Full text: Newspaper volume (1932, Bd. 3)

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Ģespensterkino auf einem 
dänischen Gntshos. 
Elisabeth Bille geht um. - Ihr okkult gefilmter Doppelmord vor 209 Jahren- 
Men schreibt uns: 
Ernsthaft zu nehmende nordische Zeitungen ti 
schen in diesen Tagen — die Walpurgisnacht ist 
gerade vorüber — mit Bildern und Personenna 
men Spukgeschichten auf, daß man eine Gänsehaut 
kriegt. Dem Leser tut's aber weniger die cndert- 
halbseitig aufgemachte „Spögeri" in Aarhus in Jüt 
land an, wo vor einem halben Jahre der psychische 
Forscher u. Feind spiritistischer Phänomene, Fcmsti- 
nus, in der Neuen Mönchstraß Nr. 89 einem harm 
losen Klopfgeist zu Leibe ging, als vielmehr die 
Spukgeschichte von einem alten dänischen Gutsbesitz, 
dem Saebyhof. Die letztere ist nämlich weit gruse 
liger, und wer den Spuk einmal erlebte, hat vom 
Saebyhof genug. Im Zusammenhang mit dem un- 
heimlichen transzen-dentälen Nachtstück oernimmt 
inan eine Gespenstertheorie, daß einem über dem 
Sput schier die Spucke wegbleibt — von wegen 
einer okkulten Filmkamera des ehrwürdigen Alters 
von 209 Jahren und des entsprechenden Empfangs- 
apparates geeigneter nochfahrender Medien. 
Die Erinnerung an die Spukgeschichte tauchte vor 
kurzem in der norwegischen Zeitung „Aftenposten" 
auf. Der Träger ist ein auf Reputation Anspruch 
erhebender, studierter Mann, der ftühere Richter 
Wergeland-Petersen, dessen Mutter erne Halb 
schwester der fetzigen Gutsbesitzerin auf Saebyhof 
ist. Die Gutsherrin Arenfeldt ist eine geborene Wer- 
geland, eitle Brudertochter des Richters Wergeland. 
Des Richters Wergeland-Petersen Mutter nun be 
findet sich unter denjenigen, welche das Gespenst 
auf Saebyhof gesehen haben. Ueber das Phänomen, 
dos „nachweisbar existiere", erklärt Wergeland-Pe 
tersen, daß alle, welche den Spuk erlebt, einig darin 
seien, daß es sich, nach Porträts zu urteilen, um die 
Elisabeth Bille handle, die umgehe. Sie starb im 
Jahre 1723, also vor 209 Jahren, als Witwe des 
damaligen Hofbesitzers, und es heißt, daß sie ihren 
Mann in dem Turmzimmer mit einem Messer er 
mordete. Frau Fama sagt weiter, daß sie den Er 
bauer des Turmes ebenfalls umgebracht habe, weil 
sie ihn nicht habe bezahlen können. 
Während eines Aufenthalts vor vierzig Jahren, 
erzählt der norwegische Richter, schlief meine Mut 
ter in dem sog. Königszimmer. Sie galt als frei 
von hysterischen Neigungen, sie glaubte nicht an 
Geistergeschichten, ihre Nerven waren vollkommen 
. in Ordnung. Eines Nachts nun sah sie eine g,roße, 
stattliche Dame in alter Tracht mit einem Maria- 
Stuart-Kragen über den Gang vom Turmzimmer 
Herkommen. Sie hörte eine Kette klirren, wurde je 
doch nicht bange, sondern glaubte, daß es eine der 
jungen Damen aus dem Hause sei, von den Gästen 
oder Hausangestellten, . welche sich damit ergötzt 
habe, sich zu verkleiden. Am nächsten Tage brachte 
sie beim Frühstück die Sache zur Sprache, und es 
stellte sich heraus, daß niemand von den Gästen 
oder Mädchen sich verkleidet hatte und niemand 
nachts im Turmflur gewesen war. Meine Mutter 
hörte nun die Geschichte von der Schloßfrau, die 
umging, und die Beschreibung, die sie von ihrem 
Aussehen geben konnte, paßte auf Elisabeth Bille, 
deren Bild man ihr daraufhin zeigte. Nach ihrer 
Rückkehr nach Norwegen erzählte sie uns ihr Er 
lebnis. Keiner, der sie kannte, wird an ihrer Glaub 
würdigkeit zweifeln, Einbildung ist ausgeschlossen. 
I Bor einigen Jahren war eine Kousine des Rich 
ters auf Besuch auf Saebyhof. Sie kannte die Ge 
schichte von dem Gespenst und bat, eine Nacht in 
dem Turmzimmer schlafen zu dürfen. Sie war 
furchtlos und glaubte nicht an Spuk. Die Familie 
Arenfeldt wollte ungern das junge Mädchen allein 
in dem unheimlichen Turmzimmer weit von den be 
wohnten Räumen lassen, aber die junge, kouragierte 
Dame setzte ihren Willen durch. Als die Mitter 
nacht kam, duselte sie leicht vor sich hin. ohne zu 
schlafen. Plötzlich hörte sie einen Laut, der sie an 
Heidelbergs uralter Hexenturm 
wird Universitäts-Museum, 
Der infolge der Universitäts-Neubauten freige 
legte Hexenturm in Heidelberg, der schon im 13/ 
Jahrhundert als ein Teil der Stadtbefestigung in 
alten Urkunden erwähnt ist und im Mittelalter 
als Hexengefängnis diente, wird nun als Univer 
sitäts-Museum eingerichtet werden. Durch die Frei- 
iegung ist er zu einem Wahrzeichen des Universi- 
tütsviertels geworden. 
das Rasseln einer Kette erinnerte, und sie sah eine 
hohe Erscheinung in alter Tracht mit Maria-Stuart- 
Kragen langsam gegen eine der dunklen Ecken in 
dem Turmzimmer schreiten. Die Gestalt, welche ihr 
halb »den Rücken zukehrte, hielt den einen Arm hoch 
erhoben, und in der Hand hatte sie ein Messer. Das 
junge Mädchen, das sich inzwischen besonnen hatte, 
ließ einen halblauten Ruf ertönen. Der Erscheinung 
siel das Messer aus der Hand, klirrend auf den Bo- 
den. Erst da kam das junge Mädchen wieder ganz 
zu sich. Es stieß einen durchdringenden Schrei aus, 
worauf einige aus der Familie Arenfeldt herbei 
eilten. Der Gast hatte genug davon, in dem Turm- 
zimmer zu schlafen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß, 
weil sie um die Dinge im voraus wußte, das Ner 
vensystem der jungen Dame ernen Streich gefielt 
hat. Doch glaube ich dies nicht, sagt Wergeland- 
Petersen, da ihr Erlebnis mit dem meiner Mutter 
übereinstimmt. 
Es gibt allerlei Erklärungen für das Vorkomm 
nis. Persönlich möchte Wergeland-Petersen glau» 
ben, daß Elisabeth Billes Verbrechen auf eine für 
uns unerklärliche Weise „kinematographiert" wor 
den ist auf den Wänden im Schloß. Die Bilder wür 
den erweckt jedesmal, wenn die notwendigen Be- 
dingungen vorhanden seien, in Gegenwart von In 
dividuen mit einem inneren Empfangsapparat für 
die Wellenbewegungen, die in Funktion gesetzt wür 
den, und so werde das Bild wiedergegeben, welches 
die für uns verborgene Kamera seinerzeit von Eli 
sabeth Billes Gang zum Turmzimmer aufnahm, 
ihrer grauenhaften Tat und ihrer Flucht vom Tat 
ort. Der norwegische Richter hat selbst in dem Kö 
nigszimmer auf Saebyhof geschlafen. Selbstver 
ständlich schaute ich, schreibt er, nach dem Gespenst 
aus, aber vergebens. Soiveit ich weiß, hat niemand 
von den jetzigen Mitgliedern der Familie Arenfeldt 
Elisabeth Bille umgehen sehen. 
Jetzt geht es in die Ferien. 
Ein Ferienzug verlaßt die Bahnhofshalle der Großstadt, 
und wenige Stunden spater sind die erholungsbedürftigen Großstädter an der See 
oder im Gebirge. 
LeWKMģe Diplomaten sullen auf alles herein. 
Fälscherdokumente, von Stalin eigenhändig unterschrieben. 
Einer geradezu grotesken Fälscheraffüre ist man 
dieser Tage in der Reichshauptftadt auf die Spur 
gekommen. Den Polizeibehörden gelang es näm 
lich, den Perser Abdul Ali Khan Afschar und den 
Staatenlosen Georg Ielagoin zu verhaften. Die 
beiden Zeitgenossen hatten sich die Leichtgläubigkeit 
des Berliner diplomatischen Korps zunutze gemacht 
und ein Jahr lang die ausländischen Deplomaten 
in Berlin mit angeblichen russischen Geheimdoku 
menten versorgt. Die beiden Dokumentenfälscher 
gingen dabei außerordentlich raffiniert zu Werke. 
Der Perser Afschar, gebürtig aus Teheran, steht 
heute im Alter von 30 Jahren. SchSn in jungen 
Jahren kam er weit in der Welt herum. Bor reich- 
lich einem Jahr gelangte er auch nach Berlin, wo 
er in einer Speisehalle den ehemaligen russischen 
Staatsangehörigen Jelagin kennenlernte. Beiden 
ging es damals sehr schlecht. Sie wußten kaum, wo 
von sie den nächsten Tag eigentlich leben sollten. 
Also beschlossen sie, sich durch irgend einen Dreh 
ein paar hundert Mark „nebenbei" zu verdienen. 
Irgendwoher wußten sie. daß die ausländischen 
diplomatischen Vertretungen in Berlin auf russische 
Geheimdokumente aller Art großen Wert legten. 
Mit Recht sagten sich die beiden Gauner, daß mau 
bei den ausländischen Diplomaten nicht so rasch 
Verdacht gegen sie schöpfen würde. Also nahmen sie 
zunächst einmal Geschäftsverbindungen zu einem 
Berliner Photographen auf, der ihnen besonders 
schöne Paßbilder lieferte. Im Borraum der rus 
sischen Botschaft verschafften sie sich sodann allerlei 
Formulare, die dort zu Anmeldezwecken herum- 
lagen. Diese „Dokumente" füllten die beiden Fäl 
scher mit allerlei Inschriften aus, beklebten sie mit 
den vom Photographen gelieferten Bildern unld 
ließen sie fachgemäß photographieren. Mit 'den 
photographierten „Dokumenten" begaben sich die 
beiden gerissenen Fälscher zu den ausländischen 
Vertretungen. Die Anschriften der Diplomaten 
konnten sie im Adreßbuch unschwer ausfindig 
machen. Eines dieser Geheimdokumente trug sogar 
die Unterschrift des mächtigen Stalin. 
Merkwürdigerweise bekundeten in der Tat die 
ausländischen Diplomaten für die Geheimdokumente 
großes Interesse. Die meisten kauften die vorge- 
legten Dokumente in Bausch und Bogen. Sie hielten 
es gar nicht für der Mühe wert, Rückfragen zu 
machen oder nähere Erkundigungen einzuziehen. 
Als einer einmal die Echtheit der Unterschrift 
Stalins in Zweifel zog, wollten die beiden Gauner 
entrüstet über diese Verdächtigung von dannen 
schleichen. Schließlich kaufte ihnen der ausländiscl)« 
Diplomat aber auch das Etalindokument für einen 
hohen Preis ab. So kam es, daß sich in den Ber 
liner ausländischen Vertretungen die geheimen 
Russendokumente anhäuften. Rur wenige — u. a. 
der Vertreter Rumäniens — bewahrten sich ein 
diplomatisches Mißtrauen. Von hier aus wurde der 
Stein auch ins Rollen gebracht. Und nun sind die 
leichtgläubigen Diplomaten im Begriffe, die gehei 
men Russendokumente so schnell wie möglich zu 
verbrennen. Auch die letzten Zeugnisse ihrer diplo 
matischen „Kunst" sollen vom Erdboden ver 
schwinden. 
Der MsàMr VeslLchmWprgZeß 
Kießling. 
TU. Potsdam, 30. Juni. Am Donnerstag- 
vormittag begann in Potsdam der Prozeß ge 
gen den Stadtbaubeamten Rudolf Kießling 
und Genossen, der einen umfangreichen Be- 
ftechungsskanöal bei der Potsdamer Tiefbau 
verwaltung zum Gegenstand hat. Angeklagt 
sind wegen passiver Bestechung der Leiter des 
Potsdamer Tiefbauamtes Rudolf Kießling, 
wegen aktiver Bestechung der Tiefbauunter 
nehmer Dttbener aus Michendorf, ferner ei 
nige Nebenangeklagte. Ter erste Verhand 
lungstag ergab, daß mehrere Angestellte des 
Potsdamer Bauamtes trotz amtlichen Verbo 
tes regelmäßig Nebenarbeiten übernommen 
hätten, die ihnen ganz erhebliche Nebenein-, 
nahmeu verschafft haben. Dem Angeklagten 
Kießling werden vor allem die Durchsteche 
reien zur Last gelegt, die sich bei der Eineb 
nung des Brauhausberggeländes für einen 
großen Straßenbail in den Jahren 1926 und 
1927 ereignet haben. Die Anklage ist der An 
sicht, daß Kießling hierbei durch falsche Höhen- 
bercchnungen und Massenauszüge dem Ban- 
unternehmer Dübener unrechtmäßige Borteile 
verschafft habe, die Dübener durch Geldzuwen 
dungen an Kießling vergolten hat. Für den 
Prozeß sind 14 Tage in Aussicht genommen. 
Am Freitag wird zunächst eine Vormittags- 
Estland feiert das drsihnnderifährige Bestehe» 
der Universität Dorpat. 
Die estnische Briefmarke, 
die zu dem Jubiläum herausgegeben wurde und 
die die Fassade der altehrwürdigen Universität 
zeigt. 
Die Dorpater Universität war jahrhundertelang 
die Pflanzstätte deutschen Geistes und deutscher 
Wissenschaft. Insbesondere im letzten Jahrhundert 
war sie eine Hochburg der deutschen Kultur in den 
baltischen Ländern. 1919 aber, nach dem Weltkriege, 
nationalisierten die Esten die Hochschule zu der 
National-Universität ihres Landes. 
Verhandlung im Gerichtsgcbäuöe stattfinden, 
während für den Nachmittag ein Lokaltermin 
auf dem Brauhausberggelände vorgesehen ist. 
* 
MWches MlsrhMsungW. 
TU. Berlin, 1. Juli. (Eig. Funkmeldung.) 
In der Nähe von Grünau ereignete sich um 
Mitternacht ein schweres Motorbootsunglück. 
Auf der Dahm sank in der Nähe des Restau 
rants „Marienlust" plötzlich ein mit 6 Per 
sonen besetztes Motorboot. Bon den Insassen 
konnten 1 Frau und 2 Männer geborgen 
werden. Die Frau, die das Bewußtsein verlo 
ren hatte, starb wenige Stunden nach der Ber 
gung. Zwei Männer und i Kind werden ver 
mißt. 
* * * 
Schweres Eisenbahnunglück in Ohio. 
TU. Newyork, 30. Juni. Nach einer Mel 
dung aus Baltimore stieß in der Nähe von 
Trenton im Staate Ohio ein Personenzug mit 
einem Frachtzug zusammen. Bisher wurden 
acht Tote und zahlreiche Verletzte geborgen. 
Flugzeugunglück in Gelsenkirchen. 
Gelsenkirchen, 30. Juni. Ein Flugzeug der Esse 
ner Flugzeuggesellschnft stürzte heute abend über 
dem Flughafen aus einer Höhe von 70 bis 80 
Metern in einer Kurve ab. Beide Insassen wurden 
schwer verletzt unter den Trümmern des Flugzeu 
ges hervorgezogen. 
Brieftaube kehrt nach 1A Jahren heim. 
Im März 1931 hatte ein Brieftaubenzüchter in 
Suhl eine Brieftaube, mit einem Kugelring ver 
sehen, auffliegen lassen. Jetzt, l l A Jahre später, ist 
das Tier in den heimischen Schlag zurückgekehrt. 
Sie flog dem Züchter an die Brust, u. man mochte 
ahnen, welche Freude dem Vogel innewohnte, daß 
er den Weg zurückgefunden hatte. Die Taube 
brachte einen Brief eines Züchters aus Datteln in 
Westfalen mit, der sie gefüttert hatte. 
Der neu Berliner Grotzrundfunkfender. 
Berlin, 29. Juni. Nachdem die Verhandlun 
gen des Reichspostministeriums mit dem 
Reichswehrministerium wegen Ankauf gecig- 
ucten Geländes in Berlin-Tegel nunmehr zum 
Abschluß gelangt sind, wird mit dem Bau des 
Berliner Großrunüfunksenders auf dem Te 
geler Schießplatz alsbald begonnen werden. 
Mit der Fertigstellung des Großsenders kann 
im Frühjahr 1933 gerechnet werden. 
Statte MA. 
Das Luftschiff „Los Angeles" ist aufgrund 
des Sparprogramms der amerikanischen Re 
gierung vorläufig außer Dienst gestellt. 
Geheimrat Prof. Dr. Krohn, der Nestor des 
deutschen Stahl- und Brückenbaues, ist iw 
Alter von 80 Jahren in Danzig gestorben. 
Der Schauspieler Bruno Kästner aus Ber 
lin hat in Bad Kreuznach aus wirtschaftlichen 
Sorgen Selbstmord verübt. 
In Behlitz bei Gommern hat ein vierjähri 
ges Kind den Vater erschossen, der unvorsich 
tigerweise einen entsicherten u. geladenen Re 
volver in der Tasche trug und das Kind da 
mit spielen ließ. 
Schloß Marburg, 
die einstige Residenz 
der hessischen Land 
grafen, von Nordrocsten 
Marsturg hat die Ab- 
sicht- das alte Schloß zu 
gesehen. 
Der Nniversitätsbund 
erwerben und der Uni- 
versität zur Verfügung 
zu stellen. In erster 
Linie sollen darin das 
preußiiche ^arschungs- 
institut für Kunstge- 
schichte und die religi- 
onskundliche Sainm- 
fun'g, sicrner Arbeits- 
nnd Wohnräumc für 
Studierende unterge 
bracht werden.
	        
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