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123. Jahrgang,
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Bestürzung und Ratlosigkeit îm allen Kabinett. - Die Schwierigkeiten der Regierungsbildung.-Zusammentritt des neuen Reichstages am I». Oktober
Führende Politiker zur Lage.
Die «aîèoļ,alfoķi-,r«şiischm Forderungen bei ļîsgķeeutrgàrMglmg.
In öer folgenden Zusammenstellung von
Reichsmlnister a. D. Giesberts vom Zentrum
ist der Auffassung, daß der neu gewählte Reichs
tag sich nur dann als arbeitsfähig erweisen werde,
wenn alle Nechtsgruppen einschließlich der Natio-
nalsozralisten sich positiv einstellten und vor allem
das Reformprogramm der Reichsregierung Dr.
Brünings unterstützen und verabschieden würden.
Rur in diesem Falle wäre es nach seiner Auffas
sung möglich, daß ein Kabinett Brüning zustande
komme, das sich neben den bürgerlichen Parteien
der Mitte auch auf die Nechtsgruppen stütze.
Reichsminister a. D. Dr. Koch-Weser äußert
sich für die Staatspartei über die Reichstagswahl
wie folgt: „Die Wahlen brachten ein starkes An
schwellen der radikalen Flut, hervorgerufen durch
die schwierige, teilweise trostlose wirtschaftliche
Ļage. Ich sehe keine andere Möglichkeit als eine
Zusammenfassung aller Kräfte, die die Ordnung
verteidigen und das Vertrauen auf die deutsche
Finanzkraft wiederherstellen."
Der Preußische Ministerpräsident Otto Braun
erklärte für die Sozialdemokratie: „Ich halte trotz
dieses Wahlausfalles weder die Verfassung noch
die öffentliche Sicherheit, noch den Kurs unserer
Außenpolitik auch nur einen Augenblick für be
droht. Es ist ganz ausgeschlossen, daß die radi
kalen Parteien, die bei diesen Wahlen gewonnen
haben, in die Lage kommen werden, ihre Regie
rungsrezepte praktisch zu erproben. Ich halte es
vielmehr für sicher, daß eine Große Koalition al
ler Vernünftigen sich zusammenschließen wird, um
mit einer zweifellos ausreichenden Regierungs
majorität zunächst energisch alle Kräfte auf Be
kämpfung der Arbeitslosigkeit und auf die Ver
besserung der wirtschaftlichen Existenzbedingungen
der breiten Masse zu konzentrieren. Im übrigen
kann ich das schnelle Ansteigen, insbesondere der
rechtsradikalen Grupps, nur mit einer Fieber
kurve vergleichen, die sofort wieder jäh abfällt,
wenn der eigentliche Krankheitserreger, nämlich
die verbitternde Arbeitslosigkeit, ganz oder zum
Teil aus dem Volkskörper entfernt worden ist."
Der Führer der Kommunisten, Thälmann,
schreibt zur Wahl:
Nicht der 14. September bedeutet die Schick
salsstunde des deutschen Proletariats, nicht im
Reichstag wird die nationals und soziale Be
freiung des werktätigen Deutschlands erkämpft
und durchgesetzt werden können, sondern nur im
gesteigerten Millionenkampf der Arbeiterklasse, in
den Betrieben, auf den Stempelstellen und im
außerparlamentarischen Massenkampf gegen die
Poung-Reaktion, Poung-Sklaverei und gegen
Young-Deutschland. Der Weg seit 1918, den da-
deutschs Proletariat unter Führung der Sozial
demokratie beschritt, ist der Weg über die Ke-
renski-Periode in Deutschland, die zur reaktionä
ren Brüning-Regierung und znm Hindenburg-
Faschismus führte. — Der Weg der russischen Re
volution über die Kerenski-Periode führte durch
den roten Oktober zur Vernichtung der Bourgeo
isie und zum endgültigen Siege des Proletariats.
Dissen letzten Weg werden wir auch in Deutsch
land beschreiten.
Der Kanzler
wird seinen geplanten Erholungsurlaub nicht an
treten. Er bleibt in Berlin, um die notwendig
werdenden politischen Besprechungen selbst zu lei
ten. In den nächsten Tagen wird zunächst eine
Ministerbesprechung über die Eesamtlage stattfin
den, in der, wie man in Regierungskreisen an
nimmt, der Beschluß des Reichskanzlers, im Amte
zu bleiben, gebilligt werden wird. Im Anschluß
an die Ministerbesprechung wird man mit den poli
tischen Parteien Fühlung nehmen, um festzustellen,
innerhalb welcher parlamentarischer Konstellatio
nen die ^Reichsregierung ihr finanzpolitisches und
wirtschaftspolitisches Sanierungsprogramm durch
führen kann.
weisen die Ergebnisse die Richtigkeit der von der
Deutschen Volkspartei betriebenen Sammlungs-
politik, die zum Ausgangspunkt ihrer Aktion das
Erfordernis des Zusammenschlusses von Parteien
auf breitester Grundlage nahm. Heute werden
auch diejenigen, die glaubten, einer engeren Zu
sammenarbeit unter Hervorhebung politischer
Trennungslinien eine „Sammlung" betreiben zu
müssen, sich der Einsicht nicht verschließen, daß
solche Sammlungen angesichts der eingetretenen
Entwicklung praktischen Wert nicht mehr besitzen,
^sür die Deutsche Volkspartei wird nach wie vor
der Gedanke bestimmend sein, daß die Wirtschafts
lage weitgehende Reformen verlangt und sie wird
bereit fein, ihre Mithilfe bei der Arbeit zur Ver
fügung zu stellen, wenn diese ersten Voraus
setzungen gesichert sind.
Reichstagsabgeordneter Drewitz, der Vorsit
zende der Rerchspartei des Deutschen Mittelstan
des (Wirtschaftspartei), erklärt: „Die Wirtschafts
partei drängt sich nicht nach der Regierung. Sie
ist jedoch bereit, in die Regierung einzutreten, je
doch nur unter der Voraussetzung, daß größte
Sparsamkeit gewährleistet wird, der Finanzaus
gleich endlich zustandckommt und die Sonderbela
stung des gewerblichen Mittelstandes beseitigt
wird.^ Eine bürgerliche Regierung wäre durchaus
möglich, wenn das Zentrum mit den National
sozialisten zusammenarbeiten wollte. Vorausset
zung wäre freilich die gleichzeitige Bildung einer
bürgerlichen Regierung in Preußen."
Pressestimmen und von Meinungsäußerungen
führender Parteipolitiker geben wir unseren
Lesern einen ausführlichen Ueberblick über
die Meinungen und Absichten angesichts der
neuen politischen Lage nach den Reichstags-
rvahlen.
Aus öer Uebersicht geht zweierlei deutlich
Hervor: einmal die Unsicherheit über die Ent
wicklung angesichts des Wahlausganges und
zum anderen die außerhalb des Parlaments
stehenden Kräfte, die den Tag der Entscheidung
in einem außerparlamentarischen Kampf her
annahen sehen. In dieser Beziehung bezeich
nend sind die Ausführungen des Kommuni
stenführers Thälmann und öer revolutionä
ren außerparlamentarischen Gruppe Otto
Straffers.
Reichstagsneurvahlen
Lago.
Für die Nationalsozialistische Deutsche Arbei
terpartei erklärte Dr. E ö b b e l s : Die National
sozialistische Deutsche Arbeiterpartei hat einen
triumphalen Wahlsieg von vornherein erwartet.
In dem Umfange, in dem er tatsächlich eingetreten
ist, kommt er selbst für uns überraschend. Wir
haben nicht die Absicht, auf den errungenen Lor
beeren auszuruhen.
politischen
Der Kampf um die Erobe
rung der Macht geht vom heutigen Tage weiter.
Angesichts der vollkommen verworrenen politi
schen Lago ist es im Augenblick unmöglich, eine
Stellungnahme zu künftigen Regierungsbildungen
zu geben. Jedenfalls aber kann erklärt werden,
daß die Nationalsozialistische Bewegung nur unter
den Umständen Verantwortung übernimmt, wenn
sie das vor Volk und Natron verantworten kann.
Die Parteileitung der Deutschnationalen
Volkspartei teilt mit: Die Deutschnationale Volks
partei, die über die ihr am 18. Juli verbliebe
nen 36 Mandats hinaus diesmal nur 5 zurück
gewonnen hat, kann gleichwohl in dem Wahler
gebnis nur eins volle Rechtfertigung des Kurses
erblicken, den sie in starkem Gegensatz zu den ab
sichtlichen oder unabsichtlichen Irrungen der zer
splitterten Mitte in den Kämpfen der letzten
lVi Jahre festgehalten hat. Sie wird in Ruhe
und entschlossen diesen Kurs weiter verfolgen. Es
ist bei unserer Feststellung verblieben: Das Gesetz
des Handelns ist jetzt bei der Rechten. Der Kampf,
der mit dem Volksbegehren begann, tritt mit dem
14. September in einen neuen Abschnitt. Die
Fortsetzung dieses Kampfes wird nicht lange auf
sich warten lassen und soll uns gerüstet finden.
Wie wir aus maßgebenden Kreisen der Christ
lich-Nationalen Bauern- und Landvolkpariei er
fahren, wird unter Hinzuzählung der Deutschen
Bauernpartei die Landvolkgruppe mit Einschluß
der Konservativen und der Hannoveraner rund
35 Mandate haben. Wie der Einsatz dieser Eruvpe
erfolgen kann, wird sich erst in den nächsten Ta
gen entscheiden. Man legt hier das Schweraewicht
des Wahlergebnisses auf die Absage der Wähler
schaft an die Soüaldemokratic. Da die Land
volkpartei keine Möglichkeit der Zusammenarbeit
mit der Sozialdemokratie sehe, könnten sich auch
Volkspartei und Wirtichaftspartei an eine große
Koalition nicht heranwagen. Die Nationalsozia
listen hätten also durch ihren Wahlerfolg die
Verantwortung dafür bekommen, ob überhaupt
der Versuch einer sachlichen Fortführung der Poli
tik gegeben ist. Die Voraussetzung dazu wäre die
Einigung mit den Deutschnationalen auf positive
Ziele.
Staatssekretär z. D. Kempkes, der Neichs-
Mfchäftsführer der Deutschen Volksnartei. schreibt
in den „Kulturbeiträgeu" u. a.: Rückblickend be-
preußischen Landtags, Neuwahlen zum Land
tag, Besetzung des preußischen Jnnenmiuiste-
rinms und des Postens des Berliner Polizei
präsidenten durch Nationalsozialisten. Ferner
hin werde die NSDAP, von ihrer Forderung
des Reichsinnenministeriums und des Reichs-
wehrministeriums nicht zurücktreten. Die
deutsche Regierung öer Zukunft werde nach
deutschen, nicht aber nach feindlichen Gesichts
punkten zusammengesetzt. Die Zeit sei vorüber,
daß man in Deutschland straflos die Ehre der
Nation mit Füßen treten könne.
Auch sollen die Nationalsozialisten einen
Antrag auf Aufhebung der Notverordnung
einbringen wollen. Damit würde derselbe Kon
fliktfall geschaffen, der zur Auflösung des
Reichstages führte. Damals war die Regierung
Brüning in einer Minderheit von 15 Stim
men, jetzt beträgt die Minderheit 161 Stim
men.
MŞWSMN Unit zu einer
toüta mil Heu KMmchgzmWen.
Die Parteiführung der Wirtschaftspartci
erklärt,, daß die Wirtschaftspartei geneigt sei,
sich an jeder Regierungskoalition im Reich zu
beteiligen, die durch eine gründliche Aende
rung des Finanzausgleichs die Selbstverant-
wortlichkcit öer Länder und Gemeinden aus
finanziellem Gebiete wiederherstellt und die
Sonöerbelastung des Mittelstandes durch Ge
werbe- und Hauszinssteuer beseitige. Die Bcr-
waltungsabgabe habe die Wirtschaftspartei
nur als Uebergangslösung gutheißen können
Sie erinnere daran, daß ihre finanziellen For<
derungen im alten Reichstage auf den entschie
densten Widerspruch der Sozialdemokraten ge
stoßen seien, und glaube nicht, daß die Sozial
demokratie jetzt eine andere Stellung einneh
men werde. Infolgedessen werde die Wirt-
schaftsMrtei anch geneigt fein, sich an einer
Koalition mit den Nationalsozialisten zu be
teiligen.
Ministeriums sowie auf eine gründliche Aende
rung der preußischen Kulturpolitik und der
Tendenzen des preußischen Justizministeri
ums. Komme eine Koalition gegen die Sozial
demokratie zņstande, dann würden die Natio
nalsozialisten als stärkste Regierungssraktion
zugleich die Forderung erheben, den Reichs-
tagspräsidenten stellen zu können.
Die Führung der Nationalsozialisten im
Reichstage übernimmt Dr. Frick, während die
Preußenfraktion der NSDAP, vom Abg.
Knbe geleitet wird.
In einer Versammlung in Berlin, in wel
cher öer nationalsozialistische Erfolg gefeiert
wurde, ließ
Dr. Goebbels
sich näher über die Forderungen der National
sozialisten aus. Diese verlangen Auflösung des
Anruf M Wer.
Der „Evening Standard" ließ sich mit dem
Hauptquartier Hitlers in München verbinden,
um diesen zu fragen, was er zu seinem Erfolge
zu sagen hätte. Hitler selbst war nicht anwe
send, aber „einer öer nächsten Führer der Par
tei nach ihm" sagte, der Erfolg der Partei sei
durchaus nicht unöemokratisch. Es werde sofort
eine Parteiversammlnng einberufen werden.
Vorher könne man keine Erklärungen über
die Politik der Partei abgeben. Es sei jedoch
wahrscheinlich, daß die Partei bereit sein wer
de, in eine Koalitionsregierung einzutreten,
wen« gewisse Zugeständnisse gemacht würden.
Die Partei sei auf verfassungsmäßiger Grund
lage gewählt worden und bereit, die Verant
wortung zu übernehmen.
Istes m VM mh Aàes
auf der 4. Seite des Z. Blattes.
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