Full text: Newspaper volume (1931, Bd. 2)

Wandern ist not! 
Ein lockendes Wanderziel in Baden: 
Jugendherberge Sohlberg (links alles, rechts neues Haus), 
Die deutsche SchlachLflotte im Ha,en von Sw nemünde 
während einer mehrtägigen Ruhepause, die 'N die Frühjahrsmanöver in der Ostsee ein 
gelegt ist (von hinten nach vorn): die Linienschiffe ..Schleswig-Holstein", Hannover" und 
»Hessen", gesehen vom Deck der »Schlesien" 
Krau Kürten lagt ans. 
Iw weiteren Verlauf des Kürten-Prozes- 
ses wird die kommissarische Vernehmung der 
Frau Kürteu verlesen. Sie lernte Kürten in 
Alteuburg bei Leipzig kennen und hatte von 
Anfang an Antipathie gegen ihn. Trotzdem 
şit sie ihn im März 1923 geheiratet. In Al 
tenburg hatte Kürten schon eine ganze Reihe 
^.on Frauenbekanntschaften. Einmal hat er 
>rch eines Notzuchts-Versuches schuldig ge 
macht, der nur dadurch nicht zur Anzeige 
kam, daß Frau Kürten mit dem Vater des 
Mädchens sprach. 
Im Jahre 1928 siedelten sie nach Düssel 
dorf über, und ihr Mann hat bis zu Ostern 
stets fleißig gearbeitet. Er legte großen 
Wert darauf, daß die Leute von ihm viel 
hielten, und er gab sich auch aus diesem 
Grunde immer als mehr aus, als er war. 
Das überschüssige Geld hat er für sich ver 
braucht und keine Ersparnisse gemacht. Sic 
selbst war stets beruflich tätig. In Düssel- 
övrs hat ihr Mann ihr gesagt, daß er Damen- 
bekcmntschaften habe und auch mit einem Mä 
het Verkehr pflege. Von seinen Vorstrafen 
Habe sic nichts gewußt. 
Am Tage vor der Verhaftung 
wurde sie von einem Kriminalbeamten in dem 
Ease, in dem sie angestellt war, abgeholt, der 
îhr sagte, daß er die Wohnung besichtigen 
wolle, weil ihr Mann verdächtigt sei, ein jun- 
9eZ Mädchen überfallen zu haben. Kürten 
war nicht zu Hause. Als er später kain, habe 
ņ ihm Vorhaltungen gemacht. Er habe je- 
h°ch bestritten, der Täter zu sein. 
Ueber die Zeitungsberichte, die die Mord- 
äe schilderten, hat sie gleichfalls mit ihrem 
Manne gesprochen. Er hat dabei erklärt, daß 
èie Schilderungen des Täters auf ihn zuträ- 
JN. nur mit dem Unterschied, daß von einem 
öreitzigjährigen Mann die Rede sei. In der 
Annahme, daß ihr Mann nichts damit zu tun 
hätte, wurde sie auch dadurch bestärkt, daß 
Kürten bei der Polizei bekannt war und daß 
Schriftproben von ihm dort vorlagen 
In der Nacht, in der er die Hahn ermor 
det hat, kam er in gnter Laune nach Hause. 
Nach der Beerdigung der Hahn in der dar 
auffolgenden Nacht war er etwas beschmutzt 
nnd hatte an einer Manschette einen kleinen 
Blutfleck in Linsengröße. Er habe ihr erklärt, 
baß er sich irgendwie verletzt habe. 
Als er ihr dann am Tage vor der Ver 
haftung ein ausführliches Geständnis auf 
der Rheinwiese ablegte, sagte er: »Wenn Du 
mich verrätst, dann mache ich Dich genau so 
kaputt." Sie habe auch da noch nicht glauben 
können, daß er der Massenmörder sei. 
Im übrigen hat er am Abend der Aus- 
ivrache mit ihr geweint und sie hat ihm das 
^rspxbchen geben müssen, sich kein Leid an 
zutun. Ihr Mann war niedergeschlagen und 
^ņnte ihr nicht in die Augen sehen. Die 
Mordtaten gab er nach und nach zu und 
wollte am Sonntag (dem Tage nach der Ver 
haftung) Düsseldorf verlassen. Er war ein 
großer Naturfreund, im allgemeinen sehr ge 
fühlvoll, besonders mit armen Leuten. 
Nach der Mittagspause machte Staatsan- 
waltschastsrat Jansen zu der letzten neuen 
Şelbftbezichtigung Kürtens, wonach er als 
Achtjähriger Knabe zwei weitere Jungen ins 
Passer gestoßen habe, die Mitteilung, es habe 
şich ein Mann gemeldet, der damals im Al- 
ker von 4 Jahren von einem größeren Kna 
ben von der Kaimauer heruntergestoßen wor 
den sei, wie Kürten es geschildert habe. So- 
wit werde auch diese Angabe des Angeklagten 
bestätigt. * 
Darauf wird der Ueberfall auf Frau 
Landers am 25. Oktober 1929, der gegen 24 
"hr erfolgte, verhandelt. Die Ueberfallene 
will sich nur erinnern, daß sie bei einem 
Spaziergang plötzlich Schläge auf den Kopf 
erhalten habe. Alles, was vorher geschehen 
şei, sei ihrem Gedächtnis entschwunden. Aus 
h.en Aussagen von Kriminalbeamten ergibt 
uch, daß sie Kürten bei der Gegenüberstellung 
Bcht erkannt habe, während Kürten sie sofort 
Die deutschen Offiziere für 
die Reitturniere in Italien, 
die vom 2—19. Mai in Rom und vom 
14.—24. Mai in Florenz veranstaltet 
werden. lind (von links) Rittmeister 
von Barnekow. Oberleutnant Livvert. 
Oberleutnant Brandt. Oberleutnant 
Momm, Major Freiberr v. Waldenfels. 
der schon bei der erfolgreichen Amerika- 
Reise bestens bewährte Führer der 
Expedition Oberleutnant Schmalz, 
Oberleutnant Sahla. Oberleutn. Sasse. 
als sein Opfer auf dem Hofgarten bezeichnet 
habe 
Anschließend kommt der Mord an der5^- 
jährigen Gertrud Albermann am Abend des 
7. November zur Sprache. Zwei Kriminal 
beamte erklären dazu, daß der Körper des 
Kindes 36 Stichverletzungen aufgewiesen ha 
be, wobei sämtliche wichtigen Organe durchfto- 
chen waren. Mehrere Zeugen, die das Kind 
vor dem Morde beobachtet haben, erklärten, 
daß es in Begleitung eines Mannes gemein 
sei. Der Sachverständige, Professor Berg, weist 
darauf hin. daß die Angaben des Angeklagten 
über die Tatausführung mit dem Leichenbe 
fund übereinstimmen. Der Täter habe die 
Schere in den meisten Fällen bis an den Griff 
in den Körper hineingestochen. 
Darauf wurde die Verhandlung auf Mon 
tagvormittag vertagt. U. a. soll am Montag 
Marie Butlieck vernommen werden, die die 
Polizei auf Kürtens Spur geführt hat. 
€m armer MMionür. 
Streit um den Riesenhaupttreffer der Zrish Sweepstake. 
London, 19. April. Die Riesonlotterie anläß 
lich der Liverpooler Grand National, des Irish 
Sweepstake, ist schon lange vorbei, àr sie liefert 
noch im-mer reichlichen Lese- und Gesprächsstoff. 
Hörte man vor drei Wochen allerorten von dem Glück 
des Keinen italienischen Kaffee-Konditorei-Besitzers 
in der Londoner Dorstadt Battersea Emķo Scala, 
der mÄ seinem Kärtchen den zweiten Favorit GraKe 
zog und durch dessen Sieg -den Haupttreffer 
(354 533 Pfund Sterling) gewann, so unterhält man 
sich jetzt überall von seinem Mißgeschick, das ihn 
daran hindert, in den Besitz der Millionen zu ge 
langen, die ihm gehören. Scala ist vorläufig ein 
Millionär ohne Mllionen. Zwei seiner Landsleute 
behaupten nämlich, sie hätten mit ihm die Abmachung 
getroffen, daß sie einen Teil des Gewinnes zu be 
kommen hätten. Das bestreitet Scala auf das ent 
schiedenste. Er hat eine Anzahl Verwandter an 
seinem Lose beteiligt, so daß ihm allein „bloß" etwas 
mehr als 2.'4 Mllionen verbleiben, wahrend der 
Rest auf eine ganze Gruppe von Personen fällt, doch 
mit -den zwei erwähnten Italienern, so schwört er, 
hat er nichts vereinbart. Da aber die beiden ge 
richtliche Schritte eingeleitet haben und das Gericht 
in der Sa-che noch nicht klar sieht, ist von diesem die 
Auszahlung des Haupttreffers verboten worden, 
weshalb Scala um die Millionen, die ihm schon ge 
hören, viel mehr bangt als zu jener Zeit, als er mit 
«dem Kärtchen nur die An-wartşchaşt auf sie in der 
Tasche hatte. 
Jetzt wunde die Angelegenheit vor -dem High 
Court in Dublin verhandelt. Scala war persönlich 
erschienen, um sein Recht zu verteidigen. Die bei 
den Gegner legten dem Gericht eine schriftliche 
Uebereinkunst mit Scala vor, aus der ihr Anspruch 
hervorgehe. Scala machte ein verdutztes Gesicht, als 
er von diesem Schriftstück reden hörte und war noch 
erstaunter, als er es las. Aber allmählich hellten 
sich seine Züge auf und mit südlichem Temperament 
wies er den Richter auf eine bestimmte Stelle des 
Vertrages: „Da sind einige Worte nachttäglich ein 
gefügt worden, und zwar einige Zeit nach Abfassung 
der Abmachung. Sie rühren nicht von meiner Hand 
her und sind mir völlig unbekannt." Wütend spran 
gen die Kläger auf und beteuerten, daß die betref 
fenden Worte gleich bei dem Abschluß des Ueber- 
einkomureus in das Schriftstück ausgenommen wor 
den waren, wenn auch nach der ersten Niederschrift. 
Was besagt aber die Stelle? Sie bezieht sich auf das 
Ticket des Irish Sweepstake, mit dem Scala gewann 
und setzt fest, daß dieser von seinem eventuellen 
Treffer einen bestimmten Prozentsatz an die Kläger 
abzugeben habe. Nun erwiderte Scala mit der 
direkten Beschuldigung, daß eine Dokumentenfäl 
schung vorliege und beanttagte eine genaue Unter 
suchung der Angelegenheit. Der Richter erklärte 
nach einer eingehenden Besichtigung des Schrift 
stückes, jeder, der das Dokument anschaue, müsse auf 
denselben Gedanken kommen und beschloß, das zivil 
gerichtliche Verfahren für so lange zu unterbrechen, 
bis die Geschichte des Schriftstückes gänzlich ausge 
hellt sein wird. Bis dahin habe der Haupttreffer 
in den Händen des Sweepstake-Trustes zu bleiben. 
Scala wtvd alffo seine Sehnsucht nach der Hei- 
inat und seinen Bildungsdvang noch bezähmen 
müssen. Er hatte nämlich, als die Kunde von dem 
Glücksfall eintraf, der ihm zuteil geworden war, ge 
äußert, er wolle nach Italien zurückkehren und noch- 
einmal in die Schule gehen, um zu lernen, denn es 
fei stets sein Verlangen gewesen, sich »weiter zu 
entwickeln". Während man aber an ihn das viele 
Geld, das er gewann, nicht auszahlen kann oder, 
richtiger gesagt, nicht auszahlen darf, weil Streit 
darüber herrscht, wem das Geld gebühre- ist die Ver 
waltung des Irifl) Sweepstake nicht in -der Lage, 
den zweiten Haupttreffer tu Höhe von 177,277 
Pfund Sterling dem Gewinner zukommen zu lassen, 
weil sie ihn nicht kennt. Der Mann, der das Pferd 
Gregalach zog, das als Zweites das Ziel erreichte, 
soll ein Amerikaner namens Clapton C. Wood in 
Buffalo sein. Er hat sich bisher nicht gemeldet und 
man weiß nicht, was er mit seinem Lose gemacht 
hat. Nur der Barbesitzer George Dpamond in Clare 
mont (Südafrika) ist schon im Msitz des dritten 
Haupttreffers in Höhe von 118,181 Pfund Sterling. 
Er hat vermutlich bereits die Weltreise angetreten, 
die er zu unternehmen beabsichtigte, als er hörte, 
daß er den Treffer gemacht hatte. 
Demonstrationen gegen eine» holländischen Tenor. 
T-U. Dresden. 18. April. Am Freitag gab 
der Kammersänger Willi Thums im Residenz- 
theater ein kurzes Gastspiel als Prinz Sou-Pong 
in Lehars „Land des Lächelns". Schon bei der 
Ankunft von Thunis empfing ihn auf der Straße 
das Publikum mit Pfeifen, heftigen Zurufen und 
Pfuirufen. Auch im Theater kam es anfangs zu 
Kundgebungen, und anhaltendes Pfeifen störte die 
Vorstellung. Die Polizei ging jedoch energisch vor 
und holte die Lärmenden heraus. Der Sänger 
Thunis war bekanntlich vor kurzem aus Sachsen 
wegen angeblich deutsch-feindlicher Aeußerungen 
ausgewiesen worden. Nachdem sich in einem Ge 
richtsverfahren herausgestellt hatte, daß die beiden 
Zeugen der angeblichen Aeußerungen des Thunis 
überhaupt nicht verstanden hatten, was Thunis 
bei dem Vorfall auf holländisch zu seiner Frau ge 
sagt hatte, hat die Dresdener Polizei die Erlaub 
nis zur vorübergehenden Rückkehr Thunis erteilt, 
bis eins neue Entscheidung über das Ausweisungs- 
Verfahren gefallen ist. Thunis hat übrigens be 
tont, daß er immer deutşşreundlich gewesen fei. 
* 
Gnadengesuch für Tetzner. 
TU. München, 18. April. Der Verteidiger des 
zum Tode verurteilten Kaufmannes Tetzner hat 
nunmehr, nachdem er infolge des nach der Ver 
handlung von Tetzner abgelegten Geständnisses feine 
beim Reichsgericht eingelegte Revision zurückgezogen 
hat, beim bayerischen Etaatsministevium ein Gna 
dengesuch eingereicht. 
Ein Prenzlauer Mörder und Ausbrecher 
festgenommen. 
T-U. Prenzla«, 18. April. Am Sonnabend 
wurde einer der beiden Mörder des Strafanftalts- 
oberwachtm-ersters Neubauer, der Schlachter Hein 
rich Pilgram, in der Nähe von Lpchen, ohne Wi 
derstand zu leisten, festgenommen. 
Die Sommerzeit in England. 
T-U. London, 18. April. Am Sonntagmorgen 
um 2 Uhr wird in England die Sommerzeit ein 
geführt. Alle Uhren werden um eine Stunde vor 
gestellt, so daß dadurch die deutsche und englisch- 
Zeit gleich ist. 
Vä 
Einen Selbstmordversuch aus Furcht vor Strafe 
verübte während einer Verhandlung vor dem Köl 
ner Schöffengericht ein junger Mann, -der sich wegen 
Straßenraubes zu verantworten hotte. 
Die Iuwelenräuber, die am lichten Tage einen 
Juwelenladen in der Hauptgeschäftsstraße Kopen 
hagens ausraubten, sind in Vordingborg festgenom 
men worden. Die meisten gestohlenen Juwelen fand 
man noch bei ihnen vor. 
Der 42jährige Ingenieur Echkop tötete die 
17jährige Jgalfen und verübte dann Selbstmord, 
Der Beweggrund zur Tat ist unbekannt. 
Auf eine Frankfurter Villa wurde am Sonn 
abend ein Raubüberfall verübt. Die drei Banditen 
fesselten die Hausinsafsen. Sie hatten es auf Gold 
abgesehen, fanden aber nur wenige Schmuckstücke, 
mit denen sie in einem in der Nähe bereitgestellten 
Auto flohen. 
Aus verschiedenen Gegenden Englands werden 
erhebliche Hagel- und Schneefälle gemeldet. 
Ein deutsches Flugzeug geriet über dem Jura 
in einen heftigen Schneesturm und mußte am Ab 
hang des französischen Iura notlanden. Dabei 
wurde die Maschine infolge des ungünstigen Ge 
ländes beschädigt, ebenfalls erlitten von den sechs 
Insassen zwei leichte Verletzungen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.