Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 4)

6d)teswlg-ßolfteinlfd)e LanLsszsîLung 
123. Jahrgang. 
123. Jahrgang. 
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Ms Kriegsfuß mil den MismlsoziaWen 
Der Senat der Stadt Hamburg erläßt fol 
gende Bekanntmachung: „Beamte, die Par 
teien und Organisationen unterstützen oder 
fördern, die den gewaltsamen Umsturz der be 
stehenden Staatsordnung erstreben, verletzen 
die aus dem Beamtenverhältnis sich ergebende 
besondere Treupslicht des Beamten gegenüber 
dem Staat und machen sich eines Dienstver 
gehens schuldig. Zu diesen Parteien gehören 
die Kommunistische Partei Deutschlands und 
die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter 
partei. Die Kommunistische Partei hat selbst 
zugegeben, daß sie den gewaltsamen Umsturz 
der bestehenden Staatsordnung erstrebt. Die 
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei 
verfolgt nach zahlreichen Aeußerungen maß 
geblicher Führer das gleiche Ziel. Gegenteilige 
Erklärungen von Führern dieser Partei aus 
jüngster Zeit beweisen nicht, daß die National 
sozialistische Deutsche Arbeiterpartei dieses 
Ziel aufgegeben hat. Der Senat warnt daher 
die Beamtenschaft nachdrücklich vor jeder Un 
terstützung und Förderung solcher Parteien 
und Organisationen." Der Polizeisenator 
unterstreicht diese Warnung noch in einem 
Erlaß an die Polizeibeamten. 
Politisches Schwergewicht erhält die Se 
natsverfügung nach Lage der Dinge vor allem 
nach der nationalsozialistischen Seite hin. Füh 
rer der Nationalsozialisten im Reich begeben 
sich „u Reichspräsident und Kanzler, präsidie 
ren im wichtigen Auswärtigen Ausschuß — 
und die Regierung einzelner Staaten stellt 
sich nach wie vor zu dieser Partei aus Kriegs 
fuß. Der innere Widerspruch ergibt sich von 
selbst. 
Dir Abrüstung 
als Schlüsttlproblem 
Bon Eduard D i n g e l d e y, M. d. R. 
Eduard Dingeldey, eine der führenden Per 
sönlichkeiten der Deutschen Volkspartei und zu 
gleich ein Freund des verstorbenen Neichswußen- 
ministers Dr. Stresemann, gewährte unserem Ber 
liner H. V.-Mitarbeiter eine Unterredung, in der 
er sich „im Stresemannschen Sinne" über die 
nächsten Ziele unserer Außenpolitik äußerte. 
Die Deutsche Volkspartei und mit ihr wohl 
die Mehrheit der Parteien hält es in der,Tribut- 
frage für eine Selbstverständlichkeit, daß die völli 
gen Veränderungen der weltwirtschaftlichen Ver 
hältnisse, insbesondere auch auf dem internationa 
len Geldmarkt und in Deutschland selbst zu einer 
Aufrollung der Tributfrage auf dem durch die 
Verträge gebotenen Wege führen müssen. Ich 
erblicke die Voraussetzung für den Erfolg dieser 
Revisionsforderung in der Bekundung des be 
schlossenen Willens, in Deutschland selbst durch die 
notwendigen Reformen zur Sicherung der 
Wirtschaft zu tun, was aus eigener Kraft er 
reichbar ist. In dem Bemühen, der Welt den 
ungeheuer ernsten Willen Deutschlands zur Eigen 
hilfe zu beweisen, ist die Reichsregierung sehr 
weit vorangekommen, und das Echo, das das Sa- 
niernngsprogramm der Reichsregierung im Aus 
land gefunden hat. beweist, daß man in der Welt 
unser Bemühen wohl anerkannt und daß wir al 
les tun müssen, um alle vernünftigen Pläne der 
Eigenhilfe bis zur letzten Kraft zu verwirklichen. 
Erkennt das Ausland, daß wir alle Möglichkeiten 
der wirtschaftlichen Selbsthilfe erschöpft haben und 
trotzdem die Krise nicht überwinden können, weil 
die'Reparationszahlungen unsere Kraft lähmen, 
so wird der Voden, auf betn wir unsere Revisions- 
GrZesmski Verlms neuer WiZeiyrjWenl 
Das preußische Staatsministerium hat be 
schlossen, den Staatsminister a. D. Crzesinski znm 
Polizeipräsidenten von Berlin zu ernennen. Der 
bisherige Polizeipräsident von Berlin, Zörgiebel, 
ist in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. 
ZanMmle şiechWe HMporne 
verletzen zwei Deutschböhmen schwer. 
Als die beiden deutsch-böhmischen Geschäfts 
leute Reichel, Vater uird Sohn, im Kraftwagen 
von Troppau nach Zossen fuhren, kam ihnen ein 
Fuhrwerk entgegen, das nicht ausweichen wollte. 
Als der Kraftwagenführer in deutscher Sprache 
fragte,, warum er hier, nicht ruhig seines Weges 
fahren könne, stürzten Leute, die auf einem Rü 
benfelde an der Straße arbeiteten, unter Führung 
des Gemeindevorstehers einer benachbarten tsche 
chischen Ortschaft herbei. Sie gingen auf die In 
sassen des Kraftwagens los, schlugen sie blutig und 
stachen mit Rübengabeln auf dis beiden Deutschen 
ein. Dabei riefen sie fortgesetzt: „Schlagt die 
deutschen Hunde!" Die beiden Deutschen wurden 
auf Veranlassung der Polizei in das Krankenhaus 
nach Troppau gebracht, wo sie schwerverletzt dar- 
niederliegen. 
Halfern endgültiger Oberprastdent von Pommern. 
TU. Berlin, 8. November. (Eig. Funkmeldung.) 
Wie die Telegvaphen-Union erfährt, hat das preu 
ßische Kabinett den bisherigen kommissarischen Ober 
präsidenten von Pomutern, von Halfern, zum end 
gültigen Oberprästdenten von Pommern ernannt. 
Nein der Regierung. — Stürmische Auseinander 
setzung. 
Im braunschweigischen Landtag gab namens 
der Regierung Minister Dr. Küch-nthal die Er 
klärung ab, daß das Ministerium die sozialdemo 
kratische Anfrage, ob Minister Dr. Franzen sein 
Amt niederlegen oder sich bis zu einer endgültigen 
Klärung jeder Amtshandlung enthalten wolle, mit 
„Rein" beantwortet. Die zweite Frage, welche 
Stellung das Ministerium zu dem Fall Franzen 
einnehme, beantwortete Küchenthal dahin, daß 
eins Stellungnahme erfolgen werde, sobald die 
Angelegenheit geklärt sei. 
Die Besprechung der sozialdemokratischen An 
frage nahm sehr stürmische Formen an. Zwischen 
rufe wie „Lügner", „Lump" usw. Hagelten. Die 
bürgerlichö Einheitsfraktion gab die Erklärung ab, 
daß ste nicht in ein schwebendes Verfahren ein 
greifen wolle und sich ihre Stellungnahme vor 
behalte. 
Mmsterreöen im Reichsraļ. 
Mitarbeit der Länder trotz Bedenken. 
Nach dem Kanzler, über dessen Rede wir 
gestern berichtet haben, erläuterte Reichs 
finanzminister Dietrich im Reichsrat die Ge 
setzentwürfe im einzelnen. Neichsarbeitsmini- 
ster Stegerwald führte aus: Wir rechnen da 
mit, daß im nächsten Jahre 900 000 Menschen 
unter Krisenfürsorge fallen und 114 Millio 
nen Hauptunterstützungsempfänger vorhan 
den sind. Ueber die Lohnpolitik besteht 
augenblicklich große Verwirrung. Ganz 
zu Unrecht wird der Regierung 
vorgeworfen, daß sie Lohnsenkungspvkitik 
treibe. Dabei wird vergessen, daß in anderen 
Ländern, wo der Staat sich gar nicht um die 
Löhne kümmert, auch eine starke Lohnsenkung 
eingetreten ist, im freien Spiel der Kräfte. 
Wenn die Reichsregierung ihre Machtmittel 
zur Stabilisierung der Löhne einsetzen wollte, 
so stände sie vor einer kaum lösbaren Aufgabe 
Ueberlassen mir die Lohnentivicklung dem 
freien Spiel der Kräfte, so könnten bei der 
deutschen Neigung zum Extremen Störungen 
der öffentlichen Ordnung infolge Streiks und 
Aussperrungen eintreten, so daß das Sanie- 
rungsmerk dadurch ernstlich gefährdet werden 
könnte. Für die deutsche Regierung bleibt da 
her nur der dritte Weg der Lohnpolitik offen, 
üümlich mäßigend und regulierend einzugrei 
fen. 
Hierauf wurde die öffentliche Reichsrats 
sitzung geschlossen und die Beratung über den 
Arbeitsplan in vertraulicher Sitzung fort 
gesetzt. Es sprachen die Ministerpräsidenten 
fast aller deutschen Länder. In der Aussprache 
kam der Wille zum Ausdruck, an dem Reform 
werk mitzuarbeiten, wenn auch in Einzelhei 
ten noch Bedenken vorgebracht wurden. 
den Ergebnissen haben die Demokraten, die bisher 
mit 163 Abgeordneten im Repräsentantenhaus 
vertreten waren, die besten Aussichten, die zur ab 
soluten Mehrheit erforderlichen 53 Sitz« zu er 
obern. Ist es ihnen doch gelungen, in 7 Staaten 
21 neue Mandats zu gewinnen. Der Block der 
Prohibitionsgegner im Repräsentantenhaus hat 
bisher 28 neue Sitze gewonnen. In Chicago konnte 
der demokratische Senatskandidat Lewis mit der 
außerordentlich großen Mehrheit von % Millionen 
Stimmen die Republikanerin Ruth Me Cornick 
schlagen. Bei den ErgänzungsWahlen zum Senat 
im Staate New Jersey wurde der frühere ameri 
kanische Botschafter in Mexiko, Morrow, mit gro 
ßer Mehrheit gewählt. 
Rach den bis 3 Uhr morgens amerikanischer 
Zeit vorliegenden Ergebnissen scheint es den De 
mokraten gelungen zu sein, die absolute Mehrheit 
im Repräsentantenhaus zu erringen. Im Senat 
dürften die Demokraten mindestens 7 neue Sitze 
erringen, womit die bisherige republikanische 
Mehrheit einer solchen der Demokraten und „In 
surgenten", d. h. Republikanern, die die Politik 
ihrer Partei nicht immer mitmachen, Platz machen 
würde. Bezeichnend für die allgemeine Stimmung 
im Volke ist die Niederlage des von dem früheren 
Präsidenten unterstützten republikanischen Senats 
kandidaten Butler, der von dem prohibitionsfeind 
lichen Demokraten Marcufa Coolidge geschlagen 
wurde, 
Uebmaschende Ecsolge der Zemoîrà 
T-U. Newyork, 5. Noo. (Eig. Funkmeldung.) 
Die bisher vorliegenden Ergebnisse der amerikani 
schen Wahlen zeigen ein Anwachsen der demokrati 
schen Stimmen, das selbst die kühnsten Erwartun 
gen der Demokratischen Partei übertrifft. Ob die 
ser Erfolg aber ausreicht, den Demokraten die ab 
solute Mehrheit im Repräsentantenhaus zu sichern, 
läßt sich zur Zeit noch nicht sagen. Selbst in Staa 
ten, die als Hochburgen der Republikaner gelten, 
so z. B. in Cansas »nd Illinois, führen die demo 
kratischen Kandidaten mit beachtlichem Vorsprung. 
Dem Senator Allen, einem nahen Parteifreund 
Hoovers, droht im Staate Cansas eine vernich 
tende Niederlage. Roosevelt, der Gouverneur des 
Staates Newyork, der als möglicher Kandidat der 
Demokraten für die Präsidentschaftswahl 
im Jahre 1932 gilt, wurde mit ungeheurer 
Mehrheit wiedergewählt. 
Der Sieg Roosevelts über den republikanischen 
Gegenkandidaten ist um so bezeichnender, als 
Roosevelt bedingungslos für den Widerruf der 
Prohibitionsbestimmungen eintritt. Auch das 
Wahlergebnis in den übrigen Staaten zeigt eine 
starke Zunahme der Prohibitonsgegner. Im Staat 
Kentucky kam es in mehreren Orten zu bluti 
gen Zusammenstößen, bei denen zwei 
Weiße und ein Neger erschossen und ein früherer 
Scherif schwerverletzt wurden. 
Weiter wird gemeldet: 
Obwohl noch zahlreiche Ergebnisse der ameri 
kanischen Wahlen ausstehen, läßt sich bereits jetzt 
feststellen, daß die Wahlen, die im Zeichen des 
Protestes gegen die Politik des Weißen Hauses 
standen, Hoover eine empfindliche Niederlage ge 
bracht haben. Die meisten Südstaaten, die 1928 
republikanisch wählten, sind von den Demokraten 
zurückerobert worden. Nach den bisher vorliegen- 
forderungen erheben können, geschaffen sein. Sind 
wir so weit, dann wird die Inangriffnahme einer 
Aenderung der Tributverträge eine 
Lebensfrage für die deutsche Wirtschaft sein. 
Durch unermüdliche Hinweise kann es sehr 
wohl gelingen, die Weltwirtschaft davon zu über 
zeugen, daß Deutschlands Reparationszahlungen 
ihr mehr schaden als nützen. Das Gefährlichste für 
die internationale politische Lage und ein dauern 
des Hindernis für die wirkliche Verständigungs 
politik auf der für uns allein möglichen Grund 
lage der Gleichberechtigung ist das Verhalten des 
Auslands, namentlich Frankreichs, in der Ab 
ruft u ng s f rag e. Das deutsche Volk empfin 
det die gewaltigen Rüstungen Frankreichs, die in 
vollem Gegensatz stehen zu den Verpflichtungen 
der Völkerbundsakts und des Versailler Vertrages, 
und die sich in den letzten Jahren ganz besonders 
entwickelt haben, als eine ernste Bedrohung seiner 
nationalen Sicherheit. Und nicht nur wir empfin 
den das. Auch Amerika sieht ja in der dauern 
den Aufrüstung Frankreichs zweifellos eine An 
häufung von Explosivstoff in Europa. Frankreich 
verausgabt für seine Aufrüstung nicht nur einen 
beträchtlichen Teil seines Etats, sondern auch das 
In Industrie- und Wirtschaftskreisen ver 
spricht man sich von dem Wahlsieg der Demokraten 
eine allgemeine Eeschäftsbclebung, 
da man an 
nimmt, daß die republikanische Kongreß-mehrheit 
eine Revision des Hochschutzzolltarifes anstreben 
wird. An dem Ergebnis der Wahlen fällt ferner 
die über Erwarten große Stärkung der Prohibi 
tionsgegner ins Auge, doch dürfte der Block der 
„Trockenen" auch im 72. Kongreß die Mehrheit 
haben. 
Herne in polnischem vermf. 
Herväs Artikel über die Korridorfrage hat 
bi "-'lnischen politischen Kreisen große Erre 
ttn, g hervorgerufen. Das Regierungsblatt 
»Kurzer Czerrvony" erklärt, daß der „berück)-
	        
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