Verantwortlich Ernst Schröder, Jlensburs-
k r beide Pole überflogen hat und der auf
i einem gefahrvollen Flug über den Südpol
einen Stein von dem Grabe eines verstorbe
nen Fliegerkameraöen mithatte, um ihn, in
die amerikanische Flagge eingehüllt, am Süd
pol niederzuwerfen? Die höchste Technik und
eine charakterstarke Sportleistung in Verbin
dung mit einer vollkommen kopflosen, ge
fühlsgeborenen Sinnlosigkeit, eines neunjäh
rigen kleinen Mädchens würdig! Der Fall ist
charakteristisch für die Zeit, Technik und Hei
dentum eng vermengt.
Gerade dieses ist das Kennzeichen der
Zeit: die ins Phantastische entwickelten techni
schen Hilfsmittel und dann ein entschiedener
Rückschritt in intellektueller Hinsicht oder in
tellektuellem Geschmack. Eine Abstufung macht
sich hier geltend, eine jüngere, sozusagen ge
fühlsbetonte Haltung gegenüber Phänome
nen, etwa nach Art der Frauen, eine Abnei
gung gegen die Klarheit, die zugunsten eines
beglückenderen Empfindens von allgemeinem
Zwielicht abgelehnt wird. Reaktion gegen die
Materialisierung der Zeit nennt man diese
Neigung zu Mangel an Bescheidwrssen, für
Religiosität gibt man sein Saccharin in der
Seele aus, ohne überhaupt zu wissen, daß Re
ligion eine Naturmacht ist und nicht ein Seuf
zer zu einem Feuilleton. Durchgehends findet
man jedoch ein gewisses Zurückscheuen davor,
in den Brennpunkt zu treten, das unscharfe
Bild gefällt der Zeit. Man erlebt daher, daß
rein physische Wissenschaften wie die Atom
theorie als Ausgleich für transzendentale
Verkündungen hingenommen werden, in der
Hoffnung, daß es Stoff überhaupt nicht gibt:
man scheint die Zwischenräume, selbst wenn
sie klein sind, mehr zu schätzen als die festen
Dinge. Ein Zustand allgemeiner Seligkeit
herrscht in der Welt über Einsteins Relativi
tätstheorie, algebraische Finessen, die in Wirk
lichkeit den Wissenschaftlern vorbehalten sind,
aber von einer Mehrheit als willkommene
Aufhebung des Gesetzes der Schwerkraft auf
gefaßt werden. Allgemeine Verwirrung wird
mit frohem Lärm begrüßt, wie in der Frei
viertelstunde in der Schule.
Ein gewisses Eingebildetsein auf die Un
wissenheit selbst, die man ohne Grund mit der
Mehrheit, dem einfachen Mann, identifiziert,
fehlt nicht, eine der unappetitlichsten Züge der
Politik. Diese ekelhafte Geistesform kommt
nicht von unten, dem großen Niveau, sie
kommt von einer verbrauchten, kriechenden
Oberschicht.
Blickt man zurück auf das jetzt verfloflene
erste Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts
und das neunzehnte vorher, hat man einen
Gesamteindruck von Bewegungen, die größer
sind als alles, was in der Weltgeschichte vor
ausgegangen ist,' in gewissen Dingen fühlt
man doch, daß man erst an einem Anfang
steht.
Eine merkwürdige und durchgreifende
Entwicklung hat die Frau in dem letzten Men
schenalter durchlaufen, und es ist eine der
Aufgaben der Zeit, hierauf zurückzublicken
und sich mit diesem Geschehen vertraut zu ma
chen als einem der anziehendsten Kapitel in
der Geschichte der Zeit.
In allen Phasen der Zeit liegt ein Pro
gramm, die Untersuchung und Erkenntnis des
sen, was Entwicklung und was nur Fort
schritt war,' so betrachtet, führt alles, was vor
übergegangen ist,- in eine Zukunft hinein.
Rückblick und Hoffnung nähren sich von
der gleichen Quelle, dem sprudelnden Leben.
Das Ostseejahr.
Die Nordische Gesellschaft in Lübeck hat
einen internationalen Arbeitsausschuß für
das Ostseejahr 1931 gebildet, der dänische, fin
nische, schwedische, estnische und lettische Inter
essenten, Danzig, Memel und die deutschen
Ostseestädte ohne Stettin sowie die- Ostseebä
der umfaßt. Die Veranstaltungen dieses Ost
seejahres ziehen sich über das ganze Jahr 1931
hin. Es handelt sich hierbei um 200 Veran
staltungen, also Ausstellungen, Kongresse,
Sportveranstaltungen, Messen, Musikwochen,
Festspiele usw. Eröffnet ist das Ostseejahr
bereits Mitte Mai in Lübeck, von wo die An
regung ausging.
Aus der Reihe der großen Veranstaltun
gen sind zu nennen: die Nordische Hafen-,
Schiffahrts- und Verkehrsausstellung in
Kiel, ore Internationale rmftfayrtausstel-
lung in S t o ck h o l m, die Meierei-Landes
ausstellung in Kopenhagen und die Reise-
und Verkehrs-Ausstellung in L ü b e ck, die
nebenbei als Wanderausstellung gedacht ist
und noch in Mittel- und Süddeutschland ge
zeigt wird, ferner die bedeutende Veranstal
tungen in Schleswig und Flensburg.
Das Bach - Fest in Königsberg, die
Deutsch-Nordische Orgelwoche in Lübeck be
deuten auf dem künstlerischen Gebiet Mittel
punkte.
Es ist immer wieder danach gefragt wor
den, welchen Wert und welche Ziele denn nun
eigentlich das Ostseejahr 1931 überhaupt hat.
Das Ziel läßt sich nicht pointiert und rach
einer Richtung hin festlegen, weil es eine An-
regung im ganzen für die um das Ostseebecken
liegenden Länder sein will in kultureller und
wirtschaftlicher Beziehung,' insbesondere aber
sollen die in der Ferne liegenden Ziele durch
die Hebung des Verkehrs erreicht werden. Was
Deutschland anbetrifft, so fällt das O.seejahr
in einen Zeitpunkt größter wirtschaftlicher
Depression, doch nicht ohne zukünftige Hoff
nungen und Ausblicke. Man begegnet deshalb
auf deutscher Seite kritischen Ansichten, die
aber ignoriert werden dürfen, weil nach Be
schluß der Abhaltung des Ostseejahres Beden
ken hintangestellt werden müssen.
Insbesondere was unsere engere Heimat
anbelangt, darf man dem Unternehmen von
Lübeck bis nach Flensburg hinauf
alles Gute wünschen. Die Städte ha
ben sich sehr stark in den Dienst der Sache ge
stellt und den in Lübeck geborenen Gedanken
zu realisieren versucht, teilweise unter starken
Opfern. Es wäre deshalb, weil an den Plan
Hoffnungen geknüpft werden, zu wünschen,
daß diese Erfüllung finden möch
ten. E. S.
Aleine Mitteilungen.
Im Alter von 49 Jahren starb in Kopen
hagen der dänische Polarforscher Ingenieur
Ludwig Varming. Varming, der 17 Jah
re lang Kohlenbergwerksleiter auf Spitzber
gen gewesen ist, wurde 1928 dadurch bekamt
daß er von Spitzbergen aus eine Hilfsexpedi-
tion unternahm, um nach der verunglückten
Besatzung des Nobileschen Luftschiffes zu su
chen. Auf Spitzbergen verlor Varming sein
ganzes Vermögen, das in einer Grubengesell-
schaft angelegt war.
Gottlieb Mohnike.
Am 6. Januar 1781 wurde in der Kreis
stadt Grimmen in Vorpommern der Litera
tur- und Geschichtsforscher D. Gottlieb Moh-
nike geboren, der sich einen besonderen Na
men als Uebersetzer des großen schwedischen
Dichters Esaias Tegnsr machte. Seine Ueber-
setzung der berühmten „Frithjossage" (28. Auf
lage . bei Hermann Gesenius in Halle) gilt
auch heute noch als die beste. Von Mohnike
sagt sein Biograph Zober: „Er ist unstreitig
als derjenige deutsche Gelehrte zu nennen,
der die skandinavische Literatur ganz beson
ders auf deutschen Boden verpflanzt hat."
Anläßlich seines 150. Geburtstages wurde in
Grimmen an dem Hause, das heute an der
Stelle von Mohnikes Geburtshaus steht, eine
Gedenktafel mit folgender Inschrift ange
bracht: „D. Gottlieb Mohnike, Literatur- und
Geschichtsforscher, wurde hier am 6. 1. 1781
geboren."
Eingegangene Bücher.
Die nachstehenden Neuerscheinungen wer
den wir in den nächsten Nummern ausführ
lich besprechen:
„Handbuch znr Schleswigschen Frage", 3.
Band, 2. Lieferung. Die Teilung Schleswigs
1918—28. In Verbindung mit Dr. Vvlquarl
Pauls und Prof. Dr. Karl Petersen, heraus
gegeben von Dr. Alnor. Verlag Karl Wach-
holtz, Neumünster.
Deutschland und der Norden. Im Aufträge
der Schleswig-Holsteinischen Universitätsge
sellschaft herausgegeben von Professor Dr. Karl
Petersen, Kiel. Verlag Ferdinand Hirt, Bres
lau. 258 Abbildungen. Auf Mattkunstdruck
papier gedruckt. 40,— RM.
z. T. fast weißen Sand über, also ein Erdreich,
das der Erkennung frühgeschichtlicher Einbau
ten geradezu erstklassige Bedingungen bot.
Nur wenige Meter vom Fuße des Walles
entfernt traf der Graben bereits auf eine
Hausanlage. An diese reihten sich in nicht
allzu großen Abständen andere Häuserstätten,
so daß heute bereits feststeht, daß jedenfalls
an dieser Stelle die Besiedelung der Stadt bis
an die Umwallung heranreichte. Ich habe die
früher mehrfach ausgesprochene Vermutung,
die Stadt selber sei viel kleiner gewesen als
der Wall anzeigt, immer für abwegig gehal
ten. Eine Stadt wird aus Gründen der Ver
teidigung ihren Wall so eng wie möglich zie
hen,' ganz anders liegen natürlich die Ver
hältnisse bei Fliehburgen, die nur vorüber
gehend die Bewohnerschaft der Umgegend mit
ihrer gesamten Habe aufnehmen sollten.
Daß bereits die erste Grabung in so gro
ßer Anzahl Hausgrundrisse zutage fördern
würde, übertraf die kühnsten Erwartungen.
Fast überall, wo der Graben auf der Koppel
des Herrn Tams (Haddeby) in das Erdreich
einschnitt, begannen sofort unter der vom
Pfluge durchwühlten Humuserde sich herdar
tige und andere Anhäufungen von Steinen,
gebrannter Lehmbewurf von Hüttenwändcn,
Knochen von Haustieren und besonders viele
Abfälle von der Bearbeitung von Hirschge
weih, Tonscherben, Brocken von Mühlsteinen
aus Basaltlava und andere Fundsachen zu zei
gen. Diese Dinge lagen z. T. in Gruben von
mehr oder minder rundlichem Querschnitt,
deren Bedeutung im einzelnen noch nicht er
klärt ist, und von denen viele Abfallgruben
sein mögen, oder sie befanden sich in größeren,
mit schwarzer Erde gefüllten Vertiefungen,
die sich, wenn die Schichtengrabung weiter
fortschritt, als Hausrüume erwiesen. Die tief
sten Schichten ergaben dann oft ganz aus
gezeichnete Bilder von Grundrissen, denen zu
entnehmen ist, daß die Häuser rechteckige
Schwellenbauten waren. Mehrfach ließen sich
in den Innenwinkeln der Schwellen rechteckig
zubehauene Ständer erkennen. Bei mehreren
der Gebäude sind an den Ecken, ab und zu
auch im Verlauf der Wandung, Pfostenlöcher
beobachtet. Auch eine die Längsseite eines
Hauses in einigem Abstand begleitende Pfo
stenreihe konnte einmal festgestellt werden,
wohl die Andeutung eines nur überdachten
Raumes. Die bisher beobachteten Herde lagen
größtenteils in den Ecken der Häuser, nicht
also, wie man das nach einheimischen und nor
dischen Analogien erwarten durfte, in der
Mitte des Hauses. Tie Wände bestanden aus
mit Lehm verstrichenem Reisigslechtwerk.
Ueber die Tachkonstruktion und -bedeckung
konnte noch nichts ermittelt werden. Tie Häu
ser, deren Grundriß sich klar im Erdboden ab
hoben, sind ziemlich tief in diesen eingebaut
gewesen.
Mehrfach sind an derselben Stelle drei bis
vier Hausgrundrisse beobachtet worden. Ta
die Häuser sämtlich durch Feuer zerstört zu
sein scheinen, wird sich auf Grund solcher Be
obachtungen vielleicht schließlich einmal die
Möglichkeit ergeben, die Zahl der die Stadt
verwüstenden großen Brände annähernd zu
bestimmen. Die Besitzer haben das neue Haus
an der alten Stelle mit geringen Abweichun
gen wieder aufgeführt.
Es sind auch einige Spitzgräben gefunden
worden, die vielleicht der Kanalisation dien
ten. Man darf annehmen, daß der die Stadt
durchquerende Wasserlauf mehr zur Fortfüh
rung der Abwässer denn als Zufuhr von
Trinkwasser gedient hat. Dieses wurde sicher
durch Brunnen geliefert. Schon auf der rela
tiv kurzen Strecke unseres ersten Suchgrabens
fand sich eine sehr tiefe, brunnenschachtartige
Grube, die nur gut als Brunnen oder als
Bersuchsgrube, das Grundwasser zu erreichen,
gedeutet werden kann. Nicht weit von dieser
Grube wurde eine ähnliche mit eigenartig
trichterförmig sich verengender Wandbeklei
dung von Lehm entdeckt, die unmittelbar vor
dem Abschluß der Grabungen ganz in der
Tiefe, im Grundwasser gelegen, die Holzum
rahmung eines Brunnens ergab, der aber erst
im nächsten Jahre gehoben werden soll. Aus
den früheren Grabungen besitzt das Museum
bereits eine solche Brunnenbekleidung, und
man gewinnt schon jetzt den Eindruck, daß
Brunnen in der Stadt keineswegs selten ge
wesen sind.
Der spätere Verlauf des Versuchsgrabens
ging auf eine Koppel des Herrn Köpke (Bus
dorf) über, die durch den darauf befindlichen
Skelettgräbcrfriedhof bekannt geworden ist.
Von den tausenden von Gräbern, die wir dort
erwarten dürfen, sind erst wenige hundert
aufgegraben. Die Beigabenarmut der streng
von Westen nach Osten orientierten, in Sär
gen beigesetzten Leichen läßt vermuten, daß
dieser Friedhof bereits christlich ist. Vereinzelt
sind inmitten der beigabenlosen Skelette doch
nach heidnischer Art mit Beigabe bedachte Grä
ber aufgetreten. Da diese sowie die ärmlich
ausgestatteten Skelette meist aus Frauengrä
ber schließen ließen, war man zu der Ueber
zeugung gekommen, daß der Friedhof ein Be
gräbnisplatz der Frauen gewesen sei. Diese
Auffassung wurde allerdings durch, einige ganz
wenige mit Waffen ausgestattete Männergrä
ber erschwert. Man vermutete den Männer
friedhof an anderer Stätte, wahrscheinlich
außerhalb der Umwallung, wo ja schon das
reich ausgestattete Vootskammcrgrab gefun
den worden war, oder auf der nördlich der
Stadt vorgelagerten „Hochburg", die als eine
niedrig umwallte Zitadelle (ähnlich wie bei
Birka) angesprochen wurde und deren Jn-
nenraum noch heute von zahlreichen Grabhü
geln der Wikingerzeit erfüllt ist. Andere wie
derum suchten den Friedhof am südlichen Ab
hang dieser Anhöhe, wo schon vor langen
Jahrzehnten in der Lehmgrube einer Ziegelei
Altertümer gesunden sind. Eine der interes
santesten Beobachtungen der diesjährigen
Grabungen ist nun die Feststellung, daß auf
dem gesamten vom Graben angeschnittenen
Gelände vereinzelt Gräber getroffen worden
sind. Es dürfte sich hier um die Reste eines
Friedhofs handeln, der durch die massenhaf
ten späteren Häuser und anderen mit diesen
zusammenhängenden Anlagen in hohem Gra
de zerstört worden ist. So fand sich fast unmit
telbar am Fuße des Walles bereits ein mit
schönen ovalen, im Oseberg-Stil verzierten
Spangen und anderen Beigaben bedachtes
Skelettgrab, das von einem Hausgrundriß
überschnitten wurde. Weiterhin hat der Gra
ben nicht weniger als fünf aus Holz konstru
ierte Kammergräber angeschnitten, von denen
drei durch ihre Waffenbeigaben als Männer
gräber charakterisiert sind. Zwei dieser Kam
mern sind in der Mitte durch eine Holzwand
geteilte Doppelkammern gewesen. Die eine
Hälfte eines solchen Kammergrabes enthielt
ein großes, mit Eisen beschlagenes Holzgefätz,
einen deckelartigen, auf der einen Seite mit
Bronze beschlagenen Holzgegenstand, ein rost
artig aussehendes Eisengerät (vielleicht Ka
stenbeschlag), einen Schildbuckel und zwei
Speere. Die andere Kammerhälfte war leer.
Ein zweites derartiges Grab ergab in der
einen Hälfte eine mit ovalen Spangen und
anderen Beigaben bedachte Frauenleiche, in
der anderen einen noch nicht näher untersuch
ten größeren Eisengegenstand, wahrscheinlich
auch ein mit Eisen beschlagenes Holzgefäß.
Schon die von unserm verhältnismäßig
schmalen Suchgraben angeschnittenen Gräber
lassen deutlich erkennen, daß die Besiedlung
in jüngerer Zeit hier auf einen alten Friedhof
übergegriffen hat, dessen Bestattungen durch
aus heidnischen Charakter tragen. Es handelt
sich um dieselben Kammergräber, wie wir sie
von dem gleichfalls zweigeteilten Bootskam
mergrab her kennen und wie sie auch sonst im
Norden beobachtet worden sind. Auch die „heid
nischen" Gräber des großen Friedhofs mit
den in mehreren Schichten übereinander lie
genden Särgen mögen ganz oder zum Teil
diesem alten Friedhof angehören. Es ist anzu
nehmen, daß dieser alte, heidnische Friedhof
ursprünglich außerhalb der ehemals viel klei
neren Siedlung gelegen hat. Ob dieses ältere
Haithabu bereits eine Umwallung besessen hat,
läßt sich noch nicht sagen. Der heutige impo
sante Stadtwall ist offenbar erst in einer spä
teren Periode, wohl der Blütezeit Haithabus,
aufgeführt worden. Diese wird im großen und
ganzen mit der Herrschaft der schwedischen
Olaf-Dynastie zusammenfallen. Der inmitten
dieses jüngeren Haithabu gelegene große Skc-
lettgräberfriedhof dürfte dann dieser späteren,
schon von christlichen Grabstätten beherrschten
Zeit angehören. Er wird daher vielleicht doch
neben den an spärlichen Beigaben bisweilen
kenntlichen Frauenbestattungen auch die der
Männer in sich bergen. Wir erwarten von der
Fortsetzung der Grabungen auch eine weitere
Klärung dieser viel erörterten Frage über die
Bedeutung des Friedhofs mit seinen Sargbe
stattungen. Ist dieser ein christlicher Kirchhof
inmitten der Stadt, so darf man sich wohl den
Erwartungen hingeben, in seiner Nähe viel
leicht sogar eine Kirche zu finden
Das Interesse der Bevölkerung für unsere
Grabung überstieg die kühnsten Erwartungen.
Mehrfach sind täglich über tausend Besucher
auf dem Grabungsgelände gewesen. Der An
marsch begann schon in den Morgenstunden
mit dem Erscheinen von Schulklassen und er
reichte in den Nachmittagsstuttden von 4—5
Uhr den Höhepunkt. Es mußten umfassende
Absperrungsmaßnahmen unter Hinzuziehung
überwachender Polizisten getroffen werden.
Da Zeit und Kraft der wissenschaftlichen Mit
arbeiter schließlich nicht mehr ausreichten, um
fortwährend Führungen zu veranstalten, wur
den diese dann von zwei Lehrern geleitet. Da
sich auch die Presse der Sache mit großem In
teresse annahm, hatten wir das beglückende
Empfinden, daß das Unternehmen tatsächlich
von der Bevölkerung der Provinz getragen
wurde und darüber hinaus: aus Hamburg und
noch entfernteren Orten des Südens wie auch
aus Dänemark waren täglich Besucher am
Platze.
So wurden die Untersuchungen in hohem
Maße auch zu einem pädagogischen Ereignis
im weitesten Sinne des Wortes. Es war eine
klassische Stätte unseres Altertums in ausge
dehnten Grabungen erschlossen: nicht nur Grä
ber und nicht nur Wohnungen waren da zu
sehen, sondern beides nebeneinander und in
allen Stadien der Aufdeckung zu betrachten.
Man konnte einen Eindruck von der großen
Schwierigkeit der Deutung solcher Befunde be
kommen, ohne daß die Schwierigkeiten im all
gemeinen ein für den Laien untragbares Matz
überschritten, wie nicht selten beim Anblick vor
geschichtlicher Aufschlüsse. Ein ungeheueres
Feld der Veranschaulichung der Forschertätig
keit war für Schulen und Erwachsene erschlos
sen und sowohl ein Teil der Lehrerschaft als
auch des Publikums hatte seine Bedeutung
erfaßt. In Zukunft soll auch die Ausnutzung
der pädagogischen Seite des Unternehmens
weiter gefördert werden, vor allem durch be
quemerer Zurschaustellen der Funde und der
die großen Zusammenhänge erschließenden
Karten und Modelle. Zu unserer großen Freu
de teilen auch alle Schichten der Bevölkerung
und der wissenschaftlichen und pädagogischen
Fachwelt bis in das Ministerium für Wissen
schaft, Kunst und Volksbildung hinauf, die Auf
fassung. Als uns die Herren Ministerialdirck-
tor Dr. Hübner und Regierungsrat Dr. Haes-
ler besuchten, äußerte Herr Ministerialdirektor
Dr. Hübner den Gedanken, ob man nicht einen
Teil der ausgezeichnet klaren Hausgrundrisse,
Gräber usw. durch Konservierung im Boden
und unter Dachschutz dauernd erhalten könne
Die weitere Verfolgung dieses wertvollen Ge
dankens wird uns hoffentlich einmal sogar ö ü
einer Art Freiluftmuseum auf dem GrabungS-
gelände führen, in dem dann die Besucher stän
dig ins Innere des Bodens hineinschauen
könnten. Haithabu als Schulbeispiel für Vor
zeitunterricht, ein Stück erlebten Altertums
und erlebter Forschung für jedermann! Dieses
neue große Ziel hat sich aus der täglichen Grn-
bungsarbeit und ihrem Besuch heraus
terisch aufgetan. In welchem Maße es sich den
geschauten Ideal nähern wird, hängt natürliN)
wieder sehr von den verfügbaren Mitteln
Dienordischen Fachkreise beehrten uns
der Entsendung von Vertretern. Aus Dän^
mark war Herr Dr. V. la Cour, aus Norrveg^
Herr Dr. Sigurd Grieg, aus Schwede«
Dr. Flodcrus erschienen: die Herren nähme
lange Wochen hindurch an unseren Arbeiten
teil. ^