Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 4)

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der ethische Wert 
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Schenken bedingt Denken! Das Richtige zu 
treffen, einen wirklichen Wunsch zu erfüllen — das 
ist der wahre Sinn des Schenkens. Dabei kommt 
ks weder darauf an, ab die Gabe einen praktischen 
Nutzwert hat oder ob sie im Nichterfüllungsfalle 
entbehrlich, noch ob sie den Vcrmögensvcrhällrusicn 
des Gebers oder des Empfängers angepaßt ist. Im 
Gegenteil, einem Vermögenden Geschenke zu machen, 
P mehr Sache des Herzens als einem Unvermögen- 
den. Da heißt es Hören und Sehen, Liebhabereien 
herausfinden, Neuheiten auf dielen Gebieten suchen 
hl'w. Jemandem etwas schenken, was er 'ich nicht 
selbst kaufen kann, ist Sache des Taktes. Man muß 
şchon sehr gut mit einem Menschen stehen, um ihm 
praktische Geschenke machen zu dürfen. 
Wie man auch sei: Niemals ist der Wert eines 
Geschenkes von Größe und Kostbarkeit abhängig. 
Das „betriebsmäßige" Schenken hat mit dem Schen 
kn in ethischem Sinne nichts gemein. Das Ge 
schenk darf nie eine Belohnung, ein Entgelt oder 
^n Wiedergeben sein, all das macht dem Empfänger 
den Dank zur peinlichen Pflicht; es ''oll vielmehr 
der Ausdruck von Herzlichkeit und Liebe sein, der 
sich auch in dem kleinsten Geschenk widerspiegelt, 
ìiiid nur dann schenken, wenn man selbst Freude 
?N Geben hat. Pflichtgeschenke sollte man nach 
Möglichkeit vermeiden oder ihnen wenigstens eine 
persönliche Note geben. 
Es liegt im Tempo unseres heutigen Lebens 
degrünüet, daß wir zu wenig Zeit finden, uns in 
ändere Menschen hereinzudenken, ihre Wünsche zu 
^lauschen. Nehmen wir uns zu dem bevorstehenden 
Deihuachtsfest einmal die Zeit, die kleine Mühe wird 
llns tausendfach belohnt werden in der Freude des 
ändern. 
Die WcihttachîsbrêsrZrrngeķr 
der Hsusjrmr 
und See ķmzeķhemKeķ. 
Von Dr. Walter Elauß, Referent der Einzcl- 
handelsgemeinschaft. 
Die unerfreulichen wirtschaftlichen Verhältnisse 
machen es in diesem Jahre der Hausfrau besonders 
schwer, die Geschenkfrage nach allen Seiten hin zu 
îôsen, und manche Hinderungsgründe finanzieller 
und ökonomischer Art können wohl zum Verzögern 
Hinausschieben der beabsichtigten Weihnachts- 
^îorgungen führen. Deshalb dürfte ein besonde- 
Appell an alle Hausfrauen in diesem Jahre be- 
rechtigt und erfolgversprechend sein, ein Appell des 
gesamten Einzelhandels für die kommenden Wo 
chen, der in der Aufforderung gipfelt: 
Tätigt frühzeitig Eure Einkäufe.' 
Kaust überhaupt vor Weihnachten ein! 
Der erste Wunsch will besagen, daß die not 
wendigen Fest- und Geschenkeinkäufe nicht erst in 
den letzten Tagen vor Weihnachten ausgeführt wer 
den sollen. Und es wäre aus verschiedenen Grün 
den gut, wenn in diesem Jahre seitens der Haus 
frauen von solcher Möglichkeit besonders fleißig 
Gebrauch gemacht würde. Denn die wirtschaftliche 
Depression, in der wir heute leben und die nicht 
zuletzt den gesamten Einzelhandel ernstlich gefähr 
det, inacht es erforderlich, daß der Kaufmann alle 
unnötigen Unkosten zu senken und zu vermeiden 
versuchen muß. Bei diesem Bestreben bedeutet für 
ihn der frühzeitige Verkauf seiner Weihnachtsartikel 
eine wesentliche finanzielle Entlastung. Er kann, 
ohne neue Kredite aufzunehmen, Nachbestellungen 
vornehmen, kann die Kosten der Lagerhaltung ein 
sparen. kann Zinsersparnisse zu einer Preisherab 
setzung bei schwerer absetzbaren, aber um deswillen 
nicht weniger begehrten Gegenständen verwenden 
u. a. m. Zum andern bietet die frühzeitige Erle 
digung der Weihnachtseinkäufe für die Hausfrau 
eine Zeit der Besinnung, ob das Richtige erstanden 
ist, oder ob man es nicht besser umtauscht, ändern 
läßt oder ergänzt, bezw. ob man nicht noch dieses 
oder jenes Stück hinzukaufen muß, um die Wir 
kung des Geschenkes zu erhöhen. In der Hast der 
trubulösen letzten Weihnachtswoche besteht die Ge 
fahr, Dinge einzukaufen, die sich zu spät als ein 
Mißgriff herausstellen und die Freude am Geschenk 
nehmen. Es kann dies leicht eintreten, wenn beim 
Andrang des kauf- und schaulustigen Publikums 
die individuelle Bedienung trotz Vermehrung des 
Verkaufspersonals — oder vielle-cht gerade deshalb 
— leidet, eine Erscheinung, die der Geschäftsinhaber 
nicht zu verhindern vermag, die aber den aus eige 
ner Nachlässigkeit zu spät kaufenden Kunden selbst 
benachieiligt. Der frühzeitige Weihnachtseinkauf 
bedeutet endlich auch eine anerkennenswerte Rück 
sichtnahme auf die im Einzelhandel Beschäftigten, 
für die nicht selten die Vielarbeit der Hochbetriebs 
tage vor Weihnachten ein die Festfreude beeinträch 
tigendes Abgespanntsein nach sich zieht. 
Noch dringender ist der zweite Wunsch des Ge 
schäftsmannes: Kauft überhaupt vor Weihnachten 
ein! 
Hiergegen gibt die Hausfrau zwei Gründe an: 
Erstens, die Bequemlichkeit und die Vorteile des 
Dargeschenks, zweitens, die Aussicht auf einen all 
gemeinen Preisabbau. 
Das Dargeschenk ist zum Leidwesen des Einzel 
händlers verbreiteter als man annimmt. Es hat 
verschiedene, zugegebenermaßen auch berechtigte 
Gründe, z. B. Gaben an Notleidende usw. Viel 
fach aber entspringen sie der Bequemlichkeit des 
Schenkenden oder der Wunschträgheit desjenigen, 
für den der Betrag bestimmt ist. Auch spricht oft 
mit die Aussicht auf den bald nach Weihnachten 
folgenden Inventurausverkauf, wo man billiger ein 
zukaufen hofft. Ein Bargeschenk ist doch nun aber 
reinster Materialismus, wenn es in solcher Erwä 
gung um weniger Pfennige willen, die nur für 
einige Warengruppen gelten kann und zudein nicht 
sicher ist, seinen Ursprung hat. Das paßt gar nicht 
so recht zum Weihnachtsfest, welches noch ein wenig 
Idealismus in unsere materielle Zeit hineinträgt. 
Cs ist nicht anzunehmen, daß sich die Hausfrau gern 
einen solchen Mangel an Idealismus nachsagen 
läßt. Daher möge sie das Dargeschenk vermeiden 
und damit auch dem Einzelhandel bienen. für den 
es eine nicht unerhebliche Schmälerung des Weih 
nachtsgeschäftes bedeutet. 
Was die Aussicht auf einen Preisabbau betrifft, 
so ist der Hausfrau einzuräumen, daß sie nach al- 
lem, was sie über die diesbezüglichen Maßnahmen 
der Reichsregierung in den letzten Monaten gelesen 
und gehört hat, wohl auf den Gedanken kommen 
mußte, daß ein allgemeiner Preisabbau nahe be 
vorstünde. 
Eine allgemeine Senkung des Preisniveaus 
kann sich jedoch nur allmählich durchsetzen, und es 
wäre daher ganz falsch, mit der Deckung seines 
Bedarfs zurückzuhalten in der Erwartung, daß nun 
gerade auf dem in Betracht kommenden Warenge 
biete in nächster Zeit ein Preisabschlag eintreten 
würde. 
Dies gilt besonders für die Weihnachtsein 
käufe der Hausfrauen. Es wär im gegenwärtigen 
Zustand unserer Wirtschaft verfehlt, den Einzelhan 
del in größte Gefahr zu bringen, zumal cs sich nicht 
um gegenteilige Interessen, sondern um das gemein 
same Ziel, dem Volksganzen zu helfen, handelt. Die 
Bedeutung gerade des Weihnachtsgeschäfts ist für 
viele Einzelhandelsbetriebe ' weit größer, als die 
Konsumenten annehmen. Mit seinem Erfolg oder 
Nichterfolg steht und fällt unzähliger Spezialge 
schäfte Existenz. So müssen beispielsweise die Um 
sätze der Spielwaren-, Radioartikel-, Wäsche-, Her- 
renausstattungsgeschäfte, des Buch- und Musika 
lien-, des Glas- und Porzellanhandels, der Scho 
koladen- und KonfitUrenläden in den Endmonaten 
des Jahres das Mehrfache der Umsätze in allen 
übrigen Zeiten des Jahres zusammengenommen 
betragen, um die Aufrechterhaltung des Betriebes 
überhaupt zu ermöglichen. Ferner gibt es zweifel 
los Einzelhandelsbetriebe, deren jährliche Umsatz 
kurve gleichmäßiger verläuft, und solche, die in an 
deren Monaten des Jahres ihre Hauptumsätze zu 
machen pflegen. Doch sind auch diese an dem zu 
sätzlichen Bedarf, den das Weihnachtsfest bringt, 
stark interessiert und beanspruchen einen Anteil an 
seiner Deckung für sich. Alle Kategorien insgesamt 
sind also letzten Endes darauf eingestellt, mit einem 
guten Weihnachtsgeschäft rechnen zu müssen. Die 
Folgen des Gegenteils würden weitere Arbeitslosig 
keit und Fortschreiten des wirtschaftlichen Nieder 
ganges fein. 
Deshalb möge die Hausfrau dem dringenden 
Rufe des Einzelhandels jetzt ganz besonders fol 
gen und in der Vorweihnachtszeit frühzeitig ihre 
Einkäufe tätigen im Bewußtsein, damit einen Dienst 
nicht nur sich und dem Einzelhandel, sondern dar 
über hinaus der notleidenden deutschen Wirtschaft 
zu leisten. 
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Gedenktafel für die erste deutsche Aerztin. 
In Quedlinburg, der Geburtsstätte-der ersten 
deutschen Aerztin, Frau Dr. Dorothea Ehristine 
Erxleben, geb. Leporin, hat der Verkehrs- und Vcr- 
ichönerungs-Verein im Einvernehmen mit dem Ver 
bände weiblicher Aerzte Deutschlands beschlossen, 
die berühmte Tochter der Stadt durch eine Gedenk 
tafel an dem Hause, in dem sie 1718 geboren wurde, 
zu ehren. 
Drrchempfchkrmßsrr. 
Die Frau unserer Zeit. Ein neuartiger Frauen 
kalender erscheint im Safari-Verlag. Berlin, heraus 
gegeben von der bekannten Journalistin und 
Schriftleiterin Frieda Radel, Hamburg. Er bringt 
neben Porträts hervorragender Frauen und Wie 
dergaben ihrer Werke zahlreiche Bilder aus der 
Ausbildung des jungen Mädchens, aus der Woh 
nung, aus dem Berufs- und Sportleben der mo 
dernen Frau; dazwischen Reproduktionen von 
Kunstblättern, die auf die Stimmung des betref 
fenden Monats Bezug nehmen und zahlreiche frische 
Fotografien aus dem Kinderleben. Unter den 52 
Bildern sehen wir beispielsweise die erste deutsche 
Buchbinderin Marie Lühr bei der Arbeit, Fran 
ziska Bruck beim Unterricht in der Blumenkunst, 
Milly Sieger im Atelier, Käthe Kruse von ihren 
Puppen umgeben, wir sehen Maiden auf einer Ge 
flügelfarm und Kleinkinder beim Turnen, junge 
Mädchen beim Hockey, bei der Säuglingspflege, bei 
der Berufsberatung. Diese wenigen Hinweise mö 
gen die Mannigfaltigkeit, auf der diese Neuerschei 
nung sich aufbaut, charakterisieren. Der beigege 
bene Text weist auf fruchtbares Frauenschaffen hin, 
Sinnsprüche und Lyrik von Frauen umrahmen die 
Blätter. Gedenktage erinnern an das Wirken der 
Vergangenheit. „Die Frau unserer Zeit" ist der 
vielversprechende Anfang zu einem Werk, das in 
immer neuer Folge die ganze Vielgestaltigkeit de» 
heutigen Frauenlebens mit seinen zahllosen Mög 
lichkeiten, Aufgaben, Erscheinungen und Ausgestal 
tungen widerspiegeln und ein Weggenosse der Frau 
im Beruf und im Leben sein möchte. L. o. G 
Schaffende Frauen überall! Wir sind gewöhnt, 
sie nicht nur im Haushalt, sondern in kraftvollem 
Wirken auf allen Gebieten zu finden, z. V. in der 
Seelsorge, Politik, Rechts- und Staatswissenschaft, 
Chemie, Medizin, Schule, im Sport u. v. a. Mit 52 
Bildnissen und kurzen verbindenden Texten berich 
tet der Beyer-Kalender „Frauen-Schassen 1931" 
über zahlreiche Führerinnen, deren Tätigkeit und 
Erfolge. In seiner vornehmen Aufmachung ist er 
die Zierde jedes Damen-Schreibtisches und ein 
überall willkommenes Geschenk. Für nur 2,80 RM. 
durch jede Buchhandlung zu beziehen, wo nicht, 
wende man sich an den Verlag Otto Beyer, Leipzig, 
Weststraßc 72. 
Bücherei der Frau, Leopold Klotz-Verlag, 
zu beziehen durch Buchhandlungen und 
Frauenvereine. Dieser Buchkatalog will ein Füh 
rer sein zu neuen und zu alten bewährten Büchern. 
Die mitwirkenden Frauenvereine bearbeiten die 
Beurteilung der Neuerscheinungen ihren Arbeits 
gebieten entsprechend. Die Listen der früher erschie 
nenen Werke sind unter ihrer Mitarbeit entstanden. 
Der Katalog sei als neutraler Ratgeber aller Frauen 
wärmstens empfohlen. E. Sp. 
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Maria Theresia's erster Krach 
mit ihrem £mnul 
(Zum 150. Todestag am 29. November.) 
Stark veranlagte und groß wirkende Natu 
ren, so wie die bedeutende Kaiserin eine war, be 
wundern wir in jenen Momenten, da ihr Wollen 
und Können sie in das Glanzlicht des Ruhmes stellt. 
Aber menschlich näher kommen sie uns im freund 
lichen Lichte ihres Alltagslebens. Deshalb mag 
folgende, der Wahrheit nacherzählte Begebenheit 
vielleicht interessieren. Umsomehr, da sie ein nicht 
unwichtiges historisches Ereignis zum Endresultat 
hatte. Als Pflästerchen, das Maria Theresia dem 
geliebten Gatten auf. die Wunde legte, die ihm der 
erste Krach verursacht hotte. / Aber so weit sind 
wir noch nicht, nein. Noch sitzen die Thereserl, so 
wie der Franzel, jedes in seinem Zimmer im 
Schmollwinkel, krebsrot vor Zorn, und selbst der 
Oberhofmeisterin, der Fuchsin, beider Vertraute, 
şällt es schwer, Frieden zu stiften. So sehr sie auch 
dazu veranlagt ist, im Gegensatz zu ihrem Namens 
vetter, Herrn Reineke Fuchs. Diese würdige Fuchs 
in also pendelt vergebens zwischen den beiden 
jungen Ehegatten hin und her. Sie wundert sich 
höchlich, daß sie diesmal bei Franz Stephan kein 
leichteres Spiel hat. Denn er, der Bescheidene, Gut 
mütige, immer liebenswürdig Heitere, reagiert doch 
ionst auf jede, noch so leiseste Schwingung des rei 
zenden, erzherzöglichen Pantöffelchens — damals 
uoch kein kaiserliches, wozu es erst in vier Jahren 
befördert wurde. — Franz Stephan ist tödlich be 
leidigt. Hat ihm doch seine blutjunge Gattin es 
abgeschlagen, bei ihrem Vater, dem damals noch 
regierenden und mit dem jungen Paar zusammen 
in der Hofburg wohnenden Kaiser Karl dem Sech 
sten, ihn, besagten Franzerl, einen Fe!dl)errnstab 
zu erwirken. Er hatte ihn schon einmal geführt — 
leider. Gegen die Türken, diese aber nicht sonderlich 
damit in Schrecken versetzt. Die Erfolge seines gro 
ßen Vorgängers, des Prinzen Eugen, spukten ihm 
im Kopfe herum. Mer ein Feldmarfcholl war der 
Franzel nicht — so hatte ihm die Thereierl ver 
sichert, ihn ein Trostbusserl gegeben und ihn ein 
»süßes Hascherl" genannt. Man denke! ein Ha- 
şcherl! im selben Moment, wo man den General 
partout rausbeißen will! Na — ein Wort gab das 
andere. Die Thereierl war nie aufs Goscherl gefal 
len, und den Schluß der Debatte stehe oben. / Es 
war aber kein schöner Schluß. Das konstatierten 
beide Hauptakteure. Und es wurde auf die Dauer 
langweilig. Vergebens lauerte die Thereserl auf 
ein „Fortsetzung folgt", hoffentlich aoer in anderer 
Tonart. Wieder in Dur. nicht mehr in Moll. Es- 
dur womöglich, denn beide waren sehr für kulina 
rische Genüsse. Der Franzel aber kam derweil auf 
die Idee, zur Jagd zu reiten. Er ließ alle Vor 
bereitungen hierzu durch seinen Kammerdiener tref 
fen/ was man drüben hörte. Zufällig, ganz zu 
fällig natürlich. Aber mit keiner Silbe ließ er 
seine Gemahlin zur Begleitung auffordern. Ab- 
icheulich! Und sie war doch so eine leidenschaftliche 
Jägerin und Reiterin und zum Anknabbern süß zu 
Pferde. / Ja, da war guter Rat teuer. Was tun? 
Denn eine zukünftige Kaiserin wirft sich selbst dem 
angebetetsten Gemahl — das war Franzel bis an 
sein hochseliges Ende — nicht so larifari an den 
Hals. Eher konnte man es vielleicht durch eine List 
versuchen, den Abtrünnigen herbeizulocken. Denn 
bei dem trüben Wetter, das eben mit Hagelschauern 
einsetzte, da gab es nämlich einen Genuß, dem der 
Franzel noch lieber fröhnte, als der Iagdpassion. 
Umsomehr, da es eine verbotene Frucht war. Vom 
kaiserlichen Herrn Vater am Hofe untersagt, streng 
stens, allerstrengstens. Und wenn dieser nun etwa 
mittendrin dazukam? Auch die brave Fuchsin schüt 
telte sehr bedenklich den Kopf. Aber es gab eben 
nur dies eine Mittel, den Dickkopf seinem Jagd- 
vorhaben abwendig zu machen und das war — 
ein Kaffeestündchen bei allerlei guten, süßen Din 
gen. Und die Thereserl bat und bettelte so herzig 
bei ihrer Fuchsin, daß diese, die ja selbst mit einem 
Täßchen des verbotenen Getränkes auf gutem Fuße 
stand, nicht nein sagte. Zudem wohnte der Kaiser 
ja weit drüben im anderen Flügel und hatte heute 
mittag das Vorhaben bekundet, auch zur Jagd zu 
gehen. Also mit Volldampf — im wahren Sinn 
des Mortes — ans Werk. 
Das Wasser kocht. Die Fuchsin brüht das 
verpönte Getränk selbst im Boudoir ihrer Schutz 
befohlenen auf. Mit allen erdenklichen Borsichts 
maßregeln. Nur dis brave, verschwiegene Kam 
merfrau, die Hieronymus, ist mit im Komplott. 
Sie schmuggelt nämlich die gefährlichen Kaffee 
bohnen zwischen Schleiern und Bändern ein und 
erwärmt das Wasser auf dem Lockenbrennapparat. 
Schmunzelnd — denn auch sie liebt ein Täßchen. 
Die bei Maria Theresia bekanntlich Sommers und 
Winters offenen Fenster werden fest verschlossen, 
aber die Tür zum Korridor wird geöffnet, damit 
das wunderbare Kaffeearoma einladend zum 
Franzel hinüberschweben könne. Selbstverständ 
lich hatte man dem edlen Zweck zuliebe heute eine 
halbe Bohns mehr genommen. / Und nun wartete 
man ab. Und ließ sich derweil schön machen, was 
man ja ohnehin schon war. Aber in dem silber 
gestickten Brokatkleid mit dem hellblauen Mieder, 
über das die blonden Ringellocken fielen, fand der 
Franzel sie ja immer „einfach zum Fressen". Und 
der weite Reifrock hob die schlanke Taille ebenso 
vorteilhaft hervor, wie der halblange, weite Puff 
ärmel den blendend weißen Arm und die schöne, 
charaktervolle Hand. / „I mag heut fei Diadem 
im Haar,. Hieronymus," hieß es zum Schluß, „tuet 
Franzel soll durch ein Krönerl grad jetzt nit an 
die zukünftige Kaiserin g'mahnt werden. Nur 
sei' Thereserl soll er hier vorfinden." / Der Kaffee- 
duft hatte inzwischen seine Schuldigkeit als Lock 
speise getan. Seine großherzogliche Hoheit, der 
Franzel, geruhten an seiner Tür zu schnuppern, 
sie dann ein bissel zu öffnen — grad soweit, daß 
die erlauchte Nasenspitze hindurchlugen konnte und 
zuletzt seinen vertrauten alten Kammerdiener, der 
auch gern Kaffee trank, über den Korridor schräg 
hinüber zur Frau Erzherzogin zu senden. Zur An 
knüpfung der Friedensverhandlungen. Dort drü 
ben stand, an der selbstverständlich ganz zufällig 
offenen Tür die Fuchsin und empfing ihn sofort 
in persönlicher Audienz. Die Antwortsnote mutz 
äußerst loyal ausgefallen sein. Denn schon fünf 
Minuten darauf sehen wir Thereserl und Franzel 
einträchtiglich neben einander auf dem Divan 
sitzen. Bor sich am gemütlichen, runden Tisch eine 
riesige Kaffeekanne, eine Kristallschale voll frisch- 
geschlagener Schlagsahne und köstliche Krapferln, 
Milchkipferln usw. Und die Unterhaltung war 
ein bissel politisch. Man aß und trank und bus 
selte nach Herzenslust. Im Nebenzimmer gab es 
eins Filiale hiervon, einen „Kammerkaffee", wenn 
auch ohne Busserln. Dazu waren die Teilnehmer 
nicht mehr jung genug. / Doch — mit des Ge 
schickes Mächten ... — Plötzlich stürzt die von Zeit 
zu Zeit mit der Taste in der Hand den Korridor 
auf und ab patrouillierende Hieronymus herbei 
mit dem Schreckensruf: „Der Kaiser kommt." / 
Dem Franzel fällt vor Entsetzen fast die Tasse aus 
der Hand. Kennt er doch, als am Wiener Hof 
erzogen, genugsam den strengen, zeremoniellen 
Kaiser. Thereserl aber ist nicht so leicht aus der 
Fassung zu bringen: „Fuchsin! dis Fensterl auf 
und die Türen zu. 's Kaffeekannerl in mei' Klei 
derschrank. So. Da bleibt er hübsch warm. Und 
den Schlagobers naus aufs Fensterbrettl. So. 
Da bleibt sie gut kalt, bis der Kaiser fort ist. 
Außerdem haben der Herr Bater'n g'sunden 
Schnupfen — unberufen — und werden nix rie 
chen." Wenige Augenblicke danach ahnt niemand 
mehr etwas von einer üppigen Kaffeejanse (Ve 
sper) / Oberhosmeister von Khevenhüller, übri 
gens ein guter Freund van Maria Theresia, mel 
det leise schnuppernd den — tatsächlich stark er 
kälteten — Kaiser an. Das junge Paar erstirbt 
vor Entzücken in Knixen und Bücklingen. Und da 
Frau Sonne mit im Komplott ist — eben grüßt 
sie leuchtend durchs Fenster — beschließt der Kai 
ser rasch, doch noch zur Jagd zu reiten und emp 
fiehlt sich eiligst. Sowie aber der letzte Zipfel kai 
serlicher Majestät den langen Korridor hinab ver 
schwunden ist, holt die Thereserl die Schlagsahne 
zum Fenster herein und die Fuchsin die Kanne 
aus dem Kleiderschrank. Der war kochend, denn 
die schlaue Fuchsin hatte ihn in ein Kapuzerl von 
ihrer Herrin eingewickelt. Und da schmeckte er dem 
Franzerl noch mal so gut. Aber er sollte gleich 
noch ein Pflästerchen auf seine Feldherrnwunde 
haben. Deshalb versprach ihm die Thereserl, daß 
sie ihn bei ihrem dereinstigen Regierungsantritt 
zum Mitregenten annehmen und ihn außerdem 
zum römischen Kaiser werde krönen lassen. Hui 
auch hieran knüpfte sich eine drollige, kleine Epi- 
sode. Denn als Franz Stefan zu Frankfurt am 
Main am 4. Oktober 1745 wirklich diese Ehrung 
erfährt und eben, als dis Zeremonie vorbei, aus 
dem Römer auf die Straße tritt, da ertönt als 
erster Gruß vom Balkon gegenüber ein quellen- 
frisches „Vivat Franziskus". Das war ganz Ma 
ria Theresia, das echte Naturkind, das auch einst 
von der Loge des Burgtheaters ihren lieben Wie 
nern zurief: „Ihr Leut, der Poldl (ihr Sohn Le 
opold) hat 'nen Buben." Und die im Park von 
Schönbrunn für jede arme Mutter zu sprechen 
war. / So — für beide Teile befriedigend — 
endete der erste Krack Maria Theresias mit ihrem 
Franzel. Es sollte nicht der letzte sein — behüte 
— es hat noch manchmal gedonnert und geblitzt, 
aber eingeschlagen hat es nie. 
Anna Schwabacher-Bleichröder.
	        
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