Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 4)

Stärker als der Tod. 
Roman von Hans Schulze. 
43) (Nachdruck verboten.) 
Lore drückte ihm ein Päckchen Pfeifentabak in 
die gefurchte Rechte und ging dann weiter durch den 
erwachenden Tag. 
Ein großer Schwalbenschwanz, schwarz-gelb ge 
streift wie ein päpstlicher Landsknecht- flog ihr 
gleichsam als Wegweiser vorauf, bis er auf einmal 
in jähem Fall in einer Blumeninsel der betauten 
Parkwiesen ertrank. 
Dann saß ste auf der kleinen Mrkenbank am 
Badestrand und schaute auf die lachende Frühsom 
merschönheit des Sees hinaus. 
Seltsame Vogelstimmen schnarrten und schnat 
terten aus dem hohen Röhricht, und zierliche Li 
bellen schossen im blitzschnellen Zickzackfluge über 
das seichte Uferwasser, in dem sich eine ganze Herde 
von Fischchen angesammelt hatte, alle Köpfe mit 
den schönen großen Augen zum Goldglanz des 
Himmels gerichtet. — 
Lore hatte die Stirn in die Hand gestützt und 
lauschte auf die leise Rätsel-musik der Einsamkeit, 
die in einem einzigen langgedehnten Ton über den 
stillen Wassern schwang. 
Wie ein Märchen war der gestrige Tag zu Ende 
gegangen, der mit all seinem Leid und Schrecken 
in der Dämmerung eines grauen Meeres allmäh 
lich immer tiefer hinter chr zu versinken schien. 
Der Freispruch in Moabit unter den jubeln 
den Huldigungen des Publikums. 
Die Fahrt nach Wannsee und dann weiter zur 
Mutter nach Zehlendorf. 
Und endlich die schnell improvisierte kleine 
Feier im Gartensaal von Siebeneichen, bei der 
Dlalter so liebe, herzbewegende Worte für Kurt und 
Evelyn gefunden und das Land der Zukunft geprie 
sen hatte, das jetzt glückverheißend, einem leuchten 
den Hafen gleich, noch all den schweren Schicksals- 
prüfungen vor ihnen lag. 
Erft gegen Mitternacht hatte sie sich mit der 
Schwester zurückgezogen und dann noch lange an 
dem Fenster ihres Giebel stirb che ns gesessen und die 
mondbeglänzte große Stille dieser heimlichen 
Stunde genossen, deren sehnsüchtige Traumver 
lorenheit sie noch nicht schlafen lassen wollte. 
Da knirschte hinter ihr ein rascher Schritt. 
„Halloh, Fräulein Lore!" 
Walter stand vor ihr. 
Mit einem frohen Lächeln streckte sie ihm die 
Hand entgegen. 
„Guten Morgen, Herr von Prayer!" 
„Der alte Heinrich hat mir verraten, daß Sie 
zum See hinabgegangen sind. Da bin ich errötend 
Ihren Spuren gefolgt. Eigentlich vermutete ich Sie 
schon in Ihrem ureigensten Element!" 
Lore schüttelte den Kopf. 
„Ich habe heute keinen rechten Schneid. Mir 
ist von gestern noch ganz benommen zumute!" 
„Das geht mir genau so wie Ihnen, Fräulein 
Lore, wenn es bei mir auch einen anderen Grund 
hat. Ich habe nämlich heute nacht, als Sie wahr 
scheinlich längst schon der Ruhe pflegten, mit Herrn 
Brandstetter noch etlichen Flaschen Burgunder den 
Hals gebrochen, und der Kommissar hat mir dabei 
ausführlich erzählt, wie er die Angelegenheit mit 
dem Anonymus aus dem Wintergarten geregelt hat. 
Ich sagte Ihnen ja wohl gestern schon, daß er den 
Herrn an unserem letzten Abend im Wintergarten in 
dem Gehilfen eines chinesischen Zauberkünstlers 
wiedererkannt und später noch als Logiergast der 
Pension Hartkort festgestellt hat. Besagter Jüng 
ling hat tatsächlich ein paar Ämester die Rechte stu 
diert und stammt aus einer alten rheinischen Fa 
milie, ist aber gänzlich verbummelt und schließlich in 
der Artistenwelt gelandet. Für diesen mit allen 
Wassern gewaschenen Kavalier war der Brief Karrs, 
an dessen Verwertung sich der treffliche Herr Hart 
kort aus Angst vor seiner Gattin allein wohl nicht 
so recht herangetraut hatte, natürlich ein aufge 
legtes Geschäft. Denn er übersah bei seiner juristi 
schen Vorbildung ganz richtig, daß hier ein klarer 
Beweis für die Unschuld von Kurt und Frau Eve 
lyn gegeben war!" 
Walter hatte sich bei den letzten Worten zu Lore 
auf die Dank gesetzt und peitschte mit einer Weidcn- 
gerte den nassen Ufersand. 
„Gestern morgen gegen acht Uhr", fuhr er dann 
lebhaft fort, „begann also Herr Brandstetter in 
Schlachten see mit den ersten Plänkeleien gegen die 
Pension Hartkort. 
Doch unser Freund war früher aufgestanden 
und hatte, wie sich später herausstellte, mit seiner 
kleinen Pariserin bereits einen Autoausflug nach- 
Potsdam und Sanssouci untenommen, um ihr zum 
Abschied den alten Fritz noch einmal an all seinen 
Glanzstätten vorzuführen. 
Es wurde daher beinahe Mittag, ehe das Pär 
chen nach Hause zurückkam und der Kommissar zum 
direkten Angriff übergehen konnte. 
Anfangs übrigens ohne Erfolg, denn er sand 
in dem falschen Chinesen einen ebenbürtigen Geg 
ner, der ihm in seiner hämischen Art, die mich schon 
einmal bis aufs Blut gereizt hat, hohnlachend er 
klärte, daß er jetzt, wo man ihm das Geschäft ver 
dorben habe, die Angeklagten selbstverständlich ganz 
ihrem Schicksal überlassen und keinen Finger mehr 
für sie rühren werde. 
So gingen die Verhandlungen ohne ein Er 
gebnis stundenlang hin und her. Es wurde spä 
ter und später, die Sache stand auf des Messers 
Schneide, bis Brandstetter im letzten Augenblick 
auf einen rettenden Gedanken verfiel. 
Er sagte sich nämlich, daß die Wissenschaft des 
Burschen, wenn eine solche wirklich vorhanden war, 
einzig und allein aus dem Umkreis der Pension 
und damit nur von dem ihm schon lange als etwas 
anrüchig bekannten Hausherrn stammen konnte, der 
sich bisher wohlweislich ganz im Hintergründe ge 
halten hatte. 
Gedacht, getan, stieg er kurz entschlossen zu 
Hartkort in den Keller hinab, wo dieser sich neuer 
dings ein Laboratorium zur Erzeugung von ver 
edelten Hausweinen angelegt hatte, und überfiel 
ihn hier mit der direkten Frage, was ihm sein So 
zius als Gewinnanteil versprochen habe. 
Und Hartkort, der vor der Polizei eine wohl- 
begründete Achtung hat, ließ sich wirklich bluffen 
und stotterte etwas von zehntausend Mark. 
Damit war natürlich dos Spiel gewonnen. 
Denn als er hörte, daß wir um die dreißig 
fache Summe hotten geprellt werden sollen, geriet 
er in eine sinnlose Wut, lies nach seinem Zimmer 
hinauf, und fünf Minuten später hatte Herr Brand 
stetter den rettenden Brief in den Händen!" 
„Und was wird nun aus den beiden Leuten?" 
Walter zuckte die Achseln. 
„Ich glaube, Brandstetter hat sie laufen lasset 
Er wollte Ihrer Frau Schwester jede weitere Auf' 
regung ersparen. Ihm lag ja nur davon, noch 
rechtzeitig zur Verhandlung zu kommen! 
Doch was reden wir jetzt von oll diesen dum!' 
len Dingen der Vergangenheit. Es gibt ja so şş 
Wichtigeres zu besprechen in dieser wundervolles 
Morgenstunde!" 
Lore hatte sich weit in der Bank zuvückgelehr^' 
„Ich weiß nicht, was Sie meinen, Herr v»s 
Prayer!" 
Er hatte ihre Hände gefaßt. Ein großes, td' 
nes Gefühl stand in seinen Augen. 
„Fräulein Lore, was soll ich viele Worte voo’ 
chen. Ich habe Sie lieb. Lange schon. Ich kann 
mir mein Leben nicht mehr denken ohne Sie!" 
Lore senkte den Blick. Wie eine heiße Well" 
strömte es ihr zu Herzen. 
„Ich fürchte mich vor der Liebe!" sagte sie leist' 
Er schüttelte den Kopf. 
„Sie haben nichts zu fürchten, Fräulein Lore- 
so lange ich um Sie bin. Gewiß bringt die Liş 
oft tiefstes Leid, Schande und Tod. Das haben wir 
ja selbst erfahren in dem Drama dieser letzten Tatst' 
Aber sie schenkt uns auch alles Glück, das Hochşi 
was das Leben zu geben hat!" 
Es war märchenstill. 
Kein Lüftchen regte sich. 
Rur zuweilen sprang ein Fisch im See; lang' 
sam rundeten sich im Wasser weite Kreise. 
Da wandte ihm Lore ihr tieferglühtes Gepķ 
zu und ihre blauen Augen sahen ihm bis ins 
Und dann legte sie die Arme um seinen 
und -"--'nte. 
W«Mel im Men leer. 
Mädchen smb Sratieit pt Tausenden 
verschleppt. 
Genf, 16. Oktober. Ein ausführlicher Bericht 
der Völkerbundskommission zur Bekämpfung der 
Menschenhandels stellt fest, daß es der Kommission 
gelungen ist, eine große Sklaveninsel im Roten 
Meer in unmittelbarer Nähe der aSessinisĢ" 
Küste zu ermitteln, wo Frauen, Mädchen, abe» 
auch Männer zu Tausenden gefangen gehalten 
wurden, bis ste gewinnbringend verkauft werden 
konnten. 
Der Kommission war auch schon seit lange" 
bekannt, daß sich an der abessinischen Küste e 1 
Zentralpunkt für den Menschenhandel befand, j> 
doch war es den Arabern immer gelungen, afl 1 
Spuren, die zu einer Entdeckung hätten führe» 
können, geschickt zu verwischen. Bei einer d«» 
letzten großen Pilgerwanderungen nach Mekk" 
wurde eine Pilgerkarawane von arabischen Ba"' 
den überfallen; viele Frauen und Mädchen wu» 
den geraubt und die Ileberfälle wiederholten si>§ 
immer wieder. Einem d-er verschleppten Mädchr" 
gelang es zu entfliehen und so kanr die NachriÄî 
von den Ueberfällen den Europäern zu Ohren, di» 
den Völkerbund verständigten. Die Nachforschuw 
gen der Kommission ergaben, daß die geraubte" 
Frauen aus ein kleines Eiland mit mehreren vul 
kanischen Kratern im Roten Meer gebracht wuv 
den, das bisher als unbewohnt galt und in desst" 
Umkreis sich ruf viele hundert Kilometer kein» 
europäische Ansiedlung befindet. Es stellte sişş 
heraus, daß die Leiter der MenschemrauSorganb 
sationen mit Riesensummen Pilgerzüge nach Mekl" 
eigens zu dem Zweck veranstalteten, um bei diese» 
Gelegenheit auf dem Wege ihre Ileberfälle auS< 
zuführen und die Frauen zu rauben. Dis Finanz' 
manner der ganzen Unternehmungen sind Bordes 
befitzer von Marseille bis Südindien, die ihr» 
„Ware" direkt von der Sklaveninsel beziehen. 
Die Völkerbundkommission begnügte sich niĢ 
mit diesen Feststellungen, sondern beschloß, selbst 
die Sklaveninsel zu besichtigen. Mit einer Nie' 
sensumms gelang es, einen Händler zu bestechet 
der einen Schleichweg zu der Insel zeigte. & 
-gelang auch, eine Wachmannschaft, die den stren' 
gen Auftrag hatte, aus jedes fremde Fahrzeug' 
daß sich der Insel näherte, zu schießen, zu besteche^ 
Bei der Besichtigung der Insel bot sich ein graue'»' 
Haftes Bild. In die Felsen waren zahlreiche 
wölbe eingehauen worden, in denen die ungliiļt' 
lichen Opfer festgehalten wurd-en. Wer renite"; 
war, wurde auf einen in der Nähe der Insel m 
Grund gesetzten Dampfer gebracht, der als Ge fünf 
nis diente. Die Völkerbundskommission arbeit 
nun an den Vorschlägen für den Völkerbund, d!» 
es ermöglichen sollen, diesen Menschenhandel $ 
unterbinden. 
* * » 
171 französische Fischer im Sturm 
umgekommen. 
TU. Paris, 16. Oktober. Die Hafenbehör- 
be von Lorieent stellt amtlich fest, daß die letz^ 
ten Stürme unter den französischen Fischers 
171 Todesopfer gefordert haben. Davon too* 
reu 94 verheiratet. Sie hinterlassen 121 Waif 
sen. Zu Ehren der Toten soll ein nationale! 
Trauertag angesetzt werden 
Rach seinen eigenen Angaben hat Roste rin 
letzten Jahre ungefähr eine Million Franc zu 
sammengestohlen. Die reichen Diebseinnahmen 
gestatteten ihm, ein luxuriöses Leben zu führen. 
Er quartierte sich in hoch-herrschaftlichen Apparte 
ments ein, trug die feinsten Kleider, war ständiger 
Besucher mondäner Unterhaltungslokale, knüpfte 
kostspielige Damenbekanntschaften an und unter 
nahm in deren Gesellschaft Autoausflüge durch 
ganz Frankreich mit seinem prächtigen Kraftwagen. 
Dieses Automobil wurde ihm nun zum Verhäng 
nis. Rosst behauptet freilich, daß er außer dem 
Kraftwagen und einer gut ausgestatteten Garde 
robe nichts an Vermögen habe, da er das Geld, 
das er „gewann", stets rasch verausgabt habe; 
deshalb fei er genötigt gewesen, nahezu jeden zwei 
ten Tag auf Diebstahl auszugehen. Die Polizei 
glaubt dies jedoch nicht, sondern nimmt an, daß 
Rosst bedeutende Summen beiseite geschafft habe. 
Sie forscht nun nach dem Vermögen Rosses und 
hofft, dabei Unterstützung in Verbrecherkreisen zu 
finden, in denen Rosse, da er wegen seiner Erfolge 
sehr hochnäsig geworden war, viele Feinde hatte. 
* * * 
HŞĢr £m liißl pfählt* 
Der neueste Stretch des witzigen Verbrechers. 
Berlin, 16. Oktober. Dem Hochstapler Gustav 
Levy, der als der humorvollste Verbrecher Deutsch 
lands gilt, hat im Untersuchungsgefängnis Moabit, 
in dem er seit geraumer Zeit seinen „festen Wohn 
sitz" genommen hat, einen neuen Beweis seiner ge 
fürchteten witzigen Bosheiten geliefert. Vor kurzem 
erst lachte man darüber, als es Levy gelang, durch 
Der Mann Mit bett 488 Namen. 
Verhaftung eines Hoteldiebes, der sich eine Miüion zusammenstahl. 
Ein Zufall hat der Pariser Polizei einen lang 
gesuchten Hoteldieb, der unzählige Eigentumsde 
likte auf dem Gewissen hat, in die Hände gespielt. 
Ein harmloser Zusammenstoß, wie er sich tagtäg 
lich wiederholt in den verkehrsreichen Straßen 
der Seinestadi ereignet, ohne daß die Zeitungen 
auch nur die geringste Notiz davon nehmen, führte 
zur Entlarvung des Verbrechers, der sich bisher 
allen Nachforschungen mit viel Raffinement zu 
entziehen gewußt hatte. 
An der Ecke eines Pariser Boulevards stieß 
dieser Tage ein elegantes Automobil mit einem 
Motorrad zusammen, wobei nur geringer Sach 
schaden entstand. Der Lenker des Kraftwagens, 
ein vornehm gekleideter Herr, geriet mit dem 
Motorfahrer in Streit, es sammelte sich eine große 
Menschenmenge an und ein Polizist mußte Ord 
nung schaffen, der beide Streit-teile zur Ausweis- 
leistung verhielt. Der Autolenker vermochte aber 
keinen Führerschein vorzuweisen und wurde des 
halb aufgefordert, aufs nächste Polizeikommissa- 
riat zu kommen, wo die Amtshandlung wegen un 
befugten Ehauffierens eingeleitet werden sollte. 
Der Polizeikommifsar, dem der Automobilist vor 
geführt wurde, schöpfte Verdacht, da der Mann 
nur zögernd Auskunft gab und sich in Wider 
sprüche verwickelte. Er unterzog ihn nun einem 
eingehenden Verhör, und schließlich gab der 
Vernommene an, er sei mit dem Hoteldieb Georges 
Roste identisch, der bereits seit mehr als einem 
Jahre steckbrieflich gesucht werde. 
Roste hatte sich auf seinen Beutezügen ein 
System zurecht gelegt, das, wie sich erwies, sehr 
erfolgreich war. Er ging seinem „Geschäft" jeden 
zweiten Tag nach. Unter irgend einem Vorwand 
suchte er ein Hotel auf — manchmal mietete er 
sich dort ein —- und hatte bald eine Gelegenheit 
ausgespäht, um Beute zu machen. Er war dabei 
nicht wählerisch, -sondern nahm, was sich ihm bot, 
Juwelen, Bargeld, Instrumente, Kleidungsstücke 
usw. Seine Opfer waren gewöhnlich alleinstehen 
de alte Herren. Frauen bestahl er nie. Er ver 
schonte sie aber nicht aus Galanterie, sondern aus 
Vorsicht, „denn sie pflegen," erklärte er auf der 
Polizei, „sofort um Hilfe zu rufen, wenn sie ein 
verdächtiges Geräusch vernehmen, während Män 
ner sich ruhig verhalten, weil sie nicht feig er 
scheinen wollen." Außer den Wertsachen lockten 
Rosse am meisten die Legitimationspapiere der 
Bestohlenen. Er eignete sie sich an, um unter 
dem Namen seiner Opfer auftreten zu können. 
Er behielt den fremden Namen bei, bis er sich 
bei einem Diebstahl die Papiere eines anderen 
Mannes bemächtigte. Auf diese Weise hatte Rosst, 
wie er bei der Polizei eing-estand, im Laufe der 
letzten Jahre nicht weniger als vierhundertachtzig, 
Namen. Er wohnte höchstens drei bis vier Dieb 
stähle lang -an ein und demselben Ort, dann über 
siedelte er und meldete sich mit Hilfe anderer ent 
wendeter Legitimationspapiere. In den Kreisen 
der Hoteldiebs kannten nur wenige seinen richtigen 
Namen, aber allen war sein Spitzname geläufig. 
Man rief ihn in der Verbrecherwelt „Histite", 
wie eine Dietrichmarke heißt, die Rosse verwen 
dete, weil er mit diesem Werkzeug alle Türen zu 
öffnen verstand. 
einen gefälschten Haftbefehl, den er aus dem Ge 
fängnis zu schmuggeln verstand, einen Mann, von 
dem er sich Geld ausgeborgt hatte und der ihn we 
gen der Rückzahlung drangsalierte, für einen Tag 
verhaften zu lasten. 
Der neueste Streich Gustav Levys ist von ähn 
licher Art und auch diesmal hat er wieder alle 
Lacher auf seiner Seiie. Levy fühlte sich begreif 
licherweise nach der langen Untersuchungshaft nicht 
ganz wohl und er sann nach Mitteln und Wegen, 
um seine Haftunfähigkeit darzutun. Alle seine Be 
mühungen scheiterten jedoch daran, daß der Ge 
richtsarzt Dr. Groß ihn nach eingehender Unter 
suchung für haftfähig erklärte. Levy war darüber 
wütend, schwor Dr. Groß Rache und brütete fol 
genden Plan aus, der ihm auch glänzend gelang. 
Der Hochstapler hatte schon früher einmal beim 
Amtsgericht Eharlottenburg Gcrichtsformulare und 
Stempel entwendet und verstand es, diese in seine 
Zelle zu schmuggeln. Da ihm die Benutzung seiner 
eigenen Schreibmaschine gestattet ist, nahm er nun 
ein Urteilsformular des Amtsgerichts Charlotten- 
burg und „verurteilte" Dr. Groß zur Zahlung eines 
Betrages von tausend Mark. Das Schriftstück ver 
sah er mit der Zwanc-svollstreckungsklausel, schmug 
gelte es aus dem Gefängnis und ließ es mit einer 
gefälschten Unterschrift dem Gerichtsvollzieher zu 
stellen- Der gewissenhafte Beamte begab sich natür 
lich sofort in die Wohnung des Gerich-tsarztes Dr. 
Groß und nahm dort die vorgeschriebene Pfändung 
für tausend Mark in Abwesenheit des Wohnungs 
inhabers vor. Natürlich stellte sich bald heraus, 
daß kein derartiges Urteil ergangen war und es 
dauerte auch nicht lange, bis man feststellte, daß das 
„Urteil" auf Levys Schreibmaschine hergestellt war. 
— Die Staatsanwaltschaft ist nun eifrig bemüht, 
festzustellen, wie es Levy immer wieder gelingt, seine 
„amtlichen Anweisungen" aus dem Gefängnis zu 
bringen. , 
Besuch des Kreuzers „Karlsruhe" im früheren DeuLsttz-Sudwest-Afrika. 
Der Kreuzer „Karlsruhe" lief während seiner Weltreise, die er im Mai ange- * 
treten hat, die frühere deutsche Kolonie Südwest-Afrika an und ankerte-in der Wal 
fischbai (links) vor Swakopmund. Die dort ansässigen Deutschen empfingen die Be 
satzung mit großer Herzlichkeit und vereinigten sich mit ihr zu einer Eedenkseier vor 
dem Kriegerdenkmal von Swakopmund (rechts).
	        
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