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123. Jahrgang,
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ihre Millionen politisch geschulter Anhänger,
beginnen könne. Mit Drohungen und Ver
sprechungen hätten die Diktaturfreunde bei
den letzten Wahlen eine große Anzahl An
hänger gewonnen. Die Sozialdemokratie
werde den Gegnern ihren eisernen Willen
und. wenn es notwendig wäre, die Arbeiter-
fanst entgegensetzen. Alles das. was politisch
rückwärts gerichtet wäre, das Bank- und In
dustriekapital. die Grundbesitzer, warteten ans
das Bündnis mit den Nationalsozialisten.
Auch der Faschismus werde und könne die
Tributlasten nicht wegschaffen. Hitler habe
schon erklärt, neue Verträge nicht eingehen,
die bestehenden aber erfüllen zu wollen. Auch
die innere Wirtschaftskrise, die eine Weltkrise
sei. könne Hitler nicht beseitigen. Fast eine
Milliarde ausländischer Kredite seien gekün
digt und infolgedessen eine große Menge deut
schen Goldes an das Ausland zum Schaden
der deutschen Wirtschaft abgeführt worden.
Die Krise könne nur durch organisierte Tätig
keit überwunden werden, zu der die Sozial
demokratie die notwendigen Weisungen geben
werde. Es sei unmöglich, die Politik nach den
Interessen der 4 v. H. der Bevölkerung zu
führen, deren Existenz gesichert sei. Wie die
Völker das Sozialistengesetz und die Bis-
marck-Zeit überwunden hätten, so werde auch
die jetzige Generation die kommenden Kämpfe
bestehen.
Reichstagsabgeordneter Künstler erklärte
in seinem Schlußwort, der Tag, der dem deut
schen Volk einen zweiten November bescheren
sollte, werde eine kampferprobte Arbeiterschaft
finden. Es werde dann nachgeholt werden,
was 1918 versäumt worden sei. Nach Auf
lösung der Kundgebung entstanden Unter den
Linden Reibereien mit Nationalsozialisten.
Dabei wurden, wie gemeldet wird, verschie
dene Nationalsozialisten beinahe gelyncht. Ter
Polizei gelang es jedoch bald, die Ruhe wie
derherzustellen.
JmWMîsnà MArMWsMrM.
Die deutschnationale Neichstagsfraktion beschloß
die Einbringung eines Mißtrauensantrages gegen
die Regierung Brüning. Ihren alten Amnestie-
antrag hat die Fraktion wieder eingebracht.
RMMWWNe Mck'ge.
Die Kommunisten haben den Plan aufgegeben,
bei der heutigen Eröffnungssitzung des neuen
Reichstages die Rotfront-Uniform anzulegen. Sie
wollen aber gleich nach (Eröffnung der Sitzung durch
den Alterspräsidenten diesem demonstrativ vier An
trüge überreichen und deren sofortige Beratung ver
langen. An der Spitze steht ein Mißtrauensantrag
gegen das Kabinett Brüning, dann folgt ein kom
munistischer Antrag auf sofortige Einstellung der
Ponngzahlungen; ein dritter Antrag verlangt die
Aufhebung der Notverordnungen des Kabinetts
Brüning. Schließlich wird auch die Aufhebung ^es
Verbots des Rotfrontkämpfer-Bundes und der An
tifaschistischen Jugendorganisation beantragt. Es
ist demnach mit einer lebhaften Sitzung zu rechnen.
Gànkm;um Beginn
der MichàgSKàit.
Alle diejenigen, die der Ueberzeugung sind, daß
das deutsche Volk nur durch Zusammenschluß aller
gesunden Kräfte die augenblickliche schwere Krise
meistern kann, werden an den Zusammentritt des
Reichstages keine übertriebenen Erwartungen
knüpfen. Die Gegensätze haben sich in der letzten
Zeit vertieft. Das Mißtrauen zwischen de neinzel-
nen Gruppen ist gewachsen. Ja, selbst die Vertreter
der jüngeren Generation, der längere Zeit hindurch
gemeinsames Erleben eine gleiche Zielrichtung des
politischen Wollens zu geben schien, stehen schart
geschieden in ihren Lagern.
Die Starrheit der Fronten ist wohl die größte
Schwäche unseres innerpolitischen Lebens. Jeder
hat sich von dem Gegner eine vorgefaßte Meinung
gebildet, die unumstößlich ist. Alles, was diesen:
Schema widerspricht, wird mit den Mitteln der
Agitation umgebogen. An und für sich gesunde
Gedanken werden verdächtigt. Wieviel wäre ge
wonnen. wenn wir nur immer den Willen hätten,
auch beim Gegner das Gute zu sehen und anzuer
kennen und damit zu stärken. Statt dessen erleben
wir immer wieder im politischen Kampf einen er
schreckenden Mangel an ethisch begründetem Ver
antwortungsgefühl. Die Wahlzeit besonders wurde
zum Tummelplatz hemmungsloser Agitation. Der
Parteiegoismus herrschte absolut. Oft schien ge
rade diese Zeit dazu da zu sein, den letzten Rest
eigenen Nachdenkens in dem Meer der Demagogie
und der Phrase untergehen zu lassen. Deshalb
geht das Volk aus jedem Wahlkampf nicht gestärkt,
sondern geschwächt hervor. Und wieviel gute Keime
könnten in dieser Zeit fruchtbarer politischer Auf
geschlossenheit gelegt werden, wenn sich alle Redner,
die den Ehrentitel national zu sein, für sich in An
spruch nehmen, stets in erster Linie der Nation und
nicht ihrer Gruppe verpflichtet fühlten. Ist nicht
das große Ziel der Befreiung des Vaterlandes nach
außen und innen die Hauptsache? Können dabei
nicht die verschiedensten Kräfte zusammenarbeiten?
Die Geschichte wird später nicht danach fragen, welche
Gruppe cs „geschafft" hat. Wohl aber wird sie ihr
Urteil sprechen, wenn das Ziel nicht erreicht wird,
und diese Gefahr ist vorhanden, wenn die kleinliche
Rivalität der einzelnen nationalen Gruppen nicht
endlich überwunden wird.
Die entschlossene Abkehr des größten Teilen
des deutschen Volkes von der internationalen Ge
dankenwelt und der Ruf nach starker Führung sind
die erfreulichsten Ergebnisse des Wahlkampfes. Aber
wieviel stärker wäre die Auswirkimg dieser Hal
tung, wenn mehr Geschlossenheit die Front aus
zeichnete, die sich durch dieselbe Grundeinstellung
auszeichnet. Statt dessen wird hier und da mit
einer gewissen Schadenfreude der Verlust der an
deren konstatiert, als wenn es nicht lächerlich wäre,
wenn die Nachbarn bei einer Vrandkatastrophe sich
gegenseitig der Zahl der mit Mühe und Not ge
retteten Möbel rühmen würden!
Es ist ein Wunsch, der in diesem Augenblick von
den besten Deutschen genährt wird, daß endlich ein-
mnnisten und Nationalsozialisten, ein wüstes
Durcheinander zu schaffen und dadurch den' Boden
für die Diktatur zu bereiten, zu vereiteln. Die
restlose Aufhebung der nun einmal seit Wochen in
Kraft befindlichen Notverordnungen, ohne daß
etwas anderes an ihre Stelle gesetzt wird, würde
die schwerste Erschütterung der öffentlichen Finan
zen bedeuten. Die Sozialdemokratie wird sich des
halb dafür einsetzen, daß ein Weg beschritten wird,
durch den den Notverordnungen die Eiftzähne aus-
gebrochen werden, ohne daß solche Gefahren auf
treten, wie sie durch eine restlose Aufhebung der
Notverordnungen entstehen müßten. Die Sozial
demokratie wird verlangen, daß die Notverord
nungen in einem Ausschuß des Reichstages be
raten werden, der in sachlicher Arbeit Abände
rungen vorzunehmen hat."
MrsüchMckUche AmysimsÄgs
hm NMlMMîMZnms.
In Anwesenheit Hitlers hielt die National--
sozialistische Teutsche Arbeiterpartei am
Sonnabend und Sonntag in Weimar eine
Gauführertagung ab, die im Zeichen des
Wahlsieges stand. In zwei Massenversamm
lungen sprachen die Reichstagsabgeordneten
Schemm und Göring. Sie befaßten sich mit der
Stellung der Partei nach dem Sieg. Das Ziel
des Eintritts des Parlaments und in die
Regierung sei. den Parlamentarismus als
das Instrument der Demokratie zu vernich
ten. jedoch nicht durch Putsch, sondern ans
legalem Wege. Sonntagmorgen fand im Teut
schen Nationaltheater eine Kundgebung statt.
Staatsminister Dr. Frick stellte dem Urteils
spruch gegen die Ulmer Neichswehrosfiziere
das Urteil gegen den ehemaligen Berliner-
Oberbürgermeister Dr. Vöß gegenüber. Zur
Regierungsbildung im Reich bemerkte er, daß
man vor allem eine klare Linie des Zentrums
fordern werde, ehe man Verantwortung über
nehme. Sodann sprach Hitler, der sich wenig
mit praktischen Tagesfragen beschäftigte, son
dern vielmehr mit der Idee des National
sozialismus. Die Gauführertagung schloß mit
einem Marsch der uniformierten S.-A.-Mann-
schaften durch die Stadt.
Me mh Äfftet ìîîi LuslMlen.
Die Berliner Sozialdemokratie veranstal
tete am Sonntag im Lustgarten eine Kund
gebung gegen Diktatur und Faschismus, für
Demokratie und Arbeiterrecht. Nachdem unter
Vorantritt von Musikkapellen des Reichsban
ners die einzelnen Züge mit roten Fahnen
einmarschiert waren, führte Reichstags.präsi-
bent Lobe n. a. aus, am Vorabend des Zusam
mentritts des Reichstages wolle die Sozial
demokratie der Neichstagsfraktion zeigen, daß
sie ihren Kampf i« Parlament, gestützt auf
Sie MgMWgMkMWg.
Braun über die Politik der Sozialdemokraten.
In der vom Reichskanzler abzugebenden Re
gierungserklärung, die man in der Reichstags
sitzung am Donnerstag erwartet, wird dem Ver
nehmen nach die politische Gesamtlage mit großem
Ernst besprochen werden. Es dürfe, so heißt es,
als selbstverständlich angenommen werden, daß bei
Besprechung der Außenpolitik die Fortführung
der deutschen Verständigungspolitik nachdrücklich
betont werde. Das erscheine doppelt notwendig,
nachdem angekündigt worden, daß die Landvolk
partei unbequeme Anträge auf außenpolitischem
Gebiete vorbereite. Im übrigen werde der größte
Teil der Regierungserklärung die innere Lage
Deutschlands 'unb im Zusammenhang damit das
Finanzprogramm der Regierung behandeln und
keinen Zweifel daran lassen, daß die parlamen
tarische Erledigung dieses Programms ein unbe
dingtes Erfordernis für Deutschland sei.
Der Reichskanzler hat mit dem preußischen
Ministerpräsidenten Braun über die Lage ge
sprochen. Im „Vorwärts" bereitet Braun auf
eine gemätztigte Haltung der Sozialdemokraten
vor, indem er schreibt, die Sozialdemokratie habe
heute, nachdem die für den demokratischen Stand
punkt reifen Bürgerkreise anders als zur Zeit
der Paulskirche mehr und mehr zusammengeschmol
zen seien, die historische Aufgabe von gewaltiger
Größe, aber auch von opferfordernder lastender
Schwere, mit Einsatz aller ihrer Kräfte die deut
sche Republik vor dem Absturz in faschistische Dik
taturzustände zu schützen und inmitten eines in
Gärung befindlichen Europa als festesten Stütz
punkt aller Demokratien auszubauen. Um zu
diesem Endzweck zu kommen, müsse man heute und
morgen die Zähne zusammenbeißeir und in voller
Erkenntnis der aus dem Mitbestimmungsrecht
stammenden Mitverantwortung auch den Mut
haben, einmal eine Politik zu treiben, die nicht
populär sei und nicht so verlockend wie die Wunich-
politik von Maulhelden, eine Politik, die dafür
aber allein die Aufrechterhaltung verfassungsmä
ßiger Zustände und fckwer genug errungener und
für den Aufstieg der Arbeiterklasse unentbehrlicher
Demokratie gewährleiste.
Sozialdemokraten stützen Not-
Verordnung.
Unter der Ueberschrift „Was wird werden?"
schreibt das sozialdemokratische Zentralorgan im
Anschluß an eine Unterredung der Abgeordneten
Breitscheid. Müller und Wels mit dem Reichs
kanzler: „Die Sozialdemokratie will zunächst den
Versuch machen, aus dem Wege der ordentlichen
Gesetzgebung diejenigen Bestimmungen der Not
verordnungen zu beseitigen, gegen die sich der Wi
derstand der Massen richtet. Diese Haltung der
Sozialdemokratie bezweckt, den Versuch von Kom-
Zur Eröffnung des Reichstages
Ş'
ill
Führer des Reichs und des Reichstages begeben sich in den Reichstag:
Reichsarbcltsminister Reichsernähn.ngsmmister Goebbels Hugenberg
Stegerwald Schiele
Reichskanzler a. D,
Müller
Relchsminister a. D.
Hlljerdlng
Reichskanzler
Brüning
Alterspräsident Hdrold
Pil