Full text: Newspaper volume (1932, Bd. 3)

Flieger Bertram aufgefunden. 
Lie deutsche« Meger völlig erschöpft. 
Sydney, 4. Juli. Nach einem Funkspruch 
aus Wyndham (Westanstralieu) sind die beiden 
deutschen Flieger Bertram und Klausmann 
von Eingeborenen aus dem Missionsgebiet der 
Drysdaler Missionsstation, unweit des Cap 
Bernier, in Nordwestaustralie», 250 Meilen 
westlich von Port Darwin, lebend aufgefunden 
worden. Die beiden Geretteten befanden sich 
in völlig erschöpftem Zustande. 
Die beiden Flieger sind bekanntlich am 17. 
Mai von den Kleinen Sundainseln über die 
Timorsee nach Australien abgeflogen und seit 
dem verschollen. Erst vier Wochen später ent 
deckten spanische Mönche nahe der westaustra 
lischen Küste Spuren der beiden Deutschen, 
darunter als wichtigstes Fundstück das gra 
vierte Zigarettenetui Bertrams und ein mit 
seinen Initialen gezeichnetes Taschentuch. Dar 
aufhin wurden sofort weitere Nachsorschungen 
angestellt, zu denen ein Flugzeug, Polizei und 
eingeborene Läufer aufgeboten wurden. Schon 
am Tage nach dem ersten Fund stieß man an 
einer Flußmündung auf das verlaffene Flug 
zeug „Atlantis" der Deutschen, an dem eine 
Mitteilung befestigt war, wonach sie versuchen 
wollten, sich zu Fuß durch den australischen 
Busch durchzuschlagen. 
Um das Schicksal der beiden Vermißten 
herrschte seitdem große Besorgnis angesichts 
der trostlosen Verlassenheit und Wildnis der 
dortigen Gegend und des weißenfeindlichen 
Charakters der wenigen in diesen Gebieten 
Hansenden Eingeborenen. 
Wunderbare Rettung. 
Die deutschen Flieger Bertram und Klaus 
mann verdanken ihre wunderbare Rettung 
Zwei australischen Buschnegern, die sie durch 
Zufall in der Wildnis auffanden und sich ihrer 
annahmen. Die furchtbaren Entbehrungen der 
sechs Wochen langen verzweifelten Jrrwan- 
derung durch die Wildnis, Hunger und Durst 
hatten die Flieger furchtbar mitgenommen. 
Die Eingeborenen versuchten zunächst die hilf 
losen Flieger zur nächsten Ansiedlung zu 
schaffen. Da die Flieger völlig erschöpft waren, 
erwies sich das jedoch als unmöglich. Einer der 
Eingeborenen machte sich deshalb auf den Weg 
und alarmierte ein von der australischen Re 
gierung nach den Fliegern ausgesandtes Such 
kommando. Der Führer dieses Kommandos 
war der erste Weiße, den die Flieger nach 45 
Tagen zu Gesicht bekommen haben. Er ent 
sandte sofort einen Eingeborenen-Läufer nach 
Wyndham, der weitere Hilfe herbeirief. Ein 
Motorboot ist bereits nach Cap Bernier unter 
wegs,' es hatte Lebensmittel, .Kleidung und 
vor allem Medikamente aller Art an Bord. 
Das Boot dürfte bereits am Mittwoch mit den 
Totgeglaubten in Wyndham eintreffen. 
„Brot, Brot, Brot!" 
war alles, was die beiden Flieger stammeln 
konnten. Dann brachen beide vor ihm zusam 
men und konnten sich lange nicht fassen. 
Bertram war von den Entbehrungen am mei 
sten mitgenommen. Beide waren vollkommen 
nackt. Sie hatten sich ihre Kleidung bei der ver 
zweifelten Wanderung durch den Busch in 
Fetzen gerissen und diese nach und nach ver 
loren. Das wochenlange vergebliche Suchen 
nach menschlichen Siedlungen hatte ihre Ner- 
vcnkraft völlig erschöpft. Man ließ den Er 
schöpften Whisky einflößen, um ihre Lebens 
geister wieder zu entfachen. Die Flieger sind 
nach ihrer durch Maschinenschaden gezwunge 
nen Notlandung bei Cap Bernier wochenlang 
in einem Umkreis von etwa 18 Kilometer um 
ihr Flugzeug herumgeirrt. Ihre letzten Was 
ser- und sonstigen Vorräte waren bereits eine 
Woche erschöpft, als sie von den beiden Einge 
borenen durch Zufall entdeckt wurden. Wie 
später Klausmann erzählte, waren beide be 
reits seit dem 22. Juni bewegungsunfähig und 
batten sich an einem Steinhaufen niedergelas 
sen, um den Tod zu erwarten. Die Eingebo 
renen gaben ihnen alles an Nahrungsmitteln, 
was sie bei sich hatten: getrockneten Fisch und 
Kängeruhfleisch. Mit einem letzten Rest von 
Energie versuchten Bertram und Klausmann 
sich zu erheben und, gestützt auf die Eingebo 
renen, den Weg zu den Menschen und ins Le- 
^en anzutreten. 
Der erste Bericht über den Flieger Bertram. 
Nachdem die beiden Flieger sich mehrere 
Stunden erholt hatten, konnte Klausmann in 
abgerissenen Sätzen den ersten Bericht von der 
hoffnungslosen Landung im Busch geben. 
Klausmann erzählte: 
„Als wir nach der Ueberquerung der Timor- 
see landen mutzten, war unser Benzinvorrat 
bis auf den letzten Tropfen aufgebraucht. Wir 
dachten, wir befänden uns auf einer Insel. 
Wir machten uns auf den Weg, um eine 
menschliche Ansiedlung zu erreichen. Wir mutz 
ten mindestens 3 Tage umhergeirrt sein. Hun 
ger und Durst plagten uns furchtbar. Als wir 
am dritten Tage noch niemand zu sehen be- 
kommen hatten, wurden wir verzweifelt. Un 
sere Kleidung war uns in Fetzen vom Leibe 
gerissen, unsere Füße brannten wie Feuer 
und bereiteten uns große Schmerzen. Dann 
kamen wir an ein Wasser. Wir schwammen 
eine Strecke den Strand entlang,' das erfrischte 
usw. 
Nach einiger Zeit standen wir plötzlich 
wieder vor unserem Flugzeug. 
Hier konnten wir zum ersten Male wieder et 
was Nahrung zu uns nehmen. Mit Heißhunger 
stiirzten wir uns auf ein paar Heringe, die wir 
noch an Bord hatten und löschten mit dem letz 
ten Trinkwasser unseren brennenden Durst. 
Wir ruhten uns tüchtig aus und kamen zu dem 
Entschluß, noch einmal zu versuchen, Menschen 
zu erreichen. Wir montierten eine Tragfläche 
von unserem Flugzeug ab und fuhren mit 
diesem Notbehelf von Floß auf das Wasser 
hinaus. Mit jedem Tage nahmen unsere 
Kräfte ab. Wir waren am Rande der Ver 
zweiflung. Fünf Tage waren wir auf See, 
und nichts war zu sehen als Wasser, Wasser 
und immer wieder Wasser. Dann muß es nach 
meiner Schätzung am 29. Mai gewesen sein, 
als wir plötzlich 
in unmittelbarer Nähe einen Dampfer 
erblickten. 
Hunger und Entbehrungen waren vergessen, 
und die Freude über die bevorstehende Ret 
tung überwältigte uns. Wir riefen und schrien 
aus Leibeskräften, gaben mit den Armen 
Signale und versuchten verzweifelt, uns be 
merkbar zu machen. Jedoch alles war ver 
gebens — 
in einer Entfernung von nur wenig 
mehr als einem Kilometer fuhr der 
Dampfer an uns vorbei. 
Die Enttäuschung war zuviel für uns. Stumpf 
brütend sanken wir auf die Tragfläche nieder 
Durch tagelanges Umhertreiben auf See wa 
ren wir vollständig abgestumpft. Als unser 
Floß schließlich an Land getrieben wurde, nah 
men wir mechanisch unsere Wanderung wieder 
auf. Wir hatten schon keine Hoffnung mehr, 
jemals wieder Menschen zu seyen. Gleichwohl 
gaben wir uns noch nicht verloren. Wieder 
vergingen zwei Tage ohne Aussicht auf Ret 
tung. Dann sahen wir einen hellen Feuer 
schein. Noch einmal rafften wir uns zusam 
men und liefen mit beschleunigten Schritten 
darauf zu. Er war unsere letzte Hoffnung. 
Aber wieder wurden wir grausam enttäuscht: 
ein Buschfeuer hatte uns genarrt und 
durch den gewaltigen Marsch die letzten 
Kräfte aus uns herausgezogen. 
Wir brachen zusammen und fielen in einen 
toteuähnlichen Schlaf. Als wir aufwachten er 
munterten wir uns gegenseitig, weiter zu lau 
fen. Ter Weg, den wir am Tag zurücklegen 
konnten, wurde immer kürzer. Schließlich san 
ken wir hinter einem Steinhaufen nieder. Un 
sere Kehlen waren ausgetrocknet, die Beine tru 
gen uns einfach nicht mehr. Unser Geruchsinn 
versagte seinen Dienst und unsere Augen gau 
kelten uns allerhand Trugbilder vor." 
Der Ozeanflieger Bertram steht mit der deut 
schen Vermittlungsstelle in Verbindung, um Mit 
tel für seinen Weiterflug zu erhalten. Die „At 
lantis" befindet sich noch in gutem Zustand. Nur 
ein Schwimmer mutz ersetzt werden. 
Adolf Hitler nimmt den Vorbeimarsch 
der SA. und TS. ab. 
X Landunedle • Ors der AuHind 
Öen links: Chefpilot Hans Bertram und sein Monteur Klaußmann. — Oben rechts: 
Karte der Nordwestecke von Australien mit dem Auffindungsort der Flieger und des 
Flugzeuges. — Unten: Tie letzte Aufnahme vor dem Start zum Ostasienflug. Bertram 
im Pilotensitz seines Flugzeugs, neben ihm rechts der gleichfalls aufgefundene Bord- 
monteur Klaußmann. 
Ne àbMM ZrêmenKM m klemmn 
T-U. Marburg a. d. Lahn, 5. Juli. (Eig. Funk 
meldung.) Aus bisher unbekannter Ursache ent 
stand gegen 2 Uhr nachts in der Marburger 
Frauenklinik ein Brand, der sich rasch vergrößerte. 
Die Feuerwehr ist unter Mithilfe der Bürgerschaft 
und der Studentenschaft beschäftigt, den Brand zu 
lokalisieren. Die Patienten haben sämtlich die 
Frauenklinik verlassen, desgleichen das Personal. 
Der ganze Dachstuhl steht bereits in Flammen. 
Man hat sich an die Eietzener Feuerwehr um 
Unterstützung gewandt. 
Der Dachstuhtbrand bereits gelöscht. 
Wie uns zu dem Brand der Frauenklinik in 
Marburg noch gefunkt wird, hat das Feuer 
nicht die Ausdehnung angenommen, wie es im 
Anfang der Fall zu sein schien. Der Dach 
stuhlbrand konnte nach etwa ernstündiger 
Dauer von der Feuerwehr bereits gelöscht 
werden. Die Patientenzimmer wurden von dem 
Brand in keiner Weise berührt. Auch der Ma 
terialschaden ist nur unbedeutend. 
* * * 
Ein Munitionslager in die Luft geflogen. 
Charbin, 4. Juli. Eine schwere Explosion hat 
sich in der an der Charbin—Hailar-Eisenbahn 
gelegenen Stadt Tunbei ereignet. Ein in Tun- 
bei befindliches Munitionslager ging aus bis 
her noch unbekannter Ursache in die Lust. Die 
Gewalt der Explosion war so stark, daß die 
dortige Eisenbahnstation vollständig zerstört 
wurde. Eine große Anzahl von Personen soll 
getötet worden sein. Einzelheiten stehen zur 
Zeit noch aus. 
Granatexplosion aus einem griechischen 
Torpedoboot. 
TU. Athen, 4. Juli. Auf einem griechischen 
Torpedoboot wurde durch die Explosion einer 
Granate ein Matrose getötet und vier weitere 
verletzt. Der au dem Torpedoboot angerichtete 
Schaden ist unbedeutend. 
Zwei deutsche Faliöootfahrer auf dem Euphrat 
verunglückt. 
TU. Istanbul, 4. Juli. Trotz dringenden Ab- 
rate.ns des deutschen Konsuls haben zwei 
junge Faltbvotfahrer aus Frankfurt a. Main, 
Willi Straeter und Erwin Arndt, es unter 
nommen, vom oberen Euphrat im Faltboot 
zum Persischen Golf zu fahren. Nach 12iägigcr 
Fahrt gerieten sie beim Dorfe Schamachtu bei 
Jrgiuli in El-Aziz in einen Strudel, der ihr 
Boot zum Kentern brachte. Während Straeter 
sich nach mehrstündigem Kampf gegen die Kraft 
des Strudels retten konnte, ist Arndt ertrun 
ken. 
Den Jagdfreund aus Versehen erschossen. 
Gnoien, 4. Juli. Auf der Feldmark der vor- 
pommerschen Ortschaft Düvier ereignete sich 
ein tragisches Jagdunglück. In der abendlichen 
Dämmerung gab der Hofbesitzer Habedank aus 
Nach der endgültigen Aufhebung des Uniform- 
verbots auch in Bayern fand in München eine 
riesige Kundgebung der nationalsozialistischen 
SS. und SA. statt, die im langen Zuge au 
dem Führer Adolf Hitler vorbeimarschierten. 
Düvier in der Meinung, einen Rehbock vor 
sich zu haben, auf seinen in etwa 100 Meter 
Entfernung auftauchenden Jagdfreund Esch 
einen Schuß ab und traf ihn tödlich ins Herz. 
Die Leiche wurde von der Polizei beschlag, 
nahmt. Der Tote war 49 Jahre alt. 
Vom Windmühlenflügel getötet. 
Wittmuwd, 4. Juli. Das zweieinhalbjährige 
Kind des Müllers Johann Post aus Werdum 
spielte an der Einfriedigung zum Schutze vor 
den Windmühlenflügeln. Plötzlich wurde es 
von einem der Flügel erfaßt und in großem 
Bogen etwa 20 Meter in die Lust geschlendert. 
Es wurde besinnungslos aufgefunden. Als 
der Arzt eintraf, war lediglich noch der Tod 
festzustellen. 
Unabhängigkeitsseicrtag in USA. 
TU. Rewyork, 4. Juli. Der Unabhängig 
keitsfeiertag forderte wiederum im ganzen 
Land viele Todesopfer. Bei Kraftwagen- und 
Bootsunfüllen sowie beim Abbrennen von 
Feuerwerk und bei Schießereien kamen 125 
Personen ums Leben. Außerdem wurden an 
dem Feiertag tn den Bergen Kenturkys meh 
rere Blutfehden ausgetragen, wobei 10 Per 
sonen getötet und sechs verletzt wurden. 
fztnvts VsK. 
Im Hamburger Raubmocdprozetz wurden di« 
beiden Angeklagten Gerhardt und Gerner zum 
Tode verurteilt. 
In der Bucht bei Tillamook (USA.) ist ein mit 
Ausflüglern besetztes Boot untergegangen. 9 Per 
sonen ertranken. 
Bei einem Flugzeugabsturz in Spanien wurden 
3 Personen getötet. 
Der Reichsinnenminister hat angeregt, am 
Wahltag den Ausschank von Branntwein und den 
Kleinhandel mit Trinkbrannlwein zu verbieten. 
Weiter soll gegen Auswüchse der Wahlpropaganda 
und damit verbundener Verschandelung des Hei 
matbildes vorgegangen werden. 
In Feuerbach b. Stuttgart wurden National 
sozialisten von Kommunisten überfallen. Auf bei 
den Seiten wurde geschossen und eine Anzahl Leute 
verletzt. Das Ueberfallkommando wurde von den 
Kommunisten mit Schüssen empfangen. 
Ein Kommunist wurde vom Schnellschöffenge 
richt in Berlin wegen Aufrichtung von Verkehrs 
hindernissen bei den Kommunistenunruhen in 
Moabit zu 1 Jahr Gefängnis verurteilt. 
Das dentsche Luftschiff kreuzt über dem 
Londoner Flughafen Hanrvorth. 
Ter Graf Zeppelin unternahm eine kurze 
Reise nach England, wobei er in dem Londoner 
Luftschisfhafen landete. Das Publikum, dem 
Gelegenheit zu Rundflügen über der englischen 
Hauptstadt geboten wurde, bereitete dein deut 
schen Luftriesen einen begeisterten Empfang.
	        
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