Den Frauen
Was bringt öas Harrdelsklaffmgrfth den Haaskraam?
Die Statistik zeigt in der Regel den Anteil der
Ernährungskosten lediglich im Rahmen des (Bin
ko-menens des Einzelnen oder der Familie. Geheim^
rat Kerp vom Reichsgesundheitsamt errechnet dem.
gegen-über die Gesamtsumme des deutschen Jahres
verbrauchs an Lebensmitteln. Den Wert allein an
Rohwaren beziffert er auf 22 Milliarden RM., so
daß der Gesamtverzehr mit annähernd 200 Milliar
den RM. anzusetzen sein dürfte- Innerhalb dieser
gewaltigen Summe ist der Verbrauch inländischer
Erzeugnisse von ungeheurer Bedeutung; es ist ver
ständlich, daß Erzeuger und Regierung bestrebt sind,
der schwer daniederliegenden deutschen Landwirt
schaft durch verstärkten Jnlandsabsatz Hilfe zu brin
gen. ' So ist man zu einer Reihe gesetzlicher Maß
nahmen geschritten. Durch das Brotgesetz erhofft
man eine weşentliche Absatzsteigerung von Roggen;
der Beimahlungszwang eines SOprozentigen Quan
tums inländischen Weizens soll die Einfuhr auslän
dischen Weizens drosseln; vom Milchgesetz erwartet
Tnan eine Steigerung des Konsums an Milch und
inländischer Milchprodukte; die Agrarzölle, insbe
sondere für Kartoffeln, Eier und Butter versuchen
der Ueberflutung ausländischer Produkte einen
Damm^entgegenzusetzen. Als letztes Glied dieser
Kette rst ein Gesetz zur Derbefferung des Absatzes
landwirtschaftlicher Erzeugnisse geplant, das Han
delsklassengesetz, das die Einführung gesetzlicher
Handelsklassen, sogen. Standards, vorsieht. Es 'oll
damit die Marktfähigkeit des deutschen Erzeugnisses
gehoben werden, um es im Kampfe gegen den aus
ländischen Wettbewerb zu stärken.
Für die Hausftauen ist von besonderem Inter
esse, daß nicht nur die Rohprodukte, sondern auch
alle Lebensmittel erfaßt werden können, die durch
Be- oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeug
nisse gewonnen werden; also in erster Linie Müh
lenprodukte, wie Mehl, Grieß, Graupen, aber auch
Zucker, Kaffee-Ersatzmittel, Honig, Obst- und Ge
müsekonserven, Butter. Margarine, Fleisch, Fleisch
waren usw. Bei dem jetzigen chaotischen Durchein
ander, das häufig keinen Rückschluß auf Qualität
und Gütestaffelung zuläßt, ist eine durchgreifende
Revision vom Derbraucherstandpunkt notwendig. Der
derzeitige Wirrwarr auf dem Eiermarkt mit seiner
Unzahl verschiedener Stempel, die leider nicht durch
weg Güte und Frische der Ware gewährleisten, ist
geradezu ein Schulbeispiel. Das schafft Verwir
rung. Zugleich wird auch das Vertrauen gegenüber
dem Produzenten — ein wichtiges psychologisches
Moment — auf das schwerste gefährdet. Nicht ver
ständlich ist der Widerstand des Handels auf Einbe
ziehung von Gemüse und Obst mit der Begründung^
zur Hebung der Qualität müsse zuerst eine geistige
Umstellung der Landwirte auf rationellere Produk
tionsmethoden erfolgen- Der Handel glaubt, daß
lediglich eine Standardisierung in Betracht kommen
könne, die auf Freiwilligkeit aufgebaut und durch
Selbsthilfe verwirklicht wird. Freiwilligkeit und
Selbsthilfe aber haben bisher nicht den gewünschten
Erfolg gehabt. Wir erleben es immer wieder, daß
selbst Hausfrauen, die die Bedeutung nationalwirt
schaftlicher Belange erkennen, ausländischem Obst
und Gemüse mit dem Hinweis auf die Gleichmäßig
keit der Ware, deren ansprechender Verpackung usw.
den Vorzug geben. Gewiß ist ein lOOprozentiger
Erfolg nicht über Rocht zu erwarten; aber jeder
Schritt auf dem Wege ist auch vom Verbraucher zu
unterstützen. Reben den gesetzlichen Handelsklassen
der Standavdware sind Bestimmungen über Kenn
zeichnung der Ware, über einheitliche Verpackungen
und über Mengeneinheiten vorgesehen, Bestimmun
gen, die im Lebensmittelgeseß bereits enthalten sind,
ohne daß indes die erforderlichen Ausführungsbe
stimmungen — mit Ausnahme von Kaffee, Kaffee
Ersatzmitteln und Honig bisher verabschiedet sind.
So erleben wir denn noch z. Zt. ein grausiges Durch
einander von Kennzeichnungen und Mengeneinhei
ten. Während ein Händler die „000"-Marke als
Höchstqualität führt, handelt der Nachbar die „0"°
Marke als beste Ware. Handelt es sich um verpackte
Waren, so vermag selbst die warenkundlich geschulte
Hausfrau sich nicht auszukennen. Irreführende
Mengeneinheiten werden gleichfalls zum Schoden
des Publikums feilgeboten. Nicht nur in Einheits
preisläden, auch beim Lebensmitteleinzelhandel fin
det man Packungen, vorwiegend von Markenarti
keln, die geringere Quanten als die handelsüblichen
halben oder ganzen Pfunde enthalten. Dies trifft
vor allem für ausländische Waren zu, die das neue
Gesetz auch erfaßt. Den Befürchtungen des Han
dels, daß damit ein indirekter Protektionismus in
die deutsche Wirtschaftspolitik eingeschaltet wird,
der zu Gegenmaßnahmen und zu einer Erschütte
rung unseres gesamten« Handelsvertragssysteims
führen kann, vermögen wir nicht zu folgen. Denn
diese Maßnahmen waren ja, wie bereits erwähnt,
nn Lebensmittelgesetz vorgesehen, gegen dessen Be
stimmungen diese Bedenken nicht erhoben wurden-
Die deutschen Hausfrauen wollen vor allem Schutz
gegenüber minderwertigen ausländischen Erzeug
nissen, wie es z. B. russische Teigwaren, polnische
Schmutzeier usw. darstellen.
Wenn Butter, Margarine und sonstige Fette
unter das Gesetz fallen, so ist der Hausfrau sehr
damit gedient. Ein lang gehegter Wunsch würde in
Erfüllung gehen, wenn z. B. das bisher vielfach
übliche Mischen minderwertiger mit hochwertiger,
oder inländischer mit ausländischer Butter ganz un
terbunden oder doch mindestens kenntlich gemacht
würde. Eine schwerwiegende Frage ist der beab-
ichtigte Zwang, einen bestimmten Prozentsatz inlän
discher tierischer Fette der Margarine zuzusetzen.
Die deutsche Margarineinduftrie wehrt sich dagegen
und behauptet, die inländischen tierischen Fette
(premier jus) hätten bisher nicht die erforderliche
einheitlich-gute Qualität wie das amerikanische pre
mier jus (abgesehen von dem in einzelnen staatlichen
Talgschmelzen, wie z. B. in Hamburg gewonnenen
Fetten). Außerdem seien eine große Reihe deutscher
Margarinefabriken völlig aus die Verwendung
pflanzlicher Oele eingestellt; die ohnehin schwer rin
gende deutsche Margarineindustrie befürchtet von
dieser Maßnahme einen erheblichen Absatzrückgang
und Abwanderung zu ausländischen Sorten. Viel
eher Könnten die großen, mit ausländischen Riesen
kapitalien arbeitenden Margarinekonzerne, denen
Seifenfabriken größten Ausmaßes angegliedert sind,
die nicht für die Margarineherstellung verwend
baren minderwertigen tierischen Fette zur Seifen
herstellung verwenden, wenn — und hier kommt das
große Fragezeichen — ein angemessener Preis be
willigt wird. Es ist ja eine bedauerliche Tatsache,
daß man in der Nachkriegsküche fast völlig vom Ver
brauch inländischen Fetts abgekommen ist. Die Haus
ftauen wieder mehr zur Verwendung inländischen
Fetts anzuhalten, ist eine Erzichungsaufgabe der
Hausfrauenvereine. Wie immer der Kampf aus-
gehen^ mag, vom Verbraucherstandpunkt sind ein
wandfreie Rohstoffe auch bei der Herstellung ron
Margarine oberstes Gesetz.
Werden auf der einen Seite Qualitätsmerkmale
gesetzlich festgelegt, so muß andererseits vom Ver
braucherstandpunkt gefordert werden, daß stärker als
bisher auch Sicherheiten geschaffen werden, damit
den Lebensmitteln keine gesundheitlich schädlichen,
der Verschönerung oder dergl. dienenden Zusätze
beigemischt werden. Zwar hat das Reichsgesund
heitsamt strenge Vorschriften für Honig, Kaffee,
Kaffee-Ersatzmittel erlassen; es ist auch verboten,
etwa den Gemüsekonserven durch Kupferlösung eine
ichöne, grüne Farbe geben zu wollen, Milch zum
Zwecke dre onservierung Salizylsäure zuzusetzen
oder Mehl mit Mineralftaub zu vermischen. Alle
derartigen künstlichen Veränderungen sind unlau
tere, auf Täuschung der Verbraucher berechnete Ma
nipulationen. Trotzdem werden noch immer Zusätze
wie Borsäure verwendet, das ein starkes Zellgift ist.
Der Käufer ist aber gar nicht in der Lage, die Stärke
des Zusatzes zu kontrollieren. In den Fachblättern
des Nahrungsmittelhandels wogt jetzt der Kampf
um die Zulässigkeit von benzoesaurem Natron zur
Verlängerung der Haltbarkeit von Fleisch- und
Wurftwaren. Die Gelehrten sind sich auch hier wie
der einmal nicht einig. Die eine Gruppe behauptet,
eine bessere Beschaffenheit der Ware könne durch
Benzoesäure nicht vorgetäuscht werden; die Halt
barkeit würde aber verlängert, die Vermehrung der
Bakterien gehemmt und ein Verblassen des roten
Blutfarbstoffs verzögert. Zum Beweise der Unschäd
lichkeit wird angeführt, daß der Tierkörper im nor
malen Stoffwechsel stets kleine Mengen Benzoesäure
(beim Pferd bis zu mehreren Gramm täglich) bil
det, die zu verarbeiten auch der menschliche Orga
nismus gewohnt ist, daß nennenswerte Mengen der
Benzoesäure ohne Schaden verarbeitet werden kön
nen. Demgegenüber weist die andere Gruppe an
Hand von Tierversuchen nach, daß die Schleimhäute
'tark angegriffen werden und sich das Bild entzünd
licher Reaktion zeigt. Besteht auch nur das leiseste
gesundheitliche Bedenken, so fordert die Verbrau
cherschaft energisch eine eingehende wissenschriftliche
Nachprüfung seitens des Reichsgesundheitsamtes;
daneben die Möglichkeit einiger Kontrolle der evtl,
genehmigten Zusätze und deren Mengen durch Auf
druck auf den Verpackungen- Denn nicht nur Fleisch-
und Wurftwaren — nach den Wünschen einiger In
eressente nsollen auch dem Brot und Pumpernickel,
'ofern sie verpackt sind, benzoesaures Natron zuge-
etzt werden, so daß schließlich dem Körper tagsüber
ungewußt und ungewollt ein ganz gehöriges Quan-
um des fraglichen Konservierungsmittels einver
leibt wird.
Von Charlotte Mühsam-Werther.
Erörterungen über Preisabbau stehen zurzeit
im Mittelpunkt des Interesses für Wirtschaft und
Hausfrauen. Der Leitgedanke ist Ankurbelung
der deutschen Wirtschaft und damit gesteigerte
Kaufkraft der Bevölkerung. In allen Betrieben
ist der Jnlandsmarkt die Hauptstütze für den Ab
satz, und es ist begreiflich, wenn von den notleiden
den Industrien immer wieder an uns Hausfrauen ş
der Ruf ergeht, in erster Linie deutsche War«
zu kaufen, um so auch unsererseits die deutsch«
Wirtschaft im heißen Wettkampf mit ausländischen
Konkurrenten zu stützen. Beweismaterial für di«
bedrohliche Lage zahlreicher Industrien durch
mangelnden Jnlandsabsatz liegt in Hülle und
Fülle vor. Hier sei einmal als charakteristisches
Beispiel die unterbeschäftigte deutsche
Porzellanindustrie erwähnt. — Es ist
festgestellt, daß 20 000 Arbeiter (nach der Größe
der Fabriken und nach ihrer Aufnahmefähigkeit)
mehr beschäftigt werden könnten, wenn die deut
sche Käuferschaft sich in höherem Maße als bisher
des deutschen Porzellans annehmen würde. Es ist
weiter errechnet worden, daß ein Jahreseinkauf
von nur 50 Pfg. mehr pro Kopf der Bevölkerung
genügen würde, um die deutsche Porzellanindustrie
voll zu beschäftigen.
RNö às.
Nicht immer gehen Erzeuger, Händler und Ver
braucher in ihren Wünschen und Forderungen einig.
Der Ernst der Lage unserer heimischen Landwirt
schaft fordert gebieterisch die Schaffung einer ge
meinsamen Plattform. Möge das Handelsklassen-
gefetz d zu beitragen, den Boden der Derständigung
zu bilden.
Ein neuer Modestoff.
Die Vereinigung der englischen Aluminmm-
fabrikauten hat nach langer Arbeit einen Frack
aus Aluminiumgewebe hergestellt, und sie ver
sucht jetzt, auch Frauenkleider aus demselben Stoff
zu fertigen. Außer einer gesteigerten Haltbarkeit
dieses Gewebes wird das Argument der Billigkeit
-der Stoff soll nur ein bis zwei Mark pro Me
ter kosten —gegen alle Bedenken ins Feld geführt.
Dieses Modediktat erinnert uns in seiner Theorie
— in die Praxis wird es wohl kaum umgesetzt
werden — etwas an mittelalterliche Kleidungs-
form.
Kochunterricht für Knaben.
In Halle a. d. Saals ist die Hallische Ver
suchsschule dazu übergegangen, auch den Knaben
Kochunterricht zu erteilen, damit sie sich auf ihren
Wanderungen selbst ein schmackhaftes und kräf
tiges Essen bereiten können.
Hauswirtschaftswissenschaft für englische Jungen.
Bei der jährlichen Konferenz, die die eng- i
lischen Lehrerinnen in Canterbury haben, ist ein
Antrag angenommen, daß künftig Knaben sowohl
wie Mädchen in den hauswirtschastlichen Grund
bedingungen, Nähen eingeschlossen, unterrichtet
werden sollten.
Fmmsmàèt — FmèZêmsĢêĢ.
Frankreich: In Grenoble wurde Schwester
Lezia, Oberin der Krankenpflegerinnen in der öf
fentlichen Irrenanstalt von Saint-Robert, die gol
dene Medaille für Armenpflege verliehen, eine
selten gewährte Auszeichnung. Schwester Lezia ist
jetzt 77 Jahrs alt, sie gehört der Kongregation der
Barmherzigen Schwestern an und Ijcrt sich der Ar
beit an den Geisteskranken feit beinahe 60 Jahren
gewidmet.
England: Als weiblicher Schmied arbeitet
die erst 20jähr. Margaret Norton in der Schmiede
zu Heatch-Town in Staffs.
Was eins àu
dorr peķz wrflerr maß....
Auf der kürzlich in Leipzig stattgefundenen
Frauenwochs der Internationalen Pelz- und Jagd-
ausftellung führte Fräulein Carin Cramer von
Clausbruch in einem Referat u. a. folgendes aus:
Die Frau ist die Hauptkonsumentin des Pelzes,
wir alle tragen Pelz, sei es nun als Mantel, Kra
gen oder Besatz, deshalb ist es auch für uns von
großem Interesse, daß wir uns einmal mit dem
Material, der Verarbeitung und dem Werdegang
eines unserer Schmuckstücke beschäftigen. Wir wol
len diesen Gang einmal verfolgen. Das Fell
durchläuft ein« Reihe von Arbeitsgängen, ehe es
brauchbar wird. Das getrocknete Fell ist hart im
Leder, behaftet mit Fleischresten und das Haar
unsauber und struppig. Die getrockneten Rohbälge
werden demnächst gewalkt, d. h. di« Häute werden
geschmeidig gemacht, kommen dann in die Bäkel
maschine; werden durch die Entfleischmaschinen
oder auch die „Fleischbank" von ihren Fleischresten
befreit und gelangen in die Läuter- und Schüttel
tonnen. Das Läutern der Felle spielt eine bedeut
same Rolle, durch diesen Vorgang wird das Haar
locker gemacht, und von allen Schmutz- und Fett-
teilen befreit, welche durch Holzsägespäns in den
Läutertonnen aufgesogen werden. Große Ein
weichbottiche nehmen dann die Ware auf und
Fellwenden bewerkstelligen darin das automati
sche Waschen der Felle. Von da wandern sie in
die Farbbottiche, wo sie wiederum maschinell in
der Farblösung hin und her bewegt werden. Dann
folgt die Trocknung in Trockenkammern und hier
an schließt sich dann je nach Art der Felle das
Rupfen. Scheren, Klopfen oder Bügeln. — Der
ganze Hergang schaut so selbstverständlich, logisch
und einfach aus, und doch ist es vieler Menschen
alter Erfahrung, Versuche und Mühen, die dieses
Handwerk auf den heutigen Stand seiner Vervoll-
kommnung gebracht haben. — Das Färben ist na
türlich nicht nur eine Konzession an die Mode oöer
ein Trachten nach Imitationen, sondern man muß
bedenken, daß zu einem Mantel oft 40 und mehr
Einzelfellchen verarbeitet werden, und daß unter
diesen eine Angleichung durch Nachfärben erzielt
werden muß. Deshalb ist aber das gefärbte Pelz
stück nicht halbwertig! Sogar Breitschwanz, eins
der kostbarsten Felle, wird nachgefärbt. Durch
seine geringe Haarhöhe zeigt es naturgemäß bei
jeder Bewegung den Hellen Scheitel des Leders,
deshalb beeinträchtigt es die Wirkung des Pelz-
stückes und erst durch das Nachfärben des Leders
kommt dis prächtige blaufchwarzo Naturfarbe des
Lämmchens zur vollen Geltung. Es gibt natürlich
auch Edelpelzwerk, das vollständig ungefärbt ge
tragen wird. z. B. haben Skunks, Blaufuchs, Zobel.
Nerz, Opossum, Steinmarder, Biber so dichtes
oder langesş Haar, daß nie Leder durchscheinen
kann. — Die rauchgar gegerbten und gefärbten
Felle gehen an den Händler weiter, dessen Haupt
aufgabe nun im Sortiment liegt. Fachkundige
Sortierer stellen Sortimente zusammen, die in
Farbe, Feinheit des Haares und Größe passen
müssen; wichtig ist dabei auch die Höhe des Haares,
der Fachausdruck heißt „Rauchs", somit hätten wir
hier auch einmal die Erklärung für „Rauchwaren",
die althochdeutsche Form für „rauh". — Sortiert
gelangte die Rauchware nun in die Kürschner
werkstatt. Dort wird noch einmal sortiert, auf
das Genaueste festgestellt, welche Stücke am vor
teilhaftesten zusammenpassen, je nach Bestim
mungszweck. Es wird jedes einzelne Fellchen zer
schnitten, damit auch die kleinste schadhafte Stelle
wegfallt. Durch die unzähligen Nähte wird das
Zerreißen des Leders verhindert und der Pelz
strapazierfähiger. Die Arbeitsweise des Kürsch
ners beim Zuschneiden ist ganz anders als z. 23.
beim Schneider. Dis Mantelteile werden nicht
aus dem fertig gestückten Pelz zugeschnitten —
jedes Aermelteil, jedes Krageninuster wird also
nicht aus dem Vollen zugeschnitten, — sondern
das Muster wird zu unterst gelegt, und danach
wird dann jedes kleinste Teil aneinandergearbei
tet, also gewissermaßen in die Form hineingenäht,
es darf von dem kostbaren Material nicht ein
Stückchen Rest bleiben. Die tausendfältigen Nähte
sind also nicht aus dem Notbehelf gestückelt, son
dern dies gibt erst die Haltbarkeit und ist gerade
das Kostbare am Pelzwerk und geschieht mit vol
ler Absicht, durchdacht nach einer ganz bestimm
ten Technik. Für das Pelznähen gibt es Spezial
nähmaschinen, wie sie in der Kürschnerwerkstatt
in Betrieb sind. Es macht direkt Freude, zuzu
schauen, wie spielend sich auf diesen kleinen Ma
schinen die Härchen bewältigen lassen, die so viele
Mühe machen, wenn wir im Haushalt einmal
dem Kürschner ins Handwerk zu pfuschen ver
suchen. — In der gesamten Veredelungsindustrie,
wie im Kürschnerbetrieb, hat natürlich jetzt viel
fach die Maschine zur Entlastung der Menschen-
kraft ihren Einzug gehalten, trotzdem besteht aber
gerade in diesem Handwerk keine Gefahr, daß die
Maschine den Menschen verdrängt, die Verschieden
heit des von der Natur gelieferten Rohmaterials
bedingt es, daß Menschenhand und Menschengoist
nicht ausgeschaltet werden können. Somit ist die
Rauchwarenbranche ein großer Berufskreis, der
Tausenden von Familien Vrotgeber ist, was na
türlich vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus
sehr wichtig ist. Die stetig wachsende Nachfrage
nach Rauchwaren hat es mit sich gebracht, daß
nicht nur die Jagd und der Tierfang Pelztiere
liefern können. Durch ständiges Abschießen würde
ja schließlich auch eines Tages das Edelpelztier
auf den Aussterbeetat kommen, darum hat hier
die planmäßige Aufzucht von Pelztieren eingesetzt.
Es gibt in allen Erdteilen heute Pelztierfarmen,
auch in Deutschland, so in Bayern, Schwaben,
Schwarzwald, Thüringen, Sachs. Schweiz werden
jolche betrieben. Es werden dort in edelster Ab
stammung Nerze, Nutria, Silber- und Blaufüchse,
Waschbären (Schuppe) und Edelkanin gezüchtet.
Die Aufzucht von Edelkanin, aus dem alles ge
macht werden kann, ist für Deutschland ein aus
sichtsreiche^ Gebiet. Was nun die Imitationen
anbetrifft, so müssen „Imitationen" nicht für min
derwertig gehalten werden, sie sind ein durchaus
hochwertiges Erzeugnis, doppelt berechtigt in den
heutigen Wirtschaftsverhältnissen, um breiten
Kreisen zugängig zu sein. Man will durchaus
nicht „Echtes vortäuschen", nur nach dem Beispiel
edler Pelzarten niedere emporwerten. Das viel
billigere Material soll eine dem Auge gleichfalls
gefällige Wirkung erhalten und die Trägerin
schmücken. Hier liegt vor allem die Wurzel des
gesteigerten Konsums, da mit der Nützlichkeit die
Schönheit verbunden ist. Der vielbegehrte Seal
ist das Kleid einer Robbe. Aber selbst die hoch
wertigsten Robbenarten haben in lebendem Zu
stande ein unschönes Oberhaar, dieses muß ge
rupft werden, um das prachtvolle Unterhaar in
Erscheinung treten zu lassen. Die Felle werden
dann gleichmäßig gefärbt, zeigen danach besondere
Schönheit, und dies erst nennt der Fachmann
„echten Seal". Ilm nun Seal zu imitieren, be
dient man sich der Fischotter und zwar der echten
Otter, diese wird dann auf gleiche Weise bearbei
tet und ist fertig dem echten Seal außerordentlich
verwandt und nur etwas billiger. Viel billiger
sind die Imitationen aus niederen Pelzgattungen,
Hudson-Seal, Seal-Kanin. — Imitationen, die
den echten nahekommen, gibt es auch beim Fuchs,
man färbt Weißfüchse auf Blau- und Silberfuchs,
neuerdings auch in allen Modefarben, spritzt sie
auch mit metallischem Glanz, und solchen Fuchs
kann man schlechterdings nicht als unecht bezeich
nen. Hauptsächlich befaßt sich die Imitation, mit
weitverbreiteten, deshalb billigen Pelzarten, wie
Ziege, Hase, Kaninchen und Lamm. Es besteht
bei Imitationen nicht die Absicht der Tä> schung,
sondern der Verbilligung oder Verschönerung
minderen Materials nach dem Vorbild der Natur.