Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 3)

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LanDSSzSîtung 
123. Jahrgang 
123. Jahrgang. 
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Gedanken zur Zeitgeschichte 
rarifche Bewegung in der alten Sprache auftrete, 
die heute eine starke Literatur besitzt und in ihren 
Klassikern Höhe und Selbständigkeit erreicht hat. 
Namentlich die jüngste Entwicklung lasse entscheid 
dend viel erwarten: es seien Dichter am Werke, 
die über die engeren Grenzen ihrer Heimat hinaus 
es sprachschöpferisch unternehmen, eine neue ein 
heitliche Sprachform zu bilden. Ob, eine große 
Entwicklung vorausgesehen, der Verlust, den wir 
dem Reiche zufügen würden, größer fein wird als 
unser Gewinn? Das werde allerdings von der 
OkstrigcriesWahliņtertffe 
Ein Zeichen für den Widerhall, den die An 
strengungen der Parteien bei den Wählermasssn 
auslösen, sind die Feststellungen des Statistischen 
Amts in Kassel über den Besuch der Wähler in 
den Wahllokalen zur Einsichtnahme in die Wäh 
lerlisten. Danach haben über 25 000 Personen die 
Wählerlisten eingesehen, gegen 13 000 bei der 
Reichstagswahl im Jahre 1928 und 13 300 bei den 
Stadtverordnetenwahlen im Jahrs 1929. 
19 s,196 Md 19 t. 
Der Schleswig-Holstoiner-Bund, der in einer 
kurzen Kundgebung darauf hinweist, daß im 
Erenzland Wahlrecht doppelt Wahlpflicht heißt, 
macht darauf aufmerksam, daß die Listen 19a, 19b 
und 19c nicht deutsch sind. 
Es handelt sich um die „Polnische Volkspar 
tei", von den dänischen Organisationen auf den 
Stimmzettel für Schleswig-Holstein herüberge- 
nommen, den dänischen „Schleswigschen Verein" 
und die maskiert dänische Oldsen-Liste „Fries 
land". 
WMchs immh mb Mkelyslilik. 
Vizeadmiral von Trstha teilt mit: Gene 
ralmajor v. Lettow-Vorbecl hat in einer Ant 
wort auf einen Offenen Brief Generals von 
Einem darauf hingewiesen, daß ich „bei den 
Konservativen stehe". Demgegenüber erkläre 
ich: Als Führer des Bundes „Deutsche Frei 
schar" muß ich mich bei aller Betonung der 
Wahlpflicht jeder parteipolitischen Stellung 
nahme enthalten, um das Werk der bünüischen 
Jugend nicht parteipolitischen Auseinander 
setzungen auszuliefern. 
ßüMhMM SchMxxhg; hxfx. MÌOÎÎûl' 
svMWen mb kommunisten. 
Der Vorsitzende der Hamburger Oberschulbe 
hörde, Senator Krause, hat an die Leitungen der 
öffentlichen Schulen im Hamburgischen Staatsge 
biet, an die Direktoren aller den Verufsfchulbe- 
hörden unterstellten Lehranstalten sowie an die 
Lehrerinnen des Staatspädagogischen Instituts 
und der Kinderpflegerinnenschulen ein Rund 
schreiben gerichtet, in dem sämtlichen Schülern und 
Schülerinnen jede Beteiligung an nationalsozia 
listischen und kommunistischen Versammlungen so 
wie jede irgendwie geartete Betätigung und Un 
terstützung dieser Parteien und ihrer Nebcnorga- 
nisationen bei Androhung schwerer Bestrafung im 
Falle der Zuwiderhandlung untersagt ist. Für die 
Das Problem der Reichsreform ist an der 
Tagesordnung. Wir brachten schon in Nr. 189 
das Thema „Schleswig-Holstein im neuen 
Deutschland" zur Erörterung, wo die Unmöglich 
keit betont wurde, die Neugliederung des 
Reichs allein von der Zentrale Berlin aus be 
urteilen zu können. Damit verbunden verwei 
sen wir auf den Artikel „Um die staatliche Neu 
gliederung Niedersachsens" in Nr. 203, demnach 
es gelte, ohne Aufgabe der Eigenart die Kräfte 
zu einer Gestaltung der Reichsprovinz Nieder 
sachsen zu binden; engste Zusammenarbeit mit 
allem, was zum niedersächsischen Wirtschafts 
und Kulturkreis gehört, sei zu erstreben. Die 
nachfolgende, kürzlich in Bremen gehaltene Rede 
Hans Friedrich Vluncks hat nun die Klärung 
der kulturelle» Beziehung zwischen unserer Land 
schaft und dem Reiche zum Leitgedanken, ein 
Thema, das Albert Mahl aufgenommen und 
weitergeführt hat. Ergänzende Anregungen 
stnd uns sehr erwünscht. Aus Raummangel 
Wesen typisch zu nennen sei, diese Hauptstadt, die 
mit einer überstarken Selbstkritik gefährlich begabt, 
immer unruhig aus der Gegenwart zum Neuesten 
flüchtete, die Bildung einer eigenen Tradition sich 
selber zerstörend. Nein, Berlin behalte die geistige 
Führung Deutschlands als eine Zentrale, die uns 
als Sammelstätte für die fruchtbaren Strömungen 
und Bewegungen aller Landschaften durchaus er 
wünscht sein müsse, womit denn aber auch zu 
fordern wäre, daß man in Berlin nicht wie heute 
die innere Verbindung zu den Landschaften ver 
liere, ängstlich und nachgiebig vor dem Süden, der 
mit Temperament seine Rechte verfolge, völlig 
gleichgültig aber gegen den Nordwesten, an dessen 
schweigsame Ergebenheit man sich gewöhnt zu 
haben scheint. Man unterschätze dort nicht die 
Auswirkung des landschaftlichen Kulturwillens, 
mit dem wir Niederdeutsche uns um die Ausgestal 
tung und weiterverbindliche Geltung der 'ange 
stammten Sprache bemühen; das Beispiel der Is 
länder und Norweger belehre, daß binnen einer 
Generation sich eine Volksbewegung daraus ent 
wickeln könne. Das Niederdeutsche werde immer 
hin noch in einer Landschaft von 7—10 Millionen 
gesprochen und verstanden. Auch habe es etwas 
zu besagen, daß gleichzeitig mit der Neuentwick 
lung des Vlämischen und der norwegischen Lands- 
maal auch bei uns seit rund 100 Jahren eine lite- 
in älterer Erfahrung und ein ruhiges Bewußtsein 
des Wachsens hätten uns, begann Hans Friedrich 
Vlunck, einen seltsam beständigen und unbeirr 
baren Charakter gegeben, den die Geistesgeschichte 
unserer Landschaft besonders deutlich mache, einen 
Charakter, mit dem wir uns heute bei aller Reichs 
freudigleit um das Fortwirken gewachsener Ueber 
lieferung besorgt sehen. Als niederdeutsche Land 
schaft wolle man hier wesentlich die Landschaft der 
Bauern- und Vürgerstaaten um Niederelbe und 
Niederweser ins Angelassen, das alte Kernland, 
das heute von sieben Landesgrenzen zerschnitten 
sich mit Einschluß der drei letzten freien Städte 
zwischen der bolländischen und dänischen Grenze 
erstrecke. Besser als mit den verwirrenden Be 
zeichnungen Niedersachsen oder Reichsniederland 
begreife man wohl dies Kernland als hansische 
Landschaft und zugleich begreife man damit die 
hierin eingeschlossene geschichtliche Sendung, die 
Uns Nachkömmlingen einer großen Zeit noch so 
Manches unerfüllt gelassen hat, so z. B. die un 
erfüllte Aufgabe unserer Literatur. Wir Han- 
singer hätten eben immer wieder einem Verzicht 
auf eine selbständige europäische Stellung Folge 
gegeben, hätten uns engstens in die Reichsgefchichte 
eingegliedert gesehen. Sa könne denn auch der 
gegenwärtige politische Zustand gewiß nicht als 
eine Lösung gelten, die unserm Eigenwillen ge 
nügt: uns gehe der deutsche Volksbegrisf weit 
über die Grenzen hinaus, wie er schon als groß- 
deutsche Forderung um 1800 hinausgegangen war, 
leidenschaftlicher um 1848 bekundet und als Ge 
danke der Jugendbewegung um 1900 wieder her 
vorgebrochen. Diese Unruhe bewege heute die 
Zeit einerseits als Forderung einer Neuordnung 
Europas in Gemäßheit feiner Kulturgruppen, der 
überall der Staatsgedanke enta-menst-he. Ande 
rerseits werde diese Unruhe als Kampf gegen fede 
Art Selbstzufriedenheit merklich, als Kampf gegen 
den gefälligen Quietismus, demzufolge wir seit 
der Republik wahrhaft zur Provinz zurückgesunken 
seien. Unsere geschichtliche Aufgabe liege also in 
der Befreiung Europas zu seinen großen Kultur 
gruppen. in der Auflösung des ein freies Volks 
tum erstickenden Machtprinzips, in der Heraus 
stellung eines landschaftlich-geschlossenen Kultur- 
rvillens innerhalb des Staates, und sie liegt eben 
sosehr in der landschaftlichen Kulturpslege, in der 
Ģrweckung, Beachtung und Förderung schöpferischer 
Kräfte unseres Kreises, das beiße aber auch in der 
Ueberwindung aller Trägheit, müden Genügsam 
keit und gleichgültigen Hinnahme des Gegebenen. 
Das Problem der Einordnung unserer hansi 
schen Landschaft in das Reich könne solchermaßen 
Schär minlüidt feinen 
wirtschafLspolitischerr (Bnsopaplfttt 
Umt Vege in der HandelspsM. 
_ Der österreichische Bundeskanzler Dr. Schober 
äußerte sich in der Völkerbundsversammlung zu den 
europäischen Vereinigungsbestrebungen. Er stellte 
fest, daß Oesterreich, das die Folgen der Zerschlagung 
seines Wirtschaftsgebietes zu trogen habe, für die 
auf die Schaffung eines großen europäischen Wirt- 
ichaftsgebietes gerichteten Vorschläge eintreten müsse. 
Der Plan des französischen Außenministers könne 
einmal dadurch verwirklicht werden, daß man ver 
suche, alle oder fast alle Staaten Europas zu ein 
heitlichem wirtschaftspolitischen Vorgehen zu bewe 
gen. z. B. zur Aufhebung der Ein- und Ausfuhr 
verbote, zu einem Zvllstillftand und zu einer allge 
meinen Herabsetzung der Zollsätze. Auf diesem 
Wege seien Fortschritte bei der Verschiedenheit der 
Interessen und der politischen und wirtschaftlichen 
Verhältnisse der europäischen Staaten jedoch nur 
schwer und langsam zu erreichen. Viele Staaten, 
wie Oesterreich, könnten dagegen nicht mehr jahre 
lang warten, bis die Schwierigkeiten überwunden 
seien. Briands Pläne könnten daher nicht mehr auf 
dem alten Wege verwirklicht werden. Es müßten 
vielmehr 
zunächst Gruppen von Ländern mit gleichartigen 
Verhältnissen und einander ergänzenden Be- 
dürfniffen 
gebildet werden. Die Verbindung dieser Gruppen 
untereinander werde in naher Zukunft möglich sein. 
Dieser zweite Weg scheine ungleich mehr Aussicht auf 
Erfolg zu haben. Inzwischen hätten mehrere öster 
reichische Nachbarstaaten sich dazu entschlossen, neue 
Wege zu gehen, die keinen politischen Charakter 
hätten. Es sei verfehlt, von einer wirtschaftlichen 
Kleinen Entente zu reden. Die Zusammenarbeit der 
hingewiesen. Schober habe als einziger von den 
bisherigen Rednern praktische Wege zur Lösung der 
gegenwärtigen wirtschaftlichen Fragen und Wege für 
eine europäische Einigung gezeigt. Man weist be 
sonders darauf hin, daß er den einzigen praktischen 
Weg des Ausgleichs der Wirtschaftspolitik der Staa 
ten zunächst im kleinen Kreise und sodann Aus 
dehnung dieser Verständigung auf weitere Kreise 
bis zu einem wirtschaftlichen Zusammenschluß sämt 
licher europäischen Staaten vorgeschlagen habe. Der 
Reichsanßenminister werde in seiner bevorstehenden 
großen Völkerbundsrede die von Schober in roirt- 
ichaftspolitischer Hinsicht dargelegten Gedanken auf 
nehmen und sie weiter auszubauen suchen. 
AMrhesMchMWN 
unter den Vertretern der osteuropäischen 
Agrarländer sind in Genf im Gange. Die Be 
mühungen der Dvnaulänber erstrecken sich auf 
Abmachungen über die Lagerung des Getrei 
deüberschusses und die Errichtung der dadurch 
notwendigen Silos die Donau entlang sowie 
auf die Erreichung größerer Ausfuhrkontin 
gente von den Hauptabnehmerländern Oester 
reich und Deutschland. Die Fragen, die große 
Aufmerksamkeit verdienen, befinden sich aber 
vorläufig alle noch in einem Werdezustand. 
Volks- und höheren Schulen wird das Verbot des 
Tragens parteipolitischer Abzeichen dahin 
-Lkugens purielpouilscyer Aozercyen dahin erwer- 
tert, daß den Schülern das Tragen von Abzeichen 
der NSDAP, und der KPD. auch außerhalb der 
Schulen verboten ist. 
taget: h«! «ich! die Mltrl. 
In einzelnen Blättern wird die preußi 
sche Staatsregierung für die Einstellung des 
Baues des Mittellandkanals verantwortlich 
gemacht. Insbesondere wird angeführt, daß 
Preußen sich weigere, seinen Anteil an den 
Baukosten bereitzustellen. Hierzu erklärt der 
Amtliche Preußische Pressedienst: „Die Ent 
scheidung, ob der Bau eingestellt werden muß, 
liegt allein in der Hand der Reichsregierung. 
Ihr untersteht nach der Reichsverfassung die 
Verwaltung der Reichswasserstraßen. Aller 
dings sind die beteiligten Länder, darunter 
Preußen, vertraglich verpflichtet, ein Drittel 
der Baukosten aufzubringen. In dem Ver 
trage heißt es aber im 8 8 ausdrücklich, daß 
Preußen nur unter dem Vorbehalt der gesetz 
lichen Bereitstellung der Mittel zur Zahlung 
verpflichtet ist, ö. h., daß es nur dann die 
Zahlung leisten darf, wenn es tatsächlich die 
Mittel dazu bereit hat. Das ist zurzeit nicht 
der Fall. Denn aus laufenden Etatsmitteln 
können die erforderlichen Aufwendungen 
nicht bestritten werden, und die Aufnahme ei 
ner Anleihe verbiete sich bei der fetzigen Lage 
der Finanzen in Reich und Ländern auch im 
Interesse der Reichsfinanzverwaltung von 
selbst. 
Bîmsche Wpàren. 
T-U. Kattowrtz, 13. Sept. (Eig. Funkmeld.) 
In Friedrichshütte wurden nach einer Gemeinde 
vertretersitzung, in der Abgeordneter Frank von 
ber_ Deutschen Fraktion bei Beratung einer Ent 
schließung gegen die Treviranusrede darauf hin 
gewiesen hatte, daß das Eemeindeparlament nicht 
der geeignete Ort fei. um derartige Entschließun 
gen zu fassen, beim Verlassen des Sitzungssaales 
die deutschen Eemeindevertreter im Korridor von 
polnischen Aufständischen mit dem Rufe: „Das ist 
eure Loyalität!" empfangen und geschlagen. Be 
sonders schwere Verletzungen erlitten die deutschen 
Eemeindevertreter Anton Ryrkow und Wilhelm 
Sknrlik. Nach dieser „Heldentat" flüchteten die 
Banditen. Als der Oberbürgermeister ersucht 
wurde, den Eemeindevertretern wenigstens im 
Rathaus polizeilichen Schutz angedeihen zu lassen, 
begab er sich in das im Parterre gelegene Poli 
zeikommissariat, um bald darauf zu erklären, daß 
nur ein einziger Polizeibeainter anwesend sei. 
Die anhaltende Ungunst der allgemeinen 
Wirtschaftslage, die eine ständige Ausdehnung 
der langfristigen Erwerbslosigkeit zur Folge hat,
	        
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