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Für die Kinder der ganzen Welt gibt es
nur einen richtigen Weihnachtsmann: Deutsch
land. Dieser Weihnachtsmann ist freilich keine
einzelne Person, die sich ein modernes Kind
etwa als den Generaldirektor einer Riesen-
puppenfaürik vorstellen könnte. Nein, der
Weihnachtsmann Deutschland gliedert sich t«
eine große Zahl von Fabriken und Heim-
arbeitsbelriebcn, die um Nürnberg und Son-
Neberg herum das ganze Jahr über für den
Weihnachtsüeöars der Welt sorgen. Tie Spiel
warenausfuhr Deutschlands ist größer als die
Spielwarenproduktion aller anderen Länder
der Welt. Wir exportieren jährlich 460 000
Doppelzentner Spielwaren im Werte von
120 Millionen RM. Diese Ausfuhr wird
Deutschland nicht gerade leicht geinacht, denn
zahlreiche ausländische Spie-' industriell
bemühen sich, die deutsche :nz ans
dem Felde zu schlagen. So nament
lich die billige japanische Pu> . oie deutsche
Puppe zu verdrängen, — ohne Erfolg. Das
kleine Mädchen in Frankreich bekommt zu
Weihnachten deutsche Puppen, trotz aller Sach
lichkeit liebt auch die kleine Amerikanerin
zärtlich ihr deutsches Puppenkind und sogar
in China wie am Kongo zeigt die deutsche
Puppenausfuhr steigende Tendenz. Auch in
der Produktion jener Art Spielzeug, die
unter dem Sammelbegriff „produktives Spiel
zeug" in den letzten Jahren einen großen
Aufschwung genommen hat, steht Deutschland
an der Spitze.
Eigenartig und bemerkenswert ist diese
Tätigkeit Deutschlands als Weihnachtsmann
der Welt vor allem deshalb, weil in diesem
Industriezweig keinerlei Maschinen oder son
stige moderne Produktionsmethoden Deutsch
land an die Spitze gebracht haben, denn die
deutsche Spielzeugindustrie ist zu einem sehr
wesentlichen Teil Heimarbeit, in der Sonne
berger Gegend gibt es keine Maschinen für
Spielwaren, sondern allein T'ausende von
fleißigen Menschen, die in hellen Bauernstu
ben das Spielzeug verfertigen und es nach
einem Verlegersystem weiterverkaufen. Aber
auch für die Nürnberger Industrie, die in der
Hauptsache mit Maschinen arbeitet, gilt der
Satz, daß das deutsche Spielzeug sich nicht
durch Maschinen, sondern durch Ideenreich
tum seinen Platz in der Welt behauptet hat.
In einer ausländischen Zeitschrift schrieb
kürzlich einmal ein Pädagoge: „Wir bevor
zugen das deutsche Spielzeug, weil es gleich
zeitig ein Höchstmaß an Naturwahrheit, an
Phantasiereichtum enthält."
So ist der deutsche Weihnachtsmann für
uns nicht nur ein Geschäftsfaktor, sondern
gleichzeitig im Ausland die Versinnbild
lichung deutscher Qualitätsarbeit und deut
scher Kulturidee. Puppen und Eisenbahnen,
Baukasten und Hampelmänner werben mit
460 000 Doppelzentner Gewicht für Deutsch
land. Wobei es natürlich ist, daß in den nor-
taaten die Puppen Und in den U. S.
A. das technische Spielzeug dominieren. Nur
Bleisoldaten will man (Zeichen der Zeit) nir
gends in der Welt mehr haben.
Meyer wir- nervös.
Weihnachtserzählung von Otto Neurath.
Es ging auf Weihnachten. In den Straßen
drängten sich schon die Käufer in dichten Scharen
und die Kinder sangen in allen Ecken und Höhen
lagen das Lied von der gnadenbvingenden Weih
nachtszeit. Meyer wäre am liebsten die Wände
hochgegangen.
Er tobte zuhause, wenn seine Frau am Herd
stand und sang, er schimpfte, wenn seine Sekretärin
ein Lied vor sich hin summte und raste wie ein Be
sessener, wenn seine Tochter eine VKihnachtsplatte
auf die Sprechmaschine legte.
Es ging ihm gegen den Strich. Dabei freute
er sich wie alle anderen auf das Fest und hörte
auch die Weihnachtslieder gern, aber ... ja, das
aber war es eben gerade ... er wollte sie nur am
Weihnachtstag hören. Sie gehörten für ihn zum
brennenden Tannenbaum, wie der Karpfen zum
Neujahrstisch.
Es kam jedoch für Meyer noch viel schlimmer!
Als er eines Abends nachhause kam und sich nach
dem Abendbrot gemütlich vor seinen Lautsprecher
setzte, um ein paar hübsche Musikstücke anzuhören,
klangen ihm die hauchzarten Töne des alten Kir
chenliedes „Vom Himmel hoch . . ." entgegen.
Wütend sprang er auf, riß zuerst den Kontakt
heraus, besann sich dann aber wieder und beschloß
Berlin anzuhören. Doch auch dort hatte er kein
Glück. Hell und fröhlich frohlockten die Stimmen
„Ihr Kinderlein kommet!" Also München. Nicht
besser. „Morgen kommt der Weihnachtsmann".
Vielleicht waren sie in Leipzig vernünftiger. Meinte
er. Der wundervoll vortragende Chor „Stille
Nacht, heilige Nacht . . ." belehrte ihn eines besse
ren. Köln erfreute seine Hörer durch den Choral
„O sanctissima!"
Blieb nur noch das Ausland. Aber auch dort
orgelten, jubelten und jauchzten alle Stimmen und
Instrumente Weihnochtslieder und noch einmal
Weihnachtslieder.
Da riß Meyer den Kontakt endgültig heraus,
stülpte den Hut über den Kopf und fauste ins
Schneetreiben hinaus, das ihm allmählich seine Rühe
wieder gab.
Müde und matt schleppte er sich die Treppe
hinauf. Als er ins Zimmer kommt, lacht ihm seine
Frau verheißungsvoll entgegen .
„Du kommst zur rechten Zeit, Fritz! Der An
sager hat gerade mitgeteilt, daß sie jetzt aus Berlin
ein Weihnachtspotpourri übertragen."
Meyer war erschlagen. Er nickte friedlich und
hörte sich gottergeben den Liederreigen an. Auch
das ging vorüber.
Schmunzelnd hörte er am anderen Morgen, daß
der Sturm in der Nacht die Antenne zerrissen hätte.
Vor dem Fest wollte er sie bestimmt nicht wieder
ausbessern lassen. Aber beim Mittagbrot legte ihm
seine Frau die Rechnung vor die Nase. „Für Aus
bessern einer Antenne . stand da in hohnlächeln
den Buchstaben. Auch das noch!
Meyer beschloß die nächsten Abende im Geschäft
zuzubringen.
Vrrnk§ Weit
England wehrt sich gegen die Quäkertradition.
Eine große Mehrheit des englischen Volkes ist
>>ch längst darüber klar, daß die Sonntage von
einem unerträglichen Grau gähnender Langeweile
beschattet werden. Immer stürmischer wird die
Forderung erhoben, daß Theater und Kinos auch
am Sonntag ihre Pforten offen halten. Die junge
Generation protestiert energisch gegen dos vor 150
Jahren erlassene Gesetz, das die Engländer am
Sonntag zum Verzicht auf jede Unterhaltung ver
urteilt. Natürlich lassen es sich die Direktoren der
Kinos und Theater angelegen sein, das Feuer die
ser Bewegung zu schüren. Der Londoner Graf
schaftsrat hat dann auch seit Jahren schon die
Praxis befolgt, den Kinos das Spiel am Sontag
zu gestatten, allerdings unter gewissen Bedingungen.
Zu diesen gehören, daß die gebotene Unterhaltung
„anständig und frei von allem sei, was die geistige
und moraliiche Gesundheit der Zuschauer beeinträch
tigen könnte", daß ferner keine Angestellten am
Sonntag beschäftigt werden, die eine siebentägige
Arbeitswoche hinter sich haben, und daß endlich der
ganze Reingewinn Wohltätigkeitsanstalten über
wiesen muß. An dieser Praxis hätte sich auch nichts
geändert, hätten nicht die Direktoren der Theater,
Singspielhallen und anderer Unterhaltungsstättcn
dagegen protestiert, daß den Kinos auf diese Weise
ein besonderes Vorrecht eingeräumt wurde. Sie
verlangen, daß, was diesen recht, auch ihnen billig
sein müsse, und der angerufene Oberste Gerichtshof
hat ihnen auch Recht gegeben, indem er die Ver
fügung des englischen Erafschastsrats als ungesetzlich
erklärte. Trotz diesem Gerichtsurteil halten einige
der Kinotheater weiterhin ihre Pforten am Sonntag
geöffnet und berufen sich dabei auf das durch den
englischen Grafschaftsrat geschaffene Gewohnheits
recht. Diese Uebung dürfte zu einem neuen Prozeß
führen, dem man mit großer Spannung entgegen
sieht. Das Publikum steht vollständig auf Seite
der widerspenstigen Kinobesitzer und drängt sich,
um der sonntäglichen Langeweile zu entgehen, in
Scharen zu den Theatern. Der „Verband zum
Schutze der öffentlichen Unterhaltung" hofft aber,
daß das Durcheinander schließlich zu einem Macht-
spruch der Regierung führen und die Aufhebung
der veralteten Sonntagsgesetzgebung zur Folge
haben wird.
Das Telephongespräch.
Auf der ganzen Erde wird telephoniert, aber
die „Telephonspvache" ist doch überall etwas anders.
Wenn der Berliner eine telephonische Verbindung
wünscht, ruft er: „Bitte" und nennt Amt und
Nummer; der Angerufene nwlbci sich: „Hier
während der Londoner zuerst fragt: „Are you
there?" — „Sind Sie hier?" — und der Franzose
gleich ankündigt: „I' ecoute!" — „Ich höre!" —.
Auch der Amerikaner leitet, ebenfalls wie der Ber
liner, das Gespräch mit einem: „Number please!"
— „Bitte die Nummer" ein. Der Chinese aber weiß,
was er seinem Ruf als höflicher Mann schuldig ist,
und bitte umständlich: „Day Huey bin she ah!",
d. h. etmo, man möge die Güte haben, ihn mit der
richtigen Nummer zu verbinden. In Berlin und
Paris ist das Telephonfräulein ein „Fräulein" oder
eine „Mademoiselle", in London jedoch ein „Hello-
Girl", unid in China siìhrt das Telephonfräulein
den Titel: „Din w«„ sin gay fnnl", was soviel be
deutet wie „eine Person, die Sorge trägt, daß eine
Telephonverbindung zustande kommt.". Für den
Neuyorker dagegen ist das Telephonfräulein nur ein
Teil des Telephons selbst, sozusagen ein mechanisches
Stück des gewaltigen Betriebes, ohne das er sich
sein Leben nicht mehr denken könnte.
Ueber 2,5 Milliarden für Weihnachtsgeschenke.
Der Präsident des amerikanischen „CHriftmas-
Clüb", einer Organisation, der im Lauf des Jahres
die Spargroschen zufließen, die der Arbeiter all
wöchentlich für Weihnachtsgeschenke zurticklegt, hat
di« 8 000 Bankstellen, die diese Spargelder verwal
ten, angewiesen, mit der Auszahlung der deponier
ten Gelder statt am 1. Dezember schon am 24. No
vember zu beginnen. Das bedeutet, daß sich tm
Laufe der drei ersten Dezemberwochen ein Geldstrom
von genau 652 Millionen Dollars in die Kassen der
amerikanischen Geschäftsleute ergießen wird. Man
kann nur bedauern, daß die Alte Welt auch auf
diesem Gebiet mit der Neuen Welt wetteifern kann!
Neuyorks neu« Autohochstraße.
Das ungeheure Anwachsen des Autoverkehrs
in Neuyork führte zum Bau einer besonderen, von
den übrigen Verkehrswegen unabhängigen Hoch
straße für den Durchgansverkehr quer durch die
Stadt. Sie führt am Hudsonufer entlang, 22,5
Kilometer weit in einer Höhe von fünf Metern über
dem Straßenniveau. Ein Teil der Straße bildet
einen herrlichen Boulevard, der die Gleise einer Ei-
senbohnstrecke völlig überdeckt. Außer an den beiden
Enden führen inmitten der Strecke an einzelnen
Stellen schräge Rampen zur Hochstraße empor. Sie
münden in der Mitte der Straße, so daß sich die in
die Höhe fahrenden Autos, ohne den Weg zu kreu
zen, gleich dem Verkehrsstrom einfügen können.
Auf der 18 Meter breiten Dahn ist für sechs Fahr
zeuge nebeneinander Platz. Man rechnet, daß bet
einer Höchstgeschwindigkeit von 64 Stundenkilome
tern stündlich 5000 Autos die Straße passieren kön
nen. Diese Straße, di« mit den modernsten ver
kehrstechnischen und feuerpolizeilichen Sicherheits
einrichtungen versehen ist, wirkt auch ästhetisch recht
eindrucksvoll. Das erste Teilstück ist bereits dem
Verkehr übergeben worden. Große Schwierigkeiten
hat die Fundamentierung von 400 Pfeilern im
Flußbett neben dem Ufer verursacht, wv der Grund
aus seit Jahrzehnten abgelagertem Müll und Un
rat bestand. Für die Zukunft ist bei Anwachsen des
Verkehrs noch ein zweites Stockwerk über der Straße
vorgesehen.
„Warum stellt du dich bloß immer ans Fenster,
wenn ich singe?"
„Ach, ich will mich nur den Nachbarn zeigen,
damit sie nicht denken, ich tu dir was."
WêihķķschiLķNKM Dtttt'chkmB ...
460060 Doppelzentner Spielwaren für die Welt.
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ank-
ivest-
eim-
Ì ist
bri-
strö-
ttter
ruck-
nur
: an
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st.
flickt die Löcher von der letzten Fahrt; die nackten
Zehen strammen die Maschen.
Don Vincenzos Frau kommt aus einem der
Häuser, wo sie in ihrer Unruhe durch eifrige Re
den Ablenkung suchte: sie blickt bohrend über die
erregten Wellen, und auch die Fischer am Strande,
der Fruchthändler und seine fatzrunde Frau sehen
hinaus t— alle sprechen beruhigend auf Donna
Carmela^ ein. Ihr Mann ist heute als einziger
zum Fischfang gefahren und hat seine beiden
Fungen als Gehilfen mitgenommen. Aber sie
werden schon wiederkehren, nur Geduld!
Nun biegt etwas um das ferne Vorgebirge
herum,^ im gleichen Augenblick rühren sich heftig
alle Wartenden, Gesten flitzen empor, und ein
junger Fischer ruft befreit: „Da ist Vincenzo!"
Alle waren sie um sein Schicksal besorgt.
Don Vincenzos Frau hat den Mast ihrer
Darke längst entdeckt, mid dennoch scheint es, als
wüchse ihre Angst, gerade weil Mann und Kinder
wieder im Blickfeld ihrer Augen stehen, denn der
Weg der Drei ist noch weit. und nun spürt man
um so deutlicher alle Gefahren, mit denen das
Meer sie bedrängt.
Aber sie rollen rhythmisch heran, jede Welle
trägt sie dem Ufer näher, man erkennt bereits das
Segel, doch stehe, das Segel ist nichts als ein
weißer, wehender Fetzen.
Donna Carmala faltet die Hände, ringsumher
wird es stumm. Zuweilen steht die Barke wie in
der Luft. dann verschwindet ste wieder in einem
tiefen Wellental.
Nun sieht man, daß drei Köpfe sich unter dem
Segelrest bewegen, sekundenlang werden winkende
Arme erkenntlich, dann taucht die Barke von
neuem hinab.
Den Männern wird es offenbar, daß Don
Vincenzo sein Steuer verlor, sie sagen nichts, aber
alle verfolgen feinen haltlosen Kurs.
Und sie straffen die Arme, um bereit zu sein
wenn er sie brauchen sollte. Immer deutlicher
wird, daß das Boot haltlos schlingert, nur dem
Stoß der Wellen, keiner eigenen Kraft anvertraut.
Und plötzlich, schon im vertrauten Halbkreis
der Bucht, kippt die Barke um und schleudert die
Mannschaft und ihre bewegliche Habe ins Meer.
Da wacht ein unendlich langer, in die Höhe
klimmender Schrei am Strande auf, schrillt rund
um die Piazetta und dringt bis in die entfern
testen Gassen, die am kahlen Gestein der steilen,
schützenden Felsen enden. Dieser Schrei, von Hun
derten von Kehlen ausgestoßen, doch in der 'Ver
schmelzung zu einem einzigen geworden, beginnt
mit den rauhen, unsentimentalen Hilferufen der
Männer, die schon zu den Booten stürzen und die
Taue lösen. Er wird von den schrillen Klagelau
ten der Frauen fortgesetzt, die aus allen Häusern
eilen, die Hände vor die Gesichter schlagen oder be
tend zum Himmel heben. Er wird von den hellen
Stimmen der erregten Kinder weitergetragen, de
nen niemand eine Erklärung zu geben vermag,
weil der Schrecken alle Zungen lähmt, so daß sie
noch weinen und kreischen, als die Fischer längst
ihre knirschenden Riemen in die schwer andrän
genden Wellenberge zwingen; als die Frauen
Donna Carmela in, wieder befreiten Wortschwall
zu trösten versuchen.
Menschenleer liegen Häuser und Gassen da,
und schwarz staut sich die ganze Einwohnerschaft
des Dorfes — eine einzige Familie in dieser
Stunde — am gllchtumspülten Strande. Sie se
hen, daß Don Bincenzo mit erlahmender Kraft
am pendelnden Kiel seines umgestülpten Bootes
hängt. Einer der Knaben hält sich an der ent
gegengesetzten Seite fest, aber den jüngeren hat
der Vater mit seinen Armen umschlungen, und der
Knabe zieht ihn hinab
Schon nähert sich eins der Boote, schräge die
Wellen zerschneidend, den gekenterten Fischern,
hunderte von Augen folgen der Rettungsmann
schaft, es ist als schöben die Energien der War
tenden sie vorwärts. Und nun ziehen ste drei
dunkle Gestalten wie leblos, gleich nassen Säcken
über ihren schützenden Bord. Auch die andern
kehren um, und als ste alle am Ufer landen, er
hebt. sich ein neuer anfchlvellender Schrei, der über
die Wände der Häuser hinweg gegen die Felsen
stößt: der Freudenschrei über die Rettung von
dreien der Ihren. Morgen können sie selbst es
fein, und dann wird Don Bincenzo mit seinen
Knaben unter den Helfern nicht fehlen.
Donna Earmela wirft sich Mann und Söh
nen entgegen, sie küßt die Salztriefenden, die noch
mit alltagsfernen Augen um sich schauen, als kä
men sie direkt aus dem Jenseits.
Lange stehen die Frauen und Kinder vor Don
Vincenzos Haus, indessen die Männer an der
Bucht entlang eilen, um das stoßweise nahende
Strandgut zu suchen. Sie können gar nicht schnell
genug eintreffen, um Don Vincenzos Habe zu
bergen, denn schon treibt das Boot heran und
geht der Gefahr entgegen, sich in Sand und Tang
zu verbohren. Jacken und Hosen fliegen herunter,
Alte und Junge steigen mit wehenden Hemden in
die Wogen, um die Barke emporzuziehen. Das
Steuer fehlt, doch der Schaden ist nicht groß;
braune Knaben schleifen stolz die Ruder durch den
Sand. die weiter oben antrieben, eine Flasche rollt
heran, und auch die Wegzehrung schwimmt mit
neuen Wellenstößen bis auf den gelben Ufersand:
aufgeweichtes Brot, das die immer hungrigen
Hunde des Dorfes verschlingen.
Als letztes Gut erscheinen die gefangenen
Sardellen Don Vincenzos, Stück für Stück, in je
der braunen Fischerhand schimmert es silbern, ste
sind die letzten Opfer der Katastrophe, die im Tri
umph zu dem Hause ihres Besitzers getragen wer
den.
Eine dicke Kerze brennt noch an diesem Abend
in der Rische des Heiligen, die unterhalb des
siebenhundertjährigen Sarazenenturms ins kahle
Felsgestein gehauen ist. Klein und flackernd leuch
tet ihr gelber Schein über das lärmende, gischtum-
wallte schwarze Meer.
Beilage der Schleswlg.Holsteînķschen Landeszeķtung (Rendsburger Tageblatt
Mittwoch, den 10. Dez. 1930
Das Ichrererrös Darf.
Von t- r ich K. S ch m i d t.
Die Tramontana wirft die Wellen — Ton
nen grau-grünen gischtenden Wassers — mit dröh
nendem Schwung in den Halbkreis der Bucht.
Bis zum Horizont ist das Meer voll schäumender
Hügel, mit tiefen Schattentälern dazwischen: eine
quirlende, kämpfende Flut. Darüber steht die
Sonne hoch im Zenit, sie entzündet bunte Far
benspiele in dem schleierigen Dunst, der landein
wärts weht. Auch die Wolken, große, gelbe Bal
len mit zerfetzten Rändern, ziehen jagend über die
kahlen, scharfen Grate der Berge, die die Bucht
«uf beiden Seiten flankieren. Jede Schroffe steht
hart wie Jaspis im hellen Mittagslicht.
Wo Felsen und Riffe den leuchtenden Sand
des Ufers jäh abschließen, wo der Tang sich zu
schwarzbraunen Hügeln ballt, anwachsend von Mi
nute zu Minute, wo steile Fontänen allenthalben
zerplatzend über die Klippen schießen, bunt rie
selnd im Sonnenstrahl — da liegt das sizilische
Fischerdorf, mit schräg ansteigender Piazetta, weit
tzeöffnet zum Meere hin, von kleinen, gelben Häu
serwürfeln eingerahmt — der salzige Atem der
Dellen weht in jedes Fenster hinein Unten am
Strande, dick vertäut, drängen sich die blau-roten
Boote der Fischer dichtanstnander, die ganze knall-
farbige Flottille mit den unbeholfenen Lettern
ihrer vielfachen Frauennamen, dem donnernd
drohenden Anprall der ungestümen See entzogen.
Am' der Piazetta spielen die braunen Knaben
üm dre Palmen herum, ihre Bälle rollen, die
Soldi fliegen in die Lufl. Nur Don Vincenzos
Kinder sind nicht zu sehen. Der Fruchthändler rö
stet Kastanien und wischt sich die Augen, weil der
windgetriebene Rauch sie zerbeizt. Die Tische des
kleinen Ristorante in der Ecke sind weiß gedeckt,
siber kein Fremder sitzt daran, und der Kellner
spuckt elegisch von den Stufen. Ein alter Fischer
hat sein Retz quer über die Piazetta gelegt und