Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 4)

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E?«e B'AMķseņ.KlittstZe». 
Die Krankheiten werden ans der Welt 
zwar nicht seltener, für jeden isolierten Baz,il- 
lus stellen sich meist zwei neue weniger iso 
lierte ein, dafür feiert aber die rationelle Pro 
phylaxe, zu deutsch der Beamtenverstand ärzt 
licher Büroangestellter, Triumphe. Eine be 
sonders feine Sache, hat man jetzt in Wien aus 
geknobelt. Die Blutgruppenforschung ist heute 
große. Mode. Bei starken Blutverlusten, die 
eine Blutübertragung, zu deutsch Transsu- 
slvn, notwendig machen, mischt man nicht wie 
früher die Blutkörperchen von Krcthi und 
Plethi durcheinander. Man hält sich genau 
an Tabellen. Der Blutspender muß zu der 
selben Blutgruppe wie der Blutbedürftige ge 
hören, sonst geht die Sachs' schief. 
Diese Erkenntnis hat zweifellos dcil No 
belpreis verdient. Sie ist aber noch nicht ge 
nügend populär und vor allem praktisch orga 
nisiert. Eine Mobilisierung der Blutgrupyen- 
träger war unbedingt notwendig. Dieser Aus 
gabe hat sich jetzt die Gemeinde Wien unterzo 
gen. Sie hat bei ihren städtischen Angestellten 
und Arbeitern angefangen. Jede dieser hoch- 
bezahlten Kräfte wurde für einen Bor- oder 
Nachmittag in das „magistratische Bezirksamt" 
Alsergrund geladen. Hier entnahm mau eine 
Blutprobe und stellte fest, in welche Blut 
gruppe der so Angezapfte gehörte. Das Ergeb 
nis wurde fein säuberlich auf einer Karte ver 
zeichnet und diese in eine Kartothek der Blut- 
gruppen-Männer und Blutgrnppen-Fraucn 
eingereiht. 
Wenn einem städtischen Angestellten oder 
Arbeiter jetzt etwas passiert, genügt ein Griff 
in die Kartothek. Im Augenblick ist die Blut 
gruppe gefunden. Auch weiteren Bevvlkc- 
rungsschichten hat man diese Katalogisierung 
des Inhalts ihrer Aederchen und Krampsäder 
chen anheimgestellt. Mehrere Tausend Wiener 
sind dieser freundlichen Aufforderung bereits 
gefolgt. Zwar waren Bluttransfusionen bis 
her nur in einem sehr geringen Prozentsatz 
nötig, aber man kann nicht wissen. Rechts- 
diktatur, Heimwehr, Marsch auf Wien, Bür 
gerkrieg, da ist Vorsicht schon die beste Medizin. 
Die Blutgruppen-Kartothek ist für jeden Blut 
verlust gerüstet. 
ļhrgMhl. 
Offiziersehre und Bürokratie passen 
schlecht zusammen. Ein pensionierrer Haupt 
mann der Fremdenlegion, der ruit seinem 
Auto einen Fußgänger totgefahren hatte, wird 
wegen fahrlässiger Tötung zu 2 Monaten Ge 
fängnis verurteilt. Als er sich zum Antritt 
seiner Strafe meldet, verlangt der diensttu 
ende Beamte, wie üblich, Fingerabdrücke von 
ihm. Der alte Soldat, der schwer unter der 
Strafe leidet, gerät in höchste Erregung. Er 
hat sich jahrelang für Frankreich mit Marokka 
nern herumgeschlagen. Fingerabdrücke erschei 
nen ihm als schlimmste Entehrung. Neben dem 
Offizier steht ein glühender Eisenoşen. Als 
der Beamte in barschem Ton seine Forderung 
wiederholt, reißt der Offizier seine Hände aus 
den Manteltaschen und preßt die Handflächen 
gegen das rotglühende Eisen, bis Haut und 
Fleisch aufs fürchterlichste verbrannt sind. Die 
Abnahme von Fingerabdrücken ist unmöglich 
geworden. Ein Mucins Scaevola des 20. Jahr- 
l'nndcrts. 
5M ķkôàkk ill M'M. 
ch'.s Pseudonym des rätselhaften Autors, 
£'t vor wenigen Jahren mit seinem Drama 
„Krankheit der Jugend" die deutschen Bühnen 
eroberte, ist seit längerer Zeit sehr löcherig 
geworden. Man sprach bereits in allen The 
ater- und Schriftstellxrkreisen davon, daß hin 
ter Ferdinand Bruckner kein anderer als der 
Berliner Schiftsteller und frühere Thcater- 
diektor Theodor Tagger stünde. Das offene 
Eingeständnis des Dichters fehlte jedoch noch. 
Jetzt ist. Wien die Stadt geworden, in der 
Theodor Tagger selbst die Larve abnahm und 
sich zehn Minuten nach zwölf dem Publikum 
zeigte. Bei der Wiener Erstausführung der 
„Elisabeth von England", die im Deutschen 
Volkstheater wie überall mit stürmischem 
Beifall ausgenommen wurde, erschien an der 
Hand des Direktors Dr. Beer und neben der 
Hauptdarstellern Leopoldine Konstantin der 
Dichter persönlich auf der Bühne. Er braucht 
eine Ablehnung durch das Publikum nicht 
mehr zu fürchten. Sein langjähriges Versteck- 
spiel ist, wahrscheinlich ohne seine Absicht, zu 
einer glänzenden Reklame für ihn geworden. 
Man wird jedoch zugeben müssen, daß hinter 
Bruckner oder Tagger ein Könner steht. Seine 
Dramen mögen durch ihre Stoffe vielen an 
fechtbar erscheinen, das Lebensblut eines ge 
borenen Dramatikers pulst zweifellos in ih 
nen. In einer Zeit dramatischen Gestammels 
und feuilletonistischen „Zeittheaters" durchaus 
ein Vorzuo. 
Asch ein ftnmfchtr 
5 Personen ertrunken. — Das Saus- 
gelage am Bord. 
TU. Helsingfors, 23. Dezember. Der fin 
nische Dampfer „Viri" aus Helsingfors war 
vor dein Filsandleuchttnrm bei Oesel gestran 
det. Um daZ Schiff durch Ueberbordwerfen 
von Ladung flottzumachen, brachte ein Ber 
gungsdampfer etwa 30 Mann aus Oesel an 
Bord, so daß sich einschließlich der aus 21 
Männern und 2 Frauen bestehenden Besat 
zung etwa 50 Leute an Bord befanden. Nun 
brach ein starker Sinrm los, so daß der Ber- 
gungsdampser nicht mehr an das Schiff her 
ankommen konnte. Mehrere Rettungsboote 
von der Filsandlotfenstation mutzten wegen 
des Sturmes unverrichteter Sache zurückkeh 
ren. Alsdann gingen 14 Leute von der Besat 
zung der „Biri" in das Rettungsboot. Dieses 
kenterte aber, als es den Bergungsdampfer 
erreicht hatte und man gerade die Schiffskasse 
der „Biri" an Bord des Vergnngsdankpfers 
geworfen hatte. Neun Mann der Besatzung 
der „Viri" wurden gerettet, während vier 
Mann und eine Frau ertranken. Alle Er 
trunkenen sind Finnen. Erst a,n heutigen 
Dienstagmorgen wurde der Rest der Mann 
schaft der „Biri" von einem Passagtcrdamp- 
fer gerettet. 
Zu dein neuen Schiffsunglück ist noch er 
gänzend zu melden, daß die „Biri" ein 3000 
Tonnen großer Dampfer war, oer mit einer 
Koksladung von Danzig nach Helsingfors un 
terwegs war. An Bord der gestrandeten 
„Biri" spielten sich grausige Szenen ab. Tie 
von Kälte gepeinigte Mannschaft sprach eifrig 
dem Alkohol zu, ja es kam trotz der großen 
Gefahr, in der sich die Mannschaft befand, an 
Bord des Dampfers zu einem Saufgelage, 
das schließlich zu einer Schlägerei führte, bei 
der ein estländischer Bergungsmatrose er 
schlagen wurde. So hat die Katastrophe des 
Dampfers „Biri", der einstweilen aufgegeben 
werden mußte, im ganzen sechs Todesopfer 
gefordert. 
Dis nächste 
Einschulung 
6 lìgîi MflŞen ìtzrM Bändiget. 
TU. Paris, 24. Dez. (CStg. Funkmeldung). In 
einem Zirkus in der Nähe von Toulon ereignete sich 
am Dienstag ein folgenschwerer Zwischenfall. Der 
Raubtierbändiger war am Morgen wie üblich in 
den Zwinger getreten, in dem sich 6 sibirische Tiger 
befanden, um mit ihnen die Morgenarbeit zu be 
ginnen. Plötzlich stürzte sich ein Tiger auf ihn und 
zerschlug ihm mit seiner Tatze das ganze Gesicht. 
Erblindet und blutüberströmt brach der Unglückliche 
inmitten der Tiger zusammen. Das Mut war das 
Zeichen für die anderen Tiere, sich ebenfalls auf 
ihn zu stürzen. Sämtliche 6 Tiger fielen über den 
Körper des Unglücklichen her und hieben immer 
wieder mit ihren Tatzen auf ihn ein. Erst nach ge 
raumer Zeit gelang es den Aufsichlsbeamien, den 
vollkommen zerfleischten Bändiger in Sicherheit zu 
bringen, der trotz seiner schrecklichen Verwundungen 
noch atmete. Er starb jedoch bald nach keiner Ein 
lieferung ins Krankenhaus. Der Tiger, der den 
Unglücklichen zuerst angegriffen hatte, hatte bereits 
vor zwei Jahren einen jungen Bändiger völlig zer 
fleischt. 
kŗiŞL m 
uwotz-dem Polizei und Justiz in Chikago mi» 
allen Mitteln bestrebt sind, die Stadt von verbreche 
rischen Elementen zu säubern, scheinen die Verbre 
cherbanden, die sich in der Hauptsache aus Alkohol 
schmugglern zusammensetzen, noch immer die Ober 
hand zu haben und ihre eigene „Justiz" auszuüben. 
Am 11. Dezember wurden die von Maschinenge 
wehrkugeln förmlich durchsiebten Leichen der 
„Gangster" (Dandenmitglieder) O'donnells, Rudolph 
Marono und James Thomas im Evergreen Park 
aufgefunden. Kaum 24 Stunden später wurden 
zwei andere berüchtigte Gangster, Tom Tomasculo 
und Rudolph Marino im Süddistrikt Chikagos tot 
aufgefunden. Die Untersuchung ergab, daß bisher 
noch nicht ermittelte Bandenführer die beiden Gang- 
Halbjahrs- 
BoMrirfe 
3235 
srfvlgL am 15. Januar 1931. 
Anmeldungen erbittet rechtzeitig 
Kcmfnrärm. PrivLkschrrle 
Schwarzer, Kiel 
2. Ecks vom Hauptbahnhof. 
Der Schulleiter: Karl Schwarzer, 
öffenkl. angestellter beeidigter Bücherrevisor 
Sophienblatt 1ļ,ELkeHerzog.Friedrich.Skr. 
Fernruf 5367. Lehrplan kostenlos. 
Ein einzigartiges Bild: Sechs Wollrenöriiche auf einmal. 
Die Klimme Naturerscheinung 
konnte in der Nähe von Borneo, zwischen Sandakan und der Insel Sitank«! aufgenommen 
iTM'Vihi'r» it Ct/vï\f .. 1 r- t- . ■< 
werben. Wie man sieht, laufen sechs Wolken zapfen bis zur Erde nieder, wo sie sich als 
Wolkenbrüche entladen. 
8§ sich! towhn m Mel aus. 
Pechfackeln an der Straßenecke. 
'Der berüchtigte Londoner Nebel ist in diesen Tagen 
wieder so stark, daß der Verkehr völlig eingestellt 
werden mußte. Die meisten Betriebe sind geschlossen, 
da selbst in den Häusern der Nebel undurch 
dringlich ist. 
ster überredet hatten, an einer Autofahrt teilzuneh. 
men. Auf dieser Fahrt wurden sie ermordet. Am 
13. Dezember fand vor dem Chikagoer Distrikts-, 
gericht gegen George „Bug"-Moran, den Rivalen 
Al Carpones, ein Prozeß vegen Landstreicherei statt. 
Das Gericht hoffte, sich auf d'ese Weise eines der 
gefährlichsten Bandenführer zu entledigen, doch ge 
lang es nicht, Bug-(Wanzen-)Moran zu überführen. 
Er mußte freigesprochen werden, weil sich unter den 
Zivilisten kein Zeuge fand, der den Mut aufgebracht 
hätte, gegen den Dandenführer auszusagen! Dage 
gen ist es gelungen, den Gangster William Lenhardt 
des Mordes-an einem Chikagoer Kaffeehvusbesißer 
zu überführen. Er wurde am 13. Dezember auf 
dem elektrischen Stuhl hingerichtet. 
Ein schwerer Zusammenstoß zwischen Eisen, 
bahnzug und Autobus ereignete sich in Wilkonitz 
(Polen). 17 Insassen des Autobus wurden schwer 
verletzt. 
Stille Nacht, heilige Nacht. . . 
Weihnachttzständchen, eine i'Löne alte Sitte in der kleinen Stadt 
Zwei Vlrwzeupe haben sich gerammt. 
Gin merkwürdiger Zusammenstoß auf dem Neuyorker Flugplatz. 
Das eine Flugzeug war im Landen begriffen, das andere startete gerade.' Die beiden Flug 
zeuge sausten mit solcher Wucht zusammen, daß sie wie in wütendem Kampf ineinander 
vertraLt stehenblieben.
	        
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