Full text: Newspaper volume (1932, Bd. 2)

ZĢ Uàehâung 
?e«- ^r. 145' 
stşik ««---Ş. 
0‘ 
et<k 
hier 
iŗdc 
'«g« 
Beilage der Schleswig.Holsteļnļschen Landeszàng (Rendsburger Tageblatt) 
Donnerstag, ven 23. Juni 1W32 
I ļrzShlnng von ļharlotte Niese. 
ng) 
seit 
gli- 
ge- 
illi- 
a« 
her-. 
bis 
vlit 
ire^ 
ätze, 
iche- 
-rzö- 
:os- 
datz 
den 
>iele 
blich 
MN- 
cherl 
1863 
ķ 
cSert 
iechei 
che« 
ein 
leite. 
riehst 
e?beN 
bösek 
reßte 
ie ct 
noch 
ideN' 
Duft 
Durft 
nach 
nute- 
: füc 
Rest' 
> sah 
Ant- 
dich 
ver- 
mir 
ihert, 
inelU 
. Do- 
: ich! 
Veit! 
itr ist 
äneN 
ö, an 
auf' 
rn. 
Wor 
dener 
I Un- 
t, der 
Mut 
st di 
n die 
> dich 
Line>^ 
ļCÏ^ 
autzt- 
lNUNg 
; filch" 
oUS 
Mtell 
iulen, 
cstdll 
Dos mar damals, im Sommer, als ich. mit noch 
äderen Genossinnen, unter Frau Tiedemanns Re- 
Kent leben durste. Tante Tiedemann, de.nn so 
knien mir sie olle, war eine behagliche, stille Frau, 
k -der es hieß, -daß sie mit der Orthographie nicht 
ist richtigem Fuße lebte. Aber sie kochte „himmlisch", 
^e -die kleine Hamburgerin sagte, von der erzählt 
^urde, daß sie wegen rnrglücklicher Liebe bei Tante 
bedemann auf Bauhof war. 
Es war ein lustiges, aber vielleicht auch ein wenig 
°'Mäferndes Leben. Den letzten Ausdruck ge 
buchte die kleine Kirchenmaus, die sich selbst so 
knie, weil sie, wie sie behauptete, wirklich keinen 
Züschen hatte und auch weniger Kostgeld bezahlte 
>>s wir. Eie trug einen vornehmen Namen, aber 
fßt Eltern waren früh gestorben, und sie war in 
kgend einem Stift erzogen worden, bis sie sich selbst 
chalten konnte. Nun war sie Lehrerin an einer 
Witschest Schule, hatte aber ein so kärgliches Ge 
eit, baß sie versicherte, erst hier zu lernen, wie man 
Wirklich ernsthaft satt werden konnte. Die Kirchen- 
us hatte schöne, dunkle Augen, ein feines Gestcht- 
-n und einen gewissen rührenden Klang in der 
tinrme, mit dem sie immer die besten Puddings 
kchsttzte und auch die größten Portionen. Ich 
!^chte mir nicht allzuviel aus ihr, ober ich bewun- 
fette sie doch wie die anderen und ich konnte es dem 
ferwalter nicht verdenken, daß er immer zu dem 
stnen, -kleinen Persönchen hinsah, wenn er mit ihr 
deinem Tische saß, was zweimal am Tage geschah. 
Verwalter hieß Jens Iürgensen und war unser 
ftchiger Herr. Ein großer, etwas ungeschlachter 
Mnn, der leicht heiß wurde, wenn man ihn anre 
gte, und dem es dann geschehen konnte, daß er sich 
K der Serviette das Gesicht abwischte. Im Zimmer 
hielte er keine gute Figur, ober wenn man ihn 
fttußen sah, wie er mit seinen hohen Stiefeln über 
Essen frisch gepflügten Acker ging oder airs dem 
fferde im schlanken Trab über lden -breitesten Graben 
^te, dann empfand man eine gewisse Hochachtung, 
pr Keine Hamburgerin vertraute mir schon nach 
feigen Tagen an, baß sie sich in den Verwalter „ver 
flossen " habe. 
. Fanny Riàer war übrigens bei -diesen vertrau- 
?hen Mitteilungen zugegen und sagte gleich. Else, 
î? hieg die Hamburgerin, sollte sich nichts Einbilden. 
«>e hätte gesehen, wie Jens Iürgensen Mamsell gc- 
siißt hätte? Im Eingang vom Milchkeller, wo es so 
shön dämmerig war. Fanny Rickmer gehörte näm- 
H zu denen, die alles sehen, alles wissen und das, 
sie weder sehen noch wissen können, sich dazu 
Mir war übrigens auch schon aufgefa len, 
saß Mamsell und der Verwalter nebeneinander sa- 
fei, als gehörten sie zusammen. Weshalb auch nicht? 
^ war ein feiner Kerl, und Mamsell, die rechte 
Ş°nb von Dante Tiedemann, war ein hübsches, 
Tankes Mädchen. 
Else fand sich bald in -das Unvermehliche, aber es 
mte sich so, daß sie der Kirchenmaus noch am sel- 
m Abend von dem Kuß berichtete, -den Fanny im 
Mchkeller gesehen haben wollte. Was soll man auch 
ikden, wenn num Sommerabends im Freien zusam- 
ì>rnļsitzt, wenn in -der Ferne die Harmonika spielt 
Esb Lie Fledermäuse lautlos über die Köpfe hin 
Zeichen? Die Keine Kirchenmaus sagte auch nicht 
%. Sie hatte uns mit ihrer sanften Stimme gerade 
wieder erzählt, wie schlecht es ihr immer im Leben 
'^Fangen wäre und wie einsam sie sich fühlte — nun 
i"Urde sie plötzlich still, sairk in sich zusammen, und 
''is nachher -der Mond kam und in ihr Gesicht schien, 
dig es einen fremdartig grüblerischen Ausdruck. — 
. Eines Tages nun erhielt die Kirchenmaus ein 
Wertpaket, in -dem eine goldene Uhr und -drei Hun 
sttmarkscheine lagen. Ein Rechtsanwalt -aus Pom 
^stn schrieb ihr, -daß eine alte Dame in seiner Stadt 
"fttor'ben wäre und ihrer Großnichte beifolgendes 
Erwacht habe. Die Kirchenmaus ahnte wenig von 
m Großtante, die sich bei Lebzeiten nicht um sie ge- 
^inmert hatte; deshalb vergoß sie nur sehr flüchtige 
stauen, zeigte uns allen das Geld und auch die 
sļ>r, -die sehr kostbar zu sein schien. Sie war mit 
ferlen un!d Rubinen be-setzt und hatte ein gemalt 
ļ's Ziffernblatt. Sie schien dos Gehen verlernt zu 
^ìen, aber Jens Iürgensen, dem sie auch gezeigt 
Vbe, meinte, sie würde von Liebhabern mindestens 
stt tausend Mark bezahlt werden. Tausend Mark! 
ftir bekamen alle ein wenig Respekt vor der Erbin, 
st mit ihrer sanften Stimme sagte: „Ach, Geld 
l eigentlich etwas Häßliches!" Eine Aeußerung, die 
m Iungm rührend fanden, während Dante Tiede- 
Nm -behaglich lachte und erKärte, mit Geld könne 
doch vieles anfangen. Aber die Kirchenmaus 
stb dabei, Geld war etwas Gewöhnliches, sie ver 
biete es! 
Dann wurde sie wohl einige Tage sehr nachdenk 
sch, wenigstens sagten -dies nachher die anderen, nn-d 
PO, ' ' 
11 entstand eine unbehagliche Stille. Jede von 
-ì hatte einen Koffer oder Reisekorb, und zwei 
Mefen immer zusammen. Nur ich hotte eine kleine 
sstn-sMde im zweiten Stock für mich, die nur durch 
stllte Tiedemanns Zimmer zu erreichen war. 
i ^Kind", sagte Tante Tiedemann, „Sie sind auf- 
^gt und haben nicht ordentlich gesucht. Hier gibt 
^ine Diebe!" 
Die Kirchenmaus sah sich mit wunderlich dunklen 
Augen u-m. „Meine Uhr ist mir gestohlen I" 
Da war es -denn natürlich, daß wir anboten, un- 
ere Koffer von Tonte Tiedemann untersuchen zu 
lassen. Sie war sehr verdrießlich, erklärte sich aber 
dazu bereit, während Jens Iürgensen sich wieder mit 
der Serviette das Gesicht abwischte und ratlos von 
einer zur anderen sal). Er murmelte etwas, daß auch 
seine Sachen nachgesehen werden könnten, aber die 
Kirchenmaus lächelte ihn an. 
„Ihr Zimmer ist doch draußen in der Meiere', 
wie soften Sie —" Das Sie war sehr unterstrichen, 
und Jens Iürgensen wischte sich wieder seine Stirn. 
Also es gab Haussuchung, und unsere Stimmung 
war nicht rosig. Bei keiner von uns wurde etwas ge 
funden, und Tante Tiedemann wollte gerade ihre 
eigenen Sachen untersuchen lassen, weil sie sich zu 
ärgern begann, als Mamsell plötzlich vor uns er 
schien. Sie war leichenblaß und hielt in ihrer Hand 
die Uhr. „Sie lag in meiner Kommode zwischen der 
Leibwäsche", sagte sie tonlos, „ich habe sie aber nicht 
genommen!" 
„Warum nicht?" fragte die Kirchenmaus mit ihrer 
-unschuldigsten Miene. 
„Warum nicht?" Die Karen Augen des Mädchens 
nahmen einen hilstosen Ausdruck an. „Ich bin doch 
keine Diebin!" 
Tante Tiedemann nahm die Uhr aus Mamsells 
Hand und gab sie -der Kirchenmaus. „Das ist alles 
Fastnachtskram", sagte sie böse, „nun wollen wir 
zu Mittag schlafen und nachher Kaffee trinken. Und 
Eie, Fräulein von Merholz, machen keinen Spaß 
weiter!" 
„Spaß!" Die Kirchenmaus faltete die Hände, aber 
Tante Tiedemann wandte sich schon von ihr ab und 
faßte Mamsells Arm, um mit ihr wegzugehen. Als 
ich nachher in meinem gimmerchen war, kam Fanny 
geheimnisvoll zu mir. „Du", flüsterte sie, „ich 
glaube, die Kirchenmaus hat die Uhr höchsteigenhün- 
dig in Mamsells Kommode gelegt." 
„Ich glaube es auch", erwiderte ich, „aber wer 
will der Kirchenmaus diese Infamie beweisen? In 
solchem großen Gutshause stehen alle Türen offen, 
und manchmal scheint es menschenleer; wer achtete 
-daraus, was -der eine oder der andere tat? 
Am Nachmitta-g kam eine unangenehme Ueberra- 
fchung, Mamsell war abgereist. Sie wollte nicht mehr 
m einem Hause bleiben, wo inan sie des Diebstahls 
beschuldigte und wo die Beweise vielleicht gegen sie 
waren. Tante Tiedemann war so verstimmt, wie nie 
mand sie kannte, und nach der Vesperzeit rief sie -die 
Kirchenmaus, um mit ihr allein zu sprechen. Was 
dann zwischen beiden verhandelt wurde, erfuhren 
wir leider nich-t; gegen Abend mußte ein Bote in 
die Stadt geschickt werden, weil -die Kirchenmaus 
Schreikrämpfe bekam, und am anderen Tage reiste 
sie ab, da sie, wie Tante Tiedemann berichtete, das 
Landleben auf die Länge nicht vertragen konnte. 
Aber Ällamsell kam , doch nicht wieder, sondern an 
ihrer Stelle eine andere, viel ältere Dkamsell, die 
lange nicht so gut kochen konnte, wie die Vorgänge- 
riii, und die gleich in Tränen ausbrach, wenn Tante 
Tiedemann etwas an ihr auszusetzen hatte. Dadurch 
wurde die gute Dome verdrießlich, und auch wir 
fühlten uns nicht mehr so wohl wie zu Anfang. 
Vor einigen Jahren traf ich nun die neugierige 
Fanny wieder. Wir erkannten uns allmählich und 
begannen dann über die gemeinsam verlebte Zeit zu 
sprechen. Sie lag lange zurück. Fanny hatte erwach 
sene Töchter, von denen eine studieren wollte, was 
sie unglaublich fand, und einen Sohn, -der die Land 
wirtschaft erlernte. 
„Auf Bauhof ist er", berichtete sie, „Frau Warn 
holz sorgt gut für ihn, wenn ihr Mann auch streng 
ist. Frau Warnholz ist nämlich die einstige Mam'stll 
von Frau Tiedemann. Wissen Sie noch? Dst'elbe, 
bei der die Uhr gefunden wurde. Was war das für 
eine Geschichte! Dante Tiedemann hat sich derartig 
darüber aufgeregt, daß sie ihrer einstigen Mamsell 
eine große Summe hinterließ; als Schmerzensgeld, 
wie sie in ihrem Testament sagte. Da war Diamsell 
also eine gute Partie, heiratete einen Landwirt, 
Herrn Warnholz, und kaufte später Bauhof, als er 
zu verkaufen war. Das Ehepaar soll schwer sitzen, 
wie sie auf dem Lande sagen, aber die Wirtschaft geht 
am Schnürchen, und es ist sehr gut da." 
In mir stieg eine Erinnerung auf. „War Mam 
sell nicht mit dem Verwalter verlobt?" fragte ich, 
und Frau Fanny la-ch-te. 
„So ist es vielleicht gewesen, aber Herr Jürgen- 
sen hat -die Keine Dame, die mit der Uhr, gehei 
ratet." 
„Die Kirchenmaus?" 
„Ja, so, die Kirchenmaus! Sie hat's durchgesetzt, 
und die Männer sind ja manchmo-l duinm. Er war 
ein reicher Bauernsohn und hat sich nachher ein schö 
nes Gut gekauft." 
„Sind sie denn glücklich geworden?" 
Frau Fanny hob die Schultern. „Ich weiß es 
nicht, einmal stand in der Zeitung, daß sie Gedichte 
mache, und nmn dos Buch für fünf Mark kaufen 
könne. Und dann hieß es, daß sie ihrem Mann weg- 
gelauftn wäre, weil sie aufs Theater wollte, aber er 
soll sie wiedergeholt haben. Er ist ein großer Laird- 
wirt und erhält Preise auf ollen Ausstellungen, 
aber es soll nicht gut mit ihm Kirschen zu essen sein. 
Sehr heftig soll er sein und manchmal brutal. Wenn 
Mamsell wirklich mit ihm verlobt war, dann ist sie 
gewiß froh, daß die Kirchenmaiis ihn 'hr abnahm. 
Es war wirklich eine sonderbare Geschichte, und jetzt, 
wo sie mir wieder eingefallen ist, will ich sie doch 
meinen Töchtern erzählen. Sie können daraus ler 
nen, daß man nicht immer seinen Willen durchsetzen 
darf. Aber die Jugend von heutzutage tut doch, was 
sie will. Nachher muß sie dann die Folgen tragen!" 
„Die arme Kirchenmaus muß auch die Folgen 
tragen!" sagte sie mitlei-dig. Denn ich sah plötzlich die 
schönen, dunklen Augen des Mädchens vor mir, 
hörte ihre wohllautende Stimme: ohne Eltern, ohne 
Liebe war sie groß geworden, sie hatte nach dem ge 
griffen, was sie haben wollte, und nun war sie eine 
unbefriedigte, wahrscheinlich unglückliche Frau ge 
worden. Fmu Fanny sah mich erstaunt an, dann 
verstand sie vielleicht meine Gedanken. 
„Die arme Keine Kirchenmaus!" sagte auch sie. 
Geschichten ans dem hohe« Norden. 
sin geschah es, -baß sie einmal erst z-um Mittagessen 
j Ichien, als wir bald fertig waren. Mit blassein Ge- 
stt ging sie auf Tante Tiedemann zu uird sagte 
Jt: „Tonte Tiedemann, meine ko-stbare Uhr ist mir 
Noh-len! Ich suche sie seit einer Stunde, aber sie 
weg! Jemand muß sic mir genommen haben!" 
Die Sprechmaschine. 
Als Aufnahmen zum Film „Turi Aslak, -der 
Lappe" (späterer Titel: „Am Rande des ewigen 
Eises") im Gebiet von Kivuna-Iukkassärvi und wei 
ter nördlich gema-cht werden sollten, da nahm die 
deutsche Expedition außer dem Stationsbeamten 
Per-Erik Holmquist (Dolmetsck)er) und der lappisch 
schwedischen Lehrerin Fräulein Svomy (Filmstar) 
auch eine Spre-chni-aschine und derlei effektvolle Ge 
genstände als Geschenk für die no-madi sieven-den 
Lappen mit. 
Im Lappenlager wurde die Sprechmaschine in 
Gang gesetzt; ein billiger Warenhausapparat für ein 
paar Mark. Die Wirkung auf die Lappen war be 
zeichnend für -die Kultur-Bedürfnislosigkeit, für -den 
Herzenstakt und die Artigkeit der Lappen. Denn auf 
die Fmge, ob noch mehr gespielt werden solle, ant 
worteten -die Lappen: 
„Oh, bitte, noch mehr? Gewiß — wenn Sie 
Freude daran haben!" 
Der Lappeukönig. 
Ş In Kiruna, im Ha-use ineines Bekannten, erschien 
eines Tages e-in Lappenbettler; steinalt, zwerghaft, 
verkrüppelt. Er hatte sich seine Lebens- und Lei 
densgeschichte auf einem abgegriffenen Zettel in ein 
paar lapidaren Sätzen mederschreiben lassen. Im 
Jahre 1892 sei er durch Lappen so verprügelt wor 
den, daß er 6 Finger einbüßte, Beinbeschädigungen 
und Gesichts-Wunden davontrug. 
Durch Kreuzfragen kmn als Ursache dieser un- 
glaub-würdigen Ro-Heitstat der ftnedliebenden Lap 
pen heraus, -daß er versucht hatte, aus einer Herde 
einige Renntiere zu stehlen. Das Renntier ist der 
einzige Besitz des herumziehenden, in Zelten leben 
den Lappen, und ein Lappe muß eine ganze Anzahl 
dieser Tiere besitzen, um existieren zu können. Die 
Rcnntlerkuh gibt -kaum einen Becher Milch am Tag. 
und der Preis für ein Tier ist kaum höher als 25 
Mark. 
Der Alte, der kein Renntier sein eigen naniite, 
lebte auf Kosten der übrigen Lappen und der finni 
schen unìd novdsch-wedischen Bevölkerung, und er 
heißt -daher spöttisch — der „Lappen-Koni^". 
Maria Pappiln. 
In Jukkassärvi, ein paar hundert Kilometer 
nördlich vom Polarkreis, steht am Ufer -des 800 Me 
ter breiten Tornea das Hotel Jukkassärvi; das heißt 
Hotel ist Uebertreibung, selbst Gafthof oder Herberge 
wäre zuviel gesagt. Ein altes Holzhaus, einstöckig, 
mit drei Räumen, von -denen -der erste Küche und 
Nestaurationsraum, Schlafzimmer und Speisezim 
mer, der zweite Salon, Speisesaal, Postamt, Tele- 
phonomt -und Schlafzimmer und der dritte großer 
Festsaol, gute Stu-be und Schlafzimmer ist. Die Her 
rin dieses Etablissements ist die Finnin Maria 
Pappilo. 
Nachdem ich sie mit „Pe-i-we" begrüßt hatte, sprach 
sie in einer Sprache auf mich ein, von -der ich durch 
meinen Begleiter hörte, daß es Deutsch war. Die 
Alte war vor 20 Jahren mit 25 Lappen in Berlin 
im Zoo. Ob hinter Gitter? Aber nein! Die Berliner 
waren nett und höflich, und die Untergrundbahn 
dos größte Wunder. Aber noch besser sei das Bier. 
Haah, machte sie genießerisch, uu-d sie sagte zum Ab 
schied verschämt weggewandt: „Grüßen Sie Berlin!" 
Der Renntiermaffentod. 
Eine Renntierhevde der Lappen besteht aus vielen 
hun-derten, oft iiber tausend Tier-en. Im Sommer 
bleiben die Lappen mit ihren Herden nördlich -des 
Polarkreises. Bei starkem Frost und reichem Schnee 
gehen sie bis nach Iämtland hinunter, in die Nähe 
des eleganten Fremdenplatzes Are. 
Beim Uebersch-reiten der Geleise der nördlichsten 
Bahnlinie -der Welt, Lulea—Rarwick, und beim 
Ueberqueren airderer Bahnen, werden jedesmal 
zahlreiche Tiere getötet, obwohl die elektrischen Lo 
komotiven der großen, schweren Erzzüge beständig 
schrille Signale beim Sichten einer Renntierhevde 
geben. Der Lappe ist fassungslos erschüttert über 
den blutigen Tod seines Tieres. Wer er faßt sich 
rasch. Er stellt den Schaden fest, eilt zur näch-sten 
Station und — läßt sich den Schaden in blanken 
Kronenstückcn ersetzen. Pro Tier 20—25, selten 30 
schwedische Kronen. 
Fortschritt« -er Ņchnik. 
Neue Farbenfilmexperiwente. 
Der Farbenfilm, non der Krise — zum Glück für 
den Tonfilm — noch gehemmt, scheint sich doch im 
Stillen rasch zu entwickeln. Ab und zu dringt eine 
Neuigkeit aus dem Halbdunkel, das ihn umgibt, 
und läßt ahnen, nms da im Werden ist. So hat die 
ameritonische llniversal-Gesellschaft kürzlich das 
Multicolorverfahren auf die Mikrophotographie 
angewandt, und ihrem Kameramann S. R. Wood- 
w-avd ist es gelungen, das strömende Blut in den 
Adern eines Frosches mit tausen-dfacher Vergrö 
ßerung farbig aufzunehmen. Das Atu'tticolorverfah- 
ren ist zwar, als su-btraktives Zweifarbensystem, nur 
als Vorläufer eines künftigen Farbenfilms anzu 
sehen, aber die Leistung ist deswegen nicht weniger 
bemerkenswert. 
Erne Erfindung für den Automobilisten. 
Wenn bei irgendeinem Unfall ein Autonrobil 
einen Riß oder eine Beule in der Karosserie be 
kam, mußte man bisher die Polsterung herausneh 
men und den Schaden von innen reparieren, die 
Einbuchtung wieder ausbeulen. Viel bequemer geht 
die Reparatur mit Hilfe eines neuen Kunststoffes, 
der bei starker Erhitzung weich und plastisch wird 
und unter Zuhilfenahme eines Sch-weitzbrsnners 
in den Rlß oder die Beule wie Kitt hineingestri 
chen wird, erhärtet, durch Schleifen geglättet un-d 
durch einen neuen Ansttich unsichtbar gemacht wird. 
Vereinfachte Kartenherstellung. 
Die Herstellung genauer und umfangreicher Land, 
karten war bisher noch recht mühevoll. Obwohl das 
Flugzeug weitgehend in den Dienst der Landver- 
meffung gestellt ist, läßt sich die Vermessung einer 
außerordentlich großen Zahl von Punkten auf der 
Erde nicht umgehen. Beispielsweise müßten für 
eine Karte mit dem Maßstab 1:100 000 für ein Ge 
biet von 100-000 Quadratkilometer 60 000 solcher 
Punkte eingemessen werden. Jetzt ist aber ein Ver 
fahren entwickelt worden, das es gestattet, die Zahl 
dieser Punkte mit Hilfe besonders durchkonstruier 
ter Geräte erheblich herabzusetzen. Für das obige 
Beispiel würde die Punktzahl nach der neuen Me 
thode nur noch 1500 betragen. Wo nach den alten 
Verfahren 200—300 Photoaufn-ahmen erforderlich 
waren, kommt man jetzt mit einer einzigen aus. 
Für die Erschließung weiter Landstrecken dürfte 
diese Methode, an deren Ausarbeitung drei deutsche 
Erfinder bàîligt sind, wertvolle Dienste leisten. 
Bauen mit Zucker. 
Ein eigenartiger Zusatz für den Baunwrtel wurde 
im -gewöhnlichen Zucker gefunden. Er wird dem zum 
Anmachen verwendeten Wasser zugesetzt und er 
höht in einer Menge von 6 Prozent die Zerreiß 
festigkeit des Mörtels um 60 Prozent. Ob dieses 
Verfahren wirtschaftlich ist, scheint vorerst eine 
noch unbeantwortete Frage zu sein. 
Diamanten leisten Fabrikdienst. 
Die großen amerikanischen Automobilfabriken 
haben stets einen großen Verbrauch air Diamanten, 
die ans Brasilien, Mlgisch-Kongo und Transvaal 
Schleifscheiben, für die Bohrer und zum Erproben 
der Stahlhörte beirutzt. Der Verkäufer bietet sie in 
Kernen Säcken an, die zunächst vom Kassierer auf 
Gewicht und Anzahl geprüft werden, danach wird 
der Inhaft jedes Diamantenpäckchens vor den Fa- 
briksachverständigen auf den Tisch gelegt, Stück für 
Stück mit der Lupe gemustert und schließlich je nach 
Preiswürdigkeit gekauft. Ein paar der kleinen 
Steine kosten mehrere taufend Dollar. Sind sie ein 
mal erworben, so wird in der Fabrik sofort eine 
Karteikarte für sie angelegt, an Hand deren sich 
genau verfolgen läßt, wie und wo der Diammtt be 
nutzt wird. Jeder Stein muß für seinen Spezial 
zweck bestimmten Anforderungen an Gewicht und 
Härte entsprechen. Ist er nach einer gewissen Zeit 
stark abgenutzt, so wird er in der Montierungswerk 
statt neu gefaßt und mit seinem derzeitigen Ge 
wicht in -die Kartothek eingetva-gen. Einzelne Steine 
werden auf diese Weise bis zu 40mal umgeändert. 
Zu -diesem Zweck legt man sie in eine Keine becher 
förmige Metallhülse und gießt den Zwischenraum 
zwischen ihnen und dem Gesäß mit einer Messing 
legierung aus. 
Filmstars aus Lust. 
Die Filmtcchnik hat es bereits zu beachtlichen 
Leistungen gebracht: Richt nur die sichtbare Welt 
wird uns auf der Leinwand vorgeführt, auch dem 
bloßen Lluge unsichtbare Erscheinungen können 
neuerdings -durch den Film sichtbar gemacht wer 
den: Es ist nämlich gelungen, die Wärmeströmun 
gen -der Luft dem Auge im Film zugänglich zu uia- 
chen. Es gibt schon einen Film, in dem die Luft 
strömungen, die durch die Wärme der Hand im 
Raum hervorgerufen werden, als „Stars" auftre 
ten. Cs handelt sich hier keineswegs um eine tech 
nische Spielerei, sondern um ein wissenschaftlich 
und praktisch l>edeutungsvolles Verfahren. Kann 
man doch mit Hilfe des „Wärmefilms" auf rein 
optischem Weg« eànnen, ob Heizkörper richtig an 
geordnet sind, oder ob Kochtöpse die — mit Rück 
sicht auf etwaige Wärmererluste — zweckmäßigst« 
Form aufweisen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.