Full text: Newspaper volume (1932, Bd. 3)

Um das deutsche Gleichberechtigungs-Verlangen. 
Die Gegenseite anscheinend uneinig 
Paris ist mit England unzufrieden. 
Zn politische'» französischen Kreisen nimmt man, 
wie heute aus Paris gemeldet wird, allgemein an, 
daß der englische Kabinettsrat über den Text der 
französischen Antwort an Deutschland am heutigen 
Freitag stattfindet, und daß Marcel Ray, der Ka 
binettschef Herriots, infolgedessen erst am Sonn 
abend aus London zurückkehrt. Die französische 
Antwort wird frühestens am Sonnabend, vielleicht 
aber auch erst am Montag der Reichsregierung 
übermittelt werden. 
ŞşJn Pariser Kreisen ist man über die starke Zu 
rückhaltung der englischen Negierung ziemlich über 
rascht. Man hatte erwartet, das Macdonald mit 
aller Deutlichkeit gegen die deutschen Forderun 
gen Stellung nehmen würde, ist aber nun der Auf 
fassung, daß die Haltung der englischen Regierung 
alles mehr denn eine Ermutigung hinsichtlich des 
Ergebnisses der Reise des Kabinettschefs Herriots 
darstelle. Man betont deshalb schon jetzt französi- 
scherseits, daß die Antwort auf die deutsche Rote 
eine rein französische sein werde und die übrigen 
Unterzeichner des Versailler Vertrages in keiner 
Weife verpflichte. Die Besprechungen, die in den 
letzten Tagen mit London und den anderen, an 
dem sog. Konsultativabkommen beteiligten Regie 
rungen stattgefunden hätten, hätten nur halbamt 
lichen Charakter getragen und schon darum weder 
die französische Antwort beeinflussen, noch diese 
Mächte durch die französische Antwort in irgend 
einer Weise binden können. 
Italien schaut auf England. 
Hochpolitisches Sptd. 
In einer längeren Meldung des römischen Be 
dichterstatters der konservativen Londoner „Mor- 
ningpost" heißt es heute, daß die italienische Politik 
vor neuen schweren Entscheidungen stehe, die mög 
licherweise zum Austritt Italiens aus dem Völker 
bund führen könnten, obwohl Italien alles tun 
wolle, um diesen Schritt zu vermeiden. Das störende 
Element in der europäischen Politik sei die Haltung 
Frankreichs, das zwar internationale Friedenspakte 
unterzeichne, andererseits aber seine Sicherheit durch 
Beibehaltung feiner militärischen Vorherrschaft 
schützen wolle und den Völkerbund zu seinen Son 
derzwecken ausnütze. 
Italien betrachte den deutschen Anspruch auf 
Rüstungsgleichheit als den Prüfstein. 
Es fei der Ansicht, daß eine Ablehnung dieser For 
derung durch Frankreich einen Bruch des Versailler 
Vertrages bedeute. Italiens Augen lenkten sich auf 
England, und der neue Botschafter in London, 
G r a n d i, werde nach der Rückkehr auf seinen 
Posten England zu überreden haben, einen Druck 
auf Frankreich auszuüben. Das Schicksal Europas 
liege zum großen Teil in den Händen Englands. 
In einem Leitartikel weist die „Morningpost" auf 
die großen Gefahren hin, die sich aus einem italie 
nisch-französischen Gegensatz ergeben würden. Das 
Blatt hofft, daß es gelingen werde, diese Entwick 
lung zu vermeiden. Gleichzeitig sagt die „Morning- 
poft", daß man ein etwaiges Einvernehmen zwischen 
der deutschen Reichswehr und Rußland nicht 
außer Betracht lasten dürfe. 
„Logisch unwiderstehlich". 
TU. London, 9. Sept. (Erg. Funkmeld.) 
Die liberale „News Chronicle" schreibt, es 
müsse immer wieder betont werden, daß 
Deutschland nicht die praktische, sondern die 
theoretische Nüstungsgleichheit fordere. Die 
deutsche Forderung sei logisch unwiderstehlich, 
und die englische Regierung könne unmöglich 
die Berechtigung der Forderungen zurück 
weisen. 
Auch andere englische Blätter, so der „Daily 
Herald", äußern sich wiederum in ähnlichem 
Sinne. 
Der Polizeiuntersuchrmgs- 
»Usschuß des Landtages. 
Polizei und Politik. 
In Berlin tagt augenblicklich der Polizei- 
Untersuchungsausschuß des Preußischen Land 
tages zur Nachprüfung über Beschwerden über 
die preußische Polizei. Gestern wurden die 
Vorgänge vom 12. Juli in Berlin untersucht. 
Es handelt sich um Zusammenstöße zwischen 
Reichsbanner und Nationalsozialisten vor 
dem nationalsozialistischen Verkehrslokal in 
der Ravenestraße. Der Nationalsozialist Sa 
ger bekundet, daß ihm von einem Schutz 
polizisten 2 Zähne ausgeschlagen seien. Im 
übrigen sind die Aussagen belanglos bis auf 
eine sehr wesentliche politische über das Ver 
hältnis der Polizei zu den Organisationen. 
Abgeordneter Henze (Nat.-Soz.) fragte näm 
lich, ob eine Anweisung bestehe, bei der Ver 
haftung von Nationalsozialisten mit besonde 
rer Schärfe vorzugehen. Zeuge Großkvpf be 
stritt das entschieden. Auf eine weitere Frage 
Henzes, ob irgendwie die Anweisung gegeben 
worden sei, bei Verhaftungen von National 
sozialisten mit besonderer Schärfe vorzu 
gehen, erwiderte Hauptmann Pawel: In die 
ser Form nicht, aber bei einer Besprechung, 
bei der ich nicht dabei war, soll Oberst Hei- 
mannsberg gesagt haben, daß gegen das 
Reichsbanner, weil es als einzige Organisa 
tion hinter der (damaligen) Regierung stehe, 
nicht in derselben Weise vorgegangen werden 
solle, wie gegen andere. (Hört, hört! bei den 
Nat.-Soz.) Auf die Frage des sozialdemokrati 
schen Abgeordneten Dr. Hamburger, wer Pa 
wel diese Mitteilung gemacht habe, antwortete 
Hauptmann Pawel: „Polizeimajor Haas. Ich 
habe mich geweigert, diese Anordnung weiter 
zugeben. Wir haben nämlich gesagt: Wenn 
wir das weitergeben sollen, müssen wir es 
schriftlich bekommen." 
Es wurde dann festgestellt, daß ein Mitglied 
des Ueberfallkommandos, auf dessen Aussage 
der Ausschuß größten Wert legt, nach Ost 
preußen beurlaubt ist, ein anderes krank im 
Lazarett liegt. Ein Kraftwagenführer sagte n. 
a. als Zeuge aus, daß er bei den Festnahmen 
nichts von Mißhandlungen gesehen habe. 
Schimpfworte seien nicht von Polizisten, son 
dern von Zivilisten gefallen. 
* * * 
Mmrni Prozeß - Schuß im GmchlssM 
Bei Beginn der Donnerstagsverhandlungen 
im Brünner „Hochverrats"-Prozeß wurden 
sorgfältig Luftgewehre, Zimmerstntzen, Schieß 
scheiben und alte Trommelrevolver vorgelegt, 
die, wie der Staatsanwalt erklärte, bei zwei 
Mitgliedern des Volkssportverbandes gefun 
den worden seien. Als die Mitglieder des 
Gerichtshofes und die Verteidiger die Ge 
wehre untersuchten, ging ein Schuß \loê. Die 
Tendenz des ganzen Prozesses und die Ein 
stellung des Gerichts trat erneut hervor, als 
nach Ausschluß der Oeffentlichkeit die Befra 
gung der militärischen Sachverständigen be 
gann. Das Verhalten des Gerichts zeigt, daß 
offenbar das Urteil längst fertig ist und ge 
rade noch die äußere Form gewahrt wird. 
Den Eindruck der Verhandlung faßte Ver 
teidiger Dr. Dembitzki in einer Aeußerung an 
die Pressevertreter folgendermaßen zusam 
men: „Wenn das alles, was die militärischen 
Sachverständigen so bezeichnen, wirklich als 
eine militärische Uebung gelten sollte, dann 
muß man auch das einfache Gehen auf zwei 
Beinen dazu rechnen. Dann müssen als eine 
gefährliche Waffe, mit der man Sabotageakte 
vornehmen kann, auch die fünf Finger der 
Hand gelten. Denn man könnte damit unter 
Umständen eine Telegraphenstange umreißen." 
* 
Sie mM Lösegeld ergattern. 
T-U. Charbin, 8. Sept. Einer in Charbin ein 
gelaufenen Meldung zufolge beabsichtigen fahnen 
flüchtige chinesische Soldaten und 1500 Freischär 
ler, den Expreßzug, in dem das deutsche und das 
französische Mitglied des Lytten-Ausschusies, Gou 
verneur Schnee und General Claudel, nach Europa 
zurückreisen, zu überfallen. Sie wollen angeblich 
Gouverneur Schnee und General Claudel, die zur- 
^zert nach unterwegs sind, gefangenneh 
men und ein hohes Lösegeld für ihre Freigabe 
verlangen. 
Gerüchtweise verlautet, daß Flugzeuge für die 
Weiterbeförderung der beiden Abordnungsvertre 
ter benutzt werden sollen, um den Plan der Ban 
den zu vereiteln. 
* . * 
Der Kampf um den Reichskommiffar. 
Verschiedene Mfssssungen im Slaalsral. 
Der Preußische Staatsrat nahm gegen die Stimmen 
der Rechtsparteien und der Kommunisten einen ge 
meinsamen Antrag der Sozialdemokraten, des Zen 
trums und der Staatspartei an, worin der Auffassung 
Ausdruck gegeben wird, daß die Verordnung des Reichs 
präsidenten über die Einsetzung eines Reichskommissars 
und ihre Anwendung — insbesondere die Enthebung 
des preußischen Ministerpräsidenten und der preußi 
schen Staatsminister von ihren Aemtern und von der 
Führung der laufenden Geschäfte — mit der Reichs 
verfassung und der preußischen Verfassung nicht in 
Einklang stünden. 
Da die Entscheidung dieser verfassungsrechtlichen 
Frage vom Staatsgerichtshof erst in einiger Zeit zu 
erwarten sei, würde der Staatsrat die ihm von der 
kommissarischen Staatsregierung zugeleiteten Vorlagen 
sachlich beurteilen, ohne dadurch jedoch ihre Rechts- 
Fültigkeit anzuerkennen. 
Die Fraktion Arbeitsgemeinschaft gab ihrer Auf 
fassung einmütig dahin Ausdruck, daß die Rechtsgrund 
lage der kommissarischen preußischen Staatsregierung 
unanfechtbar sei, und daß'der Reichskommissar 
für Preußen und sein Bevollmächtigter als Beauf 
tragte des Reichspräsidenten auf Grund dessen Notver 
ordnung vom 20. Juli 1932 ihre staatlichen Aemter 
verfassungsmäßig ausübten, 
* * * 
Schulen und Gefängnisse. 
Em Vergleich. 
Die Preußische Lehrerzeitung enthält folgenden 
bemerkenswerten Vergleich: „Die Zahl der anor 
malen Kinder beläuft sich in Frankreich wie in 
Deutschland aus rund 40 000. Von ihnen werden 
in Deutschlan d etwa 39 000 sonderbeschult, in 
Frankreich dagegen nicht mehr als 1000, Elsaß- 
Lothringen zehrt noch von der deutschen Erbmasse. 
Auf 1700 000 Einwohner entfallen 1000 sonder 
beschulte Kinder, im Seine-Departement auf 
4 500 000 nur 300. Unser Bruderstaat Oester 
reich weist allein in seiner Hauptstadt Wien 120 
Hilfsschulklassen aus, Paris im Gegensatz dazu nur 
13. Dasür benötigt es zur Bekämpfung der jugend 
lichen Kriminalität nicht weniger als 17 Gefäng 
nisse für Kinder und Jugendliche. Wir kein ein 
zig«." 
* * * 
Die „Note Fahne" 4 Wochen verboten. 
Die „Rote Fahne" in Berlin wurde bis zum 6. 
Oktober wegen Beschimpfung und Verächtlich 
machung der Reichsregierung in einem Artikel 
„Rüstung gegen das Volk" verboten. 
* 
Heute Rundfunkvortrag Dr. Brachts. 
Reichskommiffar Dr. Bracht spricht heute in der 
Stunde der Regierung um 19.30 Uhr über „Das 
Ziel der preußischen Verwaltungsreform". 
_ Wgett die neuen Bestimmungen über strengste 
Handhabung der Festungshaft hat der frühere 
Reichswehrleutnant Scheringer, der sich in 
der Festungshaftanstalt Bielefeld befindet, Ein 
spruch beim preußischen Justizministerium erhoben. 
Er verlangt nach den Bestimmungen behandelt zu 
werden, die bei seiner Verurteilung galten. 
* 
Der Vorstand des Bezirkslehrervereins Stade 
sprach sich gegen das kirchliche Einsichtsrecht in den 
Religionsunterricht der Schule aus. 
* 
Das Gericht in Stendal verurteilte eins 
Reihe Kommunisten wegen eines blutigen Zusam 
menstoßes mit Landjägern bei einer Fahnenweihe 
in Werben a. d. Elbe im Juli zu Strafen von 
18 Monaten Zuchthaus bis 7 Monaten Gefängnis. 
Jm ivmlqm Zeiiea. 
Der bayerische Gesandte in Berlin, Dr. Pre- 
g e r, wird seinen Posten am 1. Dezember ver 
lassen. Der Rücktritt erfolgt mit Rücksicht auf die 
Erreichung der Altersgrenze von 65 Jahren. 
Auf Einladung der polnischen Regierung ist der 
Generalstabschef des Heeres der Vereinigten 
Staaten, General Mac Arthur, in Warschau 
eingetroffen. Er begibt sich nach Rowno zur Teil 
nahme an den polnischen Herbstmanövern. 
* 
An Stelle des Abgeordneten K n b e, der auf 
ein Mandat verzichtet hat, tritt der Landwirt 
Erich von dem Bach-Zelewski, Dühringshof, Kr. 
Landsberg a. d. W. (Nationalsozialistische Deutsche 
Arbeiterpartei), in den Reichstag ein. 
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Wetterbericht des öfsentl. Wetterdienstes, Hamburg. 
Das britische Tics hat im Läufe des Tages an 
Energie verloren und ist mit seinem Kern nach 
Osten gewandert. Die Regenfront hat dabei die 
britischen Inseln überquert. Da der Lustdruck auf 
der Vorderseite nur noch schwach fällt, wird cs sich 
an Ort und Stelle weiter auffüllen und bei uns 
eine südöstliche bis östliche Luftströmung und meist 
ruhiges und trockenes Wetter bedingen. 
Wettervoraussage für den 10. Sept. 1932. 
Für das mittlere Norddeutschland: vorwie 
gend heiter, am Tage wieder sehr warm, 
leichte südöstliche Winde. 
Für das übrige Deutschland: im Nordwe 
sten zeitweise stärkere Bewölkung, sonst allge 
mein beständiges und sommerlich warmes 
Wetter. 
Bsionöete hiķîîe. 
In der Tonhalle tritt im Rahmen des Kabarett- 
programms eine namhafte Varietegröße auf: Clown 
Moron, Die „Münchener Illustrierte" schrieb in einem 
mit zahlreichen Bildern ausgestatteten Artikel über 
Moron: „Hier scheint ein Stern erster Ordnung am 
funkelnden Varietehimmel ausgegangen zu sein. Mo 
ron steckt nicht mehr in den Kinderschuhen, er ist fix 
und fertig. Sein Weg führte ihn schon über viele Büh 
nen, nun wartet er nur noch darauf, die große Num 
mer zu werden. Vielleicht braucht er nicht mehr lange 
zu warten. Er ist der Clown, wie er sein muß, ko 
misch, liebenswürdig, ein erstklassiger Akrobat, und 
— ihm fällt sogar etwas Neues ein." Am letzten 
Sonntag erntete Clown Moron in der Tonhalle rau 
schenden Beifall. Am Sonntag, dem 11. d. M.. ist 
nochmals Gelegenheit geboten, seine Kunst zu be 
wundern. 
Am Sonntag, dem 11, September, führt der Kieler 
Dampfer „Heinrich" nach Burg, ab Rendsburg morgens 
10 Uhr, an Rendsburg (Rückfahrt) abends 9 Uhr. Die 
Kanalbrücken in Vreiholz, Oldenbüttel, Fischerhütte, 
Erllntal und Burg werden angelaufen. 
Verlag u. Druck: Heinrich Möller Söhne 
Rendsburg. 
Ehefredaktion u.Verlagsleitung: Ferd. Möller. 
Verantwortlich für Leitartikel: Ferd. Möller, 
Politik: Adolf Gregort. lür den allgemei 
nen Teil und Feuilleton: Herbert Puhl 
mann, für den wirtschaftlichen Teil: Tr. I o h. 
Gosch, für den provinziellen und örtlichen Teil: 
Karl Müller, alle in Rendsburg. — Ber 
liner S ch r i f t l e i t n n g: Berlin-Cbarlotten- 
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