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Beilage der Schleswig.Holsteļnļschen Landeszàng (Rendsburger Tageblatt)
Donnerstag, ven 23. Juni 1W32
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Dos mar damals, im Sommer, als ich. mit noch
äderen Genossinnen, unter Frau Tiedemanns Re-
Kent leben durste. Tante Tiedemann, de.nn so
knien mir sie olle, war eine behagliche, stille Frau,
k -der es hieß, -daß sie mit der Orthographie nicht
ist richtigem Fuße lebte. Aber sie kochte „himmlisch",
^e -die kleine Hamburgerin sagte, von der erzählt
^urde, daß sie wegen rnrglücklicher Liebe bei Tante
bedemann auf Bauhof war.
Es war ein lustiges, aber vielleicht auch ein wenig
°'Mäferndes Leben. Den letzten Ausdruck ge
buchte die kleine Kirchenmaus, die sich selbst so
knie, weil sie, wie sie behauptete, wirklich keinen
Züschen hatte und auch weniger Kostgeld bezahlte
>>s wir. Eie trug einen vornehmen Namen, aber
fßt Eltern waren früh gestorben, und sie war in
kgend einem Stift erzogen worden, bis sie sich selbst
chalten konnte. Nun war sie Lehrerin an einer
Witschest Schule, hatte aber ein so kärgliches Ge
eit, baß sie versicherte, erst hier zu lernen, wie man
Wirklich ernsthaft satt werden konnte. Die Kirchen-
us hatte schöne, dunkle Augen, ein feines Gestcht-
-n und einen gewissen rührenden Klang in der
tinrme, mit dem sie immer die besten Puddings
kchsttzte und auch die größten Portionen. Ich
!^chte mir nicht allzuviel aus ihr, ober ich bewun-
fette sie doch wie die anderen und ich konnte es dem
ferwalter nicht verdenken, daß er immer zu dem
stnen, -kleinen Persönchen hinsah, wenn er mit ihr
deinem Tische saß, was zweimal am Tage geschah.
Verwalter hieß Jens Iürgensen und war unser
ftchiger Herr. Ein großer, etwas ungeschlachter
Mnn, der leicht heiß wurde, wenn man ihn anre
gte, und dem es dann geschehen konnte, daß er sich
K der Serviette das Gesicht abwischte. Im Zimmer
hielte er keine gute Figur, ober wenn man ihn
fttußen sah, wie er mit seinen hohen Stiefeln über
Essen frisch gepflügten Acker ging oder airs dem
fferde im schlanken Trab über lden -breitesten Graben
^te, dann empfand man eine gewisse Hochachtung,
pr Keine Hamburgerin vertraute mir schon nach
feigen Tagen an, baß sie sich in den Verwalter „ver
flossen " habe.
. Fanny Riàer war übrigens bei -diesen vertrau-
?hen Mitteilungen zugegen und sagte gleich. Else,
î? hieg die Hamburgerin, sollte sich nichts Einbilden.
«>e hätte gesehen, wie Jens Iürgensen Mamsell gc-
siißt hätte? Im Eingang vom Milchkeller, wo es so
shön dämmerig war. Fanny Rickmer gehörte näm-
H zu denen, die alles sehen, alles wissen und das,
sie weder sehen noch wissen können, sich dazu
Mir war übrigens auch schon aufgefa len,
saß Mamsell und der Verwalter nebeneinander sa-
fei, als gehörten sie zusammen. Weshalb auch nicht?
^ war ein feiner Kerl, und Mamsell, die rechte
Ş°nb von Dante Tiedemann, war ein hübsches,
Tankes Mädchen.
Else fand sich bald in -das Unvermehliche, aber es
mte sich so, daß sie der Kirchenmaus noch am sel-
m Abend von dem Kuß berichtete, -den Fanny im
Mchkeller gesehen haben wollte. Was soll man auch
ikden, wenn num Sommerabends im Freien zusam-
ì>rnļsitzt, wenn in -der Ferne die Harmonika spielt
Esb Lie Fledermäuse lautlos über die Köpfe hin
Zeichen? Die Keine Kirchenmaus sagte auch nicht
%. Sie hatte uns mit ihrer sanften Stimme gerade
wieder erzählt, wie schlecht es ihr immer im Leben
'^Fangen wäre und wie einsam sie sich fühlte — nun
i"Urde sie plötzlich still, sairk in sich zusammen, und
''is nachher -der Mond kam und in ihr Gesicht schien,
dig es einen fremdartig grüblerischen Ausdruck. —
. Eines Tages nun erhielt die Kirchenmaus ein
Wertpaket, in -dem eine goldene Uhr und -drei Hun
sttmarkscheine lagen. Ein Rechtsanwalt -aus Pom
^stn schrieb ihr, -daß eine alte Dame in seiner Stadt
"fttor'ben wäre und ihrer Großnichte beifolgendes
Erwacht habe. Die Kirchenmaus ahnte wenig von
m Großtante, die sich bei Lebzeiten nicht um sie ge-
^inmert hatte; deshalb vergoß sie nur sehr flüchtige
stauen, zeigte uns allen das Geld und auch die
sļ>r, -die sehr kostbar zu sein schien. Sie war mit
ferlen un!d Rubinen be-setzt und hatte ein gemalt
ļ's Ziffernblatt. Sie schien dos Gehen verlernt zu
^ìen, aber Jens Iürgensen, dem sie auch gezeigt
Vbe, meinte, sie würde von Liebhabern mindestens
stt tausend Mark bezahlt werden. Tausend Mark!
ftir bekamen alle ein wenig Respekt vor der Erbin,
st mit ihrer sanften Stimme sagte: „Ach, Geld
l eigentlich etwas Häßliches!" Eine Aeußerung, die
m Iungm rührend fanden, während Dante Tiede-
Nm -behaglich lachte und erKärte, mit Geld könne
doch vieles anfangen. Aber die Kirchenmaus
stb dabei, Geld war etwas Gewöhnliches, sie ver
biete es!
Dann wurde sie wohl einige Tage sehr nachdenk
sch, wenigstens sagten -dies nachher die anderen, nn-d
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11 entstand eine unbehagliche Stille. Jede von
-ì hatte einen Koffer oder Reisekorb, und zwei
Mefen immer zusammen. Nur ich hotte eine kleine
sstn-sMde im zweiten Stock für mich, die nur durch
stllte Tiedemanns Zimmer zu erreichen war.
i ^Kind", sagte Tante Tiedemann, „Sie sind auf-
^gt und haben nicht ordentlich gesucht. Hier gibt
^ine Diebe!"
Die Kirchenmaus sah sich mit wunderlich dunklen
Augen u-m. „Meine Uhr ist mir gestohlen I"
Da war es -denn natürlich, daß wir anboten, un-
ere Koffer von Tonte Tiedemann untersuchen zu
lassen. Sie war sehr verdrießlich, erklärte sich aber
dazu bereit, während Jens Iürgensen sich wieder mit
der Serviette das Gesicht abwischte und ratlos von
einer zur anderen sal). Er murmelte etwas, daß auch
seine Sachen nachgesehen werden könnten, aber die
Kirchenmaus lächelte ihn an.
„Ihr Zimmer ist doch draußen in der Meiere',
wie soften Sie —" Das Sie war sehr unterstrichen,
und Jens Iürgensen wischte sich wieder seine Stirn.
Also es gab Haussuchung, und unsere Stimmung
war nicht rosig. Bei keiner von uns wurde etwas ge
funden, und Tante Tiedemann wollte gerade ihre
eigenen Sachen untersuchen lassen, weil sie sich zu
ärgern begann, als Mamsell plötzlich vor uns er
schien. Sie war leichenblaß und hielt in ihrer Hand
die Uhr. „Sie lag in meiner Kommode zwischen der
Leibwäsche", sagte sie tonlos, „ich habe sie aber nicht
genommen!"
„Warum nicht?" fragte die Kirchenmaus mit ihrer
-unschuldigsten Miene.
„Warum nicht?" Die Karen Augen des Mädchens
nahmen einen hilstosen Ausdruck an. „Ich bin doch
keine Diebin!"
Tante Tiedemann nahm die Uhr aus Mamsells
Hand und gab sie -der Kirchenmaus. „Das ist alles
Fastnachtskram", sagte sie böse, „nun wollen wir
zu Mittag schlafen und nachher Kaffee trinken. Und
Eie, Fräulein von Merholz, machen keinen Spaß
weiter!"
„Spaß!" Die Kirchenmaus faltete die Hände, aber
Tante Tiedemann wandte sich schon von ihr ab und
faßte Mamsells Arm, um mit ihr wegzugehen. Als
ich nachher in meinem gimmerchen war, kam Fanny
geheimnisvoll zu mir. „Du", flüsterte sie, „ich
glaube, die Kirchenmaus hat die Uhr höchsteigenhün-
dig in Mamsells Kommode gelegt."
„Ich glaube es auch", erwiderte ich, „aber wer
will der Kirchenmaus diese Infamie beweisen? In
solchem großen Gutshause stehen alle Türen offen,
und manchmal scheint es menschenleer; wer achtete
-daraus, was -der eine oder der andere tat?
Am Nachmitta-g kam eine unangenehme Ueberra-
fchung, Mamsell war abgereist. Sie wollte nicht mehr
m einem Hause bleiben, wo inan sie des Diebstahls
beschuldigte und wo die Beweise vielleicht gegen sie
waren. Tante Tiedemann war so verstimmt, wie nie
mand sie kannte, und nach der Vesperzeit rief sie -die
Kirchenmaus, um mit ihr allein zu sprechen. Was
dann zwischen beiden verhandelt wurde, erfuhren
wir leider nich-t; gegen Abend mußte ein Bote in
die Stadt geschickt werden, weil -die Kirchenmaus
Schreikrämpfe bekam, und am anderen Tage reiste
sie ab, da sie, wie Tante Tiedemann berichtete, das
Landleben auf die Länge nicht vertragen konnte.
Aber Ällamsell kam , doch nicht wieder, sondern an
ihrer Stelle eine andere, viel ältere Dkamsell, die
lange nicht so gut kochen konnte, wie die Vorgänge-
riii, und die gleich in Tränen ausbrach, wenn Tante
Tiedemann etwas an ihr auszusetzen hatte. Dadurch
wurde die gute Dome verdrießlich, und auch wir
fühlten uns nicht mehr so wohl wie zu Anfang.
Vor einigen Jahren traf ich nun die neugierige
Fanny wieder. Wir erkannten uns allmählich und
begannen dann über die gemeinsam verlebte Zeit zu
sprechen. Sie lag lange zurück. Fanny hatte erwach
sene Töchter, von denen eine studieren wollte, was
sie unglaublich fand, und einen Sohn, -der die Land
wirtschaft erlernte.
„Auf Bauhof ist er", berichtete sie, „Frau Warn
holz sorgt gut für ihn, wenn ihr Mann auch streng
ist. Frau Warnholz ist nämlich die einstige Mam'stll
von Frau Tiedemann. Wissen Sie noch? Dst'elbe,
bei der die Uhr gefunden wurde. Was war das für
eine Geschichte! Dante Tiedemann hat sich derartig
darüber aufgeregt, daß sie ihrer einstigen Mamsell
eine große Summe hinterließ; als Schmerzensgeld,
wie sie in ihrem Testament sagte. Da war Diamsell
also eine gute Partie, heiratete einen Landwirt,
Herrn Warnholz, und kaufte später Bauhof, als er
zu verkaufen war. Das Ehepaar soll schwer sitzen,
wie sie auf dem Lande sagen, aber die Wirtschaft geht
am Schnürchen, und es ist sehr gut da."
In mir stieg eine Erinnerung auf. „War Mam
sell nicht mit dem Verwalter verlobt?" fragte ich,
und Frau Fanny la-ch-te.
„So ist es vielleicht gewesen, aber Herr Jürgen-
sen hat -die Keine Dame, die mit der Uhr, gehei
ratet."
„Die Kirchenmaus?"
„Ja, so, die Kirchenmaus! Sie hat's durchgesetzt,
und die Männer sind ja manchmo-l duinm. Er war
ein reicher Bauernsohn und hat sich nachher ein schö
nes Gut gekauft."
„Sind sie denn glücklich geworden?"
Frau Fanny hob die Schultern. „Ich weiß es
nicht, einmal stand in der Zeitung, daß sie Gedichte
mache, und nmn dos Buch für fünf Mark kaufen
könne. Und dann hieß es, daß sie ihrem Mann weg-
gelauftn wäre, weil sie aufs Theater wollte, aber er
soll sie wiedergeholt haben. Er ist ein großer Laird-
wirt und erhält Preise auf ollen Ausstellungen,
aber es soll nicht gut mit ihm Kirschen zu essen sein.
Sehr heftig soll er sein und manchmal brutal. Wenn
Mamsell wirklich mit ihm verlobt war, dann ist sie
gewiß froh, daß die Kirchenmaiis ihn 'hr abnahm.
Es war wirklich eine sonderbare Geschichte, und jetzt,
wo sie mir wieder eingefallen ist, will ich sie doch
meinen Töchtern erzählen. Sie können daraus ler
nen, daß man nicht immer seinen Willen durchsetzen
darf. Aber die Jugend von heutzutage tut doch, was
sie will. Nachher muß sie dann die Folgen tragen!"
„Die arme Kirchenmaus muß auch die Folgen
tragen!" sagte sie mitlei-dig. Denn ich sah plötzlich die
schönen, dunklen Augen des Mädchens vor mir,
hörte ihre wohllautende Stimme: ohne Eltern, ohne
Liebe war sie groß geworden, sie hatte nach dem ge
griffen, was sie haben wollte, und nun war sie eine
unbefriedigte, wahrscheinlich unglückliche Frau ge
worden. Fmu Fanny sah mich erstaunt an, dann
verstand sie vielleicht meine Gedanken.
„Die arme Keine Kirchenmaus!" sagte auch sie.
Geschichten ans dem hohe« Norden.
sin geschah es, -baß sie einmal erst z-um Mittagessen
j Ichien, als wir bald fertig waren. Mit blassein Ge-
stt ging sie auf Tante Tiedemann zu uird sagte
Jt: „Tonte Tiedemann, meine ko-stbare Uhr ist mir
Noh-len! Ich suche sie seit einer Stunde, aber sie
weg! Jemand muß sic mir genommen haben!"
Die Sprechmaschine.
Als Aufnahmen zum Film „Turi Aslak, -der
Lappe" (späterer Titel: „Am Rande des ewigen
Eises") im Gebiet von Kivuna-Iukkassärvi und wei
ter nördlich gema-cht werden sollten, da nahm die
deutsche Expedition außer dem Stationsbeamten
Per-Erik Holmquist (Dolmetsck)er) und der lappisch
schwedischen Lehrerin Fräulein Svomy (Filmstar)
auch eine Spre-chni-aschine und derlei effektvolle Ge
genstände als Geschenk für die no-madi sieven-den
Lappen mit.
Im Lappenlager wurde die Sprechmaschine in
Gang gesetzt; ein billiger Warenhausapparat für ein
paar Mark. Die Wirkung auf die Lappen war be
zeichnend für -die Kultur-Bedürfnislosigkeit, für -den
Herzenstakt und die Artigkeit der Lappen. Denn auf
die Fmge, ob noch mehr gespielt werden solle, ant
worteten -die Lappen:
„Oh, bitte, noch mehr? Gewiß — wenn Sie
Freude daran haben!"
Der Lappeukönig.
Ş In Kiruna, im Ha-use ineines Bekannten, erschien
eines Tages e-in Lappenbettler; steinalt, zwerghaft,
verkrüppelt. Er hatte sich seine Lebens- und Lei
densgeschichte auf einem abgegriffenen Zettel in ein
paar lapidaren Sätzen mederschreiben lassen. Im
Jahre 1892 sei er durch Lappen so verprügelt wor
den, daß er 6 Finger einbüßte, Beinbeschädigungen
und Gesichts-Wunden davontrug.
Durch Kreuzfragen kmn als Ursache dieser un-
glaub-würdigen Ro-Heitstat der ftnedliebenden Lap
pen heraus, -daß er versucht hatte, aus einer Herde
einige Renntiere zu stehlen. Das Renntier ist der
einzige Besitz des herumziehenden, in Zelten leben
den Lappen, und ein Lappe muß eine ganze Anzahl
dieser Tiere besitzen, um existieren zu können. Die
Rcnntlerkuh gibt -kaum einen Becher Milch am Tag.
und der Preis für ein Tier ist kaum höher als 25
Mark.
Der Alte, der kein Renntier sein eigen naniite,
lebte auf Kosten der übrigen Lappen und der finni
schen unìd novdsch-wedischen Bevölkerung, und er
heißt -daher spöttisch — der „Lappen-Koni^".
Maria Pappiln.
In Jukkassärvi, ein paar hundert Kilometer
nördlich vom Polarkreis, steht am Ufer -des 800 Me
ter breiten Tornea das Hotel Jukkassärvi; das heißt
Hotel ist Uebertreibung, selbst Gafthof oder Herberge
wäre zuviel gesagt. Ein altes Holzhaus, einstöckig,
mit drei Räumen, von -denen -der erste Küche und
Nestaurationsraum, Schlafzimmer und Speisezim
mer, der zweite Salon, Speisesaal, Postamt, Tele-
phonomt -und Schlafzimmer und der dritte großer
Festsaol, gute Stu-be und Schlafzimmer ist. Die Her
rin dieses Etablissements ist die Finnin Maria
Pappilo.
Nachdem ich sie mit „Pe-i-we" begrüßt hatte, sprach
sie in einer Sprache auf mich ein, von -der ich durch
meinen Begleiter hörte, daß es Deutsch war. Die
Alte war vor 20 Jahren mit 25 Lappen in Berlin
im Zoo. Ob hinter Gitter? Aber nein! Die Berliner
waren nett und höflich, und die Untergrundbahn
dos größte Wunder. Aber noch besser sei das Bier.
Haah, machte sie genießerisch, uu-d sie sagte zum Ab
schied verschämt weggewandt: „Grüßen Sie Berlin!"
Der Renntiermaffentod.
Eine Renntierhevde der Lappen besteht aus vielen
hun-derten, oft iiber tausend Tier-en. Im Sommer
bleiben die Lappen mit ihren Herden nördlich -des
Polarkreises. Bei starkem Frost und reichem Schnee
gehen sie bis nach Iämtland hinunter, in die Nähe
des eleganten Fremdenplatzes Are.
Beim Uebersch-reiten der Geleise der nördlichsten
Bahnlinie -der Welt, Lulea—Rarwick, und beim
Ueberqueren airderer Bahnen, werden jedesmal
zahlreiche Tiere getötet, obwohl die elektrischen Lo
komotiven der großen, schweren Erzzüge beständig
schrille Signale beim Sichten einer Renntierhevde
geben. Der Lappe ist fassungslos erschüttert über
den blutigen Tod seines Tieres. Wer er faßt sich
rasch. Er stellt den Schaden fest, eilt zur näch-sten
Station und — läßt sich den Schaden in blanken
Kronenstückcn ersetzen. Pro Tier 20—25, selten 30
schwedische Kronen.
Fortschritt« -er Ņchnik.
Neue Farbenfilmexperiwente.
Der Farbenfilm, non der Krise — zum Glück für
den Tonfilm — noch gehemmt, scheint sich doch im
Stillen rasch zu entwickeln. Ab und zu dringt eine
Neuigkeit aus dem Halbdunkel, das ihn umgibt,
und läßt ahnen, nms da im Werden ist. So hat die
ameritonische llniversal-Gesellschaft kürzlich das
Multicolorverfahren auf die Mikrophotographie
angewandt, und ihrem Kameramann S. R. Wood-
w-avd ist es gelungen, das strömende Blut in den
Adern eines Frosches mit tausen-dfacher Vergrö
ßerung farbig aufzunehmen. Das Atu'tticolorverfah-
ren ist zwar, als su-btraktives Zweifarbensystem, nur
als Vorläufer eines künftigen Farbenfilms anzu
sehen, aber die Leistung ist deswegen nicht weniger
bemerkenswert.
Erne Erfindung für den Automobilisten.
Wenn bei irgendeinem Unfall ein Autonrobil
einen Riß oder eine Beule in der Karosserie be
kam, mußte man bisher die Polsterung herausneh
men und den Schaden von innen reparieren, die
Einbuchtung wieder ausbeulen. Viel bequemer geht
die Reparatur mit Hilfe eines neuen Kunststoffes,
der bei starker Erhitzung weich und plastisch wird
und unter Zuhilfenahme eines Sch-weitzbrsnners
in den Rlß oder die Beule wie Kitt hineingestri
chen wird, erhärtet, durch Schleifen geglättet un-d
durch einen neuen Ansttich unsichtbar gemacht wird.
Vereinfachte Kartenherstellung.
Die Herstellung genauer und umfangreicher Land,
karten war bisher noch recht mühevoll. Obwohl das
Flugzeug weitgehend in den Dienst der Landver-
meffung gestellt ist, läßt sich die Vermessung einer
außerordentlich großen Zahl von Punkten auf der
Erde nicht umgehen. Beispielsweise müßten für
eine Karte mit dem Maßstab 1:100 000 für ein Ge
biet von 100-000 Quadratkilometer 60 000 solcher
Punkte eingemessen werden. Jetzt ist aber ein Ver
fahren entwickelt worden, das es gestattet, die Zahl
dieser Punkte mit Hilfe besonders durchkonstruier
ter Geräte erheblich herabzusetzen. Für das obige
Beispiel würde die Punktzahl nach der neuen Me
thode nur noch 1500 betragen. Wo nach den alten
Verfahren 200—300 Photoaufn-ahmen erforderlich
waren, kommt man jetzt mit einer einzigen aus.
Für die Erschließung weiter Landstrecken dürfte
diese Methode, an deren Ausarbeitung drei deutsche
Erfinder bàîligt sind, wertvolle Dienste leisten.
Bauen mit Zucker.
Ein eigenartiger Zusatz für den Baunwrtel wurde
im -gewöhnlichen Zucker gefunden. Er wird dem zum
Anmachen verwendeten Wasser zugesetzt und er
höht in einer Menge von 6 Prozent die Zerreiß
festigkeit des Mörtels um 60 Prozent. Ob dieses
Verfahren wirtschaftlich ist, scheint vorerst eine
noch unbeantwortete Frage zu sein.
Diamanten leisten Fabrikdienst.
Die großen amerikanischen Automobilfabriken
haben stets einen großen Verbrauch air Diamanten,
die ans Brasilien, Mlgisch-Kongo und Transvaal
Schleifscheiben, für die Bohrer und zum Erproben
der Stahlhörte beirutzt. Der Verkäufer bietet sie in
Kernen Säcken an, die zunächst vom Kassierer auf
Gewicht und Anzahl geprüft werden, danach wird
der Inhaft jedes Diamantenpäckchens vor den Fa-
briksachverständigen auf den Tisch gelegt, Stück für
Stück mit der Lupe gemustert und schließlich je nach
Preiswürdigkeit gekauft. Ein paar der kleinen
Steine kosten mehrere taufend Dollar. Sind sie ein
mal erworben, so wird in der Fabrik sofort eine
Karteikarte für sie angelegt, an Hand deren sich
genau verfolgen läßt, wie und wo der Diammtt be
nutzt wird. Jeder Stein muß für seinen Spezial
zweck bestimmten Anforderungen an Gewicht und
Härte entsprechen. Ist er nach einer gewissen Zeit
stark abgenutzt, so wird er in der Montierungswerk
statt neu gefaßt und mit seinem derzeitigen Ge
wicht in -die Kartothek eingetva-gen. Einzelne Steine
werden auf diese Weise bis zu 40mal umgeändert.
Zu -diesem Zweck legt man sie in eine Keine becher
förmige Metallhülse und gießt den Zwischenraum
zwischen ihnen und dem Gesäß mit einer Messing
legierung aus.
Filmstars aus Lust.
Die Filmtcchnik hat es bereits zu beachtlichen
Leistungen gebracht: Richt nur die sichtbare Welt
wird uns auf der Leinwand vorgeführt, auch dem
bloßen Lluge unsichtbare Erscheinungen können
neuerdings -durch den Film sichtbar gemacht wer
den: Es ist nämlich gelungen, die Wärmeströmun
gen -der Luft dem Auge im Film zugänglich zu uia-
chen. Es gibt schon einen Film, in dem die Luft
strömungen, die durch die Wärme der Hand im
Raum hervorgerufen werden, als „Stars" auftre
ten. Cs handelt sich hier keineswegs um eine tech
nische Spielerei, sondern um ein wissenschaftlich
und praktisch l>edeutungsvolles Verfahren. Kann
man doch mit Hilfe des „Wärmefilms" auf rein
optischem Weg« eànnen, ob Heizkörper richtig an
geordnet sind, oder ob Kochtöpse die — mit Rück
sicht auf etwaige Wärmererluste — zweckmäßigst«
Form aufweisen.