ķZMŞ» / Geschichte einer VorLriegsjugend.
Von Albert Mähl.
(7. Fortsetzung.)
Altersgenossen, Kinder benachbarter Schiffer
familien, hatten ihm schwimmen, wriggen und
Steuern beigebracht. Hermann würde sich wun
dern. Aber Schokolade mochten sie auch, weshalb
denn sein Taler allmählich etwas kleiner geworden
war. Manchmal war er auch bei deren Eltern
mittags zu Gast. Dann saßen sie alle um den
runden Tisch, eine Furke in der Hand. Die Pfanne
mit Buchweizenklößen und Speckwürfeln wurde
noch prasselnd vom Herdfeuer in die Mitte gesetzt
und dann wurde eingehauen. War das ein Leben!
Er war kräftiger geworden, und ordentlich braun
sah er aus.
Eines Tages erlhielt er von Onkel Behrens
einen Brief wieder. „Enno", schrieb er, „wer im
Kuckkasten keine Weltreise machen kann, der kann
es auch sonst nicht. Behalt du man die Augen so
im Kopf, wie du sie hast, und laß Hermann man
reden. Ich bin ja nicht weit in der Welt herum
gekommen, bin ja nur Böttcher geworden. Meine
Frau und meine Kinder sind tot; es ist längst still
um mich. Dis paar Groschen für meine alten Tage
sind bald verzehrt. Dann komm ich so nackt von
der Welt wie ich herkam. Da wird wohl kein Hahn
nach mir krähen, wenn ich erstmal unter den Gras-
soden liege. Das macht mich aber nicht traurig;
ich hab nie geklagt. Gesungen hab ich bei meiner
Arbeit. Wer sich die Hand und die Seele rein
hält, der kann wohl singen. So halte auch du dich,
wenn ich mal nicht mebr da bin. Die Zeiten
werden anders. Man baut jetzt Luftschiffe und
Unterseeboote, und ganz anders als früher ver
dient man heute sein Geld. Aber das ändert die
Menschen doch nicht, so daß sie darum glücklicher
werden. Sie sind immer dieselben; es bleibt so
ziemlich alles beim alten. Es wird auch mal
Krieg geben; das wirft du erleben wie ich anno
1870. Denn sie halten nur Frieden, um Krieg zu
machen und machen nur Krieg, um sich Friesen
zu schaffen für neuen Krieg. Das ist nun mal so.
Wir Menschen sind selbst nur Bilder für den großen
Kuckkasten, in den der liebe Gott hineinschaut.
Wenn es hier mal aus ist, schauen wir da selber
hinein. Ich denk mir das ganz vergnüglich, daß
wir denn so hineinschauen und sehen können, wie
es hier weiter geht. Da würde ich denn auch
feh'n, wie du deinen Weg machst, mein Junge.
Sorg nur dafür, daß recht schöne Bilder von dir
mir vor Augen kommen. Wenn wir mal nicht
mehr so zusammen sein können wie heute, denn
denk man einfach, ich hab nur eine Ferienreise
gemacht, so wie du jetzt. Dauern es denn ein
bißchen lange, und will es scheinen, daß ich nicht
wiederkomme, dann werde nicht ungeduldig. Es
kommt schon die Stunde, wo du mir nachreisen
kannst, aber das hat Zeit. Das ganze Leben ist
man ein Uebergang, und das Sterben gehört dazu
wie das Band um die Bütte." Das war ein schö
ner Brief, das verstand er. Aber Sterben? Nein,
wie sollte das Wirkliche wohl ein Ende haben
tonnen?
9.
Onkel Behrens aber mochte den Uebergang
wohl geahnt haben, denn einige Tage früher, be
vor Enno mit dem Eierdampfer „Meta" in seiner
Vaterstadt wieder eingetroffen war, hatte man ihn
zusammengebrochen in seiner Werkstatt aufgefun
den. Er hatte wohl eben noch singend mit Holz
keil und Hammer hantiert, als plötzlich der Herz
schlag aussetzte. Nun brauchte Enno nicht mehr
Karlsbader Salz für ihn zu holen.
Der liebe Alte hatte hinterlassen, daß Enno
den Kuckkasten haben solle. Wie ein Heiligtum
nahm er seinen Schatz entgegen. Ja, Onkel Beh
rens sollte von ihm nur schöne Bilder sehen.
Er fühlte, die glücklichsten Tage waren nun
dahin. Auch das Haus wurde abgebrochen. Nie
mehr würde er nun dis Tür klinken hören, nie
mehr ihr feines helles Geläut vernehmen.
Seitdem blieb er auch in der Schule zurück.
Professor Schlammbeck, sein Ordinarius und Ma
thematiklehrer, dem die Schüler den Spitznamen
„Schlampt" gegeben hatten — des überlangen
Jacketts wegen, das die schiefen, hängenden Schul
tern bekleidete, wie auch wohl , wegen seiner ge
dehnten, nörgelnden Sprechweise — meinte es be
sonders nig gut mit ihm. Nur Schüler, denen
Formeln und Logarithmen ein Kinderspiel waren,
standen in seiner Gunst; andere stach er mit einer
Zensur ab, die sie erledigte. So erging es Enno,
den er als hoffnungslos ganz bei Seite ließ. Enno
sah eben noch immer Figuren, wie damals bei
Suhr. Auch die Sprachen gingen ihm nicht recht
ein. Das Englische war noch am ehesten zu be
greifen, weil es lautbar und mundgemäß mit sei
ner Muttersprache verwandt war, aber die Nasal
haft igkeit und Akzentuierung des Französischen
wurde ihm schwer. Da war das Zeichnen doch et
was Erfreuliches. So einen ausgestopften Habicht
mit Kohle und Buntstift auf das Papier zu brin
gen oder ein Stilleben von Gurken und Radies
chen bei einem Zinnkrug zu zeichnen, auch wohl
draußen perspektivische Skizzen zu machen, eine
Durchsicht durch den Flur, einen offenen Fenster
flügel und ähnliches, das machte Freude, das ließ
sich ja alles mit den Augen betasten. Und denn
Peter Ramm, der Lehrer, wie hatte er es her
aus, Lust an der Sache zu weà! Er lehrte sehen,
Licht und Schatten wahrnehmen, sorgfältig die
Ausführung machen. Sein Humor half nach; es
war wahrhaftig nicht böse gemeint, wenn er, eine
Sudelei bemerkend, mit den Augen rollte, seinen
Ni naldo-Rinaldini-Bart zur Seite strich und ein
erstaunt-grimmiges „Mann des Gebäudes!" er
tönen ließ. Bei Enno kam das übrigens niemals
vor. Der stand bei Ramm oben an mit der besten
Zensur. Pflegte Ramm aber auch manchmal zu
sagen: „Er kann was, Esselsgroth!", so gab er ihm
dennoch einen freundlichen Knuff, indem er hinzu-
fügte: „aber ein Pfuschbruder ist er doch!" Das
war nur richtig; ein reines Lob wäre kein An
sporn gewesen. Wäre es beim Turnen nur auch
so! Aber dies Turnen war Drill. Turnlehrer
Jung.johann ließ durchweg nur exerzieren, Diszi
plin üben, in Gruppen schwenken, in Linien auf,
marschieren, Nichten und minutenlang stillstehen.
Er machte den Schulhof zum Kasernenhof. Sta-
ftttenlaufen, Gerwerfen, Schlagballspielen wurden
nur während der letzten zehn Minuten erlaubt,
oorausgelĢ. dag die Kommandos „sagen". Aehn-
lich so wurden sie in der Geschichisstunde mit Zah
len gedrillt. Man mußte Tabellen pauken. Pro
fessor Kruse saß meistens, in der linken das Schü-
lerverzeichnis, in der Rechten einen langen lack-
roten Zimmermannsbleistift, auf der Fensterbank,
von wo er dann, den Adamsapfel aus niedrigem
Kragen weit vorgestreckt ,mit krächzender Stimme
einen der Schüler aufrief, der ihm drei Fragen
beantworten mußte. Er fragte ihn etwa, wann
Johann Cicero regiert habe, wann Friedrich der
Große gestorben sei und wann die Schlacht bei
Waterloo sich ereignet habe. Wußte der Bei ref
fende richtig zu antworten, trommelte Kruse mit
dem Stiefelabsatz an der blechernen Wand der
Heizungsanlagö Beifall. Beantwortels einer alle
drei Fragen falsch, machte er aber mit dem Zim-
mermannsbleistift ein Kreuz in der Luft. Das
war das „Todeszeichen". Je mehr von den Kreu
zen in feinem Notizbuch standen, desto schlechter
wurde am Ende die Zensur. Nirgends wurde na-
türl.ch so stark gemogelt wie bei ihm. Die Jun
gen schrieben sich zum Beispiel ganze Tabellen
ab und klebten sie — es waren äußerst geschickr ge
machte Miniaturzsttel — in die Innenfläche der
Hand, mit der sie sich meldeten, um dann die Zah
len hieraus abzulesen. Wäre da nicht zu Ostern
ein Wechsel erfolgt, und Leu, Professor Len, an
die Stelle Kruses getreten, hätte Enno wohl für
immer feine Liebe zur Geschichte verloren. Leu
war ein lieber, schon älterer Herr mit grauem
Vollbart und etwas traurig blickenden, grauen
Augen. Infolge einer Lähmung ging er auf
Krücken. Er fuhr immer in einem Wagen zur
Schule, den er durch eine seitliche Hebevorrichtung
steuernd ins Laufen brachte. Leu pflegte nicht
sonderlich das Pensum, in dem er zu unterrichten
hatte. Die Hauptsache war ihm heimatgeschicht
liche Aufklärung. Er verstand zu erzählen, so zu
erzählen, daß auch di« Dichtung und bildende
Kunst zur Weckung der Anschauung mit in Be
tracht kam. Als landesgeschichtlich eingestellter
Patriot und Sohn eines Veterans hatte er sich
schon in der Oefftntlichkeit einen Namen gemacht,
das heißt, er war in der Zeitung als Lokalhisto
riker von Ruf und Geltung bekannt. Ein gewisser
poetischer Hauch lag in seiner Darftellungsweisr;
er neigte zur heldenhaften Verklärung vergange
ner Taten. Das riß dis Jungen mit; sie fühlten,
sie waren dabei. Erzählen konnte auch Enno. Leu
merkte denn auch bald, wen er vor sich hatte. So
war es auch im Deutschen. Leu verstand es treff
lich, chen Jungen die Schönheit der Sprache und
Dichtung zu erschließen. Da konnten sie aus sich
herausgehen. Enno hatte sich auch bald bei Leu
nach dem Turm des Seeräubernestes erkundigt,
woraufhin ihm Leu eine Sage erzählte, die damit
in Verbindung stand. Das sei ein Stoff für
einen Dichter, hatte er mit eiàinglich-erwar-
tungsvollem Blick gesagt, den Enno bis put Er
röten spürte.
Aber die Schule blieb ihm im Grunde doch
etwas Beiläufiges. Sie gab keine Antworten auf
die Fragen, die sich in ihm regten, und sie lehrte
ihm nicht, sich selber darauf eine Antwort zu geben.
Sie ließ ihm immer noch etwas nach zum Werden.
Zwar erledigte er seine Ausgaben zufriedenstellend
und jedesmal wurde er auch zu Ostern versetzt,
aber er wußte selber nicht recht warum. Er grü
belte viel und hielt sich allein. Oft war er Sonn
tags, wenn der Seeweg von Spaziergängern mun
ter belebt war, einsam im Düsterbrook, um irgend
wo ein Buch aus der Tasche zu ziehen und zu lesen.
Oder er hielt sich in seinem Zimmer aus, um zn
schreiben, in sein Tagebuch niederzuschreiben, was
ihn bewegte. Das war ihm das Liebste, das Wich
tigste, darüber ging ihm nichts.
Ein Wikinger-Friedhof in Ostpreußen.
In einem kleinen Walöe beim Ostseebad
Cranz wurde vor kurzem ein vorgeschichtlicher
Friedhof mit über 100 Grabhügeln entdeckt.
In einem der Gräber befand sich eine kleine
Steinpackung und verbrannte Gebeine und
Waffen, darunter ein reich verziertes Schwert
normannischer Abkunft, auf dem Rnnenzcrchen
eingeritzt sind, die man noch nicht entziffern
konnte. Auch andere Funöstücke, die den
Gräbern beigegeben waren, sind von beson
derem kulturgeschitlichem Wert insofern, als
sie auf Beziehungen der samländischen Bevöl
kerung mit den skandinavischen Seefahrern
hinweisen. Eins der schönsten Stücke ist ein
Schwert, auf dessen Klinge in Runen die
Inschrift „Amen" eingegraben ist. Die An
schrift wird als Symbol für Todesstreich und
Gebet für den erschlagenen Feind gedeutet, sic
gilt also zugleich als Beweis für die Einfüh
rung des Christentums in den nordischen Län
dern.
‘Prinzeß
Abenteuer.
Roman von Margarete Ankelmann.
Copyright by Martin Feuchtwangsr, Halle (Saale) 1931.
26) (Nachdruck verboten).
„Sidonie, gib mir einmal deine Hand und sei
ganz, ruhig! Vielleicht hast du dir die Begegnung
unten an der Brücke nur eingebildet? Vielleicht
haft du ihn gar nicht gesehen?"
„Er hat mir doch die Hand gedrückt — mich ge
rufen — mich gesehen!"
„Auch das mag eine Halluzination gewesen
fern."
„Nun, Schimmelchen, dann sage Anna Rosina,
ich hätte plötzlich Halluzinationen gehabt — viel
leicht, daß sie es glaubt. Ich jedenfalls weiß, daß es
keine Halluzinationen waren. Oder — ich müßte
wirklich krank fein."
„Kind, Kind! Und das alles wegen dieses fürch
terlichen Abenteuers! Oh, wenn du doch auf mich
gehört hättest, Sidie! Was wäre uns allen erspart
geblieben!" 7
Sidcmie antwortete nicht.
Es kam ihr vor, als ob sich eine Schlinge über
ihrem Kopf zuzog. Wenn sie nur irgendeinen An
haltspunkt fände!
Es war alles so dunkel, so rätselhaft.
Still und gehorsam legte sie sich dann ins Bett
und trank eisgekühlte Milch. Stundenlang blieb sie
liegen, fast regungslos, mit offenen Augen.
Am Abend, kurz vor dem Diner, kam die Für
stin noch einmal herauf. Besorgt schaute sie in das
weiße Mädchengesicht, das aus den Kiffen heraussah.
Sidonie schlang die Arme nm den Hals der
Schwester. Sie lächelte zu ihr auf.
„Du brauchst keine Sorge um mich zu haben,
Roste. Ich bin ganz gesund."
„Und — was ist mit dem Maler?"
„Ich kann dir jetzt noch nichts darauf sagen.
Aber später — später werde ich dir alles erzählen.
Aber du darfst nicht in ntich drängen. Nur, Rosina,
weißt du auch bestimmt, daß das der Maler Mar
tens ist?"
„Natürlich, ich weiß es ganz bestimmt. Ich habe
olle seine Papiere gesehen, seine Empfehlungsschrei
ben, seine Bilder und Skizzen. Willst du dich nicht
selber drawn überzeugen?"
„Nein, ich glaube es dir schon! Dann also —
bann irre ich Mich!"
„Quäle dich jetzt nicht damit ab, Liebling!
Schlaft jetzt; es wird sich schon alles aufklären. Mor
gen früh, wenn du frisch bist und einen Karen Kopf
hàn wirst."
„Ach Gott, Roste, ich glaube, den habe ich jetzt
auch!"
„Aber du sollst jetzt gleich schlafen und morgen
gesund erwachen."
„So gesund, wie ich lzeute bin! Gute Nacht, du
weift Schwester!"
Als Anna Rostna schon an -der Tür war, rief
Sidonie die Schwester zurück.
„Rose!"
Es war der Kosename, den Sidonie nur ganz,
ganz selten gebrauchte, wenn sie etwas auf dem
Herzen hatte oder sehr zärtlich sein wollte.
„Nun, Kind?" ,
Anna Rostna war zurückgekommen und stand
am Bett der Schwester.
Lächelnd blinzelte Sidonie zu ihr auf.
„Ich — wünsche dir — ein großes Glück —
Rose!" flüsterte die Kleine.
„Ich danke dir, Kind!"
Erglühend neigte sich die Fürsttn zu ihr nieder
und küßte die Sttrn der jungen Schwester.
Sie war ftoh, daß es schon so dunkel im Zimmer
war und -daß Sidonie ihr Erröten nicht sehen konnte.
Ms Anna Rosina gegangen war, mußte Si
donie leise vor sich hinlachen. Also auch Anna Ro-
sina war verliebt, die ernste, strenge Anna Rosina!
Trotz all ihrer Weisheit und Gelehrsamkeit war sie
verliebt wie irgendein kleines Mädel aus dem Dolle.
Das war sonderbar mit der Liebe. Üluf einmal war
sie da, und dann mußte man zusehen, wie man mit
ihr fertig wurde!
Der Zeiger der Uhr rückte immer mehr auf Mt-
ternacht, und immer noch brannte Licht in den Räu
men des Prinzen Peter. Unaufhörlich lief der
Prinz im Zimmer auf und ab.
Es schienen keine erfreulichen Gedanken zu sein,
die ihn beschäftigten und die sich auf seinem Gesicht
widerspiegelten.
Fred Bergen, der ihn genau beobachtete, hatte
das schon seit geraumer Zeit festgestellt. Er hatte
seine Zigarette schon lange zu Ende geraucht und log
nun, fast bewegungslos, in einem tiefen Sessel und
wartete, bis Peter mit seinen Betrachtungen zu Ende
sein würde.
Die Zeit verging. Im Zimmer herrschte eine
dumpfe, beKemntende Sttlle. Doktor Bergen wurde
die Schi chte langsam ungemütlich.
Was mochte der Freund nur haben? In an
genehmer und zufriedener Stimmung war man nach
dem abendlichen Zusammensein heraufgekommen in
die Gastzimmer. Der heutige Abend war besonders
vergnügt gewesen, eine Fortsetzung des reizenden
Nachmittags unten in dem Städtchen.
Prinz- Otto hatte ihnen einen anheimelnden
Weinkeller gezeigt, in dem er ab und zu eiuen guten
Tropfen zu trinken pflegte und in dem es auch
heute sehr gemütlich zugegangen war.
Dieser Fritz Otto war überhaupt ein ganz fa
moser Mensch, gerade so wie das Ehepaar Lippfchütz.
Fred Bergen war restlos zufrieden mit dem Auf
enthalt auf Schloß Waillerstein, und wenn er Prinz
Peter gewesen wäre, hätte er allen Ueberlegungen
schon längst ein fröhliches Ende bereitet.
„Fred!"
Der Rnf störte die Gedattken des Begleiters des
Prinzen. Er kam herüber vom geöffneten Fenster.
Leise, aber bestimmt.
„Ja, Peter, ich höre!"
„Du, Fred, ich habe heute die Fürstin gefragt,
ob sie meine Frau werden wolle!"
„Oh — und was Hot sie geantwortet?"
„Sie hat mir ihr Jawort gegeben."
„Peter!"
Fred Bergen war aufgesprungen und rüttelte
jetzt den Freund heftig an den Schultern.
„Du bist ein Glückspilz, Peter! Ich habe es
jo immer gesagt! So — und jetzt laß dich mal an
schauen! So sieht also ein neugebackener Bräutigam
aus, der Bräutigam einer Anna Rosina! Ich freue
mich schrecklich und wünsche dir alles, alles Glück der
Welt!"
„Ich danke dir, Fred!"
„Ja, sag einmal, Peter, du siehst so komisch aus?
— Freust du dich denn nicht, daß alles so gekommen
ist?"
„Rein, Fred, ich freue mich gar nicht! Mir ist
hundselend zumute. Fred — ich liebe sie nicht!"
„Du wirst sie sicher lie. en lernen, Peter."
„Rein, nie! Sie ist nicht die Frau, die mein
Herz sucht. Ich werde sie verehren, sie hochachten, sie
schätzen — aber lieben — lieben werde ich sie nie!"
„Armer Peter! Aber vielleicht kannst du es
each versuchen!"
„Liebe läßt sich nicht herbeiholen, und man kann
sich nicht dazu zwingen: Don jetzt ab wirst du diese
Frau lieben! Liebe kommt einfach, von ganz allein.
Sie ist ans einmal s«; sie bezwingt einen, und die
richtige Liebe, lässt nicht so schnell mehr los.
Neue Schnellzugverbiuöung Deutschland-Nor
wegen.
Wie wir hören, soll den Bedürfnissen des
gesteigerten Verkehrs zwischen Deutschland
und Norwegen in absehbarer Zeit durch eine
neue Schnellzuglinie Rechnung getragen wer
den, die amburg und Oslo verbindest. Geplant
ist eine neue Strecke von Oslo in südlicher
Richtung und eine Trajektverbindung von der
norwegischen Küste nach Jütland. Von dort
soll die Linie über Kopenhagen auf der be
stehenden Strecke nach Hamburg weiterführen.
Durch diese Verbindung würde den Berech
nungen nach die Fahrtzeit von Hamburg nach
Oslo um ungefähr sieben Stunden verkürzt
werden.
Deutsch-englischer Studentenaustausch.
Die London School of Economics hat sich kürz
lich bereiterklärt, einem deutschen Studenten auf
ein Jahr freies Studium und kostenlose Unterkunft
zu gewähren und zwar im Austausch für einen ihrer
Studierenden, dem ähnliche Möglichkeiten an einer
deutschen Universität gewährt werden sollen, mindere
englische Universitäten sollen sich zu einem ähnlichen
Austausch bereit erKärt haben.
Rekordbesuch der Wiener Universität.
Die Zähl der Studenten an der Wiener Uni
versität hat im vergangenen Semester zum erstenmal
die Zahl von 12 000 überschritten. Es befanden
sich -darunter rund 300 Studentinnen. Für die
mißliche Wirtschaftslage bezeichnend ist die Tatsache,
daß mehr als 4000 der Studierenden um Ermäßi
gung oder gänzliche Befreiung bei der Zahlung der
Kolleggelder eingekommen waren.
Und mit dieser Liebe liebe ich mein kleines, blondes
Mädel!"
„Denkst du immer noch an die Gesellschaftern?
Hast du sie in diesen fünf Tagen hier überhaupt ein
einziges Mol gesehen?"
„Rein, und das ist es, was mich so unruhig
macht. Ich fürchte, sie geht mir geflissentlich aus dem
Wege.
Fred, tu mir den einzigen Gefallen und suche
nach ihr! Ich selbst kann doch nicht nach ihr fragen.
Aber du kannst es, und du wirft es auch fertigbrin
gen, sie zu finden. — Willst du mir helfen?"
„Peter, ich will es versuchen. Rur um hier
Klarheit zu schaffen. Aber ich bin fast überzeugt
davon, die Kleine hat das Schloß verlassen, gleich
nachdem sie uns unten an der Brücke gesehen hat.
„Dieser Gedanke ist nicht auszudenken!"
„Aber Peter, was willst du damit sagen? Hast
du dich nicht mit «der Fürstin Anna Rosina verlobt?
Was soll also mit dem Mädel werden? Sei froh,
daß sie fort ist. Du willst sie doch nicht unglücklich
machen?"
„Rein, 'das will ich wirklich nicht! Ich will —
ich will — oh, ich weiß ja selbst nicht, was ich eigent
lich will! Rur sehen will ich sie — nur mit ihr
sprechen!"
„Um eine Dummheit zu begehen. r. *
-Fred!"
„Nun ja, Peter, du weißt, daß ich dein Freund
Lin, und daß ich dir immer und üheroll helfe. Ich
will 'deshalb auch'mein möglichstes tun, das Mäde!
zu finden.
Aber jetzt etwas Wichtigeres! Darf ich »deinen
Eltern schreiben und sie von deiner Verlobung be
nachrichtigen?"
„Muß -das sein — jetzt schon, Fred?"
„Ja, je eher, desto besser! Oder soll es noch ein
Geheimnis bleiben? Hoffentlich nicht! Du kannst
dir doch denken, wie nion sich auf Schloß Schönftls
freuen wird über die guft Nachricht."
„Na, also meinetwegen, dann schreibe meine«
Eltern!"
„Peftr, Kopf hoch! Du darfst dich nicht so gehen
lassen!"
„Oh, laß mich in Ruhe! Bin ich nicht ein ge
horsamer Sohn gewesen? Habe i^ nicht alles ge
tan, was man von mir verlangt hat? Stfiele ick
unten nicht ausgezeichnet Komödie?
(Fortsetzung folgtG