Pferde gestiegen, und alle sind 
niedergekniet und haben um Hülfe und Sieg gebetet. 
Und Gott hat das Gebet erhört und hat geholfen. 
„Erst beten, dann schlagen!" Sollte dies mutige 
Wort nicht auch heute noch den Weg aus Rot und 
Nacht zu Sieg und Licht weifen? Ohne Gott geht 
Buà Idi 
Newyork wird Venedig. 
Wenn das Eis der Arktis schmilzt . . . 
Newyork hat die Aussicht, in ferner Zukunft ein 
mal ähnlich auszusehen, mit heute Venedig. Seine 
Wolkenkratzer werden bis zum 12. Stock unter 
Wasser stehen. Wenigstens ist dies die Ansicht von 
Dr. Humphrey, des Leiters des „U. S. Weather 
Bureau" der Meteorologischen Gesellschaft. Dieses 
Unglück werde jedoch nicht nur Newyork allein 
treffen, sondern alle tiefgelegenen Städte. Dr. 
Humphrey gibt nämlich an, daß bei der fortdauern 
den Erderwärmung die Eisberge zu schmelzen be 
ginnen und sich mit der Zeit in Wasser verwandeln 
werden. Untersuchungen in Grönland, Beobachtun 
gen der Eisberge und der Ausdehnung des Polar 
eises hätten eine, natürlich rohe, Schätzung ermög 
licht, wie hoch der Ozean steigen würde, wenn ein 
mal Eisflächen und Berge geschmolzen feien. Dr. 
Humphrey schätzt die Masse des Grönland- und des 
Polareises auf 24 Millionen Kubikkilometer. Es 
liegen übrigens von deutscher Seite Schätzungen 
des Grönlandeises vor, die auf die Expedition 
Alfred Wegeners zurückgehen. Auf Grund der dort 
vorgenommeneu Eismessungen glaubt man. sagen 
zu dürfen, daß Grönland eine Eismasse von minde 
stens 3 Millionen Kubikkilometer enthält, die der 
Masse des gesamten europäischen Festlandes mit 
allen Hoch- und Mittelgebirgen gleichkommen. 
Grönland enthält 40 mal soviel Wasser wie Nord- 
und Ostsee zusammen; würde das dort aufgespei 
cherte Eis schmelzen, so stiege — immer nach den 
Berechnungen der deutschen Forscher — das Welt 
meer um nicht weniger als 8 Meter, und weite, 
tiefliegende Gebiete in allen Erdteilen würden 
unter Wasser gesetzt werden. Wenn man also auch 
noch ein Schmelzen des arktischen Eises annimmt, 
so kann man schon die Möglichkeit zugeben, daß 
Newyork einmal Venedig sein wird. 
LachrZr ßmö Lächà. 
Die Wette. 
Ein Theaterkritiker sandte einmal an Lucien 
Guitry eine eigene Komödie und dazu die fol 
genden Zeilen: „Lieber Herr Guitry, ich wette mit 
Ihnen um zwanzig Franken, daß Sie das beilie 
gende Stück nicht lesen werden!" 
Am nächstfolgenden Tag erhielt der Autor sein 
Manuskript zurück. Eine Note zu zwanzig war an- 
geschloffen und auf der Begleitkarte stand: 
„Ich gratuliere! Sie haben gewonnen!" 
Nicht kompetent. 
Premiere eines noch unbekannten Operettenkom« 
ponisten. In einer Loge hat sich auch Emmerich 
Kalman eingefunden, der berühmte Schöpfer de, 
„Ezavdasfürstin". Er lauscht, schmunzelt und merkt 
mit immer wachsenderem Staunen, daß die meiste« 
Melodien eine verblüffende Ähnlichkeit . . . mit 
seinen eigenen haben. 
In einer Pause erscheint der jugendliche Debü 
tant. 
„Sind Sie also zufrieden?" wendet er sich av 
den Meister. „Habe ich meine Sache gut gemacht?^ 
„Herr Kollege." darauf Kalman, „das Urteil 
über die eigenen Werke muß ich wohl schor 
anderen überlassen!" 
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