Wie Paul Doumer lebt.
Der Präsident in Pantoffeln.
Alle Radioapparate aus dem Elyfee verbannt. - Kein Freund der Gesellschaft.
Das Elyfee hat feine Jahrzehnte alten Traditio
nen, die vom jeweiligen Staatsoberhaupt getreulich
gehütet werden. Trotzdem hat es bisher noch jeder
Präsident der französischen Republik verstanden,
seinem Haushalt eine persönliche Note zu geben.
Unter Fallieres herrschte eine durchaus familiäre
Atmosphäre. „Papa Fallieres" lebte mit einer statt
lichen Schar von Tanten und Anverwandten über
aus anspruchslos und zurückgezogen und l'eferte
damit den französischen Witzblättern Material für
eine ständige Rubrik. Doumergue schuf ein ganz
anderes Milieu. Die Abende verbrachte er in der
Regel beim Kartenspiel im Kreise intimer Freunde
oder hörte sich die Radiovorführungen an.
Frankreichs derzeitiger Präsident, Paul Doumer,
ist die Reserviertheit in Person. Er verbreitet eine
Atmosphäre der Kälte um sich, Menschen, die ihn
näher kennen, behaupten, daß er in Wirklichkeit
keineswegs so unnahbar ist, wie es vielleicht den
Anschein hat. In Paris gehen viele amüsante Anek
doten über diese Eigenschaft des Staatsoberhauptes
um. Als in den Wochen unerträglichster Hitze in
Paris ein neues Grotzkino eröffnet werden sollte,
wurde erwogen, in den Zuschauerraum eine beson
dere Kühlanlage einzubauen. Ein Witzbold meinte,
man solle zur Eröffnungsvorstellung einfach den
Präsidenten Doumer einladen, dann werde schon
eine kühle Temperatur im Kino herrschen. „Aber
wie es ist", erwiderte ein anderer, „wenn der Prä
sident das neue Kino erst im Winter besucht —
dann muß wohl eigens eine besondere Heizung
eingebaut werden!"
Präsident Doumer liebt vor allem die Ruhe und
die häusliche Behaglichkeit. Schon in den frühen
Abendstunden zieht er Hausschuhe an und verbringt
den Abend nur in Gesellschaft seiner Frau. Einla
dungen ergehen in den seltensten Fällen und nur,
wenn es die Etikette durchaus erfordert. Die freie
Zeit, die ihm die Staotsgefchäfte lassen, verbringt
der Präsident mit der Niederschrift seiner Memoi
ren und politisch-philosophischer Abhandlungen.
Diese Werke werden wahrscheinlich, so meinen die
Spötter, in Zukunft einmal fleißigen Schülern als
Besondere Auszeichnung zum Geschenk gemacht wer
den. Eine Tradition des Elyfee hat Herr Doumer
Bereits beseitigt. Bisher war es Sitte, daß der
Präsident der Republik alljährlich einmal im Wald
von Rambouillet eine Jagd veranstaltete. Als der
Chef des Protokolls dem Präsidenten kürzlich mit
teilte, der Zeitpunkt dieser Veranstaltung sei ge
kommen, erwiderte Doumer, der in seinem ganzen
setzen niemals ein Jagdgewehr in Händen gehabt
hat: „Bitte, laden Sic zur Jagd ein, wen Sie wün
schen— doch was mich betrifft, so werde ich nur
insofern an der Jagd teilnehmen, als ich mit den
geladenen Gästen frühstücken werde, bevor die
Sache anfängt." Und so geschah es. Das traditio
nelle Frühstück fand unter Vorsitz des Präsidenten
statt, dann begaben sich die geladenen Gäste zur
und Doumer blieb zu Hause.
Wenn es dem Präsidenten plötzlich einfällt, eine
Bleinc Reise zu unternehmen, überlegt er nicht
lange, ob dies mit den Traditionen und der Sti
lette des Elyfee vereinbar ist. Kürzlich verließ er
ganz inoffiziell das Präsidentenpalais, um nach
!taon zu fahren, wo er eine Villa besitzt. Sein erster
Gang vom Bahnhof war der Friedhof, wo die vier
im Weltkrieg gefallenen Söhne des Präsidenten be
graben liegen. Noch mit einer anderen Tradition,
die bisher mit peinlicher Gewissenhaftigkeit gehütet
wurde, hat Paul Doumer gebrochen. Mi offiziel-
Ein neuer amerikanischer Riesen-
BankLrust gebildet.
Der Geschäftspalast der National City Bank
in Newyork.
Oben rechts: Mitchell, der Präsident
der National City Bank.
In Amerika ist eine neue Riesenfusion
zweier Großbanken gelungen. Die National
City Bank, die erst im vorigen Jahre mit
dem Farmers Trust zusammenging, hat sich
jetzt mit der Bank of Amerika vereinigt. Ter
Konzern verfügt über Kapital und Reserven
iil Höhe von mehr als 10 Milliarden Mark.
len Ausfahrten zeigt er sich nicht im Frack, sondern
trägt einen schlichten schwarzen Besuchsanzug. Auch
auf das große Gefolge hat er verzichtet, und die
Eskorte der republikanischen Garde, die früher ald
Begleitung nicht wegzudenken war, bleibt heute zu
Haus«. Der Präsident liebt Ruhe über alles; des
halb sind auch alle Radioapparate abgeschafft wor
den, die Doumers Porgänger hatte aufstellen lassen.
Im Elyfee herrscht heute Schweigen und Beschau
lichkeit wie in einem gutbürgerlichen Haushalt eines
bejahrten Ehepaares, das seinen Lebensabend :n
größter Zurückgezogenheit zu verbringen wünscht.
Zeitgemäße Plastik. In Berliner Börsen
kreisen hat man jetzt einen reizenden Vor
schlag gemacht, der Verbreitung verdient.
Man propagierte die Aufstellung von zwei
werblichen Steinfiguren rechts und links vom
■ *
Börseneingang. Die eine soll die „Verschlei
erte Bilanz" und die andere „Die nackte
Pleite" symbolisieren. Vielleicht hält Herr
Pallenberg bei ihrer Einweihung die Fest
rede!
» »
tufl-HMsa enļlW Alà.
Betriebsstillegungen, Gehaltskürzungen,
Kurzarbeit.
Die Wirtschaftskrise hat jeyt auch die Teut
sche Lufthansa betroffen. Sie legt ihre Werk
stätten in Stettin und Göttingen still und
geht in den übrigen Werkstätten und Büros
teilweise zur Kurzarbeit über. Ferner hat
die Verwaltung eine Einschränkung bezw.
Kürzung in den Bezügen des gesamten Per
sonals beschlossen, infolgedessen ist u. a. auch
den 184 Flugkapitänen und Piloten der
Teutschen Lufthansa vorsorglich gekündigt
worden zu dem Zweck, neue Vertrüge auf
niedrigerer Gehaltsbasis abzuschließen. Darü
ber hinaus werden, wie die Lufthansa erklärt,
Entlassungen beim Fliegerpersonal nicht zu
vermeiden sein. Es soll sich um den Abbau
von etwa 30 Flugzeugführern handeln.
Die Holzfäller kommen zu Tal.
Bayrische Holzfäller steuern ihr Floß durch die Isar.
Wenn die Holzfäller im bayrischen Hochgebirge ihre Sommerarbeit bewältigt ha
ben, werden die geschlagenen und entrindeten Stämme zu großen Flößen zusam
mengebunden und aus den reißenden Gebirgsflüssen zu Tal gebracht. Auf der
Isar kann man in diesen Tagen zahlreiche solcher Flöße sehen, die von den ober-
bayrischen Holzfällern über die Schnellen und Strudel gesteuert werden.
Anfälle bet der Fliegerei.
Ein Sportflngzeug abgestürzt.
TU. Halle, 2. Okt. Am Freitagnachmittag
stürzte in der Nähe des Sportflugplatzes
Nietleben das der akademischen Fliegergruppe
Halle gehörende Flugzeug „D. 2140" ab. Der
Flugzeugführer stud. jur. Kostn hatte beim
Trudeln in 1200 Mtr. die Gemalt über das
Flugzeug verloren, so daß die Maschine ab
rutschte. Noch in 80 Mtr. Höhe versuchte er
das Flugzeug abzufangen, was ihm jedoch
nicht gelang. Kosin glückte es noch, mit dem
Fallschirm abzuspringen. Da aber die Höhe
zu gering war, erlitt er beim Aufprall ans
den Boden einen schweren Schädelbruch.
Absturz eines französischen Militärflugzeuges.
T-U. Paris, 3. Okt. (Eig. Funkmeldung.) In der
Gegend von Grenoble ist am Freitagabend ein
französisches Militärflugzeug vom 36. Fliegerregi
ment in den Wald abgestürzt. Einer der Insassen
wurde mit zerschmettertem Schädel unter den
Trümmern des Kampfflugzeuges hervorgezogen,
während der 2. Insasse infolge der hereinbritzen
den Dunkelheit noch nicht gefunden werden konnte.
Man nimmt an, daß letzterer im Augenblick des
Absturzes hinausge,schleudert worden und daß sein
Körper in den Bäumen hängen geblieben ist.
* * •
Srandunglürk in Rotterdam.
Rotterdam, 2. Oktober. In einem Hause der
Tweedc Lombardstraat wollte gestern abend ein
junger Mann mit Unterstützung seiner Ehe
frau in einer Pfanne, die auf einen Petrole
umofen gestellt war, eine Lösung erhitzen, um
damit Putzlappen zu präparieren. In der
Pfanne befanden sich Ammoniak und Benzin.
Plötzlich entzündete sich der Inhalt der Pfan
ne, und die ganze Wohnung stand sofort in
Flammen. Die Kleider der Eheleute brannten
lichterloh. Sie eilten auf die Straße, wo Pas
santen die Flammen erstickten. Schwer verletzt
wurde das Ehepaar ins Krankenhaus geschafft,
wo man an seinem Aufkommen zweifelt. Än
der Wohnung waren aber noch drei Kinder
von 0 Monaten bis zu 4 Jahren znlückgeblie-
ben. Als die Feuerwehr eindrang, waren die
beiden älteren Kinder, ein Knabe und ein
Mädchen in ihren Betten erstickt; der Säugling
war verkohlt.
Die Fenersgefahr auf dem Lande.
Frankfurt a. M., 2. Oktober. In dem Tau
nusdorf Oberems ist gestern nacht Feuer
ausgebrochen. Die örtliche Feuerwehr war
mit ihren Handspritzcn machtlos. Da nachts
keine Telephonvcrbindung besteht, konnten
die Feuerwehren der benachbarten Orte nichl
benachrichtigt werden. Tie Dorfbewohner
fanden schließlich aus den Landstraßen bei
vorbeifahrenden Antomobilisten Hilfe, so daß
die Feuerwehren von Königstein, Idstein und
anderen Orten doch noch herbeigeholt werden
konnten. .Mehrere Scheunen und Stallungen
sind den Flammen zum Opfer gefallen.
Drei Höfe in Brand gesteckt.
Kopenhagen, 2. Okt. In dem Stationsort
Agerstedt nördlich des Limfjord brach Don
nerstagabend gleichzeitig auf drei Höfen
Feuer aus. Ein Hof konnte gerettet werden,
die beiden andern brannten bis auf den
Grund nieder. Im Torfe wurde gerade
Jahrmarkt abgehalten, weswegen die meisten
Bewohner von ihren Höfen abwesend waren.
Es kann kein Zweifel bestehen, daß die
Brände von einer und derselben Person an
gesteckt worden sind. Bon dem Brandstifter
hat man jedoch noch keine Spur.
Großer Fabrikbrand in England.
TU. London, 2. Okt. Die große Fabrik der
Metro-Radiogesellschaft in Wimbley ist voll
ständig niedergebrannt. Der Schaden beträgt
eine Million Mark.
. *
LyrmmèîMschlM auf eine Zechenbahn
in VeMen.
TU. Recklinghausen, 2. Okü Wie die Presse
stelle beim Polizeipräsidium Recklinghausen
mitteilt, haben am Freitag früh gegen 4,43
Uhr unbekannte Täter die Zechenbahn des
Schachtes Brassert zwischen Berg und Sicking
mühle an zwei Stellen mit Dynamit ge
sprengt. Die Gleise sind auf einer Länge von
86 bezw. 26 Zentimetern zerstört worden. Die
Explosion war weithin hörbar. Die Polizei
hat sofort die Ermittelungen aufgenommen.
Nennenswerter Sachschaden ist nicht entstan
den. Innerhalb einer halben Stünde waren
die Gleise wieder ausgebessert. Für die Er
mittelung der Täter ist eine Belohnung von
300 RM. ausgesetzt worden.
Attcntatsversuch gegen den Osloer Schnellzug.
Oslo, 2. Okt. In Skien hat man einen Atten
tatsversuch gegen den OSloer Schnellzug ent
deckt. Auf den Schienen fand ein Bauer, der
das Gras mähte, mehrere Dynamitpatronen.
Das Bergwerksunglück in Ungarn.
Budapest, 2. Okt. Die Pumparbeiten in dem
Steinkohlenbergwerk bei Waitzen, wo seit drei
Tagen infolge Einbruchs von Grubenwasscr
sechs Bergleute vermißt werden, sind bisher
ergebnislos verlaufen. Die elektrischen Pum-
Tr. Karl Ritter von Halt
wurde zum neuen Vorsitzenden der Deutschen
Sportbehörde für Leichtathletik gewählt
Dr. v. Halt, der selbst aktiver Leichtathlet ist,
versieht seit langen Jahren mit größtem Er
folg das Amt des Sportwarts der Deutschen
Sportbehörde für Leichtathletik und hat als
Vertreter Deutschlands in vielen ausländi
schen Sportexpeditionen sich überall größt?
Beliebtheit erworben.
pen konnten die Wassermassen, die bis z« 25
Meter hoch stehen, nicht verringern, so daß die
Vermutung aufgetaucht ist, daß aus einer un
bekannten Quelle stets neues Wasser hinzu
strömt. Die sechs Bergleute müssen als nerlo»
reu gelten.
* * *
Für 3000 Mark Mietgelder geraubt.
TU. Berlin, 2. Okt. Während am Freitag
vormittag der 60jährige Zwangsverwalter
Gottfried Richter in Gemeinschaft mit einem
Angestellten und dem Pförtner des Häuser
blocks der Straße 210 in Weißenscc in der
^Nähe der Gustav-Adolf-Straße in einer im
Parterre leerstehenden Wohnung die kassier
ten Mietgelder abrechnete, stürmten zwei
Männer mit vorgehaltener Pistole in das
Zimmer und raubten die Mietgelder in Höhe
von rund 3000 Mark. Der Ueberfall geschah
so schnell, daß den Ueberfallenen keine Zeit
blieb, sich zur Wehr zu setzen oder um Hilfe
zu rufen. Die Räuber entkamen auf Fahr
rädern.
Dreiste Beraubung eines Eisenbahnpostwagrns.
T-U. Warschau, 2. Okt. In der Nähe von Eran-
denz wurde der Postwagen eines Personenzuges
während der Fahrt von unbekannten Tätern über
fallen und beraubt. In die Hände der Banditen
sielen drei Geldbeutel mit einem Inhalt im Werte
von über 700 000 Zloty. Die polizeilichen Ermitt
lungen haben bis jetzt noch zu keinem Erfolgs ge
führt.
Räuberunwefeu bei Sevilla.
Sevilla, 2. Okt. 100 maskierte und mit Revol
vern bewaffnete Banditen überfielen am hell
lichte» Tage eine Bauernwirtschaft in der Nähe
von Sevilla. Sie fesselten den Sohn des Be
sitzers und raubten 2000 Peseten. Die Räuber
konnten zunächst unbehelligt entkommen, doch
gelang es der Polizei, neun von ihnen zu ver
haften.
Ein englischer Automobilist von Beduinen
beraubt.
Kairo, 2. Okt. Ein englischer Automobilist,
der eine Fahrt ins Innere der unwirtlichen
und wasserlosen Lybischen Wüste unternom
men halte, wurde völlig erschöpft aufgefunden.
Beduinenbandcn hatten ihm sein Eigentum
abgenommen.
Langjährige Unterschlagungen
eines schwedischen Parlamentariers.
TU. Stockholm, 3. Okt. (Eig. Funkmcldg j
Großes Aufsehen erregt hier die Nachricht, daß
der bekannte schwedische Parlamentarier, Di
rektor Gustaf Olson, ans der Kirchen- und
Schulkasse in Torsby 100 000 Mark unterschla
gen hat. Olson hat die Verfehlungen, die wahr
scheinlich bereits vor 20 Jahren begonnen
wurden, eingestanden.
„Fräulein, bitte bestellen Sie
Herrn M ..
Eine neue Einrichtung der Reichspost ist
der Fernsprech-Kundendienst, der die Aufgabe
hat, bei Abwesenheit der verlangten Teil
nehmer für sie bestimmte Meldungen ent
gegenzunehmen oder auch in ihrem Auftrag
Mitteilungen weiterzugeben.