aber würden Kredite ohnehin nur für die
dringendsten Aufgaben aufgenommen und bei
der gegenwärtigen Konjunkturlage sei es
wirklich nicht erforderlich, Gefahren einer
Ueberinveftion zu bekämpfen.
Man kann dieser Auffassung des Insti
tuts für Konjunkturforschung nur zustimmen.
Eine Diskonterhöhung würde im großen Aus
maße Kredite treffen, die unter ganz anderen
Voraussetzungen aufgenommen wurden.
Die amerikanischen
Gewerkschaften fordern:
Z4-SLrmöeK-Wgche tm Be-
kümpfmzg Ke« Arbeitslosigkeit
Präsident Hoover hat jetzt den Versuch unter
nommen, alle Organisationen, die sich mit der Ar
beitslosenhilfe befassen, zu einem gemeinsamen
Vorgehen zu vereinigen. Der Präsident hat aber
seinen Standpunkt nicht aufgegeben, nach dem eine
Arbeitslosenunterstützung nicht Sache der Bundes
regierung, sondern Aufgabe der Einzelstaaten,
Distrikte und Kommunen ist.
Der Leiter der Arbeiter-Federation, Green,
hat Hoover einen Bericht übergeben, nach dem für
den Winter mit 7 Millionen Arbeitslosen zu rech
nen ist, wobei die erwerbslosen Saisonarbeiter ein
gerechnet sind. Als einziges Mittel schlägt Green
die 3-l-Stunden-Woche an Stelle der bisher üblichen
52-Stunden-Woche vor.
371- Diftrikts-Butlerausstellung
in Schleswig.
Der Ausstellung waren 38 Butterproben ein
gesandt. Von den ausgestellten Proben erhielten
12 das Prädikat „hochfein", 13 wurden mit „sein"
ausgezeichnet, während 11 mit „gut" bezeichnet
werden konnten: 1 Probe war fehlerhaft. Sämt
liche Proben sind auf ihren Wassergehalt hin
untersucht worden, wobei ein günstiges Resultat
herauskam. Instrukteur Grafe gab das Resultat
der Ausstellung bekannt und besprach im einzelnen
vorgefundene Mängel. Im Anschluß an die Aus
stellung wurde unter Vorsitz von Schumann-Köhn-
holz eine Versammlung abgehalten, an der Meie-
reivorstanösmitglieüer und Betriebsleiter zahlreich
beteiligt waren. Diplomlanöwirt Paulsen von der
Landwirtschaftskammer hielt einen Vortrag über
die im Rahmen des Selbsthilfe-Programmes der
Landwirtschaft auf dem Gebiete der Milchwirtschaft
gebotenen besonderen Maßnahmen. Die Erörte
rungen galten hauptsächlich der Deckung des Jn-
landbedarfs, an Meiereiprodnkten, besonders an
Butter, Senkung der Erzeugerpreise und Quali-
tätshevung. Der Redner wandte sich neueren Maß
nahmen der Landwirtschaftskammer hinsichtlich
einer schärferen Prüfung der von den Erzeugern
an die Meiereien abzuliefernden Milch zu. Die
Durchführung der Milchprüfungen auf Sauberkeit,
Säuregrad, Reduktahn und Fettgehalt, die durch
einen Beamten der Kammer, vorerst unentgeltlich,
auf Antrag der Meiereien hin, vorzunehmen ist,
soll eine Gegenmaßnahme darstellen auf die gesetz
lich in Dänemark in allen Betrieben eingeführten
Redutaseprüfungen. An die Landwirte wurde die
dringende Mahnung zur Durchführung der übri-
gens im Reichsmilchgesetz vorgeschriebenen Sau
berhaltung des Stall-Viehes gerichtet.
Die Ausstellung hatte folgendes Ergebnis:
hochfein: 18 Punkte: Gr. Dannewerk,- 14 Punkte:
Jagel, Uelsby, Kropp, Silberstedt, Schaalby,
Bollingstedt, Hüsby, Süderfahrenstedt, Verend-
Nübel, Vrodersby-Missunde, Jcschke-Jbstebt:
fein: 13 Punkte: Hollmühle, Tolk, Hollingstedt,
Fusing, Alt-Bennebek, Kl.-Bennebek, Grumby:
12% Punkte: Bergenhusen, Heidbunge; 12 Punk,
te: Brckling, Stolk, Satrup, Treia.
Mit dem Prädikat gnt bewertet sind 11 Pro
ben,' 1 Probe war fehlerhaft.
Devifen-Kurse.
Festgesetzte Kurie von der Bediugunasqem-inicbaft
zusammen mit der Reichsbank. (Ohne Gewähr)
Berlin. 31. Juli 1931.
New Dork 4.209
Kopenhagen 112.05
Paris 16,50
MMeM
der Landwirtfchafts-Kammrr für Schleswig-Holstein.
(Ohne Gewähr.) (Preise per 1 Pfd. Lebendgewicht.!
Altona, den 30. Juli 1g31
A. Ochsen und Ttlrsen.
1. Bollfl. ausgem. höchst. Schlachtwertcs . . . 0.42—0,44
2. sonst, vollfleischige . 0,37—0,40
3. fleischige 0,28 -0,34
4. gering genährte 0,24—0,29
B. Bullen.
1. Süng. vollfl. höchst. Schlachtwertes 0,34—0,36
2. sonst, vollfleischige oder ausgemäst. fleischige. 0,28—0,31
3. fleischige 0,23—0,27
4 gering genährte 0,18—0,22
C. Kühe.
1. Iiing. vollfl. höchst. Schlachtwertes .... 0,30—0,33
2 sonst, vollfleischige oder ausgemästete. . . . 0,24—0,23
3. fleischige 0,18-0,20
4. gering genährte 0,08—0,14
D. Schafe. (Weidemast)
1. Beste Mastlämmer und jung. Masthaminel. 0,40—0,43
2. MüllereMastlämmer und gM genährte Schase 0,32—0,36
3. Müßig genährte 0,23—0,29
4. Gering« Schaf« 0,10—0,15
Zufuhr: deutsche Rinder 2449, dänische Rinder
17, insgesamt 2466, darunter 479 Ochsen, 295 Bul
len, 773 Färsen. 874 Kühe, 28 Fresser, 1392 Schafe.
Marktverlauf: Schafe ruhig, Rinder sehr ruhig.
Reich und Staat
treiben Abgabein ein.
Die Steuern im August.
Zur Verordnung des Reichspräsidenten über
Zuschlüge für Steuerrückstände, die am 20. Juli
1931 in Kraft getreten ist, erging ein Erlaß des
NeichSfinanzministers, in dem besonders auf die
Dringlichkeit der rechtzeitigen und vollständigen
Steuerzahlungen hingewiesen wird. Die Verord
nung gilt, wie es in dem Erlaß heißt, nicht nur
für rückständige Reichssteuern, sondern auch für
rückständige Steuern der Länder und Gemeinden.
Zu unterscheiden ist: bei Zahlungen, die nach dem
31, Juli 1931 fällig werden, ist der Verzugszu
schlag mit Ablauf des Fälligkeitstages verwirkt.
Wer also eine am 10. August 1931 füllige Zahlung
nicht bis zum 10. August leistet, hat Verzugszu
schläge zu entrichten. Dagegen setzen bei Zahlun
gen, die vor dem 1. August füllig geworden sind,
die Verzugszuschläge nicht mit dem 1. August ein:
hier decken sich also die halben Monate, für die
die Verzugszufchläge erhoben werden, jeweils mit
den halben Kalendermonaten. Die sonst üblichen
Verzugszinsen kommen für die Zeit nach dem 31.
Juli 1931 neben dem Zuschlag nicht in Frage. Der
Reichsfinanzminister betont in dem Erlaß insbe-
fondere, daß die Verzugszuschläge verwirkt sind,
ohne baß es einer Mahnung bedarf. Gegen die
Anforderung des Zuschlages steht nur die Be
schwerde offen. Den Verzugszuschlägen unterliegen
nur die in der Verordnung ausdrücklich angeführ
ten Steuern: Einkommen-, Kürperschafts-, Krisen-,
Vermögens-, Erbschafts-, Umsatzsteuern, Aufbrin-
t ungsumlage, Realsteuern, (Grund-, Gewerbe-
euern) und Hauszinssteuern. Soweit es sich um
andere Reichs-, Landes- oder Gemeindesteuern (z.
B. Kapiialverkehrs-, Grunderwerb-, Kraftfahrzeug-,
landesrechtliche Stempelsteuern, gemeindliche Steu
ern, (wie Hunde-, Bergnügungs-, Getränkesteuern
usw.) handelt, sollen die Verzugszinsen monatlich
2 v. H., jährlich also 24 v. H. betragen. Dieser
Satz gilt für die Zeit vom 1. August 1931 ab: für
die bis zum 1. August 1931 abgelaufene Zeit des
Rückstandes gilt der alte Satz. Für Zölle und
Verbrauchssteuern beträgt der Aufschubzinsfuß bis
auf weiteres 10 v. H. jährlich. Für gestundete
Steuern betrügt der Zinsfuß mindestens 5 v. H. und
höchstens 12 v. H. jährlich. Die Höhe richtet sich
nach den besonderen Umständen des einzelnen
Falles. Die Finanzämter haben eine beschleunigte
Feststellung aller Rückstände, eine beschleunigte
Durchführung des Nachnahme- und Mahnverfah
rens und eine beschleunigte Durchführung der
Beitreibung vorzunehmen. Die früher gegebenen
Richtlinien für die Gewährung von Stundungen
bleiben aufrechterhalten. Wo die sofortige Einzie
hung eine außerordentliche Härte darstellt, soll
auch in Zukunft gestundet werden. Dementspre
chend sollen auch bisher auf Widerruf gewährte
Stundungen nicht als aufgehoben gelten. Wenn
Bankguthaben oder flüssige Mittel vorhanden sind,
müssen solche grundsätzlich zu Steuerzahlungen mit
verwendet werden.
Die Vermögensteuererklärung muß bis zum
31. August abgegeben sein. Am 81. August 1931
endet die Frist, innerhalb der die Steuerpflichtigen
Steueramnestie erlangen können, wenn sie steuer
pflichtiges Vermögen, bas bisher der Besteuerung
entzogen worden ist, der Steuerbehörde anzeigen.
Lohnsteuer, Ledigensteuer und Krisenstener,
soweit die letzteren im Steuerabzugsversahren ein
behalten werden, sind am 5. bezm. 20. des Monats
zu entrichten.
Am 15. August ist Vermögenstenervorauszah-
lung zu leisten. Ist am 15. August der neue Ver
mögensteuerbescheid zugeteilt, so ist ein Viertel des
Jahresbetrages 1980, andernfalls ein Viertel des
Jahres 1929 zu entrichten. Die Landwirtschaft hat
am 15. August keine Vermögensteuervorauszah-
lnng zu keiften. Sie zahlt dafür aui 15. November
1931 zwei Viertel.
An preußischen Stenern sind am 15. August
zu entrichten: Grunbvermögensteuer für Monats
und Vierteljahrszahler, Hauszinssteuer, Voraus
zahlungen auf das zweite Rechnungsvierteljahr für
die Gewerbeertragssteuer: Gewerbekapital- beziv.
Lohnsummenstener.
Zj. Juli letzter Termin!
Tüe Zahlung rückständiger Stenern.
Die Frist zur Zahlung rückständiger Steuern
läuft am 31. dieses Monats ab. Mit dem 1. August
1931 treten die in der Verordnung des Reichs
präsidenten über die Zuschläge für Steuerrückstände
vom 20. Juli 1931 festgesetzten Verzugszuschläge
sowie Verzugs-, Aufschubs- und Stundungszinsen
in Kraft. Wir weisen nochmals daraus hin, baß
derjenige, der mit seinen Steuern im Rückstand
ist und sie bis zum 31. Juli d. Js. nicht bezahlt
hat, hohen Verzugszuschlägen unterliegt, die für
jeden halben Monat 5 v. H. betragen.
* Die Zuschläge sind verwirkt, ohne daß es einer
vorherigen Mahnung bedarf. Wer sich daher vor
empfindlichen Mehrzahlungen schützen will, tut gut
daran, die letzte Frist zur Einzahlung der Steuern
ungesäumt zu benutzen. Die Vorschriften der obigen
Notverordnung werden unter allen Umständen
durchgeführt. Mit einer Milderung oder sogar
einer Aufhebung dieser Bestimmungen ist kaum zu
rechnen.
Ob die Steuerzahler überhaupt in der Lage
sind, ihren Verpflichtungen nachzukommen, auch
wenn sie den guten Willen dazu haben, ist sehr
fraglich. Zuerst verbietet das Reich den unbe
schränkten Zahlungsverkehr und, da es selbst die
Folgen in seinen Kassen spürt, wird mit drakoni
schen Maßnahmen aus dem Steuerzahler Gelder
herauszupressen versucht, über die dieser nicht ver
fügen kann, wenn er sie schließlich einmal hat.
Woher soll z. B. der Bauer Geld zum Steuer
zahlen nehmen? Die Heuernte ist total verregnet,
die Weiden und Wiesen stehen unter Waffer, die
Kornernte ist ebenfalls bedroht, das Meiereigeld,
fast die einzige Bareinnahme, wird nur zu einem
Drittel ausgezahlt: denn auch der Vutterkaufmann
kann unter dem Regiment der Notverordnungen
nicht bar bezahlen. Vieh und Schweine kosten
nichts. Da wird denn doch Unmögliches verlangt
mit der pünktlichen Zahlung der Steuern! Das
Reich kann und soll auf seine Steuern nicht ver
zichten, aber es untergräbt die Autorität der Ge
setze, wenn es Leistungen verlangt, die von vorn
herein tatsächlich nicht zu erfüllen sind.
Die neue Notverordnung.
Dritte Verordnung zur Durchführung der Verord
nung des Reichspräsidenten gegen die Kapital- »nd
Stenerslucht.
Amtlich wird mitgeteilt: Aufgrund der §8 1,
Absatz 1, 11 der Verordnung des Reichspräsidenten
gegen die Kapital- und Steuerflucht vom 18. Juli
1931 (Reichsgesetzblatt 1, Seite 373) wird hiermit
verordnet:
8 1.
Die im 8 1, Absatz 1, der ersten Verordnung
zur Durchführung der Verordnung des Reichs
präsidenten gegen die Kapital- und Steuerflucht
vom 21. Juli 1931 (Reichsgesetzblatt 1, Seite 387)
bis zum 29. Juli 1931 festgesetzte Frist wird für
die Inhaber von Währungskonten bei inländischen
Kreditinstituten (§ 6, Absatz 1 der ersten Durchfüh
rungsverordnung in der Fasiung des 8 1, Nr. 4 der
zweiten Verordnung zur Durchführung der Ver
ordnung des Reichspräsidenten gegen die Kapital-
unb Steuerflucht vom 25. Juli 1931, Reichsgesetz
blatt 1, Seite 396) bis zum 8. August 1931 verlän
gert.
/ § 2.
Diese Verordnung tritt mit ihrer Verkündi
gung in Kraft.
àê MMŞîNchrWM.
Kreditabzng anch in Japan?
TU. Tokio, 30. Juli. Nach Berichten japanischer
Blätter macht sich auch auf dem japanischen Geld
markt in den letzten Wochen ein wachsender Ab
fluß ausländischer Kapitalien bemerkbar. Die Bank
von Japan hat im letzten Quartal 200 Millionen
Den an Einlagen verloren, davon sind 120 Milli
onen Den ins Ausland gewandert.
Zunehmende Arbeitslosenziffer in England.
Das Arbeitsministerium gibt bekannt, daß die
Gesamtzahl der Arbeitslosen in Großbritannien am
20. Juli 1931 2 600 733 Personen betragen hat. Dies
bedeutet gegenüber der Vorwoche eine Zunahme von
18 044 und gegenüber dem Vorjahr eine solche von
688 033.
Französische Anleihe für Saarbrücken.
TU. Paris, 31. Juli. (Eig. Funkmeld.) Me
Stadt Saarbrücken hat bei einer großen Pariser
Privatbank eine Anleihe von 40 Millionen Franken
ausgenommen. Der Zinsfuß wurde auf 7,4 v. H.
festgesetzt. Die Anleihe ist noch vor der Volksab
stimmung im Saargebiet, d. h. bis spätestens 1935,
rückzahlbar.
Weitere IMM-ErWW
itsrttisisr.
Die Auffassung des Instituts für
Konjunkturforschung.
Im Wochenbericht des Instituts für Kon
junkturforschung beschäftigt sich Prof. Dr. Wo
gemann mit der Frage einer Diskonterhö
hung. Der Auffassung, daß durch den hohen
Zinssatz bei allen Warenbcsitzern ein Druck
ausgeübt und dadurch Senkung der Preise und
des Geldbedarfs erreicht werden solle, wird
entgegengehalten, daß dies nur insofern ge
schehen könne, als in der Wirtschaft tatsächlich
noch größere Lagerbestänüe vorhanden seien,
dies sei aber nicht der Fall, da die Lagerbe-
stänöe im Verlauf des Konjunkturrückganges
während der letzten Jahre ziemlich kräftig ab
gebaut worden seien. Ueber umfangreiche La
ger verfügen zurzeit in der Hauptsache nur
noch die Grundstoffindustrie, bei denen die
Preise zum größten Teil gebunden seien. Be
züglich der Notwendigkeit einer rigorosen
Diskontpolitik zwecks natürlicher Auslese der
Kreditnehmer bezrv. Erschwerung unproduk
tiver Kapitalsanlagen wird erklärt, daß das
Argument für eine Periode der Hochkonjunk
tur und bei freier Wirtschaft eine gewisse Be
rechtigung habe. In einer Zeit der Depression
§ftgfe!tl<5 Kredit Ist erschüttert.
Buch England hat über seine Verhältnisse gelebt.
Der Führer der englischen Konservativen,
Austen Chamberlain, sprach im Unterhaus zur
Finanzlage Englands und führte dabei u. a. aus:
„England hat während der letzten Jahre
über seine Mittel gelebt. Anch bas englische Volk
wird bereit sein, zu tun, was das deutsche und
das australische Volk tun wollen, wenn es von
der Notwendigkeit überzeugt ist. Dem englischen
Volke muß die Wahrheit gesagt werben. Das
Vertrauen des Anslandes in den Kredit Eng
lands ist erschüttert, weil das Ausland sah, daß
die Ansgaben Englands über seine Einnahmen
hinauswuchsen."
Wir. wiesen bereits mehrfach darauf hin, daß
London die Führung in der internationalen Fi
nanz an Newyork und Paris abtreten mußte. Es
ist jetzt vollkommen in die Defensive gedrängt
worden, und zwar letzlich, weil England zu den
eigentlichen Besiegten des Weltkrieges gehört.
Abgesehen von den Tributzahlungen und Land-
verlusten hat es vielleicht mehr verloren als
Deutschland, nämlich seine Geltung als erste Welt
macht in Wirtschaft und Politik. Auf beiden Ge
bieten gibt Paris für London den Ton an. Das
zeigt zur Genüge jetzt wieder der Verlauf der
englisch-französischen Finanzverhandlungen und das
beweist noch stärker die neue Diskonterhöhung, mit
der die Bank von England die englische Wirtschaft
belastete, um den weiteren Abzug französischer
Gelder aus England (die allerdings von England
zu einem erheblichen Teil nach Deutschland weiter
gegeben worden sind) zu verhindern. England teilt
nunmehr in mancher Beziehung, wenn auch unter
schwächerem Druck, das Schicksal Deutschlands.
Me IM«-WWW
in LoMy.
Die Bank von England hat den Diskont gestern
von 3% auf 4K Prozent erhöht.
Die Frage ist jetzt die, ob die neue Diskont
erhöhung ausreichen wirb oder nicht. Die Dis
konterhöhung auf 4% Prozent beweist, daß die
Bank von England entschlossen ist, eine rasche Ge
sundung herbeizuführen. Bei einem solchen starken
Zinsgefälle zwischen London einerseits, Newyork
und Paris andererseits, dürften die Auswirkungen
der hohen Londoner Zinsen kaum ausbleiben.
Schon jetzt ist eine sehr große Zurückhaltung im
englischen Kapitalexport bemerkbar.
Schwedische Diskonterhöhung.
Die schwedische Reichsbank hat mit Wirkung
ab heutigen Freitag den Diskontsatz um ein Pro
zent auf 4 Prozent erhöht.
Vor Wiederaufnahme der englisch-französischen
Kreditverhandlungen.
Das „Echo de Paris" will aus unterrich
teter französischer Quelle erfahren haben,
daß die englisch-französischen Kreditverhand
lungen bereits in den nächsten Tagen wieder
aufgenommen werden sollen.
MftrsgsbrftnnK und Amsatz rapide MrüetzgegKngrn.
Die wirtschaftliche Lage des Handwerks im Juli 1931.
Vom Reichsverband des deutschen Handwerks
wird uns geschrieben:
Die Entwicklung der politischen, wirtschaftlichen
und finanziellen Verhältnisie im Monat Juli hat
das Handwerk auf das schwerste in Mitleidenschaft
gezogen. Die Zahlungsstockung im ganzen Bank
system und Ser Mangel an Zahlungsmitteln ließen
Auftragsbestand und Umsatz in den meisten Gewer
ben rasch zurückgehen. Sogar bereits erteilte Auf
träge wurden häufig zurückgezogen. Vereinzelt
wird allerdings daraus hingewiesen, daß durch
Angstkäufe des Publikums das Schneider- sowie
auch das Tischlerhandwerk eine vorübergehende
Belebung des Absatzes zu verzelchnen hatten.
Ueberwiegend waren jedoch die Berichte über die
Wirtschaftslage des Handwerks wenig zufrieden
stellend. Die Reisezeit hat im Gegensatz zu frühe
ren Jahren auf den Absatz der Gewerbe in diesem
Jahr fast gar keinen Einfluß ausgeübt. Das Bau
haupt- und die Baunebcngewerbe litten sehr unter
den gegenwärtigen schwierigen Verhältnissen sowie
unter der regnerischen Witteruna. die Außen
arbeiten nur in beschränktem Umfange zuließen.
Für dieses Jahr wird mit einer Besserung des
Vaumarktes nicht mehr gerechnet. Etwas günstiger
waren lediglich die ländlichen Betriebe des Schmie
de-, Schlosser-, Stellmacher- und Sattlerhanbwerks
beschäftigt, da die Erntezeit Aufträge für Repara-
turarbeiten an landwirtschaftlichen Maschinen und
Geräten brachte. Aber auch hier wurde der Auf
tragseingang stark eingeschränkt durch die Notlage
der Landwirtschaft sowie durch die feuchte Witte
rung, die Reparaturen nur in geringem Umfange
erforderlich werden ließen.
Die Preisgestaltung für Erzeugniffe des Hand
werks war unter diesen Umständen derart gedrückt,
daß vielfach die Gestehungskosten nicht mehr gedeckt
wurden. Erschwerend kommt hinzu, daß das Borg
unwesen sich weiter ausdehnte. Die empfindliche
Stockung des Zahlungsverkehrs wirkte sich beson
ders hart aus, weil für jede verspätete Steuer
zahlung heute Verzugszinsen von 6 Prozent im
Monat erhoben werden können.