Nr. 88
Beilage der Schleswig-Holsteinischen Landeszeikung (Rendsburger Tageblatt)
Freitag, 0en 15. April 1932
Amordnuņg im
naltonalcn Schrrftium.
Kundgebung des Nationalverbandes Deutscher
Schriftsteller.
Dr. Walter Bloeni, der kürzlich den
Vorsitz des Schutzverbandes Deutscher
Schriftsteller übernommen hatte mit dem
Ziel, die Vorherrschaft der Linken in die
sem Verbände zu Gunsten einer nationa
len Haltung zu brechen, ist, wie gemeldet,
von dem Vorsitz zurückgetretene Der Ver
such, dem nationalen Schrifttum eine maß
gebende Vertretung im Schutzverband zu
schaffen, ist also gescheitert.
Den Ruf der deutschen Freiheitsbewegung
hat das Volk gehört und ist ihm gefolgt. Der
deutsche Schriftsteller dagegen hat sich mit Ver
suchen aufgehalten, die Verständigung mit
einer Organisation herbeizuführen, mit der es
keine Verständigung geben kann, wie es der
Fall Bloem beweist.
Damit sind die kulturpolitischen Fronten
endgültig geklärt und der nationalgesinnte
Schriftsteller hat sich zu entscheiden: ob er mit
dem Internationalismus und der zweideuti
gen Gewerkschaftspolitik im Schutzverband
weiter paktieren oder ob er sich an die Seite
der kämpferischen Volksgenossen stellen will.
Der Nationalverband Deutscher Schriftstel
ler ist bereits im vorigen Jahr aus der Er
kenntnis errichtet worden, daß der Schntzver-
band für die nationale Sache unrettbar verlo
ren ist, weil er nur eine Interessenvertretung
eines Verbandes zum Schutze jener Literaten
ist, die außerhalb des Kampfes der Nation
stehen.
Was der Schutzverbanö lediglich durch Sub
ventionen dieses Systems seinen Mitglie
dern an praktischen Hilfen heute noch bietet —
es ist wenig genug —, die vereinigten
nationalen Schriftsteller werden solche Leistun
gen ebenfalls aufzubringen wissen. Darüber
hinaus geht es aber vor allem um die soziale
und politische Einordnung des Geistesarbei
ters in die große nationale Bewegung, in den
werdenden Staat und eine aus den Kräften
unseres Volkstums neu erwachsende Kultur.
Der Nationalverband Deutscher Schriftstel
ler fordert daher alle deutschen Schriftsteller
auf, die mit ihm einer Gesinnung und eines
Willens sind, die brüchigen Reihen der libe
ralen Schutzverbündler endlich zu verlassen
und sich uns anzuschließen. Den Schriftstellern,
die noch keinem Verbände angehören — etwa
in der Meinung, Kampf sei nicht ihre Sache —
oder den Mitgliedern von Vereinigungen, die
nichts als Berufsvertretungen sind, mit Pflege
des Dilettantismus, geben wir zu bedenken,
daß es nicht um den Kampf an sich und um
diese oder jene Tagesinteresien geht, sondern
eben um ihre eigensten Sache, um die Sache
des deutschen Geistes.
In Stunden der Entscheidung hat sich der
lebendige Geist noch stets zur Nation bekannt.
Berlin NW. 87, den 11. April 1932.
Nationalverband Deutscher Schriftsteller
Richard Euringer, Kurt Aram, Eberhard König,
Dr. jnr. Hans Fritz von Zwehl, Rechtsanwalt am
Kammergericht und Notar.
Sunt* Wê
Die Luftballon-Ehe.
Irgendwo hat da ein junges Mädchen einen
kleinen Gasballon geschenkt bekommen oder in
«liner Lotterie gewonnen — so ein Kinderspielzeug,
das ein paar Stunden dis Neigung zeigt, wie ein
Zeppelin in die Höhe zu gehen. Ein an sich wert
loses Ding, wie es zu Reklamezwecken zu Tausen
den hergestellt und zu Tausenden verschenkt wird.
Das junge Mädchen befestigte an dem Ballon einen
Zettel, auf dem es unter Angabe der Adresie mit
teilte, daß es noch zu haben fei, und gar nichts da
gegen hätte, von einem hübschen jungen Mann
geheiratet zu werden. Dann ließ es den Ballon
fliegen und er stieg hoch und immer höher, bis er
ihren Blicken vollends entschwand. Nach ein paar
Tagen erhielt das Mädchen einen Brief von einem
völlig unbekannten Absender: ein junger Land
wirt hatte den notgelandeten Ballon gesunden,
den Zettel gelesen und interessierte sich nun für das
Mädchen, das auf diese durchaus nicht gewöhnliche
Art einen Manu suchte. Und die Dinge nahmen
einen Verlauf, wie er gleich günstig nur in Ton
filmen zu finden ist, — vor ein paar Tagen haben
die auf so merkwürdige Weise miteinander bekannt
gewordenen jungen Leute geheiratet. Das ist nun
wirklich einmal eins Ehe, die „im Himmel" ge
schlossen wurde, und es ist nur zu wünschen, daß
sie auch entsprechend ausfällt.
Flugverkehr bis ins Herz von Paris.
Die Pariser sind mit ihrem Flughafen Le Bourget
nicht zufrieden, da er zu weit von der Stadt ent
fernt ist; sie wollen ihn auch sonst noch besser aus
gestalten. Daneben entwarfen aber Architekten
Pläne, wie man den Flugverkehr bis ins Stadt-
innere lenken könne. Andre Basdevant schlägt vor,
über 'den: Stadtzentrum in einer Höhe von 200
Metern eine zweistöckige Plattform aus Eisenbeton
von. 1000—2000 Metern Länge zu erbauen. Diese
soll in '&cr Mitte auf einem Drehlager liegen und
auf einem äußeren und inneren Laufkreis drehbar
sein, von jener 12, dieser 6 Stützen besitzt. Die
Die Expedition des Segelschiffs
„Aà«à".
Eine Rundfahrt um Island.
Zwischen den größten deutschen Hochseejachten, die
im Hasen von Travemünde noch im tiefen Winter
schlafe ruhen, liegt ein kleiner Segler „Atlanta"
startbereit, uni in aller Stille in diesen Tagen zu
einer Islandfahrt auszulaufen. Bei einer Länge von
14 Metern und einer Segelfläche von rd. 120 Qua
dratmetern ist dos Boot wohl das erste seiner Klaffe,
welches eine derartige Fahrt unternimmt. Trotzdem
soll die Reise keinen Rekord aufstellen und auch
keine bloße Luxussahrt sein, sondern eine wissen
schaftliche und filmische Expedition. Der Nordland
schriststeller und Kapitän Walter Grieg hat nach
sorgfältiger nautischer Vorbereitung, wie sie die un
gewöhnlich schwierigen Gewässer um Island erfor
dern, die seemännische Führung der Jacht übernom-
men. Die Fahrt geht durch den Englischen Kanal,
die Irische See, das schottische Schärengebiet, über
Hebriden, Orkneys, Färöer nach Island. Island sel
ber wird umsegelt und die Rückfahrt dann über
Norwegen eingeschlagen. Rund 10 000 Kilometer
will das Schiff etwa in einem halben Jahre zurück
legen.
Die beiden Mitarbeiter der „Atlanta-Expedition".
Willi Schulz und Joachim Günther, werden in dre
ien Gebieten für das Berliner Institut für Meeres
kunde hydrographische Untersuchungen anstellen.
wie sie für den Fischfang von großer Bedeutung
sind. Außerdem arbeitet die Expedition meteorolo
gisch im Rahmen des internationalen „Polarjah
res", das für den kommenden Sommer angesetzt ist
und einer besonders intensiven Durchforschung der
Witterungsverhältnisse auf der Novdhalbkugel der
Erde dient.
Bei der Rundfahrt um Island kommt die Jacht in
die unzugänglichsten und unbekanntesten Gebiete
der Insel, deren topographische, geologische und bio
logische Durchforschung gleichfalls auf dem Pro-
gramm der Expedition steht. Das großartige Vogel
leben an den nordischen Küsten auf einsamen, unbe-
rührten Vogelfelsen und auch im Innern an den
großen Seen Islands soll beobachtet und gefilmt
werden. Vulkane und Sofatarenfelder, wie sie kaum
irgendwo auf der Erde so reichhaltig und >'o tätig,
auftreten wie in Island, sollen beobachtet, photo
graphiert und untersucht werden. Die Vergletsche
rung der Insel, über deren Ursache man noch im
Unklaren ist. soll untersucht werden.
Alle Teilnehmer, sechs an der Zahl, sind bereits an
Bord. Schiff und Besatzung haben die letzten Vor
bereitungen hinter sich und sind startbereit für den
ersten günstigen Ausfahrtstag.
Stützen find nichts anderes als zu vermietende Wol
kenkratzer. Die 20 Meter hohe Plattform könnte
so jeweils nach der Windrichtung gedreht werden
und enthielten im Innern die Flugzeugschuppen,
Werkstätten, Warte- und Wohnräume. Das andere
Projekt von Lureat will die inmitten der Stadt lie
gende Schwaneninfel in der Seine zu einem Lan
dungsplatz ausgestalten. Die beiden Stockwerke der
Plattform wären ähnlich ausgestattet, diese hätten
die Ausmaße 460:70 Meter, wäre also größer als
die von Flugzeugmutterschiffen, z. B. der Saratoga
mit 269:32 Meter. Die Schuppen hätten Platz für
400 Flugzeuge, auch liegt die Insel so. daß an 86
Prozent der Tage die Windrichtung günstig ist. An
den übrigen Tagen müßten die abfliegenden Flug
zeuge mit dem Katapult starten, die ankommenden
in Le Bourget landen. Die Kosten dieses Projektes
werden auf 13 Millionen Mark geschätzt.
Marconi erfindet eine neue Kurzwellenanlage.
Senator Marconi, der sich in 'der letzten Zeit dem
drahtlosen Perkehr mit ganz kurzen Wellen gewid
met hat, hat einen neuen Apparat mit Erfolg
ausprobiert, der mit Wellen von 62 Zentimeter
Länge einen einwandfreien Duplexverkehr in der
drahtlosen Telephonie ermöglicht. Diese Neuerun
soll vor allem dem Verkehr mit dem Inland und mit
Schiffen dienen.
Eine Brücke über die Meerenge von Messina?
Die italienische Presse berichtet von dem Projekt
eines italienischen Ingenieurs, namens Antonio
CCalabretta, eine Brücke über die Meerenge von
Messina zu bauen. Dieses Projekt sei bereits vor
einiger Zeit dem Derkehrsministerium unterbreitet
worden und werde jetzt von einer Industriegruppe
in Nord-Italien auf seine Durchführbarkeit hin
geprüft.
Die Brücke soll die phantastische Spannung von
etwa zwei Kilometern und ein Gewicht von 100 000
Tonnen haben. Sie soll in einer Höhe von 120
Metern über dem Meeresspiegel gebaut werden,
um die Durchfahrt aller Art von Schiffen zu er
möglichen. Die Breite der Brücke soll 70 Meter be
tragen. In dem Projekt ist ein doppeltes Schienen
gleis, eine Autostraße und eine Straße für andere
Fahrzeuge vorgesehen. Ob diefts Projekt jemals
zur Durchführung kommt, scheint zumal bei der
jetzigen Wirtschaftslage zweifelhaft.
„Haarglanz“ bedeutet Haar-Hygiene.
Wie hält man sein Haar gesund ? Durch regelmäßiges
Nachspülen mit Schwarzkopf - Haarglanz
nach jeder Kopfwäsche! Denn Schwarzkopf-Haarglanz
strafft das erweichte Haar wieder — er adstringiert
es — und er entfernt die alkalisdien Rüdestände
aus dem Haar — er neutralisiert es. Das Haar wird
fest und elastisch, es leuchtet in reinem
Glanze: Schwarzkopf-Haarglanz ist sein Ver
jüngungsbad. „Haarglanz“ liegt jedem
Beutel Schwarzkopf-Schaumpon bei. Weiße
Packung 20 Pfg„ grüne Extra - Packung und
Extra-Blond mit Schaumbrille 27 Pfg.
îîtitl' em SêMşş. /AS'ĶA vsņ flttur Î5rmi‘«toetfct
11) (Nachdruck verboten).
Seine Behände zwar war mit seinem Tun, das
sie als zu weltlich und äußerlich bezeichnete, nicht
immer einverstanden. Und Doktor Grautoff, sein
ehrwürdiger, noch in der alterprobten Zeit und
Schuko wurzelnder Superintendent, lud ihn nach
Labiau in sein Amtshaus, ihm über seine Tätig
keit, die sich zu sehr im Sozialen verliere, wohl
gemeinte Vorhaltungen zu machen und ihn mehr
väterlich als amtlich zu bitten, diese einzuschrän
ken. damit nicht Wichtigeres über ihr vernachläs
sigt würde.
Thomas Altdorf hatte ihm aufmerksam und
nachdenklich zugehört, dann aber nach ernstem
Schweigen geantwortet: „Nein, Herr Superinten
dent. das kann ich Ihnen nicht versprechen. Hat
man mich in diese Gemeinde gesetzt, so bin ich ver
pflichtet, ihre Leiden und Sorgen mit ihr zu durch
kämpfen, ihre Not zu der meinen zu machen."
Er befand sich jetzt aus einem Vesuchsgang durch
seino Gemeinde. Kein durchweichter Boden, kein
Regen oder Sturm hielten ihn ab, auch bis zu den
mitten an der lehmigen Niederung gelegenen
Höfen und Häusern durchzudrängen.
So kam er zu Peter Quast.
Verlassen und vernachlässigt lag das einmal mit
peinlicher Sorgfalt gepflegte Gehöft. In den
großen Ställen kaum noch ein Stück Vieh, uno
wenn aus ihm einmal das Blöken einer Kuh oder
das Wiehern eines Pferdes dmng, das Robert
Zacharias, der neue Besitzer, noch nicht abgeführt
hatte, dann klang es traurig in die öde Stille
hinein, die nur das Plätschern des Regens oder
das Heulen des Sturmes mißtönend belebte.
In seiner durch eine alte Spirituslampe schwach
beleuchteten Wohnstube saß Peter Quast und
wandte kaum den Kopf, als das Bellen seines
kleinen struppigen Pinschers, den ahm Robert Za
charias großmütig gelassen, das 'Eintreten eines
Fremden meldete.
Als er aber den Pfarrer erkannte, erhob er sich
von seinem Stuhle, ging ihm mit schwerfälligen _
Schritten entgegen, reichte ihm dis schwielige j
Haà I
»Ich komme mit guter Botschaft," begrüßte ihn
Altdorf. „Man hat endlich meinen Vorstellungen
und Eingaben Gehör geschenkt und Ihnen das
Wohnungsrecht auf Ihrem Besitztum bis zum
Ausgang des Jahres zugesprochen. Der Zacharias
ist entsprechend beschieden worden."
Aber kaum hatte er den Namen ausgesprochen,
da stieg eine heiße Welle in das groblinigs Gesicht
des Bauern. Er wollte etwas erwidern unter
drückte jedoch bas sich hervordrängende Wort.
„Ich hoffe," fuhr Altdorf fort, „daß Ihr Gott
vertrauen dadurch wieder ein bißchen in die Höhe
kommen wird."
Peter Quast zuckte die Achseln. „Es ist sehr gü-
%, daß Sie sich meiner annehmen, Herr Pastor,
zumal ich jetzt so allein bin. Meine Frau und das
Kind habe ich zu ihren Eltern geschickt. Aber 's sind
arme Kätnerleut', und für uns beide ist da nicht
Platz. So ist's mir schon recht, daß ich hier noch ein
bißchen bleiben kann. Aber Vertrauen —? Du lie
ber Himmel, wo sollt' ich mir Vertrauen noch her
holen? Ich bin, seitdem dies hier geschehen, über
haupt kein Christmensch mehr, ein so eifriger ich
einmal war, wie jeder rechte Bauer."
„Doch ... der sind Sie auch heute noch! Wenn
einem die Wasser bis an den Hals steigen, verliert
mau wohl mal den Mut."
„Nein, ich bin's nicht," erwiderte Peter Quast
mit Entschiedenheit. „In der Schule und im Unter
richt habe ich gelernt, ein Christ dürfe niemand
hassen, auch seine Feinde nicht, müsse sie lieben und
für sie beten. Aber ehe ich für diesen Schuft und
Blutaussauger, den Zacharias, auch nur einen
Buchstaben aus dem Vaterunser betete, eher risse
ich mir die Zunge aus dem Munde. Ich hass' den
Kerl wie den Pfuhl der Hölle und wünscht', er ver
reckte elendiglich wie ein Stück Vieh da drüben am
Zaun oder ersoff in der Lak', und ich könnt ihm
dazu verhelfen! Ich würde mir nicht das geringste
daraus machen."
Die starke Hand ballte sich zur Faust, der robuste
Körper bebte in verhaltener Wut. Alt-dorf mußte
der Stunde gedenken, da er in ähnlicher Haltung
hier an dem Torflügel seines Gehöftes gestanden
und Verwünschungen gegen seinen Todfeind aus-
stieß. Eine tiefe Traurigkeit war in seinem Herzen
zugleich, eine Furcht wie dumpfe Ahnung von et
was, das geschehen könnte —. Und er stand da, un
fähig zum Wort wie zur Tat. Denn er kannte diese
hartköpfigen, in ihrer maßlosen Verbitterung zu
allem fähigen Bauern zu genau, um zu wissen, daß
ihnen mit einem gutmeinenden Wort in solch
einem Zustande nicht beizukommen war.
Dennoch ließ er nichts unversucht, sprach war
nend aus den von seinem Zorn llebermannten ein
— nur um zu empfinden, wie vergeblich alles war,
was er da sagte.
Und als er dann ging, war ihm zu Mute, als
wäre seine Furcht noch gewachsen.
Draußen dämmerte der Abend. Der Wind hatte
sich gelegt. Regungslos wie eine dichte graue Wand
standen die Weiden an der dunklen Furt, die das
Gehöft von dem benachbarten Fritz Laubingers
abgrenzte. Der viele Regen hatte ihr eine Menge
Wasser zugeführt, so daß sie, wie von einer inne
wohnenden Kraft getrieben, durch di« Stille
rauschte, die sich eintönig, traurig weithin breitete
— das rechte Niederungbild von erstorbenem Le
ben und schwerer Melancholie, ohne Farbe und
Licht.
Es war Zeit, sich auf den Heimweg zu machen,
follto ihn das Dunkel, das jetzt bereits am Nach-
mittag eintrat, nicht überraschen. Und im Finstern
waren die aufgeweichten Wege kaum gangbar.
Und doch führte er seinen Vorsatz nicht aus. Er
konnte es nicht. Es war, als hielte ihn eine unsicht
bare Hand zurück, als wiese sie ihm eine andere
Richtung.
„Ich muß noch beim Laubinger vorsprechen,"
sagte er zu sich selber, „mutz “
Da stand er bereits auf dem Steg, der zu dem
ansehnlichen Besitztum hinüberführte.
Welch ein anderes Bild! Stattliche Scheunen,
denen man, obwohl sie fest geschlossen war, anzu
merken schien, daß sie bis ans Dach gefüllt waren,
Ställe, aus denen in vielstimmigem Blöken, in
frohsattem Wiehern die Fülle des Lebens strömte,
hoch gestapelte Holzhaufen, unter offenen Schuppen
und Remisen gewaltige Wagen gereiht, alles wohl
geordnet, sauber und blank, wohin man den Blick
auch richtete. Als wäre die Not, die hier überall
zu Hanse war, an diesem Hofe vorübergegangen,
als hätte sie hier nichts M suchen und zu schaffen.
Ein dralles, gutgekleidetes Mädchen öffnete, be
trachtete den späten Gast mit einigem Erstaunen,
strahlte dann üb-er das ganze gesunde Gesicht.
„Ach, der Herr Pastor!"
Sie kannt-e ihn wohl. Erst am Erntedankfest
hatte er die Trine, ihre Schwester, getraut, war
dann zur Hochzeits-feier in die kleine, enge'Kate
der Eltern gekommen.
„Jawoll ... der Herr ist zu Haufe . . . drüben
im Zimmer. Na, der wird sich freuen!"
Und Fritz Laubinger freute sich wirklich, als
Altdorf bei ihm eintrat, brachte sofort Zigarren
und eine gute Flasche Rotwein, die Thomas Alt
dorf bei dem feucht-nebligen Wetter und in der be
drückten Gemütsstimmung recht willkommen war.
Aber bevor er sie entkorkte, führte er seinen
Gast in das große nebengelegene Zimmer, die
„Prunkstube", wie sie hierzulande sagten.
„Es sieht noch 'n bißchen wüst hier aus, nicht?"
Und er wies auf allerlei Möbel, die, in Leinen ge
hüllt, den größten Teil des umfangreichen Raumes
einnahmen, auch auf eine An,zahl ebenso verpackter
Stühle und Sessel, die um ein langes Sofa grup
piert waren.
Nun hob er den Bezug, und ein prachtvolles
Stück aus der Rokokozeit zeigte sich, von mattroter
Seide und mit hoher, kunstvoll geschnitzter und
reich vergoldeter Krönung, wie es in dem Emp
fangszimmer eines Schlosses hätte stehen können
und sich hier doch ein wenig herausfordernd aus
nahm.
Aber das sah Fritz Laubingers für solche Dinge
wenig eingestelltes Auge nicht.
„Schön, nicht?" fragte er, und in freudigem
Stolze leuchteten seine Augen. „Ich erstand die
Sachen in Herren-tor auf der Auktion. Sie lasen 's
wohl in der „Schwarzen Fahne". Man versteigerte
das ga-n-ze Schloß. Es war ein Jammer. And wis
sen Sie, für wen ich sie kaufte? Für meine Braut
als Hoch-zeitsgabe. Finden Sie nicht auch, daß sie
den alten Möbeln im Wulfskrona-er Empfangs
zimmer ähnlich sehen?"
„Nur d-aß sie noch wertvoller und besser erhalten
sind."
„Das freut mich," sagte Fritz Laubinger, und
jetzt strahlte sein ganzes Gesicht.
(Fortsetzung folgt.)
Unterhaltung