bîn Buchbinder, ich kann zwar ein Vvch bin
den, aber keines führen". Das Gericht bringt
dann die Geschenke der Sklareks an städtische
Beamte zur Sprache. Leo Sklarek meint dazu,
das ganze System des Berliner Magistrats
habe sie ans den Gedanken gebracht, den
Beamten kleine Gefälligkeiten zn errveifeu.
Als er einmal bei seinem Bruder Max einen
Pelzmantel für einen Magistratsbeamtcn ge
holt habe, habe ihm Max gesagt: „Häng dich
auf und gib ihm das ganze Geschäft gleich
mit". Nachdem sich auch Willi Sklarek zu den
Geschenken geäußert hat, stellt der Vorsitzende
fest: Leo hält die Geschenke für bedenklich, Willi
hält sie für unbedenklich, aber beide haben es
nicht getan."
Das Gericht bringt die Beziehungen der
Sklareks zur Stadtbank, die durch Vermitt
lung Kieburgs zustandegekommen waren,
zur Sprache. Im Oktober 1924 wurde den
Sklareks als erster Kredit in Höhe von
160 000 Mark mit einem Zinsfuß von 18 v. H.
bewilligt. Bis 24. November erhielten die
Sklareks dann noch weitere Kredite in einer
Gesamthöhe von 345 000 Mark. Es wird fest
gestellt, daß am Fälligkeitstage Kieburg, um
die eingehenden Rechnungen bezahlen zu kön
nen, sehr oft erst zu den Sklareks hinüber
schicken mutzte, um von diesen das Geld dafür
holen zn lasse». Auf die Behauptung des
Stadtbankdirektors Hoffmann, die Stadtbank
habe an den Sklareks gut verdient, weist der
Vorsitzende darauf hin, daß das Sklarek-
Geschüft in Wirklichkeit für die Stadtbank
mit einem 10-Millionen-Verlust abgeschlossen
habe. Bei der Erörterung der Kredite der
Dresdener Bank an die Sklareks wird auf
die Geschenke der Sklareks an den Direktor
Ssnneburg von der Dresdener Bank einge
gangen. Willy Sklarek behauptet, daß es sich
um keine Geschenke, sondern um Darlehen
gehandelt habe. Die Verhandlung wird auf
Freitagvormittag vertagt.
M Ichchmg Misom.
Newyork, 22. Okt. Die sterblichen Ueber-
reste Edisons sind gestern nachmittag in der
Familiengruft auf dem Friedhof von Oraķ
(New Jersey) in aller Stille beigesetzt wor
den. An der schlichten Feierlichkeit nahm in
Vertretung des amerikanischen Präsidenten
Frau Hoover teil, außerdem bemerkte man
Henry Ford und zahlreiche Freunde des Ver
storbenen.
Tie Vereinigten Staaten im Dunkeln.
Zum Gedächtnis Edisons ist gestern abend
um 10 Uhr das elektrische Licht in allen ame
rikanischen Städten erloschen. Eine Minute
lang lag das ganze Land im Dunkeln. Auch
das Lichtmeer am Broadway erlosch. Die Vor
stellungen in den Theatern und Kinos wur
den unterbrochen.
* *
Die ŅeisêZMģ der Opfer sän „Mm Anis"
TU. Herne, 22. Oktober. Der Stadtteil So-
dingen stand am Donnerstag im Zeichen der
Bestattung der verunglückten Knabben von
„Mont Cenis". Ueberall sah man schwarz be
flaggte Häuser. Auch im Zentrum von Herne
hatten die öffentlichen Gebäude und die
Werke zum Zeichen der Trauer schwarze Fah
nen gehißt. Schon lange vor Beginn der Bei
setzung umsäumten Tausende von Menschen
die Straßen, die nach den beiden Friedhöfen
führten. Um 15 Uhr fand in der Leichenhalle
des Krankenhauses zu Börnig eine kurze
Feier statt. Darauf erfolgte die Beisetzung von
fünf Verunglückten auf dem katholischen
Friedhof in Börnig.
Nach der Bestattung in Börnig zog ein
Trauerzng von etwa 10 000 Menschen nach
dem Kommunalfriedhos in Herne-Holthausen.
Wettere Zehntausende bildeten Spalier. Etwa
dreiviertel Stunden dauerte es, bis die Bei
setzung vonstatten gehen konnte, da die Raum
verhältnisse sehr beengt waren. Am Grabe
sprachen zwei Vertreter der evangelischen
Geistlichkeit und für die Bergbehörde sowie
für die Reichs- und Staatsregierung Berg
hauptmann Hatzfeld. Gegen 18 Uhr hatten die
Bestattungsfeierlichkeiten ihr Ende erreicht-
Bei der Rückkehr versuchten Ruhestörer Kund
gebungen zu veranstalten, die aber von der
Polizei im Keime erstickt werden konnten.
Mutige Flugversuche von Außenseitern,
Dahnschaffner, die unbegrenzte Sympathie seiner
Mitbürger eingetragen.
Wie populär heute bereits der Flugsport ge
worden ist, steht man an den halsbrecherischen
Leistungen, die Außenseiter mit selbstgezimmerten
Flugzeugen vollbringen. Die neuesten Nachrichten,
die von solchen unbekannten „Helden der Lüfte"
melden, erzählen von den Taten eines Berliner
U-Dahnfchaffners und des Besitzers einer Auto-
Neparaturwerkstätts in Troppau. Sie sind ein er
staunlicher Beweis für menschliche Willenskraft
und Intelligenz.
Der U-Vahnfchaffner aus Berlin ist bereits feit
längerer Zeit in Berliner Sportkreisen bekannt
geworden. In zweijähriger Arbeit gelang ihm
nach vielen Enttäuschungen die Herstellung eines
zweisitzigen Sport-Tiefdeckers eigener Konstruktion.
Jeden Pfennig seines spärlichen Verdienstes be
nutzte er zur Fortführung feines stolzen Werks.
Immer wieder veränderte er dis Form des tra
genden Holzgestells, das mit Stoff überspannt
war. Bis endlich in einer klaren Morgenstunde der
erste wirkliche Start gelang. Das Flugzeug hob
sich leicht vom Boden ab. Bald war eine Höhe von
400 Metern erreicht. Ein paarmal schien die Ma
schine in Kurven abzustürzen, aber immer wieder
bekam der Schaffner seinen Apparat in btc Hand.
Er war noch nie geflogen, aber er tummelte sich
rn der Luft wie ein alter erfahrener Pilot. Selbst
die Landung glückte. Die Maschine stellte sich zwar
ļttjif den Kopf. Es gab auch „Bruch". Aber diese
ckleinen Schönheitsfehler waren ohne Gewicht. So
bald der Apparat wieder in Ordnung gebracht
worden ist, will der U-Bahnflieger sofort wieder
M neuen Probeflügen starten.
! Noch phantastischer erscheint der Flug des Trop-
pauer Flugamateurs. Auch er baute sich feine
Wolkenkiste nach der eigenen Phantasie. Den
Numpf nagelte er aus gewöhnlichen Latten und
Kistenbrettern zusammen. Die Leinwand darüber
war bald befestigt. Die Flügel wurden mit Eisen-
haltern versteift. Als weitere Flügel-stützen dien
ten dünne Fichtenstäinme. Mit Stahlseilen zur
Führung des Steuers gab sich Franz Kratochdil,
so heißt der kühne Flieger, erst garnicht ab. Er
zog zwei dünne Drähte ein, die er, wie ein Kut
scher die Zügel, benützte. Der Propeller wurde
aus zwei Stück Hartholz verfertigt. Als das Flug
zeug im Anfang nicht in der Gleichgewichtslage
blieb, wurde einfach unter den einen Flügel noch
ein Brett angenagelt. Der Abflug war eine Sen
sation. Kratochdil suchte sich ein Wetter aus, bei
dem nicht einmal dis tschechischen Militärflieger zu
starten wagten. Jeden Augenblick schien das kleine
Flugzeug von den Winden auf die Erde geschmet
tert zu werden. Trotzdem kämpfte sich der mutige
Flieger wacker bis nach Olmütz durch. Mit seinem
Benzinmotor von 20 Pferdekräften erreichte er
dabei eiire Stundengeschwindigkeit von 120 Kilo
metern und eine Höhe bis zu 900 Metern. Als er
zur Landung schritt, war sein Flugzeug vom
Winde schief gebogen. Das Höhensteuer funktio
nierte überhaupt nicht mehr. Aber das kaum mehr
Erwartete geschah: Die Landung glückte. Aller
dings kam ein neuer Aufstieg nicht mehr in Frage.
Die kleine Kiste wackelte und krachte in allen Ge
lenken, wenn man daran rührte. Kratochdil mußte
sie auseinandernehmen und im Auto zurückfahren.
Sein Heroismus hat ihm aber, genau roie dem U-
Die Giftprlle» -er Wahrsagerin.
Der Sklarek-Vko;kß
TU. Berlin, 22. Okt. Zu Beginn der Don
nerstag-Verhandlung beteuert Leo Sklarek,
daß er bisher stets die Wahrheit gesagt habe
Die Schuldigen seien ganz andere Leure. Das
Gericht solle nur einmal in der Wohnung von
Max Sklarek einen Silberpokal beschlagnah
men, auf dem die Namen der wahrhaft Schul
digen eingraviert seien. Kieburg habe ihm
durch die Wahrsagerin Frau Seider vergiftete
Pillen in das Untersuchungsgefängnis ge
schickt, um ihn zu beseitigen. Der Vorsitzende
macht darauf aufmerksam, daß die Pillen doch
nnr dazu bestimmt gewesen seien, die Brüder
Sklarek haftunfähig zn mache». Es kommt
auch der Versuch des Rechtsanwalts Punge,
den drei Brüdern Sklarek während der Ein
zelhaft die 18 Punkte ihrer Verteidigung aus
einem Zettel zukommen zu lassen, zur Spra
che. Dabei sei auch Kognak mit in die Zelle
gebracht worden. Bei der Erörterung über die
Ernennung von Staötrat Gübcl zum Auf
sichtsratsmitglied der V. G. G. und K. V. G.
erklärt Gäbel, daß die Besetzung der Anfsichts-
ratsposten souverän vom Oberbürgermeister
Boß durchgeführt worden fei und daß dabei
niemals politische Einflüsse maßgebend gewe
sen seien. Der Vorsitzende sagt dadauf zu Gä
bel, er hätte nach seiner Ernennung zum Auf
sichtsratsmitglied z« Oberbürgermeister Bötz
sagen sollen: „Lieber Oberbürgermeister, ich
Der gewaltigste „Fahrstuhl" der Welt bei Niederfrnow im Bau.
50 Todesopfer des Erdbebens auf den Salomon-
Jnfeln.
TU. London, 22. Oktober. Durch das Erdbeben
auf den Salomon-Jnfeln am 14. Oktober haben 50
Menschen ihr Leben verloren.
Schutzpolizist erleidet Nervenzusammenbruch
und schießt.
TU. Koblenz, 22. Oktober. Im Vorort Moselweiß
erlitt in der Nacht zum Donnerstag ein Schutzpoli-
zist, der bei den kommunistischen Unruhen in de«
letzten Tagen sehr stark in Mitleidenschaft gezogen
worden war, auf offener Straße einen Nervenzu
sammenbruch. Der Beamte glaubte sich bedroht und
unter den Rufen: „Straße frei!" zog er seine Pi
stole und feuerte in die Dunkelheit. Ein 69jähriger
früherer Eisenbahnbeamter wurde durch einen
Schuß in die Hand, ein ebenfalls pensionierter Post
beamter durch einen Oberschenkelschuß verletzt.
Färöischer Fischkutter mit 18 Mann untergegangen.
KNS. Kopenhagen, 22. Oktober. Aus Thorshavn
wird gemeldet, daß ein färöischer Fischkutter mit l 8
Aļann Besatzung seit Ende September vermißt wird-
Alle anderen Schiffe, die in der Nähe gefischt haben,
sind längst heimgekehrt, und alle Nachforschungen
sind ergebnislos verlaufen, weswegen man anneh
men muß, daß das Schiff mitsamt seiner Besatzung
untergegangen ist. ,
Zwei Tate auf Zeche Radbod.
TU. Essen, 22. Oktober. Auf der Schachtanlage
Radbod sind zwei Bergleute durch Zubruchgehe»
einer Strecke ums Leben gekommen. Die beiden Lei
chen konnten nach drei Stunden geborgen werdest.
Bei den Getöteten handelt es sich um einen Fami
lienvater von drei Kindern bzw. um den 23jährige»
Ernährer der Familie.
Das ungeheure Schiffshebeiverk bei Niederfinow in der Nähe von Eberswalde.
Ein großartiges Wer? der Technik am Hohenzollernkanal, der Berlin mit Stettin ver
bindet, ist im Entstehen. Es ist das gewaltige Schiffshebewerk von Niederfinow, das zur
Ausgleichung des Wasternio-eauunterfchiedes von 36 Mtr. gebaut wird. Ein 1000-Ton-
nen-Schiff wird zusammen mit einer riesigen Wanne von 80 Mtr. Länge, 12 Mtr. Breite
und 4 Mtr. Tiefe im Fahrstuhl hinauf- öfter hinunterbefövder-t werden können.
Die bulgarischen Calmette-Opfer.
TU. Lübeck, 22. Okt. Zu Beginn der Don
nerstagverhandlung werden von der Vertei
digung verschiedene Beweisanträge gestellt,
die außerordentliches Aufsehen erregen. Der
Verteidiger Professor Deyckes beantragt die
Vernehmung eines bnlgarischen Arztes, um
die umfangreichen Schädigungen, die im
Jahre 1827 nach der Anwendung des VCG.
in einer bulgarischen Stadt eingetreten seien,
festzustellen. Bereits damals habe sich ein
ähnliches Unglück wie in Lübeck ereignet.
Der Verteidiger Dr. Altstaedts, Rechtsanwalt
Dr. Hoffmann, beantragt die Ladung von
Professor Calmette als Zeugen. Er solle sich
über den Erlaß Loucheurs äußern, in dem es
heiße, das Calmette habe sich als nützlich er
wiesen und könne allgemein angewandt wer
den. Auch darüber sei Calmette zu hören, daß
bis zum 1. Juli 1931 in Frankreich 357 288
Kinder ohne schädigende Folgen gefüttert
worden seien. Rechtsanwalt Frey beantragt
die Ablehnung der Beweisanträge. Man
habe hier nicht zu erörtern, ob das Calmette-
Mittel gut sei, sondern, ob die von Calmette
vorgeschriebenen Maßnahmen auch in Lübeck
durchgeführt worden seien. Man müsse Cal
mette in Schutz nehmen,' denn das, was in
Lübeck benutzt worden sei, sei kein Calmette-
Mittel, sondern ein Deycke-Mittel.
Oberstaatsanwalt Dr. Lienan weist die Be
hauptung Dr. Freys sehr erregt zurück: „Ich
habe als Oberstaatsanwalt die heilige Pflicht,
auch das Interesse der Angeklagten zu wah
ren und dafür zu sorgen, daß jedem sein
Recht werde." In der Anklage wird niemals
behauptet, daß Professor Deycke die Kulturen
anders als nach den Vorschriften Calmettes
behandelt habe. Die Anklage ist lediglich auf
Fahrlässigkeit erhoben worden und geht
durchaus nicht davon aus, daß das Mittel
für irgendwelche wissenschaftlichen Versuche
an Menschenkindern benutzt wurde." Das
Gericht beschloß, über die Beweisanträge spä
ter zu befinden. In der weiteren Verhand
lung wird die Frage erörtert, ob Dr. Altstaedt
nicht verpflichtet gewesen sei, sofort sämtliche
in der Stadt befindlichen Ampullen zurückzu
ziehen, nachdem man ihm am 26. April den
Sektionsbefund des Kindes Schwarz mitge
teilt habe. Dr. Altstaedt erwidert darauf,
daß er aus einer Aeußerung Professor
Deyckes den Schluß gezogen habe, daß dies
nicht mehr nötig sei. Im übrigen habe er
angenommen, daß es sich bei dem Kinde
Schwarz lediglich um einen Ausnahmefall
der Virulenzsteigerung gehandelt habe. Man
habe damals angenommen, daß nur diese eine
Abimpfung, an der im ganzen vier Kinder
verstorben seien, giftig gewesen seien.
hMMiss.
Der Eigenheimbund Niedersachsen e. V. vest
anstaltet am Sonnabend, dem 24. Oktober 19-11'
<siehe hierzu Inserat im Anzeigenteil) einen
tragsabend in Rendsburg. Anreger dieser Vera»'
staltung ist der Kreishandwerkerbund Ortsgrirp'-st
Rendsburg. Derselbe harmoniert mit den Kreise»
der Beamtenschaft und hat diese ebenfalls ant die
sen Vortrag aufmerksam gemacht. Der E.B.N. '»
nicht nur lediglich Bausparorganisation, sonderst
steht darüber hinaus auch dem Gedanken der Ä»-st
gleichskasse nahe und vertritt die Idee der zinst'
losen Postscheckbank. Auch Interessenten anderst'
B-ausparkassen werden durch den Besuch dieser Ver
anstaltung reiche Anregung bekommen.
Besucht deutsches Theater. Im Nahmen einet
Wohltätigkeitsveranstattuna (Erwerbslosen - M»'
terhilfe der N. S. D. A. P. Ortsgruppe Rends'
burg) bringt die Kieler N.-S.-Büyne am Son»'
abend, dem 24. Oktober, abends 8 Uhr, im Schüpeist
Hof das Volksstück „Stnrmführer Hagest
zur Aufführung. Hiermit wird der erste Schist
getan, um das deutsche Theater gegenüber de»
jüötsch-versenchten Groß-Bühnen zur Geltung
bringen. Im übrigen verweisen wir aus die 8»»'
Der Sprqerer Dom.
Das Mittelschiff des ehrwürdigen Domes, der
ein gutes Stück Geschichte des deutschen Mittel-
alters verkörpert.
(Photo: Staatliche Bildstelle-Berlin.)
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