IW, wie ich ehtmaï annehme« möchte. Me stäbtt-
schen Kollegien die Erhebung einer fünffachen
Bürgersteuer beschließen sollten unter gleichzeiti
ger Senkung der Realsteuerzuschläge unter den
in dem Steuersenkungsgesetz vorgesehenen
Satz, so würde damit die Erlangung eines Staats
zuschufles für das kommende Etatsiahr einfach
unmöglich gemacht. Nach den vom Preußischen
Minister des Innern verkündeten Richtlinien
kommt, wie ich immer wieder betonen möchte, ein
Staatszuschuß für alle diefenigeu Städte unter
keinen Umständen in Frage, die ihre Realsteuer
zuschläge unter den Satz des Realsteuersenkungs
gesetzes gesenkt haben. Stellt sich also bei Erhe
bung der fünffachen Bürgersteuer und bei den un
ter dem Satz des Realsteuersenkungsgesetzes ge
haltenen Realsteuerzuschlägen ein ungedecktes De
fizit heraus, so verlange» die Regierung und das
Preußische Ministerium des Innern zunächst unter
allen Umständen Erhöhung der Realsteuerzuschläge
auf den Satz des Realsteuersenkungsgesetzes: ge
gebenenfalls wird die Aufsichtsbehörde von sich aus
diese Erhöhung vornehmen Nach dieser Erhöhung
wirb sich aber bestimmt die Tatsache ergeben, daß
damit das Defizit ausgeglichen ist, und daß dann
die Gewährung eines Staatszuschusses nicht mehr
in Frage kommt. D. h. also, anstatt sich die
Möglichkeit zu schassen, durch Erfüllung aller Be
dingungen der Notverordnung einen Staatszuschuß
in Anspruch zu nehmen, würde man aus der
Bürgerschaft, die ohnehin schon durch hohe Real
steuerzuschläge in unerträglichem Maße geschwächt
ist, eine Bürgersteuer in einer Höhe herauspreffen,
die. so wie die Bürgersteuer heute aussieht, vom
sozialen Standpunkt völlig unhaltbar ist. Wir
Î stauben, daß ein großer Teil der Herren, die einen
olchrn Vorschlag verfechten, bezw. ein großer Teil
der hinter diesen Herren stehenden Wählern stch
Lberhanpt nicht darüber klar ist, was eine fünf
fache Bürgersteuer bedeutet. Sie bedeutet für alle
diejenigen, die verheiratet sind und ein Einkommen
bis zu 4500,— OUt jährlich haben, einen Steuer
satz von 45.— OUt, bei einem Einkommen zwi
schen 4500 bis 6000 ^Rjt, ein Steuersatz von
«7ch0 aut und bei einem Einkommen zwischen
6000 und 8000 OUt einen Steuersatz von
90 Jt.jtt. Diese Steuerbeträge sollen nach der Not
verordnung an zwei Steuerterminen, im Januar
und März, aufgebracht werden. Der Magistrat
und die Verwaltung stehen auf dem Standpunkt,
daß derartige Beträge bei einem großen Teil der
Bevölkerung in der Praxis überhaupt nicht bei-
treibbar sind. Wenn der Preußische Minister des
Innern nach seinen Ausführungen die Gewährung
eines Staatszuschufles davon abhängig macht, daß
unter allen Umständen in der betreffenden Ge
meinde die Erhebung einer doppelten Bürgersteuer
zur Deckung eines bestehenden Defizits ^beschlos
sen sein muß, so halten wir es geradezu für ab
surd, freiwillig über diesen Satz hinaus trotz der
hohen Realsteuerzuschlüge, die wir ohnehin haben,
eine fünffache Bürgersteuer zu erheben, und uns
damit die Gewährung eines Staatszuschufles un
möglich zu machen. Die Fraktion der Wirtschafts
partei verguickt in ihrem „Offenen Brief" die
augenblicklich den Städten gegebene Bürgersteuer
in ihrer jetzigen Fassung mit den Einkommen-
steuerzuschlägen. die einstmals die deutschen Städte
hatten, die sie wieder erstreben, die ihnen aber
leider bisher zur Ausschöpfung noch nicht über
lasten worden sind.
Der Magistrat steht auf dem Standpunkt, daß
kr zunächst gezwungen ist, die Bestimmungen der
Notverordnung restlos durchzuführen, um sich nicht
die Möglichkeit eines Staatszuschufles von vorn
herein zu verscherzen. Andererseits steht er auf
dem Standpunkt, daß mit allen Mitteln versucht
werden muß, nicht nur für das jetzt im Etat be
findliche Defizit in Höhe von 140 000 M.M, einen
Staatszuschuß zu bekommen, aus den nach den
Ausführungen des Herrn Preußischen Ministers
des Innern nur dann gerechnet werden kann, wenn
eine Stadt nach Ausschöpfung aller Kassenkredit-
möglichkeiten unmittelbar vor dem Kaffenzusam-
menbruch steht, sondern daß gleich nach Verab
schiedung des Hanshaltsplanes in einer ausführ
lichen dringenden, nach allen Richtungen hin be
gründeten Eingabe dem Herrn Minister des In
nern unterbreitet werden muß, daß die Erhebung
der nach dem Steuersenkungsgesetz herabgesetzten
Realsteuerzuschläge von 800 Proz. Gewerbeertrag
steuer» 1600 Proz. Gewerbekapitalsteuer und 550
Proz. Grundvermögenssteuer bei gleichzeitiger
Erhebung der doppelte» Bürgersteuer, der doppel
ten Biersteuer und der Getränkestcuer und bei den
enorm hohen Tarifen der städtischen Werke für
das bevorstehende Haushaltsjahr einfach ein Ding
der Unmöglichkeit ist, daß die Wirtschaft einfach
nicht mehr in der Lage ist, diese Steuersätze aus
zubringen, daß damit gerechnet werden muß, daß
die wenigen noch vorhandenen zahlungsfähigen
Großbetriebe infolge der Steuerlast entweder znm
Erliege« kommen oder Rendsburg verlassen wer
den» da sie nicht mehr in der Lage sind, die Steu
ern zu tragen. Wir glauben, bei einer solchen
Eingabe, die zum Ziele haben muß, schon jetzt
unabhängig von dem im Etat vorhandenen Defi
zit die Zahlung eines Staatszuschusses zur Her
absetzung der Realstenerznschläge zu erreichen, auch
auf Unterstützung und Verständnis der Regierung
in Schleswig zu stoßen, die ja auch im vergan
genen Jahre durch ihr Eintreten für die Stadt
Rendsburg bewiesen hat, daß sie gewillt ist. den
besonderen Verhältnissen unserer Stadt, die nach
wie vor in der Provinz einzig dastehen, Rechnung
zu tragen. Insofern stimmen wir der Ansicht der
Wirtschaftspartei zu, daß eine Senkung der Steu
ern das dringendste Gebot der Stunde ist. jedoch
mit dem Unterschied, daß wir einen weit anderen
verantwortungsbewußten Weg einschlagen zu müs
sen glauben.
Nach dieser Uebersicht über die Gestaltung der
Ncalsteuerzuschläge bin ich leider gezwungen, noch
mals mit kurzen Worten auf den „Offenen Brief"
der Wirtschaftspartei zurückzukommen. Ist es nicht
geradezu beschämend, wenn mit dem ausdrücklichen
Hinweis aus ihre strengste Vertraulichkeit gege
bene Mitteilungen an Magistratsmitglieder und
Fraktionsführer wenige Tage später der Oessent-
lichkeit in einem sogenannten „Offenen Brief"
seitens einer Fraktion preisgegeben werden? Wir
treiben keine Geheimpolitik in unseren Magistrats
sitzungen. Das geht schon daraus hervor, daß die
fragliche Mitteilung ja nicht auf die Mitglieder
des Magistrats beschränkt blieb, sondern absich-
lich auch den Fraktivnsiühiern mit der Bitte um
streng vertrauliche Behandlung mitgeteilt wurde.
Man kommt fast zu der bereits von anderen Mit
gliedern des Magistrats vertretenen Ansicht, daß
der Verfasser dieses „Offenen Briefes" überhaunt
nicht Mitglied der Stadtverordnetensraktion ist.
überhaupt nicht an einer einzigen Sitzung über
die Gestaltung des Gemeindehaushaltsplanes teil
genommen hat, sick aber ein Urteil über unsere
städtischen Haushaltsangelegenheiten erlauben zu
können glaubt, weil er vielleicht als Abgeordneter
in Kreis- oder Provinzialangelegenheiten tätig ist.
Jedenfalls trägt es nickt zur sachlichen Zusam
menarbeit zwischen Magistrat nnd Stadtvcrordne-
teumitgliedern bei. wenn vertrauliche Mitteilungen
anscheinend mit Wissen und Willen eines kleinen
Kreises der Stadtverorönetenverkammluna durch
völlig außerhalb der städtischen Kollegien stehend«
Herren in Offenen Briefen der Oeffentlichkeit
-übergeben werden. In dasselbe Gebiet gehört es,
ivenn eine politische Partei eine Mitgliederver
sammlung zur Besprechung des städtischen Haus
haltsplanes einberuft, obwohl dieser Haushalts
plan bisher überhaupt noch nicht durch öffentliche
Auslegung der Oesfentlichkeit zugänglich gemacht
worden ist, vielmehr innerhalb der Kommissionen
und des Magistrats, deren Sitzungen ja nicht
öffentlich, sondern vertraulich sind, noch Verhand
lungen über die endgültige Gestaltung des Etats
entwurfes schweben.
Ich habe versucht, im ersten Teil meiner Dar
legungen klarzustellen, wie sich voraussichtlich bei
den hauptsächlichsten Gemeindesteuern die Einnah
men gestalten werden. Vergleicht man für diese
Steuerarten die Etatsansätze im Haushaltsplan
des vergangenen Jahres mit denen des neuen
Etatsjahres, so ergibt sich daraus, in welch fühl
barem Maße durch die Bestimmungen der Not
verordnung und im Zusammenhang damit durch
die allgemeine Krisis die Einnahmequellen für die
Stadt zurückgegangen sind.
1930/81
aut
666 750,—
231 625,—
176 000,—
12 000,—
Grundvermögenssteuer
Gewerbeertragsteuer
Gewerbekapitalsteuer
Biersteuer
Getränkesteuer
Bürgersteuer
Staatszuschuß für die Re
alsteuersenkung aus Haus
zinssteuermitteln gemäß
Notverordnung
1831/82
aut
492 000,—
180 000,—
102 000,-
40 000,-
15 000,—
68 000,—
93,000,—
1086 375,— 090 000,—
D. h. es entsteht hier eine Mindereinnahme
von rb. 100 000,— OUI, um die die Ausgaben hätten
herabgesetzt werden müssen, um ein Defizit zu
vermeiden.
Aehulich liegt es nunmehr auch bei den Reichs-
Steuerüberwe süngeu, d. h. dem zweiten großen
Einnahmeposten für die deutschen Städte. Obwohl
die sehr komplizierten Unterlagen für die Errech
nungen dieser Ueberweisungen bei Ausstellung des
Haushaltsplanes noch nicht vorlagen, hat sich er
geben, daß nach den nunmehr eingegangenen Mit
teilungen des Finanzamts die in den Haushalts
plan eingesetzten Beträge bis aus ganz geringe
Abweichungen richtig errechnet bezw. geschätzt wa
ren. Aber auch hier ergibt sich im Gegensatz zum
Haushaltsplan 1930/31 ein nicht unwesentlicher Ein
nahmeausfall zu Ungunsten der Stadt.
1930/81
OLfl
231 000,—
25 000,—
72 000,—
328 000,—
Einkommensteuer
Körperschaftssteucr
Umsatzsteuer
1931/32
aut
202 000,—
16 000,—
70 000,—
288 000,—
d. h. also, es entsteht auch hier ein Einnahmeaus-
iall von 40 000,— Ot„tl oder mit anderen Worten,
die Stadt erhält vom Reiche bezw. Preußen 40 000
OUt weniger an Einkommen-, Körperschafts- und
Umsatzsteuer. Zu diesen Ausfällen an Gemeinde
steuern in Höhe von 100 000 OUt und an Steuer
überweisungen in Höhe von 40 000 OUt, insgesamt
also 140 000 OUt, kommt ein weiterer Steueraus
fall für Bergnügungs- und Hundesteuer mit 7009
OtJl, fi» daß ein Gesamtsteneransfall von 147 900
OUi gegenüber dem Ansatz des Vorjahres im
Etat vorhanden ist. Berücksichtigt man weiterhin,
um schon einen Ueberblick auf die übrigen Posi
tionen des Etats zu geben, daß die eigenen Auf
wendungen der Stadt für die Wohlsahrtspslege
nach dem Etatsanschlag um 110 000 OUL höher ein
gesetzt wurden, und daß von den Städtischen Wer
ken, der Mittelschule nnd dem Krankenhaus infolge
Herabsetzung der Schuldendienstverpflichtungen mit
einem Mindereingang von insgesamt 40 000 Jl-M
für den Schuldendienst, und weiterhin bei den
Werken eine Senkung der reinen Abliesernng an
die Stadtkafle gegenüber dem Vorjahre laut Etat
ansatz in Höhe von 35 000 OUI eintritt, so ergibt
sich dadurch bereits eine Mindereinnahme bezw.
eine Mehrausgabe von 332 000 OUt gegenüber dem
Vorjahre. Dieses Loch konnte weder durch die
Herabsetzung des Schuldendienstes, die für die
Stadt eine Mrnderausgabe von 100 000 -OUt be
deutet, noch durch die infolge der Auswirkung der
Notverordnung eintretende Senkung der Kreis
umlage in Höhe von 30 000 OUt, also insgesamt
130 000 OtM gestopft werden — es blieb immerhin
gegenüber dem Vorfahre ein ungedeckter Fehlbe
trag von 202 000 OtJl. Durch weitere Abdroffe-
lung der Ansgadcn einerseits und durch Erhöhun
gen von Einnahmen andererseits, insbesondere
durch Ausmerzung des noch im vergangenen Jahre
für das Krankenhaus vorgesehenen Zuschusses in
Höhe von rund 15 000 OUI ist es möglich gewesen,
dieses Defizit auf rund 140 000 OUt herabzudrücken.
Ich habe damit bereits die Ausgabeseite be
rührt. Wenn man weiß, daß die Wirtschaftspartei
in allen Kommissionen von nur irgendwie wesent
licher Bedeutung durch ein bis zwei Magistrats
oder Stadtverordnetenmitglieder vertreten ist, und
wenn man mit erlebt hat, welche Anträge zu dem
Haushaltsplanentwurf in den abgehaltenen 81
Kommissions- und Magistratssitzungen von den
Vertretern der Wirtschastspartei gestellt worden
sind» insbesondere, soweit es sich um Abdrosselung
der Ansgabeseite handelte, so muß es geradezu als
grotesk wirken, wenn die Stadtverordnetcn-Frak-
tion dieser Partei jetzt in ihrem „offenen Brief"
die Behauptung aufstellt, daß noch erhebliche Ab
striche auf der Ausgabenseite möglich wären» daß
die nicht unbedingt nötigen Ausgaben,, die noch
im Etat vorhanden seien, selbst auf die Gefahr
hin, sich dadurch unpopulär zu machen, gestrichen
werden müßten. In den sechs Sitzungen der Fi
nanzkommission, in der die WirtschaitSpartei durch
zwei Herren vertreten ist, sind, wenn ich mich rich
tig erinnere, gerade zwei Anträge bezüglich Her
absetzung von Ausgabepositionen seitens dieser
Herren gestellt worden nnd zwar hat es sich einmal
um die Einschränkung der personellen Ausgaben
im Bauetat und weiterbin um Streichung einer
Position von 2000,— RM. im Pvlizeihilfsdienst
siir die Wnch- und Schließgeiellichaft gehandelt. In
beide» Fällen konnte die Mehrheit der Kommis
sion dem Antrage nicht stattgeben. Weitere An
träge auf Herabsetzung von Ausgabepositionen
nur irgendwie wesentlicher Art sind in den 31
Sitzungen von den Vertretern der Partei nicht
gestellt worden, während dieselbe Partei jetzt sich
bemüht» bei der Oeffentlichkeit den Eindruck zu
erwecken, als ob es in diesem Jahre an der alt
preußischen Sparsamkeit bei Aufstellung des Etats
gefehlt habe In dem Notiahr, in dem wir uns
befinden, hat sich kein Mitglied des Magistrats
oder der Finanzkommission dadurch von nur ir
gendwie möglichen Streichungen in den Ausgabe-
titeln abschrecken lassen, daß es Gefahr liefe, sich
unpopulär zu machen: es hat allerdings den An
schein. als ob die Wirtschastspartei durch Aufstel
lung solcher Behauptungen, wie st« in dem „sfse-
nen Briefe" gemacht wurden, versuchen will, sich
selbst in der Oeffentlichkeit populär zu machen.
Wir wissen sehr wohl, meine sehr geehrten
Damen und Herren, daß nach den Richtlinien des
Preußischen Ministeriums des Innern mit einem
Staatszuschuß für die Stadt selbst bei Erfüllung
der Vorbedingungen der Notverordnung nur
dann gerechnet werden kann, wenn vorher alle
Ausgabepositionen auf das Mindestmaß des Er
träglichen zusammengestrichen sind. Und wir ha
ben die Ueberzeugung, daß wir bei unseren Arbei
ten die Grenze des Möglichen hierin erreicht haben.
Wir glauben auch, daß wir die Forderungen
des Pr. Min. des Innern über Einsparungen
ans dem Gebiete der Schulen voll erfüllt haben,
indem wir den Zuschuß für das gesamte Schul
wesen trotz der bereits rigorosen Streichungen des
vergangenen Jahres nochmals von rund 546 000,—
32Jü auf 530 000,— OUt herabgesetzt haben. Wir
konnten allerdings nicht vermeiden, in diesem
Jahre gewisse Aufwendungen für die Instandhal
tung und Instandsetzung, insbesondere der Hilfs
schule, der Lornsenschule und des Lyzeums einzu
setzen, da die Zustände in der Zwischenzeit dort
so geworden sind, daß sie eine unmittelbare Ge
fahr sür die Gesundheit der Kinder bedeuten.
Die beiden größten Positionen in unserem
Haushaltsplan sind nach wie vor unsere Aufwen
dungen für den Schuldendienst und unsere Für
sorgeausgaben. Wenn auch die Auswendungen sür
den Schuldendienst durch die erreichte Herabset
zung der Tilgungsraten und durch eine geringe
Ermäßigung des Zinsfußes um 100 000.— OtJl
gesenkt werden konnten, so bleibt trotzdem die Po
sition „Schuldendienst" mit einem Ausgabebetrag
von 720 000,— .OUt bei einem Gesamtausgabebe
trag des Etats von 3 921000,— OUt ein so we
sentlicher Faktor, daß er mit oder ohne Notver
ordnung auf weitere lange Jahrzehnte hinaus für
alle Steucrzuschläge jeglicher Art für die Stadt
Rendsburg bestimmend sein wird. Man soll doch
nicht vergessen, daß im diesjährigen Haushalts
plan das gesamte Aufkommen des Grundvermö
genssteuerzuschlages in Höhe von 550%, bas ge
samte Aufkommen an Gewerbeertragsteuer mit
800% Zuschlag und die Hälfte des Aufkommens an
Gewerbekapitalsteuer bei 1600 % Zuschlag restlos
znr Verzinsung nnd Tilgung unserer Schulden
aufgewandt werden muß. Man möge sich dabei
einmal ausrechnen, welche Realsteuerzuschläge wir
haben würben, wenn wir die Hälfte des Schulden
dienstes bezw. die Hälfte unserer augenblicklichen
Schulden aufweisen könnten. Es mag erfreulich
sein, daß wir in dem zu Ende gehenden Etats-
sahre dank des Zuschusses des Preußischen Mini
steriums vor einem weiteren Defizit, das unsere
Schulden abermals erhöhen würde, bewahrt blei
ben. Aber man möge sich davor hüten» die drük-
kende Last und enorme Höhe der Schulden und des
Schuldendienstes einfach mit der Behauptung bei
seite zu schieben, daß wir bei unserm Antritt diese
Schulden anstatt in kurzkristiger in langfristiger
Anleiheform überlassen erhalten hätten, oder gar,
daß diese Schulden und dieser Schuldendienst ja
überhaupt die Finanzen der Stadt nicht drücken
könne. Wer solche Behauptungen aufstellt, beweist
damit, daß er aus irgendwelchen Gründen die
wahren Verhältnisse nicht sehen will.
Der weitere große Posten auf der Ausgabe
seite unseres Etats ist nach wie vor die Answen-
dnng sür die Wohlsahrtspslege. Während man
nach dem Haushaltsplan 1913 rund 51000,— atJl,
1914 rund 55 000,— OUt für die damalige Armen
verwaltung aufwandte, mutzten wir in vielem
Jahre im Wohlfahrtsetat eine Gesamtausgabe von
etwas mehr als einer Million Mark in Ansatz
bringen. Dieses, meine Damen und Herren, sind
Zahlen, in denen sich die ganze Not der Stadt
Rendsburg darstellt, in sozialer, wirtschaftlicher
und finanzieller Beziehung. Gegenüber dem
Etatsansatz 1930 mußten rund 297 000,— -OUt mehr
als voraussichtliche Ausgabe auf dem Gebiete des
Fürsorgewesens eingestellt werden. Nach dem Vor
anschlag wird die Stadt — unter Berücksichtigung
aller Erstattungen vom eigenen wie von anderen
Fürsorgeverbänden und unter Berücksichtigung
aller besonderen Zuschüsse — von diesen Ausgaben
in Höhe von einer Million Mark selbst ans eige
nen M tteln rund 465 000,— RM. aufbringen müs
sen, d. h. also, rund eine halbe Million. Mit an
deren Worten bedeutet das, daß die gesamte Ab
lieferung der Städtischen Werke, die in der obigen
Uebersicht verbliebene zweite Hälfte des Auskom
mens an Gewerbekapitalsteuer bei 1600 %, die ge
samte doppelte Bürgersteuer, die gesamte doppelte
Biersteuer und die Hälfte der Vergnügungssteuer
aufgewandt werden müssen, um den für die Stadt
verblcibcndeu Anteil au Wohlfahrtslasten zu dek-
ken. Oder anders ausgedrückt, einer Einnahme-
seite mit Einkommen-, Körperschafts- und Umsatz
steuerüberweisungen, sowie Grundvermögens-, Gc-
wcrbeertrags- und Geiverbekavitalsteuerauskom-
men in Höhe von rund einer Million Mark steht
eine Ausgabeseite für Fürsorgemittel in Höhe von
rund einer Million Mark gegenüber.
Der augenblickliche Stand der durch öffentliche
Mittel unterstützten Personen unserer Stadt zeigt
gegenüber der Ende Februar von mir der Oef-
sentlichkeit gegenüber gegebenen Uebersicht heute
folgendes Bild:
P
~ s
§ L
Q
cob
Ö
st B
«5g
e
I. Arbeitsamt
81. 3. 31
as Arbeitslosenversich.
b) Krisenunterstühung
466 466 838 1304
222 222 330 552
888 688 1168 1856
II. Fürsorgeamt
as Wohlfahrtserwerbslose 425 241 666 894 I860
66 84 140 124 264
16 82 98 16 114
116 173 289 204 493
30 3 33 90 128
119 119 119
73 24 97
191 19t 191
218 652 943 458 1401
bl Arbeitsunfähige
Kleinrentner
Sozialrentner
Kriegsbeschädigte
Kriegerwitwen
Kriegereltern
Kriegerwaisen
Summe zu 2b)
Summe Fürsorgeamt 643 893 1609 1452 3061
Gesamtsumme Arbeitsamt
nnd Fiirsorgeawt 2297 2620 4917
III. Arbeitslose in:
1. Arbeitslosen
versicherung 466 34,4 1804 87,1
2. Krisensürs. 222 16,4j 6g 0% ^52 15/7} 62/9%
3. Wohlf.-Fürs. 666 49
1354 100%
1660 47,2 i
8516 100%
Vergleicht man vorstehende Aufstellung mit
den Zahlen für Ende Februar, so ergibt sich, daß
damals 43%. heute dagegen 47,2% der Erwerbs
losen von der städtischen Fürsorge betreut wurde«,
während der Prozentsatz der Erwerbslosen, die
aus der Arbeitslosenversicherung Unterstützung er
hielten, von 42 aus 87.1% zurückgegangen ist. Eine
derartige Entwicklung liegt in dem Ausbau der
ganzen gesetzlichen Bestimmungen begründet, wo
nach die Erwerbslosen nur eine ganz bestimmte
Wochenanzahl in den Genuß der Unterstützungssätze
der Erwerbslosenversicherung kommen können,
dann in die Krisenfürsorge übergehen und, nach
dem auch hier die Anwartschaft abgelaufen ist, in
die Fürsorge der Gemeinden übertreten. Bei an
dauernder Erwerbslosigkeit werden daher bei der
heutigen gesetzlichen Regelung die Ewerbslosen im
mer mehr unter Entlastung der Arbeitslosenver
sicherung in die Fürsorgeämter der Städte abge
stoßen. Bedenkt man. daß die Gemeinden auch
finanziell an den Kosten der Krisenfürsorge be
teiligt sind, so ergibt sich, daß Ende März bereits
fast 63% aller Erwerbslosen ganz oder teilweise
städtische Unterstützung angewiesen sind gegen
über 58so Ende Februar. Die Städte haben' ge
rade in den letzten Monaten immer wieder dar
auf hingewiesen, daß eine derartige reichsaeietz-
Ilche Regelung unhaltbar ist. In keinem anderen
Falle find dabei die Beweise so schlagend wie be-
uns ln Rendsburg.
In der Fürsorgekommission, Ser Finanzkom-
mrsston und wir im Magistrat waren uns darüber
klar, ^ daß ^ wir. soweit die allgemeine Fürsorge
und insbesondere die Wohlfahrtsermerbslosen in
Frage kommen, vorstehende Zahlen für die Be
rechnung der voraussichtlichen Fürsorgeausgaben
des nächsten Jahres zugrunde legen mußten. Wir
haben dabei den zum mindesten für die Sommer
monate zu erwartenden Rückgang an Erwerbs
losen nicht unberücksichtigt gelassen und glauben
daher, daß die von uns eingesetzten Zahlen für die
einzelnen Positionen ungefähr die Beträge dar
stellen werden, mit denen wir im kommenden
Jahre bei Beibehaltung der jetzigen gesetzlichen
Regelung in Anspruch genommen werden. Der
Magistrat steht auf dem Standpunkt, daß der
Fürsorgeausschuß, in dem Vertreter aller Par
teien — also auch der Wirtschastspartei — vertre
ten sind, im vergangenen Jahre, in dem in weiten
Schichten unserer Bevölkerung die Not ihr größ
tes Ausmaß der Nachkriegsjahre erreicht hat, mit
den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln so ge
arbeitet hat, daß von einer Betreuung über die
gesetzliche Verpflichtung hinaus in keinem Fall di«
Rede sein kann. Es ist völlig unverständlich, wie
wiederum von der Wirtschaftspartei, die doch durch
ihre Vertreter auch im Fürsorgeausschutz sitzt, solche
Behauptungen ausgestellt werden können. Durch
die lange Dauer der Erwerbslosigkeit ist in wetten
Kreisen der Bevölkerung die Not, insbesondere
an Kleidungsstücken usw. so grob geworden, daß
hier nach individueller Prüfung eines jeden ein
zelnen Falles eine Hilfeleistung, die ja auch auf
diesem Gebiete innerhalb der gesetzlichen Verpflich
tung liegt, angebracht erschien. Da im übrigen
alle unsere Leistungen auf dem Gebiete der Für
sorge unter der Kontrolle des Kreises als Be
zirksfürsorgeverband stehen, der jederzeit die
Möglichkeit hat, unsere Ausgaben bei den monat
lichen oder vierteljährlichen Abrechnungen zu kon
trollieren, so müßte schon dadurch allen denen, die
ohne Kenntnis der wahren Verhältnisse immer
wieder die gleichen Vorwürfe über Verschwendung
der Städte auf dem Gebiete des Fürsorgewesens
erheben, die Gewißheit gegeben sein, daß heute
eine Unterstützung über die gesetzliche Vrpslichtung
st'nauL so gut wie ausgeschlossen ist. Wenn Ein
zelfalle bekannt werden, in denen Erwerbslose
zum Schaden ihrer ebenfalls erwerbslosen Mit
menschen sich Unterstützunqsveträge aus ?>ett sür
solche Zwecke vorgesehenen knappen Fürsorge-
Mitteln beschafft haben, obwohl sie durch Neben
verdienst oder dergleichen überhaupt nicht mehr
als unterstützungsbedürftig anzusehen sind, so
sollte man sich hüten, derartige Fälle zu verallge
meinern und als Maßstab für die Bcwilligungs-
iŗEuoîllkeit einer Fürsorgcinstanz anzulegen. Ich
suhle mich veranlaßt, auch von dieser Stelle aus
nochmals den Mitgliedern des Vaterländischen
irrauenvereins und der Arbeiterwohlfahrt für die
tatkräftige ehrenamtliche Mitarbeit in unserer
Volksküche, die in diesen Tagen geschlossen wird,
unseren herzlichsten Dank zu sagen. Der gleiche
Dank gilt all den Spendern aus der Stadt, wie
im besonderen Maße vom Lande, die in hochher
ziger Weise unsere Arbeit wesentlich erleichtert
haben. Wir können sicherlich mit Berechtigung
sagen, daß die Einrichtung der Volksküche im ver
gangenen Winter ein voller Erfolg gewesen ist
nnd weiten Kreisen unserer bedürftigsten Mitmen
schen wochenlang kräftige und nahrhafte Sveisung
gegeben hat. In ivelch unerträglichem Maße sich
die hohen Fürsorgelasten bei allen öffentliche»
Verwaltungen auswirken, beweist weiterhin die
Tatsache, daß wir für das, Gebiet der allgemeinen
Fürsorge nach dem vorliegenden Haushaltsplan
von dem Kreis Rendsburg als Bezirksfürsorge
verband einen Betrag von 421000,— RM. gegen
über rund 214 000,— RM. nach dem Haushalts
plan 1930/31 ansordern, wogegen es dem Kreis,
ebenso ivic die Städte mit den Realsteuerzuschlä
gen erstarrt sind, durch die Bestimmungen der
Notverordnung untersagt ist, eine höhere Kreis-
nmlage als im vergangenen Jahr zur Deckung der
erhöhten Ansprüche der einzelnen Städte und Ge
meinden auf dem Gebiete des Fürsorgewesens zu
erheben. Da die Kreisumlage in Prozentsätzen von
den Reichssteuerüberweisungen und von den
Grundbeträgen für die Realsteuerzuschläge erho
ben werden, andererseits aber sowohl die Neichs-
steuerüberweisungen als auch die Grundbeträge
zu den Realsteuern zurückgegangen sind, erhält der
Kreis, der im letzten Jahr nach dem Haushalts
plan von uns Kreissteuern in Höhe von 292 000,—
RM. erhalten sollte, in dem neuen Haushaltsjahr
nur 263 000,— RM. Auch hier erhebt sich natür
lich genau wie bei den Städten sofort die Frage»
ob es möglich sein wird, durch radikale Einsparun
gen in anderen Ausgabetrteln die erhöhten Für
sorgelasten bei den zu erwartenden niedrigen
Stêuerbeträgeu zu> decken.
Die reichsgesetzliche Regelung aus dem Gebiete
des Fürsorgewesens, deren Beseitigung immer
wieder von den Stabten gefordert worden war, hat
nunmehr dazu geführt, daß der größte Teil der
deutschen Städte unmittelbar vor dem Kaflenzu-
sammenbruch steht, und daß die Länder gezwungen
sind, nach bestem Können mit Staatszuschüssen die
Finanzen der Städte soweit als möglich noch für
kurze Zeit über Wasser zu halten. Es scheint so.
als ob man sich auch in den Länderregierunge«
nunmehr darüber klar ist. daß die Beibehaltung
der jetzigen gesetzlichen Regelung des Fürsorge
wesens einfach unhaltbar ist. was die Städte ja
bereits seit Jahren immer wieder behauptet ha
ben, ohne daß man ihnen das notwendige Ver
ständnis entgegenbrachte.
Wenn das zuständige Preußische Ministerium
bereits im vergangenen Jahre, wo wir nach dem
Haushaltsplan unter Berücksichtigung der Für-
sorgeumlaae des Kreises rund 355000,— RM. aus
eigenen Mitteln zur Deckung der Fürsorgelasten
aufbringen mutzten, aus unsere Eingabe hin, daß
ein, weiteres Anwachsen der Fürsorgelasten im
laufenden Etatsjahre mit Bestimmtheit zu erwar
ten wäre, durch einen besonderen Zuschuß aner
kannte, daß unsere Bevölkerung bei den bereitl
bestehende» enormen Steuerlasten tob Wohl-