LcmDsszsilung
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123. Jahrgang
123. Jahrgang.
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JgnnerstM. derr 2. Màr
Wie werden die Provinzinftan en Stellung nehmen?
Dem Rtichspräfiö«uten
Twr
Die öeutsche Berfassungsreform ist die
Voraussetzung jeder anderen Berwaltungs-
und Finanzreform. Die Verfassungsreform ist
also unabwendbar. Sie kann nur erfolgreich
durchgeführt werden, wenn sie mit einer Neu
gliederung des Reichsgebietes verbunden
wird. Diese Neugliederung nach wirtschaftli
chen, verwaltungsmäßigen, geschichtlichen und
kulturellen Gesichtspunkten wird die große
politische Ausgabe der nächsten Jahre sein.
Unsere Heimat Schleswig-Holstein wird
von einer Neugliederung auf jeden Fall stär
ker und empfindlicher getroffen als fast jedes
andere öeutsche Land. Es drohen daher auch
Gefahren, die jetzt noch unübersehbar sind, die
aber größer werden, je weniger wir selbst uns
dazu aufraffen, an unserer Zukunft mitzuar
beiten, je mehr wir die Dinge ihren Lauf neh
men lassen und je mehr wir uns lediglich als
Gegenstand Berliner Regierungskunst betrach
ten.
Wir Schleswig-Holsteiner haben viele
Vereinigungen, die sich zum Ziel gesetzt haben,
die Belange der Heimat zu vertreten, Schles-
wig-Holsteiner-Vund, die Geschichtsgesellschast,
die Vereinigungen der Städte, Kreise, Gemein
den und in erster Linie wohl auch unsere Pro
vinzialverwaltung. Außerdem haben m. E. be
sondere Aufgaben und Pflichten infolge ihrer
Verwurzelung in den breiten Massen unserer
bodenständigen Bevölkerung die Provinzial
organisationen der Landwirtschaft und des
Handwerks, die hier beweisen sollten, daß ihre
Arbeit nicht allein einem einzelnen Stande,
sondern der ganzen Heimat gilt, wie immer
von ihnen betont worden ist. Das Ziel des
Reichslandes Niedersachsen wird ihr Streben
über den Tag und die Bindungen der Gegen
wart hinausheben und ihrer Arbeit nationa
len Sinn geben. Was unternehmen diese
Stellen, ķ um die Interessen Schleswig-Hol
steins bei der Vorbereitung der Neugliederung
des Reiches wahrzunehmen, wird sich mancher
mit Sorge fragen, der die Pläne der Berliner
Zentralinstanzen kennt und ihre Auswirkung
auf Schleswig-Holstein ermessen kann!
Mir ist im Augenblick lediglich bekannt,
daß der Provinzialausschuß sich vorbereitend
mit der Reichsresorm befaßt hat, und daß der
Schleswig-Holsteiner-Bund auf seiner Landes
tagung in Eutin über diese Frage ein Referat
halten ließ und die bekannte Entschließung an
nahm, welche den Landesvorstand beauftragt,
notwendige Schritte zur Wahrung unserer
heimatlichen Interessen bei der Reichsresorm
zu unternehmen.
Umsomehr Aufmerksamkeit verdienen auch
von nordelüischer Seite die Schritte, welche u. a.
die Verwaltung der Provinz Hannover zur
Vorbereitung der Reichsreform und zur Wah
rung ihrer Interessen unternommen hat. Be
reits vor 2 Jahren hat das Landesdirektorium
der Provinz Hannover dem 64. hannoverschen
Provinziallandtag eine Denkschrift „Nieder-
sachsen im Rahmen der Neugliederung des
Reiches" vorgelegt als Anfang einer großzü
gigen Reihe von Arbeiten, um den Jnter-
i!-V* Hannovers bei der kommenden
Ņerchsrefornr Geltung zu verschaffen. Der
Zand dreses Denkschriftenwerkes, um den es
sich zunächst handelt, hat die Aufgabe, rein be
schreibend da^' Wirtschaftsgebiet Nieöcrsachsen
in seiner poUti chen Zerrissenheit sowie dessen
ursächliche Entstehung darzustellen, während
man sich zunächst grundsätz^ UOtt Vorschlägen
für eine irgendwie geartete endgültige Ab
grenzung eines Gebietes (Reichsland Reichs-
provinz usw.j „Niedersachsen". Nordwest
deutschland" oder „Hannover" zurückgehalten
hat.
schließlich unter Würdigung des im Band I
und II gebotenen Materials die verschiedenen
zutage getretenen Ansichten und sonstigen
Möglichkeiten einer Abgrenzung Niedersach
sens aufzeigen.
Das Ergebnis der Arbeiten des ersten
Bandes faßt der Verfasser, Privatdozent Dr.
Kurt Brüning, folgendermaßen zusammen:
„Nach all diesen verschiedenen Untersu
chungen über die Frage, worauf die heutige
politische Zerrissenheit Niedersachsens zurück
zuführen-ist, kommen wir zu dem Ergebnis,
daß sie
nicht durch die natürlichen geographischen
Verhältnisse,
nicht durch das Bedürfnis von Wirtschaft
und Verkehr,
nicht durch die Gruppierung der Bevölke
rung oder durch öle heutige soziale Struk
tur,
nicht durch Volkstum und Kultur oder
Stammeszugehörigkeit
bedingt ist, sondern daß sie nur als ein Ueber-
bleibsel einer durch viele Zufälligkeiten be
einflußten dynastisch-territorialen Entwick
lungsgeschichte anzusehen ist.
Da wir gesehen haben, daß jede Zeit ihr
besonderes politisches Gepräge und eine be
stimmte politische Raumverteilung har, so
können wir zusammenfassend sagen, daß kei
nerlei aus der Vergangenheit abzuleitende
Bedenken dagegen bestehen, die geschichtliche
Entwicklung, die zur Entstehung der Klein
staaterei geführt hat, abbrechen zu lassen und
an ihre Stelle Gebilde zu setzen, die den Be
dürfnissen der Gegenwart entsprechen."
Die Denkschrift spricht sich über die politi
sche Abgrenzung eines neuen Gebildes „Nie-
dersachsen" noch nicht aus, aber aus den Dar
legungen und Beweisführungen ist zu ent
nehmen,daß sie unter„Nieöersachsen" mehr oder
weniger die Provinz Hannover, abgerundet
durch westfälische Kreise, Oldenburg (Haupt-
teil), Bremen, Braunschweig, Lippe usw. ver
standen wissen will. Wir Schleswig-Holstemer
haben das Recht und die Pflicht, gegen solche
Fortsetzung siehe nächste Sette.
Reichspräsident von Hindenburg vollen
det am heutigen 2. Oktober sein 83. Lebensjahr.
Er weilt an diesem Tage nicht in Berlin, sondern
bei Freunden und Gastgebern in Dietramszell, von
wo er sich morgen nach München zur Beisetzung
des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von
Bayern begibt.
Wenn je die Phrase sich von selbst verurteilt
hat, dann ist das gründlich in den sechzehn Jahren
des Kampfes, der Not und der Enttäuschung seit
1914 geschehen. Für schwelgerische und wortklin-
gelnde Festtagsartikel hat das deutsche Volk keinen
Sinn mehr und keinen Bedarf. Wer mit der Zeit
und den Geschehnissen gereift ist, sieht mehr als
früher auf den Grund der Dinge und will sich
nichts vormachen lassen.
Dies Gefühl für Echtheit ist erwachsen neben
einem Gestrüpp von Unechtem und Fragwürdigem.
Und wenn wir — wir alle — unserm heimgesuch
ten Volk innigst Gutes wünschen, dann möge unter
diesen Wünschen nicht zuletzt der fein, daß die
Liebe zum Echten und Wahren, zum Graden und
Schlichten immer weiter und tiefer Wurzel schlage
und auch die Flagellanten des Geistes ergreife.
Ein Vorbild an Echtheit und Schlichtheit ist
Hindenburg, der Soldat, der Bürger und Staats
mann. Der grade Weg der Pflicht war ihm im
mer oberstes Gesetz des Handelns, und Pflichtge
fühl läßt den Hochbetagten seit 1925 ausharren an
der höchsten Stelle, die das deutsche Volk zu ver
geben hat. Ein wahrer Vater des Vaterlandes,
gilt seine Mahnung in zerwühlter Zeit unausge
setzt dem gegenseitigen Verständnis und der Einig
keit in Lebensfragen der Nation.
Spätere Geschichtsschreibung wird wohl erst
Hindenburgs, dieser Säule der Pflichterfüllung,
Bedeutung fürs deutsche Volk in einer krisenrei
chen Epoche der Umgestaltung, des Tastens vom
Alten zum Neuen ganz ermessen können. Die
Synthese sucht uns Hindenburg aufrechten und
gläubigen Herzens vorzuleben.
In deutschen Landen wendet man ihm heute
die Gefühle des Dankes, der Verehrung und der
Fürbitte zu. sitz
Brüning sucht Unterstützung seines Programms.
Verhandlungen um neuen großen Auslandskredit.
Urteile her Kritik
sitz Reichskanzler Brüning möchte trotz der An
drohung, daß er gegebenenfalls sein Programm un
ter weiterer Umgehung des Parlaments bei „zeit
gemäßer Auslegung des Artikels 48" durch
zuführen gedenke, möglichst mit parlamentarischen
Mitteln auskommen. Deshalb ist er gegenwärtig
mit allen Kräften dabei, eine zustimmende Resonanz
im Reichstag durch Verhandlungen mit den Par
teien zu erlangen. Den Ausgangspunkt bildet Brü
nings Vortrog beim Reichspräsidenten vor dessen
Abreise nach Süddeutschland, wobei Hindenburg die
Absichten des Kanzlers in vollem Umfang gebilligt
hat, wie versichert wird. Der preußische Minister-
Präsident Braun soll die Unterstützung der preu
ßischen Staatsregierung im Reichsrat bei der Be
handlung der Gesetzentwürfe zugesagt haben; ein
formeller Beschluß des preußischen Kabinetts er
folgt allerdings erst heute oder morgen. Die Sozial
demokraten wollen dem Vernehmen nach, wenn ir
gend angängig, außerparlamentarische Mittel ver-
nneden sehen. Nach vorläufiger Fühlungnahme mit
der Sozialdemokratie wird Brüning heute offizielle
Besprechungen mit dem Grafen Westarp von der
Konservativen Volkspartei in Gegenwart des Mini
sters Schiele aufnehmen und darauf die Sozialdemo
kraten Wels und Hermann Müller empfangen. Die
Reihenfolge der übrigen Parteiführer-empfänge steht
noch nicht fest.
Bemerkenswert ist das
Auslandsecho,
welches die Finanz- und Wirtschaftspläne der
Reichsregierung gefunden haben. In Amerika hegt
man, wenn auch nur indirekt, eine gewisse Befürch
tung für die amerikanischen Schuldenzahlungen der
Alliierten, wobei man von angeblichen Bestrebungen
m Europa ausgeht, zu denen das eine Milderung
I einer Tributlasten erstrebende Deutschland in Be
ziehung stehen soll. Wenn man der Pariser Presse
von heute morgen glauben darf, dann wird der
Reichsbankpräsident Dr. Luther bald in Paris ein
treffen, um
mit einem Pariser Bankenkonsortium die
fache und zu keinerlei Beunruhigung Anlaß gebende
Maßnahme" hinzustellen sucht. Die Reichsbank ist
damit beschäftigt, den Kreditweg ausfindig zu
machen. Es ist geplant, den neuen Pump vom
1. April nächsten Jahres ab in 36 Monatsraten ab
zutragen, wobei 420 Millionen auf jedes der drei
Jahre entfallen sollen. Hoffentlich stimmt die Rech
nung und wird Unvorhergesehenes nicht wieder eine
umstürzende Rolle spielen!
Hitlers Stellungnahme.
Zum Finanzprogramm der Reichsregierung
schreibt der „Völkische Beobachter", Hitlers Blatt,
u. a. Folgendes: „Was wir serviert erhalten, ist eine
furchtbare Volksbelastung, derart furchtbar, daß end
lich wohl auch den Locarno-Wählern Hören und
Sehen vergehen wird. Auch die deutschen Beamten
können jetzt gemeinsam mit allem Volk zusehen, daß
die Börse und Großbanken ebenso wie Großwaren-
häuser ungeschoren davonkommen, die schaffende Ra
tion aber die Folgen der 12jährigen verbrecherischen
Politik zu tragen hat. Begrüßen tun wir allerdings
die Gehaltskürzung des Reichspräsidenten, der Mi
nister und der Diäten der Abgeordneten. Während
der ganzen Jahre ist es weder den Marxisten noch
den Bürgern eingefallen, hier etwas vorzunehmen.
Erft als die N. S. D. A. P. sich als die Stimme
des gequälten Volkes meldete und Abbau von oben
forderte, und als schließlich der 14. September
zeigte, was die Glocke geschlagen hatte, da bequem
ten sich endlich die Herren, auch bei sich etwas zu
kürzen". Schließlich kommt das Blatt zu dem Er
gebnis, daß
das Programm der „Brüning-Nichtregierung"
untragbar
sei; denn es tue nichts anderes, als die Poung-
Sklaverei zu stabilisieren, und es fordere vom deut
schen Volk die Anerkennung, ein versklavtes Volk
zu sein und es bleiben zu wollen.
Bayerische Bedenken.
Die Bayerische Volkspartei erklärt in ihrer Kor
respondenz, daß es als vaterländische Pflicht der
Reichsregierung bezeichnet werden müsse, aus ihrem
Posten auszuharren und den Kampf mit dem Par
lament aufzunehmen. Für die Bayerische Volks
partei könne es keine andere Entscheidung geben,
als in die Regierung Brüning zu treten. Es solle
allerdings schon heute kein Hehl daraus gemacht wer
den, daß vom Standpunkt der Bayerischen Volks
partei und vom Standpunkt Bayerns aus gegen die
Vorschläge der Reicksrcgierung sehr schwere Be
denken erhoben werden.
Ire MUmmsche her WchsregiMW
zu Hindenburgs Gàlslag.
„Eine Zeit besonders schwieriger Verhältnisse".
Der Reichskanzler hat in nachstehendem
Schreiben dem Reichspräsidenten die Glückwünsche
zu seinem heutigen Geburtstage übermittelt:
„Hochverehrter Herr Reichspräsident! Durch
die Gnade des Himmels ist es Ihnen vergönnt,
heute das 83. Lebensjahr zu vollenden. Ich be
ehre mich, als Reichskanzler und zugleich namens
der Reichsregierung Ihnen zu dem Ehrentage die
Möglichkeit einer Anleihe zu besprechen,
die, 1,2 Milliarden Mark groß, in Paris,
London und Neuyork aufgenommen
werden soll. Der „Petit Parisien" bemerkt ironisch,
daß in Deutschland alles stets mit einer Anleihe
ende. Anleihe und „Ueberbrückungskredit". wovon
in dem Regicrungsprogvamm die Rede ist, sind na
türlich dasselbe. Es klingt wie ein Rückfall in ge
fährlichen Optimismus, wenn der Reichsfinanz-
minister Dietrich in einer Unterredung die Inan
spruchnahme des großen Kredits als „eine sehr ein
aufrichtigsten Glückwünsche darzubringen. Ich gebe
der Hoffnung Ausdruck, daß dem deutschen Volke
in Ihnen das Vorbild unermüdlicher Pflichttreue
noch lange erhalten bleiben möge.
Ich darf am heutigen Tage der großen Ver
ehrung gedenken, die Sie, Herr Reichspräsident,