Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 3)

Zehnter schleswig-holsteinischer Handwerkertag 
Parlamentarischer Abend. 
Der Landesverband- Schleswig-Holstein des 
Nordwestdeutschen Handwerkevbundes feierte sein 
zehnjähriges Bestehen mit einer Reihe von fest 
lichen Veranstaltungen, die am Sonnabend mit 
einem Parlamentarische» Abend im Seglerheim 
in Kiel begannen. Ans Anlaß der Jubiläums 
feier hielt auch die Handmerkskammer Altona 
verschiedene Tagungen gleichzeitig in Kiel ab. 
Zu dem parlamentarischen Abend hatten sich 
aus der ganzen Provinz handwerkerliche Abgeord 
nete der kommunalen Körperschaften, Vertreter 
der Orts- und Kreisgruppen und auch Leiter ver 
schiedener Provinzialbehörden eingefunden. Be 
sonders zahlreich war die schleswig-hol-steinifche 
Presse dieser Einlàng zu einer Aussprache mit 
den Angehörigen des Handwerkerstandes gefolgt. 
Der Landesoeààworsttzende 
Schneidermeister Kohrt, 
Kiest begrüßte mit einer kürzen Ansprache die 
Anwesenden. Der parlamentarische Abend solle 
einen Auftakt des Hvndwerkertages darstellen. 
Enger Zusammenfchlutz aller, die an einer Ge 
sundung des Vaterlandes und der Wirtschaft in- 
teveDort seien, ganz besonders aber des Hand 
werks, sei notwendig. Diesem Ziele svlst auch 
biess vertrante Aussprache, diese persönliche Füh- 
ànMahmo dienen. Kohrt begrüßte dann im ein- 
Selnen Vertreter der Berufskammern, Organisa- 
kioiren und der Behörden, die in großer Zahl an 
rochen- waren. Eingehende Ausführungen wid 
mete er sodann den Beziehungen des Handwerks 
zur Presto und der Bedeutung der Proste für die 
Organisationen. 
Der Präsident des Landesarbeitsamtes Nord- 
mark, Sjöbcrq, verbreitete sich in längeren Aus 
führungen über den Stand der Arbeitslosigkeit, 
ihre volkswirtschaftliche Ursache und Bedeutung 
und den Stand der Gesetzgebung zu ihrer Besei 
tigung. 
Wogrüßungstelegramme hatten gesandt die 
Oberpostdirektion Kiel und der Bund der In 
nungen, Hamburg. 
Ueber 
Stellung und Bedeutung 
des Handwerks in Schleswig-Holstein 
sprach in sehr klaren und übersichtlichen Ausfüh 
rungen der 
Syndikus der Handwerkskammer Altona, 
Dr. Riefer. 
Er ging in feinen Ausführungen davon aus, daß 
es durch die Untersuchungen des Enquete-Ausschuj- 
^es zum ersten Male gelungen ist, ein einwandfreies 
Bild van dem Umfang, der Betriebsorganisation 
und der Bedeutung des Handwerks zu schaffen. 
Wenn auch die Struktur des Handwerks im ganzen 
Deutschen Reich im allgemeinen gleich ist, so weist 
doch jedes noch einigermaßen in sich geschloffene 
Wirtschaftsgebiet gewisse Besonderheiten im Hand 
werk auf, die ihren Grund finden in der Landschaft, 
in der Bevölkerung und in den durch die Ent 
wicklung der Technik und des Verkehrs geschaffenen 
Tatjachen. Das läßt stch auch mit hinreichender 
Deutlichkeit im schleswig-holsteinischen Handwerk 
feststellen. Nach den neuesten Feststellungen bestehen 
in Schleswig-Holstein 34 000 Handwerksbetriebe, die 
einschließlich Betriebsinhaber, Gesellen, Arbeiter, 
Lehrlinge, Angestellten und sonstigen Hilfskräften 
rund 90 000 Menschen beschäftigen. Davon ent 
fallen auf das Ban- und Baunebengewerbe rund 
25 000, auf das Bekleidungsgewerbe 20 000, auf 
das Metallgewerbe 15 000, auf das Nahrungsmit 
telgewerbe 15 000 und auf das Holzgewerbe "s 000 
Beschäftigte. Um den richtigen Begriff von diesen 
Zahlen zu bekommen, wies der Vorsitzende darauf 
hin, -daß selbst die kleineren dieser Gruppen immer 
noch größer sind als die größten geschlossenen Grup 
pen der schleswig-hofftei nischen Industrie. Ein 
schließlich der Familienangehörigen leben, wieder 
nach den Feststellungen des Enquete-Ausschusses, 
vom schleswig-holfteinifchen Handwerk rund 210 000 
Menschen, also der 7. Teil der ganzen schleswig-hol 
steinischen Bevölkerung. Diese Zahl steht nicht un 
erheblich über dem Durchschnitt im Deutschen Reich, 
ein Beweis àfnr, -daß die Einzelbetriebe im schles 
wig-holsteinischen Handwerk den Reichsdurchschnitt 
überragen. Zurückzuführen ist das zuerst auf die 
besondere Betriebsform des größeren Teiles der 
schleswig-holfteinifchen Landwirtschaft, die eben 
leistungsfähigere Handwerksbetriebe verlangt, dann 
aber, wie sich gerade in den letzten Jahrzehnten ge 
zeigt hat, auf die Tatsache, >daß Schleswig-Holstein 
infolge feiner geographischen Lage zu einem Bcr- 
kehrsland erster Ordnung geworden ist. Gerade 
hieraus hat das Handwerk immer neue Arbeits 
möglichkeiten gezogen. Diese dauernde Berührung 
mit der modernen Technik hat dazu geführt, daß 
das schleswig-holsteinische Handwerk sich im beson 
deren Maße auf die technischen und wirtschaftlichen 
Erfordernisse der Neuzeit einstellen mußte. Wie die 
obenstehenden Zahlen zeigen, ist das im großen und 
ganzen gelungen. Kennzeichnend dafür ist die Tat 
sache, daß Schleswig-Holstein die erste preußische 
Provinz gewesen ist, idie durch btc beiden Handwerks 
kammern der Provinz eine umfassende Gewerbe- 
förderung auf technischem und betriebswirtschaft 
lichem Gebiet betrieben hat, um den Einzelhandwer 
ker bei der Umstellung auf moderne Fertigungs 
verfahren zu beraten. Auch die handwerkerliche 
Organisation ist in Schleswig-Holstein sehr straff 
durchgebildet; sind doch über 80 Prozent der Be 
triebe in 450 Innungen organisiert, ein Prozentsatz, 
der recht erheblich über dem Durchschnitt.des Deut 
schen Reiches liegt. Wenn auch heute die Lage 
des schleswig-holsteinischen Hemdwerks durch die 
allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse recht 
schwierig geworden ist, so darf doch die Hoffnung 
ausgesprochen werden, daß es dem Handwerk ^ge 
lingen wird, auch über diese Zeiten hinwegzukom 
men. Denn die überraschend schnelle Anpassung 
des Handwerks an die Veränderungen der Wirt 
schaft und .der Technik in den letzten drei Jahrzehn 
ten, wis sie gerade in den amtlichen Untersuchungen 
Mitgliederversammlung des Landes 
verbandes Schleswig-Holstein. 
des Enquete-Ausschuffes zum Ausdruck kommt, hat 
gezeigt, daß das Handwerk wegen der Kleinheit und 
damit der Ueberfehbarkeit seiner Betriebsform viel 
elastischer ist, als gemeinhin angenommen wurde. 
Rheinübergang bei Eaub. 
Stadtrat Witte überbrachte Grüße und 
Wünsche des Kieler Oberbürgermeisters und Ma 
gistrats und hieß die Handwerker in Kiel herzlich 
willkommen. 
Das MLiorrspNggrsMM des 
schleswig-holsteinischen HsKhweà 
cir—. i . ^ .... . 
Am Sonntagmorgen fand im „Colosseum" die 
ordentliche Mitgliederversammlung des Landesver- 
Sandes Schleswig-Holstein statt. Der Vorsitzende, 
Kohrt-Kiel, eröffnete mit einer kurzen Ansprache den 
zchnten Handwerkertag in der Gründungsstadt des 
Landesverbandes und hieß die aus !der ganzen Pro 
vinz erschienenen Mitglieder lder Organisation herz 
lich willkommen. 
Mit ehrenden Worten wurden insbesondere die 
Haudwerkerkollegen begrüßt, die seit 10 Jahren, seit 
der Gründung, unnnterbrochen Kreis- bezw. Orts 
gruppen leiten. Richt mit materiellen Gütern könne 
man ihnen ihre Arbeit lohnen, die sich aus reinem 
Idealismus, unter Zurückstellung persönlicher und 
beruflicher Interessen dem Stande zur Verfügung 
gestellt haben. Ein einfaches Diplom und die An 
erkennung ihrer Kollegen möge ihnen Dank genug 
fein. 
Die folgenden Kreisvorsitzenden bekleiden feit 
10 Jahren ununterbrochen ihr Ehrenamt: Ehrich, 
Altona - Pinneberg; Hartmann, Dordesholm; 
Brandt, Plön; Paustia-n, Eegeberg; Böhme, Süder 
dithmarschen und Sattlermeister Hering, Schleswig. 
Weiter u. a. die folgenden Ortsgruppenvorsttzcnden: 
Kreis Eckernförde: Köster, Dänischenhagen; Nothorn, 
Loose; Haß, Rieseby; Norderdithmarscheu: O. Eg 
gers, Neuenkirchen; Brandt, Wesselburen; Kreis 
Rendsburg: Schütt, Beringstedt; Mohr, Rienborstel; 
Schiffmann, Hademarschen; Lafrenz, Hamdorf; 
Kreis Schleswig: Tüxen, Kius, und Frahm, Raben 
kirchen. 
16 ZKhre Arbeit für bm 
schlesw.-holst. Handwerk. 
3n einem grundlegenden Vortrag zog der 
Geschäftsführer des Landesverbandes, 
Dr. Köhler, ' 
nicht nur das Fazit einer zehnjährigen Berufs- 
standsarbeit, sondern legte auch in programma 
tischen Ausführungen ein Einvernehmen und nach 
Besprechung mit dem Ausschuß und Vorstand die 
Richtung der zukünftigen politischen Arbeit der Or 
ganisation des schleswig-holsteinischen Handwerks 
dar. 
Wir beschränken uns bei der Wiedergabe des 
Rückblickes auf die vergangenen zehn Jahre auf 
einige wesentliche Punkte, da wir bereits in der 
Sonnabend-Ausgabe auf Geschichte und Arbeit des 
Landesverbandes ausführlicher eingegangen sind. 
In .der Wirtschaftspolitik -habe der Kampf den Regie 
betrieben bei Provinz, Kreisen und Gemeinden ge 
golten. Die Auseinandersetzungen mit der Heim 
stätte seien besonders von Böhrnsen und Schulte ge 
führt worden und Hütten einen gewissen Abschluß 
gefunden mit der Denkschrift gegen die Heimstätte. 
Auf dem Gebiete des Steuerrechtes habe man n. a. 
bereits in der Inflationszeit die Anerkennung des 
Anhörungsrechtes der Kreis- und Ortsgruppen bei 
Gewerbesteuerverteilungsbeschlüssen der Gemeinden 
durch den Regierungspräsidenten durchgesetzt und 
weiten den Kampf um die Ausdehnung der Ge 
werbesteuer auf die freien Berufe erfolgreich ge 
führt. ' 
Der Leitgedanke der sachliche^ Arbeit sei ge 
wesen, dem Lebenswillen des Handwerks und seinem 
Anspruch auf gleichberechtigte Mitwirkung Geltung 
zu verschaffen. Voraussetzung für die Durchfüh 
rung der sachlichen Arbeit sei die Erringung all 
gemeinen politischen Einflusses und Durchsetzung 
handwerkerlichen Einflusses in den kommunalen 
Selbstverwaltungskörperschaften und in den politi 
schen Parlamenten. 
Ueber 
Handwerk und Politik 
führte Dr. Köhler sodann u. a. aus: 
„Nun liegt die Wahl des 14. Septembers hin 
ter uns. Wir hatten bei der Stellungnahme zu 
den politischen Fragen von der Tatsache auszu 
gehen, daß das jetzt amtierende Neichskabinctt die 
erste Neichsrcgierung war, die für die Erfüllung 
zweier unserer grundlegenden, seit einem Jahr 
zehnt immer wieder erhobenen Forderungen be 
deutsame Schritte nach vorwärts getan hatte: 
Verteilung der Steuerlasten auf die Gesamtheit — 
Bürgersteuer und Gemeindesteuer — einerseits, 
Wicderhcranzichung zur sozialen Mitverantwort 
lichkeit des Einzelbürgers durch die bekannten Re 
formmaßnahmen in der Krankenversicherung ande 
rerseits. 
Wir haben uns bewußt hinter diese Politik 
gestellt und zur Wahl derjenigen Parteien aufge 
fordert, die diese Politik des Kabinetts unterstützt 
haben. 
Wenn ich von dieser Zielsetzung ans das Er 
gebnis unserer oben gekennzeichneten Wahlparole 
betrachte, so darf für Schleswig-Holstein ohne wei 
teres zugegeben werden, daß die Wahlen für das 
schleswig-holsteinische Handwerk keinen Erfolg ge 
bracht haben. Man kann auch weiter im Hinblick 
auf das Gesamtwahlergebnis in Deutschland 
sagen, baß der berufsstanöspolitische Gedanke von 
der Wucht des allgemeinen Aufschreies nach grund 
legender Aenderung des Gesamtsystems einiger 
maßen in den Hintergrund gedrängt worden ist. 
Ich sehe aber in diesem Ergebnis keineswegs etwa 
eine grundsätzliche Niederlage des bernfsständi- 
schcn Gedankens, sondern ich bin im Gegenteil der 
Meinung, daß die jetzt vor uns liegende Gruppie 
rung der politischen Kräfte in Deutschland mehr 
denn je die Notwendigkeit erweist, den Berussge- 
danken für eine grundlegende Nengestaltnng unse 
rer parteipolitischen Verhältnisse einzusetzen. 
Damit kommen wir nicht umhin, uns einmal 
ganz offen mit dem beispiellosen, wohl einzig in 
der Welt dastehenden Anschwellen der National 
sozialistischen Arbeiterpartei anseinanderznsetzen. 
Wir wissen, daß viele unserer Freunde in: Lande 
dieser Partei ihre Stimme gegeben haben. Wir 
wissen auch, daß Millionen nationalsozialistisch ge 
wählt haben, die sich sonst jahrelang zu den politi 
schen Parteien bekannt haben, die heute mehr oder 
weniger stark geschwächt aus dem Wahlkampf her 
vorgegangen sind. Wir wissen, daß diese Millio 
nen Wähler der nationalsozialistischen Partei ihre 
Stimme nicht um ihres Programms im einzelnen 
willen gegeben haben, sondern um einfach dem Ge 
fühle Ausdruck zu verleihen: „So wie bisher kann 
es nicht mehr weitergehen, es muß irgendetwas 
geschehen, was die Dinge tiefgreifend anders ge 
staltet." 
Es ist gut so, daß es so gekommen ist. Denn 
ein großes Selvstbesinnen geht durch alle Kreise 
des deutschen Bürgertums. Und dieses Selbstbe 
sinnen herbeigeführt zu haben, wird man vorbe 
haltlos der nationalsozialistischen Bewegung zuer 
kennen dürfen «nd müssen. 
Wenn wir vom Standpunkt der sozialen Struk 
tur unserer Gesellschaft gerade für uns als Hand 
werker in Anspruch nehmen, ein Mittler zwischen 
Kapital und Arbeit zu sein, so müssen wir diesen 
Grundsatz auch auf das politische Leben übertra 
gen, in dem, auf weite Sicht gesehen, starke Kräfte 
nicht zu entbehren sind, die die jeweiligen politi 
schen Extremen miteinander ausgleichen oder 
praktisch nach der einen oder der anderen Seite 
hin politisch erst wirksam machen. 
Aus dieser politischen Gesamtlage ergibt sich 
m. E. für «ns die Notwendigkeit, ein besonderes 
und 
neues Aktionsprogramm 
für unsere weitere bnndcspolitische Tätigkeit auf 
zustellen und durchzuführen. 
Unsere nächsten Zunnftsaufgaben. 
Unsere nächsten Znkunstsaufgaben 
I. 
Unsere staatspolitifche Aufgabe. 
Ich habe eben gesagt, wir müssen unsere gesell 
schaftliche Funktion, Mittler zwischen Kapital und 
Arbeit zu sein, übertragen auch auf das politische 
Leben. Daraus folgt, daß wir die Kraft unserer 
berufsstänöischen Organisation einsetzen müssen 
für eine neue Sammlung des Bürgertums unter 
dem Gesichtspunkt, eine verbindende Brücke starker 
politischer Kräfte zwischen den großen Extremen 
links und rechts herzustellen. 
Das Programm dieser von uns mit allen Mit 
teln anzustrebenden neuen Zusammenfassung der 
besten Kräfte des Bürgertums kann auf ganz kurze 
Formel gebracht werden: 
„Senkung der Unkosten". 
Ich fasse zusammen: An der Spitze unseres 
neuen Aktionsprogramms steht die Aufgabe: 
sofort mit allen anderen bernfsstündischen Or 
ganisationen die neue Sammlung des deutschen 
Bürgertums unter der in den verschiedenen 
politischen Parteien zerstreuten Kräfte gegen 
den Marxismus und zum Schutze des Privat 
eigentums in die Wege zu leiten. 
II. 
Unsere kommunalpolitischen Aufgaben. 
Aus unserer programmatischen Forderung 
„Senkung der Unkosten" ergibt sich für unser 
kommunalpolitisches Arbeitsgebiet die Notwendig 
keit, mit allen Mitteln für eine restlose Aus- 
schöpfung der gesetzlichen Möglichkeiten znr Drosse 
lung der Ausgaben im Lause dieses Haushalts 
jahres zu sorgen. 
Der zweite Punkt unseres Aktionsprogramms 
heißt demnach: 
Die Handwerksvertreter in den Kommunen 
und Kommnnalverbänden müssen sofort auf 
schärfste Drosselung der Ansgaben noch im lau 
fenden Haushaltsjahr drängen, wobei in erster 
Linie die persönlichen Ausgaben aller Art z» 
treffen sind, um eine Senkung der Realstener zu 
erzielen, — und gleichzeitig für die Deckung wei 
terer Unterschüsse die Gesamtheit der Gemeinde, 
bürger durch die Notverordnungsstcnern heran, 
zuziehen. 
III. 
Rationalisierung 
der handwerkerlichen Organisation. 
Wenn wir die Senkung der öffentlichen Un- 
kosten fordern, dürfen wir auch nicht im eigenen 
Lager vor gleichen Maßnahmen zurückscheuen. 
Selbst auf die Gefahr hin, zunächst einmal in un 
seren eigenen Reihen Gegensätze aufzureißen, muß 
doch in dieser Notzeit mit aller Deutlichkeit ausge 
sprochen werden, baß wir eine Vereinfachung nn- 
seres Organrsationsapparates im Verussstand 
dringend notwendig haben. Wir sind die einzige 
Wirtschaftsgruppe in Deutschland, die eine drei 
fache Organisationsform ausweist — öffentlich- 
rechtliche Verufsvertretung, Fachverband und 
freier berufsstänöischer Verband. 
Zusammengefaßt lautet daher die dritte For 
derung unseres Aktionsprogrammes: 
Der Landesverband wird beauftragt, alle 
ihm geeignet erscheinenden Schritte zu tnn, um 
einen Plan für die Vereinsachnng des Organi- 
fationsapparates des Handwerkes aufzustellen. 
Zum Schluß befaßte sich der Redner noch mit 
der Reichsrcform und dem Eutiner Beschluß des 
Schleswig-Holsteiner-BundeS. Wir können auf Sie 
Wiedergabe dieser Ausführungen verzichten, da 
dieses Problem bereits wiederholt in unserem 
Blatte behandelt worden ist. 
An einer kurzen, im allgemeinen zustimmen 
den Aussprache beteiligten sich u. a. Schreinermstr. 
Dittmer, Kiel, und Gärtnereibesitzer Lempio, Nor- 
tors. 
Die ausscheidenden Vorstandsmitglieder, Stell 
vertretender Vorsitzender Bayer, Kassenführer 
Plambcck und Beisitzer Reimers, werden einstim 
mig wiedergewählt. 
Oeffentliche Kundgebung 
Den Abschluß des Hanöwerkertages bildete 
eine imposante öffentliche Kundgebung. Stellte die 
Mitgliederversammlung am Vormittag mit der 
Bekanntgabe des Aktionsprogramms den politi 
schen Höhepunkt der Veranstaltung dar, so brachte 
diese Kundgebung in äußerer Aufmachung die 
Einheit und Stärke des Handwerks der Öffent 
lichkeit zum Ausdruck. Symbole und Fahnen deS 
Handwerks aus der ganzen Provinz, der Innun 
gen, Vereine und Bünde vermittelten ein ein- 
örucksvollcs Bild von der Vielgestaltigkeit und 
Lebhaftigkeit handwerkerlichen Gemeinschafts 
geistes, als sie bei lautloser Stille in den großen 
Saal hineingetragen wurden. Der Landesver- 
bandsvorsitzenöe Kohrt,. Kiel, zeichnete in beredten 
Worten Sinn und Bedeutung des Zusammen- 
schlusses des Handwerkes zu einer Schicksalsge- 
meinschaft, er schilderte den zehnjährigen Kampf 
des Handwerks um seine öffentliche Anerkennung 
und die Aufgaben des Standes in Staat und 
Wirtschaft. Die Fahnen senkten stch, als man der 
toten Führer des schleswig-holsteinischen Hand- 
Werkes gedachte, des Schlossermeisters Emil 
Schulte, des Klempnermeisters-Schneider und des 
Renösburger Kreiövorsitzenden Tischlermeister 
und Senator Peter Böhrnsen. Trauernd gedenkt 
bas Handwerk dieser Führer in stiller Ehrfurcht. 
Es folgte nunmehr eine Reihe von Be- 
grüßungsreöcn von Vertretern der Behörden und 
befreundeter Verbände, unter denen die des Prä 
sidenten der Altonaer Handwerkskammer, Reels, 
hervorzuheben ist, der dem Landesverband einen 
Hammer überreichte mit dem Wunsche: Nicht Am 
boß, sondern Hammer sollt Ihr sein. 
Zum Schluß hielt der Präsident des Nordwest- 
deutschen Handwerkerbnndes, Wittmann, Hannover, 
eine Rede über „Forderungen des Handwerks an 
den neuen Reichstag." 
* * 
✓ * 
Protestaktion gegen die Gemeinde-, 
Bier- und Getränkesteuer. 
Hamburg, 27. Sept. Der Verband der Hotels, 
Restaurants und verwandter Betriebe von Erotz- 
Hamburg hat beschlossen, gegen die auf Grund der 
Notverordnung des Reichspräsidenten vom Hambur 
ger Senat beantragte Einführung einer Cemeinde- 
Vier- und Getränkesteuer, worüber in der Bürger- 
schaff Beschluß gefaßt werden soll, am Montagnach 
mittag eine Protestversammlung zu veranstalten. Zur 
Unterstützung dieser Protestkundgebung sollen, wie das 
„Hamburger Fremdenblatt" berichtet, von Montag- 
nachmittag 2 Uhr ab sämtliche Wirtschaftsbetriebe in 
Hamburg, Altona und Wandsbek, auch in Hotels, in 
denen nur Unterkunft gewährt wird, bis Dienstag 
früh geschlossen gehalten werden. Die Durchführung 
des Beschlusses wird von Kontrollorganen überwacht 
werden. 
ah. Bad Brcnnstedt, 27. Sept. Der heutige 
Ferkelmarkt war nur schwach b-wckŞ. Der Handel 
war mittelmäßig. Es wurden folgende Preise er 
zielt: 4—6 Wochen alte Tiere &—10 Jl, 6—8 Wo 
chen alte 10—14 Jl, 8—12 Wochen alte 14—23 Jl. 
Nack) Gewicht gehandelt kosteten die Ferkel 0,55 bis 
0,60 Jl und die Läuferschweine 0,50 bis 0,55 Jl. 
Beste Ware wurde über Notiz bezahlt. Fettschweine 
kostetendas Pfund Lebendgewicht 0,55—0,60 Jl.
	        
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