Full text: Newspaper volume (1932, Bd. 3)

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Beilage der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung (Rendsburger Tageblatt) 
Mittwoch, den 31. August 1932 
lenke halten ihn nun einmal für den Tüchtigsten 
unter miss.* 
»Das mag wohl sein/ sagte der Bauer, „aber 
wir Bauern halten wieder dich, Lars Larson, für 
den Wackersten/ 
Auch die andern Bauern versammelten sich um sie. 
»Fangt nun an!" sagten sie; »der Pfarrer wartet 
schon. Die Gemeinde lacht uns ja aus." 
Lars Larfon stand ebenso hartnäckig und uner 
schütterlich da wie zuvor. »Ich verstehe nicht, warum 
die Leute dieses Kirchspiels durchaus nicht wollen, 
daß ihr eigener Spielmann über alle andern ge 
stellt wird," sagte er. 
Nils Olofson raste vor Wut darüber, daß alle sich 
verschworen hatten, ihm Jan Oester aufzuzwingen. 
Er kamt dicht an Lars Larson heran und flüsterte: 
»Jetzt merke ich, daß du es bist, der Jan Oester her 
gerufen hat, und daß du das Ganze angezettelt hast, 
um ihn zu ehren. Aber nun spute dich und fange zu 
spielen an, sonst jage ich den Lumpenkerl mit 
Schimpf und Schande vom Kirchenhügel fort." 
Lars Larson sah ihm gerade ins Gesicht und nickte 
ihm zu, ohne den geringsten Groll zu zeigen. »Ja, 
ihr habt recht", antwortete er. »Das muß ein Ende 
nehmen". Er winkte Jan Oester, an seinen früheren 
Platz zurückzukehren. Hierauf ging er selbst ein paar 
Schritte vor und drehte sich um, so daß alle ihn 
sehen konnten. Dann schleuderte er den Bogen weit 
vcm sich, zog sein Messer aus der Tasche und schnitt 
alle vier Geigensaiten durch; sie sprangen mit schar 
fem Klang. 
»Man soll nicht von mir sagen, daß ich mich mehr 
dünke als Jan Oester," rief er. 
Mit Jan Oester aber verhielt es sich so: seit drei 
Jahren ging er einher und grübelte über eine Weise, 
von der er fühlte, daß sie in ihm lebe, die er aber 
nicht über die Saiten brachte, weil er daheim immer 
von grauen Sorgen gebunden war und ihm nie 
etwas widerfuhr, das ihn iiber die tägliche Plage 
Schäferhundes und verwilderter Nachkommen asia 
tischer Hunde, die von den ersten Kolonisten einge 
führt wurden. Er ist nicht mehr sehr zahlreich ver 
treten, weil ihm sein unbezähmbarer Hang, Schafe 
zu zerreißen, die energische Verfolgung seitens der 
australischen Farmer zugezogen hat. 
Don Selma Lagerlöf. 
Nun will ich eine schöne Geschichte erzählen. 
Vor vielen Jahren sollte im Kirchspiel Svartsjö 
m Därmland eine sehr große Hochzeit gefeiert wer 
den. Zuerst die kirchliche Trauung, nachher drei Tage 
ļong eine große Schmauserei. Und an jedem der drei 
^<*ge sollte vom frühen Abend bis tief in die Nacht 
hinein getanzt werden. 
Da es soviel Tanz geben sollte, war es natürlich 
şchr wichtig, einen guten Spielmann herbeizufchaf- 
stn. Das machte dem Großbauer Nilck Olofson, der 
die Hochzeit ausrichtete, fast mehr Kopfzerbrechen 
Es irgend etwas anderes. Den Spielmann, den sie 
'u Svartsjö hatten, wollte er nämlich nicht laden. 
wissen, ob er nicht Zank und Händel anstiften würde, 
wenn Ihr ihm sagtet, daß er nicht geladen ist/ 
Das sah auch der Großbauer ein. Jetzt, da der 
Hochzeitszug sich gerade auf dem Kirchenhügel ord 
nete, durfte es keinen Zank geben. Nils ging des- 
halb auf Jan Oester zu und hieß ihn willkommen. 
Darauf stellten sich -die beiden Spielleute an die 
Spitze des Zuges. Das Brautpaar ging unter dem 
Baldachin, bie Ehrenjungfrauen und Führer der 
Braut folgten, Paar hinter Paar, dann kamen die 
Eltern und die Verwandten. Ein langer, ansehn- 
licher Zug. Als alles bereşt war, ging ein Braut 
führer zu den Musikanten und bat sie, den Hochzeits. 
marsch anzustimmen. Beide Spielleute setzten die 
Geigen ans Kinn, aber weiter kamen sie nicht: so 
blieben sie stehen. Es war nämlich ein alter Brauch 
in Svartsjö, daß der vornehmste der Spielleute den 
Hochzeitsmarsch anstimmte. 
Der Brautführer sah Lars Larson an, als erwarte 
er, daß der anfange. Doch Lars Larson sah Jan 
Oester an und sagte: »Jan Oester muß anfangen." 
Jan Oester konnte aber nicht begreifen, daß der an. 
dere, der so fein gekleidet war wie nup irgendein 
vornehmer Herr, nicht mehr sein solle als er, der in 
seinem zerrissenen Frieskittel aus der elenden Hütte 
kam, aus Armut und Not. 
»Nein! Um Gottes willen!" sagte er nur. »Nein! 
Um Gottes willen!" 
Er sah, wie der Bräutigam den Arm ausstreckte, 
Lars Larson anstieß und rief: »Lars Larson soll 
anfangen!" 
Als Jan Oester den Bräutigam das sagen hörte, 
nahm er sogleich die Geige vom Kinn und trat einen 
Schritt zurück. Lars Larson rührte sich aber nicht 
vom Fleck, sondern blieb ruhig und gelassen auf 
seinem Platz stehen. Aber auch er hob den Bogen 
nicht. » 
»Jan Oester soll anfangen/ wiederholte er. Er 
sagte die Worte eigensinnig und beharrlich wie einer, 
der gewohnt ist, seinen Willen durchzusetzen. 
Im Hochzeitszug entstand Unruhe über die Ver 
zögerung. Der Brautvater kam heran und bat Lars 
Larson, anzufangen. Der Küster wäre schon in die 
Kirchentür getreten und winke ihnen, sich zu sputen. 
Der Geistliche stünde schon am Altar und warte. 
„Dann mußt du Jan Oester bitten, daß er zu 
spielen anfängt," sagte ßars Larson. »Wir Spiel- 
Der hieß Jan Oester, und der Großbauer wußte 
wohl, daß Jan in großem Ruf stand; doch der Mn- 
şikant war so arm, daß er manchmal in zerrissenem 
Wams und barfuß zum Hochzeitsfest kam. Und einen 
solchen zerlumpten Kerl wollte der Großbauer nicht 
«n der Spitze -des Brautzuges sehen. 
, Endlich entschloß er sich, einen Boten zu einem 
Burschen im ISssesprengel zu schicken, der allgemein 
Spiel-Martin genannt wurde, und ihn zu fragen, ob 
kommen und bei der Hochzeit au!fspielen wolle. 
Spiel-Martin bedachte sich keinen Augenblick, son 
dern antwortete sogleich, daß er nicht nach Svartsjö 
şihren und dort spielen wolle, raeil in diesem Kirch 
spiel ein Spielmann wohne, der tüchtiger sei als 
°ße anderen in ganz Därmland. So lange sie den 
tzätten, brauchten sie keinen andern zu laden. 
Als Niels Olofson diesen Bescheid erhalten hatte, 
steß er sich ein paar Tage Bedenkzeit. Dann schickte 
1} einen Boten zu einem Spielmann, der im Stora- 
kilskirchspiel wohnte und Olle aus Säby hieß, und 
fragte, ob er kommen und zur Hochzeit seiner Toch 
er ausspielen wolle. Aber Olle aus Säby antwortete 
dasselbe wie Spiel-Martin. Er bat, Nils Olofson zu 
sagen, so lange es in Svartsjö einen so vortreff 
lichen Spielmann gebe wie Jan Oester, werde er 
dort nicht spielen. 
Nils Oloffon paßte es nun gar nicht, daß ihm die 
Spielleute den anfzwingen wollten, den er nicht 
haben mochte. Er fand, gerade jetzt sei es eine Ehren- 
fache für ihn, einen andern Spielmann zu bekommen 
Es Jan Oester. 
Ein paar Tage, nachdem er die Antwort von 
^lle aus Säby erhalten hatte, sandte er den Knecht 
ütt dem Spielmann Lars Larson, der auf der Pe- 
tErswieise im Kirchspiel Ullerud wohnte. 
, Das war ein wohlbestallter Mann, der einen 
schönen Hof sein eigen nannte. Er war klug und be 
dächtig, kein Brausekopf wie die andern Spielleute, 
stber ihm kam, wie den andern, gleich Jan Oester 
'a den Sinn, und er fragte, warum denn der nicht 
Eus der Hochzeit spielen solle. Nils Olofsvns Knecht 
hielt es für das klügste, zu erwidern, daß Jan 
Zaster in Svartsjö daheim sei, daß man ihn also 
Tage hören könne. Wenn Nils Olofson eine so 
trotze Hochzeit ausrichte, wolle er den Leuten etwas 
^Esseres und Selteneres bieten. 
»Ich bezweifle, daß er etwas Besseres bekommen 
Eonn," sagte Lars Larson. 
»Ach, Ihr w!ollt wühl dasselbe antworten wie 
^piel-Martin und Olle aus Säby," sagte der Knecht 
erzählte, wie es ihm da ergangen war. 
Lars Larson hörte die Erzählung des Knechtes 
Aufmerksam an; dann saß er lange schweigend und 
dübelte. Endlich gab er -doch seine Ein-will-igüng. 
Gestelle -deinem Herrn, daß ich für die Einladung 
Unke und kommen werde", sagte er zu -dem Knecht. 
nächsten Sonntag fuhr Lars Larfon nach der 
Svartjöer Kirche. Er fuhr gerade über -den Kirchen- 
hûģel, als die Hochzeitsschar sich aufzustellen begann, 
u> nach der Kirche zu ziehen. Er kam in seinem eige 
nen Wagen mit einem guten Pferde gefahren, 
in einen schwarzen Tuchanzug gekleidet und 
uhm die Violine aus einem polierten Futteral, 
/îbs Olofson begrüßte ihn freundlich und -dachte 
stch, das sei -doch ein Spielmann, mit dem er 
üre einlegen werde. 
Gleich nach Lars Larfon kam auch Jan Oester, 
'i der Geige unterm Arm, zur Kirche herauf. Er 
f'N'g geraden Wegs auf die Schar zu, -die die Braut 
Island, ganz, als fei er geladen, bei -der Hochzeit 
auszuspielen. 
oan Oester kam in der alten grauen Friesjacke, 
wan schon seit vielen Jahren an i-hm kannte; 
ì.ļ ES aber eine so große Hochzeit war, hatte sein 
ļ Ģ versucht, die Löcher an den Ellbogen auszu- 
Ässern, und große gr-Lne Flicken darauf gesetzt. Jan 
<•/™ war ein großer schöner Kerl und hätte sich 
^Etlch an der Spitze des Hochzeitszuges ausgenom- 
wenn er nicht so schlecht gekleidet und sein Ge- 
Jw nicht von Sorgen und hartem Kampf mit dem 
ņgliick so gefurcht gewesen wäre. 
Lars Larson Jan Oester kommen sah, schien 
/ 5^ wenig mißmutig. „Ja so, Ihr habt Jan Oester 
^ ch herbestellt." sagte er halblaut zu Nils Olofson. 
Lt' Es kann ja nicht schaden, wenn wir zwei Spiel- 
ì şinid. Bei einer so großen Hochzeit!" 
^»och habe ihn nicht hergerufen!" beteuerte Nils 
'st ». »3ch begreife nicht, warum er gekommen 
«t" m rte uur: ich will ihn gleich wissen lassen, daß 
tzjEr nichts zu suchen hat." 
ļ/j 1,11 hat ihn irgendein Störenfried herbestellt," 
Larson. „Aber wenn Ihr meinem Rat 
wollt, dann tut nichts dergleichen, sondern 
Er s . "und heißt ihn willkommen. Ich habe gehört, 
- à jähzorniger Bursche, und niemand kann 
hinausheben Konnte. Als er jetzt Lars Larsons Sa:, 
ten springen hörte, warf er den Kopf zurück und sog 
die Luft in tiefen Zügen ein. Seine Gesichtszüge 
waren gespannt, als lausche er Tönen, die aus wei 
ter Ferne zu i-hm klängen. Dann begann er zu spie 
len. Die Welse, über die er drei Jahre gegrübelt 
hatte, stand auf einmal klar vor ihm; und während 
sie ertönte, ging er mit stolzen Schritten zur Kirche 
hinab. Nie vorher hatte die Hochzeitsschar solche 
Weise vernommen. Sie zog sie so unwiderstehlich mit 
sich fort, daß niemand stehenbleiben konnte. 
Und alle waren so froh über Jan Oester und Lars 
Larson, daß der ganze Hochzeitszug mit feuchten 
Was ist in einem „Vakuum?" 
Zur Taufe eines Flugzeuges wurde, wie die 
„Umschau" meldet, in Schenectady, Neuyoük, an 
Stelle des Ehampa-gners oder der flüssigen Luft eine 
Flasche voll „Nichts" benutzt, d. h. ein Gesäß, aus 
dem -die Luft bestmöglich ausgepumpt war. Das 
kugelige Gefäß von 12,5 Zentimeter Durchmesser 
war aber dann noch keineswegs leer. Obgleich der 
Druck in dem Gefäß nur wenig mehr als 
1/100 000 000 des Atm-vsphärendrucks betrug, ent 
hielt es noch: 
288 300 000 Millionen Stickstoffmolekeln, 
77 600 000 Millionen Sauerstoffmolekeln, 
3 450 000 Millionen Argon-molekeln, 
644 000 Millionen Kohlendtoxdmolekeln, 
4 470 Millionen Neonmolekeln, 
25 Millionen Kryptonmolekeln, 
5 Millionen Renonmolekeln 
also gegen 370 Billionen Gasmolekeln. Dabei ist 
dieses „Vakuum" bedeutend vollkommener als etwa 
das einer Thermosflasche, einer Radio-, Röntgen 
oder Kath-o-denröhre. 
* * * 
Halb Wolf, halb Dingo. 
Aus dem Zoo von Adelaide (Australien) wird von 
einer merkwürdigen und bisher einzigartigen Kren- 
znng berichtet. Ein männlicher europäischer Wolf 
hat sich mit einem weiblichen australischen Dingo 
gepaart, und das Ergebnis liegt n-un in sechs nied 
lichen, wolligen Bastarden vor, alle weiblich und 
ihrer Mutter mehr nachgeschlagen als -dem Vater. 
Der australische Dingo, auch Warragal, genannt, 
ist ein rostroter Wildhun-d von der Größe unseres 
ihren Schwächen als „die typischen Repräsentanten 
ihrer Zeit und ihrer Welt" geschildert und gewürdigt 
werden. 
Ilm das Bild des inhaltsreichen Bandes zu vervoll 
ständigen, fei noch hingewiesen auf die folgenden Bei 
trüge: „Ê. F, Cramer und die Musik seiner Zeit" von 
Dr. Engelke, Kiel; „Das Schu-l-wesen der Landschaft 
Rorder-di thmarschen um 1780" von Dr, E, Erichsen 
Plön; „Der Kleinfl-ottbeker Park" von Dr. U, Nabel! 
Hamburg; „Die Ehrenhalle im Dithmarscher Landes- 
museum in Meldorf" von Landrat Dr, F. Pauly, Mel- 
dors und „Die Pflanzenwelt des Roher Kratts" von 
W, Christiansen, Kiel. 
Besondere Anerkennung verdient es, daß in „Nord 
elbingen" P, von He-demann-Heespsn zu Wort kommt. 
Es ist nicht zum Schaden des Werkes, wenn auch die 
Beiträge von dieser Seite keine epische Srette aufwei- 
En. U. a. erhält die Fachwissenschaft eine Rüge wegen 
einer Unterlassungssünde Beachtenswert in' der un- 
KŞW 
I’S. . 
die Bernstorffs (S. 332), der ursprünglich für das Lexi 
con des Bundes für die Deutschen im Ausland bestellt 
war, aber dann anscheinend nicht „fachhistorisch" genug 
ausgefallen und zurückgewiesen worden ist. 
Infolge verschiedener Umstände konnien diese Zeilen 
erst jetzt veröffentlicht werden. Es ist jedoch nicht zu 
pät, um auf eine so wertvolle Erscheinung wie den 
4. Band von Nordelb mgen mit seinem reichhaltigen 
und für die Kenntnis der Vergangenheit unierer Hei 
mat so ergiebigen Inhalt noch hinzuweisen, da hierfür 
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