Nr. 214
Zweites Slats
Freitag,
12. September
SlsrengsLrisLt.
Es steht ein Flieder <xuf meinem Hof. Vor 5al>
ven steckte mein Kind im Spiel ein Zweiglein ein,
es munde vergessen. Aus dem Spiel ist Ernst ge
worden, und was damals einen Busch bedeutete, ist
nun ein schattenspendender Baum. Der Frühling
überzog ihn mit einem Kleid duftiger Blütendolden,
die ihren Wohlgeruch in köstliche Sommernächte
hinausströmten. Wie oft haben wir am Morgen,
wenn noch der Tau in den kleinen Becherchen
glänzte, davorgestanden und uns gefreut, bis eines
Tages ein frischer Wind die verblühten Sternchen
über den Weg streute. Und wieder setzte ein neues,
stilles und unsichtbares Wachsen ein: aus den Blü
ten wurden Beeren. Aber des Kindes Art ist es
nicht, dem stillen Wachsen und Werden zuzuschauen.
Erst als die Beeren so groß waren, daß sie ein gutes
Material zum Pusten durch ein hohles Flieder
zweiglein gaben, sah es, was an „seinem" Baum ge
wachsen war. Nun mußte ich seinem Treiben weh
ren, und die Sommersonne legte im langsamen
Reifen ein immer tiefer werdendes Schwarz darüber.
Und die Schwere des süßen Saftes zog Hie Trauben
sanft nach unten.
Da, eines Morgens, als die Morgensonne auf
den Beeren glühte, kamen Gäste zum Strauch, frisch
und frech, wie nur Vögel es können. Ich zog ge
rade den Vorhang zurück und sah noch, wie der erste
Schwarzrock eilig ein paar der schwarzen Beeren
hinunterschluckte, sich ängstlich umsah, einen ïļetļ'exert
Schrei ausstieß, wieder eifrig rupfte, und dann, als
alles still blieb, eifrig pflückte, als ernte er nur,
was er selbst gesät. Dann aber kamen ihrer mehr,
vom nahen Birnbaum, vom Dach, dem Telegraphen-
draht und wer weiß woher. In kurzer Zeit hing es
schwarz und schwer und wimmelnd an allen Zwei
gen. Das flirrte und flatterte, das schwirrte und
schwatzte und schmauste, daß es eine Art hatte.
Neben mir stand mein Mädel mit roten Backen und
großen, staunenden Augen und sah dem naschen
den Gesindel zu. Schon wollte es den Finger <fns
Fenster setzen, um die Diebe zu verscheuchen, als
vom Starkasten am Dach lieblicher Gesang herunter
klang. Da saß im metallisch glänzenden Federkleid
„unser Star", der im Frühling uns so manches Mal
mit seinem Lied erfreute. Da ließen wir die Schlem
mer sich gütlich tun an unseren Schätzen. D. W. H.
& *
* Die Fahrprciserhöhung der Reichsbahn.
Am 1. September ist bei der Reichsbahn eine
geringe Erhöhung der Fahrpreise in Kraft
getreten. So bedauerlich auch jede Preisstei
gerung ist, so darf doch darauf hingewiesen
werden, daß die Tariferhöhung sich in den
Verbindungen des Nahverkehrs vielfach
überhaupt nicht auswirkt. In folgenden Ver
bindungen sind z. B. nach dem 1. 9. 30 die al
ten Preise geblieben:
Von Rendsburg nach
2. Kl. 3. Kl.
Bokel 0,90 RM. 0,60 RM.
Bokelholm 0,70 RM. 0,50 NM.
Fockbek 0,40 RM. 0,30 RM.
Garlbek 0,60 RM. 0,40 RM.
Hohn 0,70 RM. 0,50 NM.
Kronsburg 0,60 RM.
Lvttorf 0,80 NM.
Nortorf 1,30 RM. 0,90 NM.
Ostenfeld 0,60 RM. 0,40 RM.
Osterrönfeld 0,30 RM. 0,20 RM.
Owschlag 0,70 RM. 0,60 RM.
Schleswig 1,00 RM.
* Zusammenstoß zwischen Motorradfahrer
und Radfahrer. Am Mittwochnachmittag um
^5 Uhr stießen an der gefährlichen Straßen
kreuzung Jungfernstieg - Bahnhofstraße ein
Motorradfahrer und ein Radfahrer zusam
men. Beide stürzten, kamen aber anscheinend
unverletzt davon. Das Fahrrad wurde stark
beschädigt.
* Aus dem Manöver zurückkehrend, traf
am Donnerstagnachmittag gegen 2 Uhr das
3. Bataillon des Jnf.-Rgts. Nr. 6 Flensburg
mit Sonderzug aus dem hiesigen Staatsbahn
hof ein. Während des etwa eineinhalbstüudi-
gen Aufenthalts wurden die Mannschaften
aus der Feldküche gespeist und die Pferde ge
tränkt. Die Bataillonskapelle erfreute auf
dem Bahnsteig durch einige schneidige Märsche.
Gegen y 2 3 Uhr wurde die Weiterfahrt nach
Flensburg angetreten.
* Sein 30jährigcs Arbeitsjubiläum bei der
Firma Koth und Sohn begeht am 13. September
der Tischler Joh. Rathmann. wohnhaft Fockbeker
Chaussee 32.
Rendsburg, den 12. September 1930.
* Strafsitzttng des hiesigen Amtsgerichts.
In der Sitzung vor dem Einzelrichter standen
folgende Sachen zur Verhandlung: Ein Händ
ler hatte wegen Widerstandes gegen die
Staatsgewalt und Beamtenbeleidigung einen
Strafbefehl über 6 Wochen Gefängnis erhal
ten und hiergegen gerichtliche Entscheidung be
antragt. Im heutigen Termin kam er mit
40 RM. Geldstrafe davon. — Ein Radfahrer
hatte die Hindenburgstraße mit einem unbe
leuchteten Fahrrad, und mit diesem auch noch
die linke Straßenseite befahren, so daß durch
sein unmittelbares Verschulden ein Unfall
herbeigeführt wurde. Er wurde zu 8 RM.
Geldstrafe verurteilt. — Ein Reise-Ingenieur
hat mit seinem Kraftwagen einen Arbeiter,
der mit seinem Rade fuhr, überholt. Er ist da
bei nicht genügend weit nach links gefahren
und hat den Arbeiter vom Rade gestoßen, wo
durch dieser sich eine Fußverletzung zuzog. Er
wurde zu 20 RM. Geldstrafe verurteilt. —
Ein Händler hat das Wandergewerbe mittels
Kraftwagen ausgeübt, ohne daß das Mitfüh
ren eines Kraftwagens in dem Gewerbeschein
vermerkt war. Ein Schuhwarenhändler soll
den Händler in seinem Auftrage und für seine
Rechnung das Wandergewerbe mittels Kraft-
wagen haben ausüben lassen. Beide wurden
zu je 5 RM. Geldstrafe verurteilt. In einem
zweiten Fall war ein anderer Kraftwagen-
führer und derselbe Schuhwarenhändler we
gen Vergehens angeklagt. Auch hier lautete
die Geldstrafe auf je 5 RM. In einem drit
ten Fall wurde der Schuhwarenhändler wegen
des gleichen Vergehens nochmals zu 5 RM.
Geldstrafe verurteilt. — Ein Bäcker aus Kiel,
der am 18. 7. 30 die kleine Eiöerschleusenbrücke
trotz Warnungstafeln mit einem Kraftrad in
Richtung Schleswiger Straße befahren hatte,
wurde zu 8 RM. Geldstrafe verurteilt. — Ein
hiesiger Vootsbaner hatte mit seinem Kraft
rad einen andern Wegebenutzer überholt, und
zwar an einer Stelle, die eng war und wo er
nicht überholen durfte und wo infolgedessen
ein Unfall erfolgte. Er erhielt eine Geldstrafe
von 5 RM. — Ein kaufmännischer Angestellter
war angeklagt, mit einem Fahrrad in der
Eisenbahnstraße statt die rechte Seite die Mitte
der Fahrbahn befahren, einem schnelleren
Wegebenutzer das Ucberholen unmöglich ge
macht und so durch sein Mitverschulden einen
Straßenunfall herbeigeführt zu haben. Er
erzielte einen Freispruch. — Ein hiesiger Be
triebsleiter war angeklagt, die angestellten
Kraftdroschkenführer über die zulässige Ar
beitszeit hinaus beschäftigt zu haben. Tie
Sache wurde vertagt. — Ein Motorradfahrer
aus Hamburg hat am 21. 6. 30 die für Kraft
fahrzeuge verbotene kleine Eiderschleuse trotz
Warnungstafeln mit seinem Motorrad befah
ren. Er wurde zu 6 RM. Geldstrafe verur
teilt. *
Die Wüdelsdorfer Baugenossenschaft
baut in diesen Jahre noch
21 Wohnungen.
Baukosten insgesamt ca. 115 000 RM.— Schaffung
einer eigenen Wafserversorgungsanlage.
bd. Büdelsdorf, 11. Sept. Gestern abend fand
unter dem Vorsitz des Gemeindevorstehers Jacobs
eine Sitzung des Vorstandes und Auffichtsrates
der Gemeinnützigen Baugenossenschaft statt. Ge
meindevorsteher Jacobs teilte einleitend mit, daß
es gelungen sei, aus der Reichshilfe für das zu
sätzliche Wohnungsbauprogramm 40 000 RM. zu
gewiesen zu erhalten. Er gab die Bedingungen
bekannt, unter denen die Gelder aus der Reichs-
Hilfe gewährt werden. Alle Vorarbeiten für die
Durchführung des Bauvorhabens sind mit größter
Beschleunigung geleistet worden. Es handelt sich
darum, dem darniederliegenden Baugewerbe und
Bauhandwerk Arbeitsmöglichkeiten zu fdjaffen
Der Vorsitzende des Vorstandes, Verw.-Jnfpektor
Drasdo, gab einen Ueberblick über die Finanzie
rung des Bauvorhabens, dis als restlos gesichert
anzusehen ist. Es sollen 2 Zehnwohnungshäuser
gebaut werden mit insgesamt 20 Wohnungen und
zwar 18 Zweizimmer- und 4 Dreizimmerwohnun
gen. Die Zweizimmerwohnungen werden ca.
25 Ji monatliche Miete erfordern und die Drei
zimmerwohnungen worden etwa 35 JL im Monat
kosten. Mit den Gesamtmieteingängen ist dann
die volle Rentability der Häuser gesichert. Reben
dem Betrag aus der Reichshilfe sind Gelder be
willigt von der Spar- und Leihkasse in Rendsburg
und ferner hat die Landesversicherungsanstalt in
Kiel einen entsprechenden Betrag in Aussicht ge
stellt. Soweit Zwischenkredite benötigt werden,
ist die Deutsche Bau- und Bodenbank in Berlin
zur Hergäbe derselben bereit. Die Gemeindespar
kasse Büdelsdorf hat die restlichen Gelder für die
vorjährigen Bauvorhaben bereitgestellt. Die Ver
mietung der Wohnungen dürfte bei den verhält
nismäßig billigen Mietsätzen keine Schwierigkei
ten bereiten, zumal noch ca. 70 wohnungsuchende
Familien vorgemerkt sind, die Wohnungen in der
geplanten Ausführung und Preislage suchen.
Architekt Jochimsen erläuterte die vorliegenden
Projekte. Die beiden Häuser kommen ungefähr
in der Mitte der Heimstraße zu stehen. Der Stil
der Häuser ist dem bisherigen Baustil in der Heim
straße angepaßt. Die Häuser werden zweigeschos
sig. An jeden Flur sind 4 Wohnungen angeschlos
sen. Auf dem Süd- und Nordgiebel wird je eine
Dreizimmerwohnung eingebaut. Für je 5 Woh
nungen ist ein Stallgebäude mit Waschküche vor
gesehen.
Nach kurzer Aussprache wurde dem Projekt
und der Finanzierung einmütig zugestimmt und
der Vorstand ermächtigt, alle Arbeiten mit größ
ter Beschleunigung weiter zu leisten. Es wurde
ferner beschlossen, die Bauarbeiten und Lieferun
gen im Rendsburger Tageblatt und in der Volks
zeitung öffentlich auszuschreiben. Die Angebote
sollen bis zum 18. September eingereicht werden.
Bei den Ansschreibungsbedingungen find die mini
steriellen Vorschriften verarbeitet worden, nach
welchen eine größere Preissenkung anzustreben ist.
Die Unternehmer müssen sich verpflichten, die Ar
beiten ohne Ueberstunden durchzuführen.
Weiter wurde noch das Projekt für ein Ein
familienhaus für einen Elfenbahnbeamten vor
gelegt. Auch mit dem Bau dieses Hauses soll so
fort begonnen werden, da die Finanzierung ge
sichert ist. Das Haus soll am nördlichen Ende der
Lindenstraße zu stehen kommen.
Es fand ferner eine Aussprache über die
Wasserversorgung der Heimstraße statt. Die
Rendsburger Betriebswerke hatten f. Zt. ein An
gebot vorgelegt, das von der Baugenossenschaft
nicht angenommen werden konnte. Auf eins
neuere Anfrage ist der Bescheid eingegangen, daß
die Angelegenheit bis zum Antritt des neuen Di
rektors der städt. Werke zurückgestellt fei. Dis
Baugenossenschaft hat schon früher die Schaffung
einer eigenen Wafserversorgungsanlage für dis
Heimstraße erwogen. Die Angelegenheit wurds
aber im Hinblick auf die Verhandlungen mit
Rendsburg zurückgestellt. Um bei den jetzt zur
Ausführung kommenden Neubauten die Kosten
für die Brunnen zu sparen, wurde beschlossen, so
fort auch die öffentliche Ausschreibung der Wasser-
versorgnngsanlage mit vorzunehmen.
Serànkfchiff „ZĶhàgerr" in Brand gsschssisn.
da es außerordentlich schwierig ist, an den eigent
lichen Brandh-rd heranzukommen. Man will da
her abwarten, bis die Korkmassen vollständig aus
gebrannt find, was Freitagmittag der Fall fein
dürfte. Die Gefahr eines Uebergreifens des
Brandes besteht jedoch nicht mehr.
Wie gestern mitgeteilt, ist auf dem Fernziel
schiff „Zähringen", das drahtlos ferngelenkt wird,
nach einem Treffer im Achterschiff ein Brand aus-
gebrochen, so daß das Schiff den Kieler Hafen an
laufen mußte. Der Brand konnte bisher trotz der
größten Anstrengungen noch nicht gelöscht werden,
A Vereins-Anzeiger
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Verein Brüderschaft.
Heute abend 8 Ubr:
Versammlung im Tivoli (6797
Wetterbericht der Hamburger Seewarte
vom 10. September 1930.
Der Zustrom polarer Luftmassen hat heu
te bei gleichmäßigem Steigen des Luftdruckes
über Südske-dinnvien und Dänemark und
Fallen über Frankreich und Deutschland
noch angehalten. Obwohl die Bewölkung all
gemein zurückgegangen ist, konnten daher die
Temperaturen nur im Rheinland und im Sü
den des Reiches über 20 Grad ansteigen, wäh
rend sie im übrigen Reich mit ihren Höchstwer
ten zwischen 16 und 18 Grad schwankten. Das
Hochdruckgebiet ist über Nordskanöinavien
durch diese Kaltlust weiter gekräftigt worben.
Die flache Strömung über Südfrankreich zieht
nach dem Mittelmeer, damit bleibt für unse
ren Bezirk die Schönwetterperiode bestehen.
Ton- und Sprechfilm-Theater „Elektra-Lichtspiele".
„Zärtlichkeit" ist ein IVVprozentiger Sprech-
und Tonfilm und mit hervorragenden Bühnen-
Sprechkünstlern besetzt. In erster Linie ragt Ca
rola Neher hervor, die Gattin des verstorbenen
Dichters Klabund. Der Hauptschlager mit dem
Refrain „Niemand kann so zärtlich sein wie Du...:
ist von Robert Gilbert gedichtet und von Paul Des
sau vertont. Dieses Lied, von Carola Neher ge
sungen, spielt eine besondere Rolle und gibt dem
Film den Namen. „Der 13. Geschworene" ist ein
spannender Kriminalfilm. Dieser Kriminalfilm
kritisiert in interessanter Weise die Gerichtsbarkeit
in USA. — Dazu das reichhaltige Beiprogramm.
Tonhallen-Lichtspiele.
„Blockade". Der Film schildert eines der tra
gischsten und umstrittensten Kapitel des Welt
krieges zur See: Die englische Blockade und de»
als Abwehrmaßnahme deutscherseits durchgeführ
ten U-Boots-Hanöelskrieg. Der Film schildert die
Abenteuer von vier deutschen U-Booten in ihrem
Kampf gegen bewaffnete Handelsschiffe. Die eng
lische Marine hat für diesen Film nicht nur das
amtliche Kriegssilmmaterial zur Verfügung ge
stellt, sondern mit einem geradezu phantastischen
Aufwand an finanziellen und kriegstechnifchen
Mitteln ein Werk von größtem Ausmaß ermög
licht. —^ „Der Grenzjnger" ist ein Hochlandsdrawa
und schildert die Schicksale einer SchmugglertoH-
ter und eines Grenzjägers in packenden Bildern.
Dazu gibt es ein reichhaltiges Beiprogramm.
Im Auftrage der Konservativen Volkspartei ist
der heutigen Gesamtauflage der Landeszeitung ein
Wahlaufruf dieser Partei als Beilage angefügt^
Wahlbeilagen unterliegen nicht der Verantwortung
der Schriftleitung.
Brunnenschriften durch das Facliineer Zentralbiiro, Serünso W8, Wilnelm&tr. 55.
Erhältlich in siüineralwasserhandfungen, Apotheken, Drogerien usw
sowie inKiei bei der Firma Johs. O. Gestehen, Wall 59, Telefon Nr. 4315
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