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124. Jahrgang,
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Zeilung oder aus Rückzahlung de, Bezugspreises
Triebkraft für die Veranstaltung so mancher die-
ier meist zweck- und ergebnislosen Zusammenkünfte
gewesen sein mögen.
Alle diese „Maßnahmen" mußten ohne Erfolg
und ohne Wirkung auf das Schicksal des einzelnen
und der Nation bleiben, weil sie liberalistischer
Geisteseinstellung und individualistischer Denkens
art entsprungen waren. Dem Einzelindividuum
kann es nicht wohl gehen, wenn die Allgemeinheit
in Not und Elend versinkt. Diese Erkenntnis ist
nicht neu, der Glaube an sie wird aber über
wuchert, wenn den Menschen gelehrt wird, daß
Freiheit Zügellosigkeit des Einzelwesens b-deutet,
wie es dje Lehre vom Liberalismus wissen will,
wenn er j5te Vernunft als höchste Autorität auf
stellt anstatt Sitte und Vaterlandsliebe. Mit
Maschinen und Wechseln hat diese Lehre vom
Glück des Einzelmenschen durch Freiheit von aller
Gemeinschaft auch in den Dörfern mehr und mehr
Anhänger gefunden. Früher waren die Gebote der
Nachbarschaft und der Nächstenliebe oberstes Ee-
fetz für den bodenständigen Bauernmenichen ge
wesen, hundertjährige Erfahrung und tägliche
Notwendigkeit hatten gerade dem Vauern offen
bart. der einzelne ist nichts ohne die Eemeinschaft
was er ist, ist er durch die Eemeinschaft, sei es
nun Dorfgemeinschaft, Stammes- oder Volks
gemeinschaft. Das saß so tief und fest in unserem
Landmann. daß Aufklärung, Liberaftsmus und
Sozialismus bis zum Kriege dem Kern des
Bauerntums nichts anhaben konnten, das war in
einem solchen Maße Natur, Charaktereigenschaft
des Bauern geworden, daß er sich dessen gar nicht
Fortsetzung nächste Seite.
Gààm ;t$s LiiߧSchichte
Vorbemerkung der Schriftleitung: Der nachfolgende
Aufsatz wird anläßlich der am Sonntag in den
Mauern Rendsburgs stattfindenden Tagung der
schleswig-holsteinischen Jungbwuernschast veröffent
licht.
Der Verfasser zeichnet in großen Zügen die
Nachkriegsentwicklung auf dem platten Lande, na
mentlich im Bauernstande. Er tut es in der Ten
denz, die grundlegenden Strukturveränderungen
aus den Zeitströmungen heraus zu erklären.
Zu diesen Ausführungen müssen noch einige
Tatsachen besonders hervorgehoben werden. Der
wesentlichste Inhalt der Tagung wird ein Vortrag
von berufener Seite über das Thema „Für oder
wider Gott" sein. Dieses Thema zeigt an, daß
die Jugend Deutschlands, wie auf den Gebieten
der Politik und der Wirtschaft, so auch auf dem
Gebiete der Weltanschauung aus dem Laodi-
cäazustand des liberalistischen Zeitalters der
sogenannten kritischen Vernunft heraus will. Das
Jungbauerntum wird damit seinem Wesen gemäß
sich mit den Beziehungen der Religion
zur fortschreitenden sozialen Zer
setzung der Zeit auseinandersetzen. Die Ver
anstaltung ist nicht öffentlich. Sie wird aber die
Richtlinien vorbereiten für die weitere diesbezüg
liche Stellungnahme in den großen Zeitausein-
andersetzungen um Christentum, Atheismus ost
europäischer und verfeinertem Antichristentum in
tellektueller westeuropäischer Prägung.
Zugleich ist der nachfolgende Aufsatz im Zusam
menhang mit der kürzlich erfolgten Neuwahl des
Borstandes der Landwirtichaftskammer eine grund
sätzliche Antwort auf vielfache Mißverständniffe
über die Entwicklung in Schleswig-Holstein. Das
Denken in der Vergangenheit kann die Entschei
dung nur in dem Rahmen „Hie Bauernverein",
„Hie Landbund" erklären und somit versuchen. Zu
sammenhänge zwischen der Wahl von Elücksburg
vor 4 Jahren und der Wahl vom 3. Dezember
dieses Jahres zu konstruieren ,was durchaus ab
wegig ist.
Der Wille zur berufsständischen Geschlossenheit
und zu bauernständischer Entwicklung ist inzwischen
organisatonspolitisch in der Einheitsorganisation
des Land- und Bauernbundes verwirklicht worden
Immer bewußter wird sich inmitten der wirtschaft
lichen und sonstigen Wirren der Zeit hier der
bauernständische Gedanke durchsetzen. Das zeigen
schon die Entwicklungslinien wirtschaftlicher Na
tur in Schleswig und bauern ständischer
in der jetzt gegründeten Besitzschutz-Genossenschaft
an. Zu beiden Dingen ist in diesem Blatte vor
nicht langer Zeit eingehend und grundsätzlich Stel
lung genommen. Hier mögen gegenüber einer falsch
eingestellten liberalistischen Kritik nur diese Ge
sichtspunkte nochmals hervorgehoben sein, Grund
sätze. die sich desto mehr und stärker geltend machen
werden. Je mehr die Frontgeneration und die ihr
folgende Jugend sich auch wahlpolitisch durchsetzen
wird und damit immer mehr auf die Gestaltung
der Dinge Einfluß gewinnen kann.
Erundelemente der Kampf geht.
Inflation und die Jahre der Aufblähung da
nach überlieferten den liberalistischen Ideen, wirt
schaftlicher und politischer Herkunft, das platte
Land. Was noch an Gemeinschaftsdenken und -füh
len in diese Zeit hinübergerettet war, wurde ge
löst, zersplittert, auseinandergeschlagen. Wie in
der Stadt die Familie zerfiel, die Ilrzelle des
Staates und der Nation, wie alles auseinander-
strebte, was doch zusammengehörte, dem Vlut und
der Tradition nach, so setzte auch im Dorfe ein
Sterben, eine Auflösung dessen ein, was früher
durch Nachbarschaft und Eroßfamilie fest verbunden
war. Die Eemeinschaft, das Blutsmäßige, Tradi
tionsgebundene und daher im besten Sinne Kon
servative mußte auch im Darf der Gesellschaft
weichen, mußte dem Platz machen, was zweckmäßig,
wirtschaftlich, zeitlich begrenzt und ungebunden
war, weil es Pflichten nur als solche im Dienste
des Profits kannte. Egoismus und Gewinngier
hielten mit dem Liberalismus ihren Einzug in die
Bauernhäuser, der Bauernstand verfiel damit der
Atomisierung, die Gesellschaft siegte über die Ge
meinschaft.
Jeder suchte seinen eigenen Prosit und glaubte
ihn sichern zu können ohne Rücksicht auf seine Mit
menschen, auf Stand und VE Trotzdem jeder sich
bemühte, seine wirtschaftliche Existenz zu fördern,
vorwärts zu kommen, und sein Bestes daran setzte.
meisten immer mehr rückwärts. Die Schulden wur
den immer höher, der Sorgen immer mehr, der
Erfolg wollte sich nicht einstellen. Ueberall dasselbe
Bild, in der Landwirtschaft, im Handwerkerstand,
in der ganzen Wirtschaft. Es wurde auch nicht
anders, als man sich zusammenschloß, sich organi
sierte, die Verbände sich zusammentaten, Geschäfts
führer anstellten und die Not bekämpfte, als man
mit einem Wort begann, für die „Rentabilitäl"
zu streiten. Sahen wir vorher einen ungeregelten
Kampf aller gegen alle um die Futterkrippe und
Futtermenge, die dem deutschen Volk zugemessen
war, gewissermaßen eine Anarchie, so war durch
dis Organisation aller Interessen und Belange
nur etwas System in die Sache gekommen. Es
wurde, auf das Ganze gesehen, nichts damit ge
bessert daß für die einzelnen die Organisationen
»kämpften", Programme zur Rettung der Renta
bilität aufstellten, und daß hunderte und tausende
von Syndizi die eine oder andere Angelegenheit
„in die Hand nahmen", je nachdem, welcher Er
folg für die Organisation, die nach und nach ein
Vorspiel zu uriö NbrSstunsskonleren;
Unterredungen m Berlin und London
Die heutige Londoner Presse bringt in
großer Aufmachung eine Unterredung Hit
lers mit Vertretern der englischen und ame
rikanischen Presse im Hotel Kaiserhof zu
Berlin.
Hitler beschäftigte sich Zunächst mit dem
Hessen-Dokument und erklärte, sein Wille
allein sei in der Partei maßgebend. Er denke
nicht daran, in letzter Minute die Grundsätze
der Legalität über Bord Zu werfen. Es unter
liege keinem Zweifel, daß die Partei bald zur
Macht kommen werde.
Er sprach sich dann über die kammnnistM»-
Gefahr in Deutschland aus, die Zum Teil das
Hessen-Dokument erkläre. Die meisten Men
schen hätten noch nicht die geringste Vorstel
lung von der Ungeheuerlichkeit der kommu
nistischen Gefahr. Er könne nicht einzelnen
Mitgliedern seiner Partei verbieten, über
die kommunistische Gefahr nachzudenken, aber
es sei eine Unverschämtheit, die Gedanken in
Form eines Dokumentes niederzulegen. Hit
ler erklärte die Verbitterung und die Kamp-
şesentschlossenheit seiner Anhänger mit dem
fortgesetzten Kleinkrieg der Kommunisten,
durch den die Nationalsozialisten in diesem
Priorität der politischen Forderungen zu be
stehen. Wenn die Welt von Deutschland die
Fortsetzung der Zahlungen für die politischen
Erpressungen Frankreichs in der Form von
Tributen fordere, so müsse sie sich darauf ge
faßt machen, einen vollständigen Zusammen
bruch Deutschlands zu erleben. Die Tribute
seien Wahnsinn. Die Welt werde um der
politischen Forderungen Frankreichs willen
zugrunde gerichtet. Tie Welt müsse entschei
den, ob
Frankreich
mit seinem großen Heer und seiner militäri
schen Macht weiterhin der politische Steuer
büttel Europas bleiben solle, oder ob sie
Frieden und Wohlfahrt haben wolle. Mit
einer einzigen Ausnahme ses kann, was
sich auch aus dem folgenden Satz ergibt, nur
Frankreich gemeint sein. SchrifU.) seien die
freundschaftlichen Beziehungen zwischen
Deutschland und seinen früheren Feinden
wiederhergestellt. Aber Einigungsversuche
müßten von Frankreich kommen und seien
solange unmöglich, solange Frankreich die
68 Millionen Teutsche noch als eine zweit-
1. Rücksichtslose Herabsetzung des große»
Verwaltungsapparates in Deutschland,
2. Rücksichtslose Drosselung der Einfuhr uns
3. Beseitigung aller politischen Verpflichiun.
# Während Hitler durch die Unterredung in
Berlin einen Vorstoß gegen die französische
Vormachtstellung machte mit der Tendenz
der Isolierung eines weiter unnachgiebigen
Frankreichs, unternahm der gegenwärtig in
Zwischenbemerkung.
Die diesjährigen Weihnachten
werden mehr denn je eine tiefinnere Ange
legenheit des einzelnen Menschen sein. Denn
um den Frieden in Politik und Volk ist cs
arm bestellt.
Der Kampf um die politische Macht wird
nur notdürftig um die Zeit des Festes ver
hallen.
Dazu werden neue Notverordnungslaster»
ein böser sozialer bzw. wirtschaftlicher Auf
takt sein. Vielleicht gibt's wieder die weih
nachtliche Regierungskrise, vielleicht auch
Die vier Kriegsjahre und dis Zeit nach dem
Völkerringen haben den Charakter des schleswig-
holstsinischen Bauern von Grund auf und nach
haltig verändert. Der Mann, der 1914 Pflug und
Acker verließ, um der Heimat den Feind fernzu
halten, war ein anderer als der, den man im
Winter 1918-19 still den feldgrauen Rock mit dem
Arbeitskittel und das Gewehr und die Handgra-
nats mit Spaten und Schaufel vertauschen sah,
und dieser wieder ein anderer als der, der von
1928—1931 verbissen um Haus und Hof und also
nachmals um seine Heimat, um sein Volk sich
niühte und kämpfte. War sich der heimkehrende
Bauer von 1918 noch dessen nicht bewußt, das der
Krieg nicht nur äußerlich feine Daseinsbedingun
gen verändert hatte, sondern auch sein innerstes
Wesen, seine Lebenshaltung, sein Verhältnis zu
allem, was ihn umgab, wandelte, so wird dem
Bauer in den letzten Jahren mehr und mehr klar,
worum es geht, was für ihn auf dem Spiele steht
Es wird ihm klar, daß es um mehr geht, um
größere Dinge und um stärkere Wandlungen als
um seinen Hos, seine Familie, seine Einstellung
»u Welt und Mensch, daß er nur ein Glied dar-
nicht.
Doch das wäre letzten Endes auch nur wie
der eine der äußeren Auswirkungen der tiefen
Ursachen deutscher Krise, der nicht
mehr mit unzulänglichen Arzneien üeiznkom-
men ist.
Man hört, daß die Reichsrcgierung politi
sche Ruhe die Weihnachtszeit über, etwa bis
zum Trcikönigstag, durch Verbot aller
politischen Versammlungen und Kundgebun
gen „notzuverordnen" plane, was unter an
derem ans kommunistische Propagandaabsicht
gegen die Weihnachtsbräuche zurückgeführt
wird.
Ein solcher Erlaß wäre ein Krisenöokumenv
mehr. Um so brennender ist die Sehnsucht nach
einem Weihnachten deutscher Genesung und
des Friedens unter den Menschen. #