Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 4)

erst wenn der Teutsche einsieht und be 
greift, daß die weltanschaulichen, kulturel 
len, wirtschaftlichen Spannungen, die des 
Klassenunterschiedes und des Altersunter 
schiedes, die ihnen vom Himmel und vom 
Schicksal zudiktiert sind, einzig und allein da 
durch überwunden werden können, daß er 
sich gedanklich und tätig der wahren Einheit 
der Nation zuwendet, auch unter größten 
Opfern des Einzelnen an Ueberzeugung und 
an Gut, ohne in Resignation, die modern sein 
will und keinen Sinn hinter dem Geschehen 
vermutet, zu versinken. — 
erst dann beginnt eine neue Epoche des 
geistigen und wirtschaftlichen Aufstiegs, die 
alle ohne Ausnahme im Grunde des Her 
zens ersehnen, — die Epoche, in der die Ver 
nunft an die Stelle der Unvernunft gesetzt 
wird, der innere seelische Friede an die Stelle 
der Friedlosigkeit, die Autorität der Nation 
an die Stelle der Ratlosigkeit, des Chaos, des 
Chores der Volkserneuerer und Besserwisser. 
Nur in solcher Gesinnung der wohlverstan 
denen Demut und des wohlverstandenen 
Stolzes ist es möglich, nahe und ferne, inner 
politische und außenpolitische, kulturelle und 
wirtschaftliche Aufgaben zum Segen des Vol 
kes zu lösen. 
Obwohl es heute fast zwecklos erscheint, 
an die Vernunft zu appellieren, weil hinter 
dem Wort „Vernunft" ( soweit sind wir ge 
kommen!) etwas Unnationales vermutet 
wird, darf man solchen Neujahrswunsch aus- 
sprechen. Denn für die unzähligen stillen 
Volksgenossen, die sich durch den Lärm des 
Tages nicht irremachen lassen, steht dieses 
fest: 
Ter tiefe Glaube an die Zu- 
k u n f t, von dem allein alle sittliche und 
ernste Arbeit getragen wird, läßt uns unver 
drossen die mühevolle Arbeit fortsetzen. 
Professor Dr. Heyde. Kiel. 
Reichswirtschaftsratsmitglied: 
Zwei große Fragen beherrschen den Jah 
resanfang: die Arbeitslosigkeit und die 
Agrarkrise. Beide haben weltwirtschaft 
liche und nationale Ursachen,- gegen beide 
gibt es kein Universalmittel, sondern nur 
eine Kette sinnvoller Einzelmaßnahmen, im 
rechten Umfang und Zusammenhang ange 
wandt von einer tapferen Regierung und 
einem geduldigen. Willensstärken Volk, das 
sich seiner Verbundenheit mit dem Weltmarkt 
bewußt ist. ' 
In solchen Zeiten der Not gedeiht der 
Radikalismus, — sei es der ganz rechts oder 
der ganz links. (Man kann auch mit der Pa 
role „Volksgemeinschaft" nach Bülows schö 
nem Vers leben: „Und willst du nicht mein 
Bruder sein, dann schlag' ich dir den Schädel 
ein.") Er wird in Deutschland keine dauer 
haften Erfolge haben, wenn auch seine Wogen 
noch nicht abzuebben beginnen. Die deutsche 
Misere ist nicht das Ergebnis irgendwelcher 
„verbrecherischer" Taten oder Unterlassungen) 
sie ist eine viel echtere Tragödie: nicht lichte 
Engel und finstere Teufel kämpften in den 
bitteren letzten 12 Jahren, sondern es stand 
auf allen Seiten viel guter, anständiger 
Wille und viel Irrtum. Erkennen wir dies, 
so verlieren die künftigen Kämpfe viel von 
ihrer Zügellosigkeit, die unserer nationalen 
Sache die schwersten Wunden schlägt. 
Starenifdje ZghresbelrschtW. 
„Nur eine Revision der Friedensverträge 
kann das politische und wirtschaftliche Gleichge 
wicht wiederherstellen und die Völker auf die 
Dauer versöhnen," sagt Arnaldo Mussolini, der 
Bruder des Duce, in einer „Gerechtigkeit für die 
Völker" überschriebenen Jahresbetrachtung im 
„Popolo d'Jt-alia". Diese Revision werde den Eck 
stein der Wiedergeburt der Welt bilden, wie das 
von allen Menschen gewünscht werde. Die heuti 
gen Schwierigkeiten seien nur zu überwinden, 
wenn sie auf allen Gebieten bekämpft würden. Die 
Revision der Friedensverträge bedeute eine Re 
vision der Werte. Fern von der trüben Atnio- 
fphärs des Jahres 1919 könne jetzt die durch tau 
send Wechselfälle und Erfahrungen gewitzigte 
Menschheit erkennen, daß die Solidarität das 
oberste Lebensgesetz unter den Völkern bilde. Es 
gebe ein Unglück, wenn man keine greifbare und 
vernünftige Lösung sinde und Grenzen beibehalte, 
die keine völkische Grundlage hätten, sondern 
Drahtverhauen glichen. Der Wunsch der Völker 
nach Erholung und Betätigung werde durch die 
Aussicht erdrosselt, ganze Generationen hindurch 
für die Tilgung der Kriegsschulden arbeiten zu 
müßen. \ 
Frenzen enļlW Duffen. 
Der von der früheren sozialdemokratischen 
Negierung nach Braunschweig berufene ehemalige 
Berliner Stadtschulrat Paulsen, der einen Lehr 
auftrag für praktische Pädagogik an der Techni 
schen Hochschule erhalten hatte, ist von Minister 
Dr. Franzen seines Lehrauftrages mit Wirkung 
von Semesterschluß ab enthoben worden. 
In den Ruhestand versetzt. 
Der Leiter der braunschweigischen Schutzpoli 
zei, Oberstleutnant Siering, der der Sozialdemo 
kratischen Partei angehört und 1928 von der so 
zialdemokratischen Regierung auf den Posten be 
rufen wurde, ist ab 1. Oktober 1931 unter Gewäh 
rung des gesetzlichen Ruhegehalts in den Ruhe 
stand versetzt worden. 
Reich und Länder am Jahresende. 
MM« 
Zum Jahreswechsel wendet sich der bayerische 
Ministerpräsident Dr. Held mit einer Kundgebung 
an das bayerische Volk. Er weist auf die Be 
strebungen des politischen Umsturzes in großen 
Teilen der Welt und auf seinen Wegbereiter, den 
geistigen Umsturz, hin. der den Kampf auf der 
ganzen Linie bereits aufgenommen habe und 
selbst vor dem Heilrgsten nicht zurückschrecke. Die 
bayerische Regierung werde alle Kraft daran 
setzen, die Rot zu lindern. Zur Verhütung noch 
größeren Elends sei sie entschlossen, jeden Umsturz 
versuch im Keime zu ersticken, gleichviel von wel 
cher Seite er unternommen werden sollte. Held 
weist auf den verhängnisvollen Irrtum jener 
Kreise hin, die als Schwächepunkt im Verfassungs 
bau des Reiches die bundesstaatliche Eewalien- 
teilung erblicken wollen. Die Mängel des Ver- 
sasiungslebens bestünden nicht in der Eewalten- 
teilung zwischen 
Reich und Ländern. 
sondern vielmehr darin, daß die Reichsgewalt 
als solche einer hinreichenden starken Grundlage 
entbehre. Sie ruhe allzu einseitig auf dem 
Reichsparlament, das als getreues Spiegelbild 
der parteimäßigen Zerrissenheit des deutschen 
Volkes für sich allein kein festes Fundament für 
eine starke Reichsgewalt bilden können. Hier 
sei der schwache Punkt im Reichsbau zu suchen, 
und hier gelte es, Hand anzulegen. Held fordert 
als Tragpfeiler für die Bildung einer starken 
Reichsgewalt die Erhebung des Reichsrates zur 
gleichberechtigten zweiten gesetzgebenden Kammer 
nach dem Vorbild des Bundesrates, Gewährlei 
stung einer größeren Stetigkeit der Neichsregie- 
rung und Ausbau der versasiungsrechtlichen Macht 
vollkommenheiten des Reichspräsidenten. Die Ver 
fassung dürfe nur in allernotwendigsten Fällen ge 
ändert werden. Es sei Bayerns Aufgabe, im 
kommenden Jahr und in der Zukunft den Zer- 
ftörungsvemichen schärfsten Widerstand zu leisten. 
Im Sinne der Beibehaltung des bundes 
staatlichen Charakters des Reiches, gegen einheits- 
staatliche Tendenz, ist auch eine aus Anlaß der 
Jahreswende in der Bayerischen Volkspartei- 
Korrespondenz vorhandene Erklärung verfaßt. Es 
KiMediiwii. 
heißt darin: „Richt Bayern, sondern ganz Deutsch 
land hätte die Zeche bezahlen müssen, wenn Bis 
marck in den historischen Tagen der Reichsgrün 
dung nicht den richtigen Takt für die Behandlung 
der bayerischen Interessen gehabt hätte Möge 
er auch seinen Nachfahren entstehen, dann wird 
uns das,Schauspiel erspart bleiben, daß Bayern 
zwangsläufig aus einer Front hinausmanöveriert 
wird, die zu hatten und zu befestigen, schicksals 
mäßige Aufgabe für die deutsche Politik der 
nächsten Monate ist." 
* . * 
Aêîlichr an& dkMer Sftk». 
Reichsaußenminister Dr. Curtius hat an die 
Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen folgende 
Reuj ah r sku ndgebu ng ger i ch tet: 
„Die öffentliche Meinung Deutschlands 
wendet sich je länger jo mehr der bedrohlichen 
Lage des Ostens zu. Auch dis ernste Sorge der 
Reichsregierung gilt dem deutschen Osten und 
seiner Rot. Meine kürzlichen Fahrten nach Ost 
preußen und Schlesien entsprangen dem Gedan 
ken, nicht nur aus Berichten der Schilderungen, 
sondern auch aus eigener Anschauung ein leben 
diges Bild von der Lage der Dinge an Ort und 
Stelle zu gewinnen. Ich freue mich, daß die 
Ausführung dieses Gedankens so großes Ver 
ständnis und so warme Zustimmung gefunden 
hat. Meine schwierige Aufgabe in Genf wird 
mir durch die wertvollen Eindrücke und Infor 
mationen, die ich von den bewährtesten Sach 
kennern in reichstem Maße erhalten habe, we 
sentlich erleichtert. Ich hoffe ausrichtig, daß das 
neue Jahr der Grenzmark Posen-Westpreußen 
sowie dem deutschen Osten überhaupt mit dem 
wachsenden Verständnis für seine Leiden und 
Sorgen Erleichterung und Besserung bringt." 
In einer Kundgebung des Oberyriisidenten 
von Biilow wird der Reichskanzlerbesuch im neuen 
Jahr begrüßt. Dann heißt es: 
„Wappnen wir uns für das Jahr 1931 mit 
Eottvertrauen, mit zähem Mut und unbeug 
samem Willen, mit starkem Trotz und noch viel 
stärkerer Hoffnung!" 
Ml Curffns auf den Vorsitz im Völker- 
bundsraî nerzichļcļ? 
Rach einer Berliner Meldung des „Journal 
de Geneve" hat Reichsaußenminister Dr. Curtius 
auf den Deutschland zustehenden Vorsitz anş der 
Jairuartagung des Völkerbundsrates verzichtet 
und den englischen Außenminister Henderson er 
sucht, an seiner Stelle im Januar den Vorsitz im 
Völkerbundsrat zu übernehmen. Dieser Beschluß 
der deutschen Regierung ist nach Meinung des 
Blattes darauf zurückzuführen, daß es nach deut 
scher Auffassung für Deutschland unmöglich sei, 
gleichzeitig Richter und Partei in einer Sache vor 
dem Völkerbundsrat zu fein. 
Eins amtliche Bestätigung des Verzichtes der 
deutschen Präsidentschaft auf der kommenden 
Ratstagung liegt im Volkerbundssekretariat nicht 
vor, jedoch muß in jedem Falle der Darstellung 
des „Journal de Geneve" entgegengetreten wer 
den. Rach den Bestimmungen des Völkerbunds- 
paktes handelt es sich bei der Behandlung der 
deutschen Beschwerden gegen Polen vor dem Völ- 
kerbundsrat keineswegs um ein Verfahren zwischen 
Deutschland und Polen, sondern lediglich um ein 
Klageverfahren gegen Polen vor dem Völker 
bundsrat als solchem. Die deutschen Beschwerden 
stellen satzungsgemäß, nachdem sis auf die Tages 
ordnung des Völkerbundsrates gesetzt sind, nichr 
mehr eine deutsche Angelegenheit vor, soàrn sind 
zu einer Sache des gesamten Völkerbundsrates ge 
worden, vor dem sich Polen nunmehr zu verant 
worten hat. Durch einen Verzicht auf die deutsche 
Präsidentschaft darf unter keinen Umständen der 
Eindruck entstehen, als ob Deutschland sich in dem 
Klagsversahren gegen Polen als Partei ansteht. 
Ueber die erst jetzt vor dom Völkerbundsrat schwe 
bende Beschwerde gegen Polen hat überdies der 
Völkerbundsrat in seiner Gesamtheit mit Ein 
schluß des deutschen Ratsmitgliedes zu entscheiden. 
Neues Nein. 
Beamte und Nationalsozialistische Partei. 
In einer Anfrage mehrerer nationalsozialisti 
scher Landtagsabgeordneter wurde ausgeführt, der 
Berliner Polizeipräsident Grzesinski habe öffent 
lich in einer sozialdemokratischen Versammlung 
festgestellt, daß die Behauptungen, die National 
sozialistische Deutsche Arbeiterpartei wolle den ge 
waltsamen Umsturz, ungerechtfertigt seien. Auf 
diese Behauptung gründe sich aber, wie die An 
fragenden weiter sagten, der Ministerialbefchluß, 
der den Beamten die Zugehörigkeit zur National 
sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei verbiete. 
Das Staatsministerium wurde gefragt, ob es be 
reit sei, diesen Beschluß aufzuheben. Wie der 
Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, beant 
wortete der preußische Ministerpräsident die An 
frage mit einem: „Nein!" 
Gelder aus Berlin. 
Das Reich hat dem Lande Thüringen an 
Polizeikssten bis einschließlich Januar 2 123 000 
Mark überwiesen. In dieser Summe sind die 
Zinsen noch nicht einbegriffen, jedoch besteht Einig 
keit darüber, daß sie gezahlt werden. Die Zinsen 
sollen nach mündlicher Rücksprache in Berlin er 
rechnet werden 
* * * 
ZMscheufM bei der WrîhnŞsfeier 
m ZŞsus Celle. 
Bei einer Weihnachtsfeier im Celler Zucht 
haus trug sich, wie nachträglich bekannt wird, ein 
Zwischenfall zu. Der als Vortragender mitwirken 
de Schriftsteller Dr. Tindall aus Wien hatte, laut 
T. U., davon gesprochen, daß sich die Lehre Christi 
sowie die Liebknechts und Rosa Luxemburgs in 
einer Linie bewegten! Hiergegen nahm der Haupt 
redner, der Strafvollzugspräsident Muntau, Stel 
lung, was die Gefangenen zu einer drohenden 
Haltung veranlaßte. Der Strafanstaltsdirektor 
Busch stellte di« Ruhe wieder her. Zu einer Un 
tersuchung der Vorgänge ist ein Ministerialdirek 
tor nach Celle gekommen. 
In einer Erklärung Muntaus heißt es, daß 
dis Zusammenstellung des Programmes für die 
Weihnachtsfeier der Sträflinge in den Händen des 
Direktors der Anstalt lag. Das Programm ent 
hielt u. a. einen Vortrag des Wiener Schrift 
stellers Tindall über „Die freien Menschlichkeits 
dinge im Licht der Lefsingschen Parabel von den 
drei Ringen". Der Vortrag, der sich mit den Reli 
gionen befaßte, nannte als Führer der Menschheit 
u. a. Jesus, Liebknecht und Rosa Luxemburg. 
Muntau, der Präsident der Gefangenenfürsorge 
Deutschlands ist und der Feier als East beiwohnte, 
fühlte sich nach Beendigung des Vortrages ver 
pflichtet, besonders, da sich unter den Gefangenen 
268 evangelische, 98 Katholiken und nur 39 Dissi 
denten befinden, den Ausführungen des Redners 
Dr. Tindall entgegenzutreten. Dei den Ausfüh 
rungen Muntaus ergab sich unter den Gefangenen 
einige Unruhe, die aber d-urch das Eingreifen des 
Strafanstaltsdirektors behoben wurde. Präsident 
Muntau ließ darauf die Feier abbrechen. Eine 
Feier am nächsten Tage, bei der Professor Lessing 
aus Hannover sprach, wurde nicht verboten. 
* * * 
MM IMe Ô05 um 3noch? 
T. U. Paris. 31. Dez. (Eig. Funkmeldung) 
Im Befinden des Marschalls Joffre war wider 
Erwartung am Dienstag eine Besserung einge 
treten. dis die schwache Hoffnung aufkommen ließ, 
daß Joffre vielleicht erfolgreich gegen den Tod 
ankämpfen werde. Die Lungen, die am Montäg zu 
den schwersten Besorgnissen Anlaß gaben, und das 
Herz arbeiteten wieder regelmäßig. In den frühen 
Morgenstunden des Mittwochs hat es den Anschein, 
daß sich der Zustand des Marschalls wieder ver 
schlimmert hat. Die Herztätigkeit hat wesentlich 
nachgelassen und auch dis Atmung wird von 
Minute zu Minute schwacher. Gegen 3 Uhr wurde 
der Arzt drin^nd an das Krankenlager gerufen, 
ebenso der Chef des Generalstabes. Joffre hat die 
Besinnung verloren. 
Kardinal Pacelli hat im Auftrage des Pap 
stes durch den hiesigen Nuntius mitteilen lassen, 
daß der Papst die höchste Gnade für Joffre erbitte. 
Unseren Lesern, 
Freunden und Mitarbeitern 
wünschen wir ein 
frohes und gesegnetes neues Jahr! 
Verlag und Schriftleitung 
der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung 
Rendsburger Tageblatt 
Badiksle BmernbeMgung in Bayern. 
In Südbayern, im Jnntal, im Chiemgau, 
im Mangfallgau und in den angrenzenden Ge 
bieten ist eine neue radikale Bauernbewegung 
unter Führung des Bauer« Altenburger aus 
Henkwes entstanden, die bereits starken An 
hang in kleinbäuerliche« Betrieben gefunden 
hat. Die Parole ist: „Die bisherigen Standes 
organisationen in Händen politischer Parteien 
haben versagt. Es kann nicht mehr so weiter 
gehen. Wir greifen zur Selbsthilfe, um nicht 
Haus und Hos zu verlieren." 
In Rosenheim, Alpling und Miesbach saņ. 
den Kundgebungen statt. Zahlreiche Diskussi 
onsredner traten für die neue Bewegung ein 
und erklärten, die Bauernbewegung wäre der 
Notschrei eines zu Tode getroffenen Standes. 
Komme keine Hilfe, dann sei der Zusammen 
bruch unaufhaltsam. Die Schutzzölle wären 
viel zu spät gekommen. Nur ein Abgeordneter 
der Bayrischen Volkspartei stellte sich der Be 
wegung entgegen und sprach sich für die alten 
Organisationen aus. 
r- t * 
Die mm Reichskanzlei. 
In diesen Tagen wurde der Neubau der 
Reichskanzlei seiner Bestimmung übergeben. 
Das Gebäude befindet sich neben der alten 
Reichskanzlei. Der Grundstein wurde am 18. 
Mai 1928 gelegt, die festgesetzte Bauzeit konnte 
genau innegehalten werden,- wie man hört, 
wurden in diesem Falle die festgesetzten Ko 
stenanschläge sogar unterschritten. Bei der 
Innenausstattung wurde fast ausschließlich 
inländisches Material verwandt. Zu der Aus 
gestaltung des Ländersitzungssaales haben 
sämtliche Länder des Reiches das Ihrige beige 
tragen, sei es durch Stiftung kunstvoll geschlif 
fenen Glases, von Beleuchtungskörpern, Tep 
pichen oder Möbeln. 
* * * 
îfosfeH ms Oea DschMMln. 
lieber die Kämpfe mit den Aufständischen iu 
Burma wird heute gemeldet: Die Aufständischen 
machten am Dienstag aus den Dschungeln bei 
Tharawaddy einen heftigen Ausfall gegen die eng 
lischen Truppen. Sie mußten sich jedoch vor dem 
Feuer der Engländer in den Urwald zurückziehen, 
wobei sie 60 Tote und zahlreiche Verletzte zurück 
ließen. Die englisch-indilchen Truppen verfügen 
über zahlreiche Maschinengewehre, so daß sie alle 
Angriffe der Aufständischen abschlagen konnten. 
Das Dorf, in dem ein Engländer in der ver 
gangenen Woche auf bestialische Weift ermordet 
wurde, ist von den Aufständischen selbst zerstört 
worden. Es soll sich dabei um einen Racheakt dafür 
handeln, daß die Einwohner des Dorfes den Eng 
ländern Spionagedienste erwiesen haben. 
* * * 
Locarnopakt oder Geheimpakk? , 
Die belgischen Rcvisionswünsche. 
Eine Minderheit des belgischen Minister 
rates hat sich, wie aus Brüssel verlautet, für 
Kündigung des französisch-belgischen Geheim 
paktes ausgesprochen. In den ersten Tagen 
des Januar wird Außenminister Hymans sich 
namens der Mehrheit der belgischen Regie 
rung für Aufrechterhaltung des Paktes er 
klären. Man erwartet, daß auch im Parlament 
im neuen Jahr die Frage des Geheimpaktes 
angeschnitten werden wird, und daß außer flä 
mischen Nationalisten und Sozialdemokraten 
auch die flämischen Katholiken für Kündigung 
des Paktes stimmen werden, so daß es fraglich 
ist, ob für Aufrechterhalt,mg des Vertrages in 
der Kammer eine Mehrheit fein wird. 
Die Wiederaufrollung der Angelegenheit 
kommt der Regierung sehr ungelegen. Am 
Heiligen Abend fand im Schloß bezüglich der 
Frage eine längere Verhandlung zwischen 
dem König, Außenminister Hymans und 
Kriegsminister De Brogueville statt. Offiziell 
wird erklärt, daß der Standpunkt der Regie 
rung bezüglich der Frage des Paktes noch im 
mer derselbe sei und daß der Locarnopakt den 
aus dem Jahre 1919 stammenden militärischen 
Geheimpakt nicht ersetze. 
NärderW. 
Wettervoraussage für den 31. Dezember 1930. 
Für das mittlere Norddeutschland: Wechselnd 
bewölkt, ohne nennenswerte Niederschläge. Tempe 
raturen über Null. Winddrehung auf westliche 
Richtungen. 
Für das übrige Deutschland: In, Nordosten 
Milderung und trübe mit Niederschlägen, im übri. 
gen Reiche veränderliches Wetter mit Temperaturen 
über Null.
	        
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